Islam einbürgern – Auf dem Weg zur Anerkennung muslimischer ...
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in den einzelnen Ländern geprägt sind (Rath et al. 2001; Fetzer / Soper 2004;<br />
Koenig 2003 und 2004). Dies gilt insbesondere für die Entwicklung der aus<br />
<strong>dem</strong> Migrationsgeschehen heraus entstandenen islamischen Organisationen<br />
in Europa; ihre Strukturbildung orientiert sich nicht nur an islamischen Traditionen<br />
religiöser Vergemeinschaftung, sondern auch an einer institutionellen<br />
Umwelt, die von zwei für den <strong>Islam</strong> zunächst fremden Strukturelementen gekennzeichnet<br />
ist: vom politisch-rechtlichen Rahmen des säkularen Rechtsstaats<br />
und von Kirchlichkeit als vorherrschender Form religiöser Organisation.<br />
Beide Strukturelemente sind aufgrund ihres gemeinsamen historischen<br />
Entstehungskontextes eng aufeinander abgestimmt. Der säkulare Rechtsstaat<br />
sieht neben den Prinzipien der individuellen und korporativen, positiven<br />
und negativen Religionsfreiheit sowie der weltanschaulichen Neutralität des<br />
Staates auch Formen der Kooperation mit verfassten Religionsgemeinschaften<br />
vor. Kirchlichkeit, also ein bürokratischer, hierarchisch gegliederter Typus<br />
religiöser Organisation, gestattet ihrerseits die geordnete Kooperation in den<br />
Handlungsfeldern, deren Kontrolle im Verlauf der Trennung zwischen „weltlicher“<br />
und „geistlicher“ Herrschaft nicht eindeutig der einen oder anderen<br />
Seite zugeschlagen wurde und die sich mit zunehmender Durchdringung der<br />
Gesellschaft durch die Staatsgewalt ausgeweitet haben.<br />
Nun variieren die konkreten Ausprägungen dieser institutionellen Umwelt im<br />
europäischen Vergleich beträchtlich. In juristischer Perspektive unterscheidet<br />
man dabei zumeist zwischen Trennungs-, Konkordats- und Staatskirchenmodellen<br />
oder stellt auf das Ausmaß und die Ebenenzahl religiöser <strong>Anerkennung</strong>sregime<br />
ab (vgl. nur Messner 1996, Robbers 1997). Zur Erfassung der<br />
institutionellen Logik von Religionspolitik und ihrer Folgen für Repräsentanzmodelle<br />
des <strong>Islam</strong> scheint mir dagegen eine andere Typologie angemessener<br />
zu sein. Diese setzt bei der jeweiligen Konzeption öffentlicher Ordnung<br />
an, wie sie <strong>dem</strong> historischen Prozess der Nationalstaatsbildung entsprungen<br />
ist; aus ihr erklärt sich nämlich, welche Handlungsfelder einer Kooperation<br />
zwischen Staat und Religionsgemeinschaften zugänglich sind. Es hat sich<br />
dabei eine idealtypische Unterscheidung von Modellen öffentlicher Ordnung<br />
bewährt, die aus der Kombination des jeweiligen Grades der (staatlichen)<br />
Zentralisierung öffentlicher Funktionen einerseits und der Autorisierung des<br />
Individuums gegenüber korporativen Organisationen andererseits gewonnen<br />
wird. So lassen sich liberale, etatistisch-republikanische und korporatistische<br />
Modelle politischer Modernität unterscheiden, die jeweils auch spezifische<br />
Codierungen nationaler Identität aufweisen und seitens des Staates unterschiedliche<br />
Erwartungen im Blick auf die organisatorische Repräsentanz von<br />
Religionsgemeinschaften nach sich ziehen (Jepperson 2002; Koenig 2003;<br />
Soysal 1994).<br />
Dies gilt auch für die Organisation der muslimischen Bevölkerungsgruppen,<br />
die in beinahe allen europäischen Ländern <strong>–</strong> mit erheblichen Unterschieden<br />
nach ethnischer und nationaler Herkunft, religiöser Orientierung und staatsbürgerlichem<br />
Status <strong>–</strong> aus den Migrationsprozessen der Nachkriegszeit hervorgegangen<br />
sind. Zu den zentralen Anliegen dieser Bevölkerungsgruppen<br />
in ihrem Kampf um öffentliche <strong>Anerkennung</strong> gehört allerorten die Forderung<br />
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