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Luftballon Okt 08.indb - Elternzeitung Luftballon

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12<br />

10 Jahre<br />

<strong>Elternzeitung</strong> <strong>Luftballon</strong> Wohnen mit Kindern<br />

<strong>Okt</strong>ober 2008<br />

Klar bin ich im<br />

Mieterverein!<br />

Walter Sittler<br />

Schauspieler<br />

Der Mieterverein hilft Ihnen<br />

bei allen Mietproblemen und<br />

setzt Ihr Recht durch.<br />

0711-210160<br />

www.mieterverein-stuttgart.de<br />

70182 Stuttgart<br />

Moserstraße 5<br />

„Aufräumen - Das<br />

Selbstverständ lichste auf der Welt!“<br />

Hermann Krekeler, Autor des<br />

Buches „Chaos im Kinderzimmer“,<br />

bietet Fortbildungssemi<br />

nare und Schulungen<br />

für Studierende, Lehrer und<br />

Erzieher an. Tina Lorscheidt<br />

von der Düsseldorfer <strong>Elternzeitung</strong><br />

Libelle sprach mit<br />

ihm über die Möglich keiten,<br />

das Chaos im Kinder zimmer<br />

in den Griff zu bekommen.<br />

Ist die Unordnung im Kinderzimmer<br />

so ein großes Thema,<br />

dass damit Bücher gefüllt werden<br />

können?<br />

Krekeler: Wenn jemand ein<br />

Kind hat, das freiwillig aufräumt<br />

und stets ordentlich ist, dann ist<br />

das wie ein Lottogewinn. Die<br />

meisten sind an verschiedenen<br />

Ecken mehr oder weniger<br />

schlampig. Es gibt einen Bedarf,<br />

zu erfahren, wie man etwas dagegen<br />

tun kann.<br />

Warum ist das in allen Familien<br />

immer wieder ein Thema?<br />

Krekeler: Kinder haben völlig<br />

andere Ordnungs-Vorstellungen<br />

als Eltern. Oft sehen sie überhaupt<br />

nicht ein, dass sie Dinge<br />

dort wieder hinlegen sollen wo<br />

sie sie hergeholt haben. Meistens<br />

braucht man sie dort ja nicht.<br />

Kein Mensch bügelt im Schrank<br />

oder bohrt in der Werkzeugkiste.<br />

Man lässt die Sachen liegen, wo<br />

man sie gebraucht hat, denn es<br />

ist sehr wahrscheinlich, dass<br />

man sie dort wieder brauchen<br />

wird. Das wird ein Kind nie als<br />

Unordnung empfi nden, wenn da<br />

Dinge sind, die dorthin passen.<br />

Hinzu kommt, dass auch die<br />

Toleranzen unter den erwachsenen<br />

Menschen sehr verschieden<br />

sind. Es gibt keine zwei<br />

Menschen, die unter Ordnung<br />

genau das gleiche verstehen.<br />

Brauchen Kinder eine gewisse<br />

Portion „kreatives Chaos“?<br />

Krekeler: Ich glaube, dass<br />

Kinder unterschiedlich gut mit<br />

Unordnung umgehen können.<br />

Es gibt Kinder, die fühlen sich<br />

in Unordnung nicht wohl und<br />

die sorgen auch dafür, dass es<br />

ordentlich aussieht. Andere<br />

Kinder belastet es regelrecht,<br />

wenn es in ihrem Zimmer so<br />

aussieht, dass sie keinen Anfang<br />

und kein Ende erkennen können<br />

und nichts wiederfi nden. Für sie<br />

ist es eine Hilfe, wenn man sie<br />

fragt, sollen wir das nicht mal<br />

gemeinsam aufräumen. Es gibt<br />

auch Kinder, die das überhaupt<br />

nicht stört und die immer wieder<br />

signalisieren, das ist nicht mein<br />

Problem, das ist dein Problem.<br />

Sollte man diese Kinder dann<br />

ihrer eigenen Unordnung überlassen?<br />

Krekeler: Das schwierige ist,<br />

das herauszufi nden – festzustellen,<br />

ob die Kinder damit zurecht<br />

kommen oder ob sie doch<br />

insgeheim darunter leiden und<br />

eigentlich Hilfe brauchen dabei,<br />

Ordnung zu schaffen, damit sie<br />

wieder Spielsachen entdecken<br />

oder auch wieder Platz haben,<br />

um spielen zu können. Es gibt<br />

viele Kinder, bei denen braucht<br />

man sich nicht einzumischen,<br />

Brauchen Kinder ein Chaos in ihren Räumen?<br />

weil sie einem das Gefühl vermitteln,<br />

das ist nun meine Art<br />

und Weise damit umzugehen,<br />

und daran wird sich auch<br />

nichts ändern. Diese Kinder ändern<br />

sich auch wirklich nicht,<br />

die können sie auch nicht zur<br />

Ordnung erziehen.<br />

Im Kindergarten müssen diese<br />

Kinder aber auch gewisse<br />

Ordnungs-Regeln einhalten.<br />

Krekeler: Ich habe 13 Jahre in<br />

Internaten gelebt, und die Lehrer<br />

haben dort großen Wert darauf<br />

gelegt, dass die Kinder Ordnung<br />

lernen. Es gab sogar Zensuren<br />

für Ordnung in Schrank und<br />

Zimmer. Einmal in der Woche<br />

wurde der Schrank kontrolliert,<br />

und oft war es so, dass die<br />

Lehrer potemkinsche Dörfer<br />

zu sehen bekamen.Vorne lagen<br />

ordentlich die Pullover übereinander<br />

gestapelt, und dahinter<br />

tobte das Chaos. Keines der<br />

Kinder hat das Internat ordentlicher<br />

verlassen als es das betreten<br />

hatte. Klar, wenn man weiß,<br />

mor gen fi ndet eine Kontrolle<br />

statt, dann räumt man natürlich<br />

auf, weil es doof ist, wenn man<br />

ein Mangelhaft in Ordnung bekommt,<br />

aber diese Maßnahmen<br />

erziehen nicht wirklich. Man<br />

passt sich nur an. Einer meiner<br />

Mit schüler kam aus einer ganz<br />

grausamen Militärschule in<br />

Südafrika, dort mussten sie die<br />

Bettlaken so straff spannen,dass<br />

eine Münze wieder hochhüpft<br />

wenn man sie darauf fallen lässt.<br />

Dieser Schüler war in unserem<br />

Internat der unordentlichste<br />

Schüler von allen. Der hatte<br />

durch diese ganze Dressur nichts<br />

gelernt. Aber natürlich müssen<br />

im Kindergarten bestimm-<br />

te Regeln eingehalten werden,<br />

so wie in der Familie auch – immer<br />

dann, wenn andere davon<br />

betroffen sind. Dann muss man<br />

sich verständigen und auch relativ<br />

streng sein, denn sonst leidet<br />

jemand darunter, weil er seine<br />

Sachen nicht fi ndet oder im Flur<br />

über die Hausschuhe stolpert.<br />

Da gibt es Grenzen, die sich aus<br />

dem Zusammenleben ergeben.<br />

Wir sollten also Kindern ihr<br />

eigenes Ordnungssystem überlassen?<br />

Krekeler: Ich bin dafür, dass<br />

Kinder in der Wohnung einen<br />

privaten Bereich haben, in den<br />

die Eltern wenig eingreifen.<br />

Wenn Lebensmittel vergammeln,<br />

geht das natürlich nicht.<br />

Es ist auch okay, wenn man sagt,<br />

morgen kommt die Putzhilfe<br />

oder morgen sauge ich, und alles<br />

was dann noch auf dem Boden<br />

liegt, ist dann weg. Aber ich fi nde<br />

es nicht richtig, den Kindern<br />

genaue Vorschriften zu machen,<br />

was wie auszusehen hat und<br />

wann sie was wegräumen, denn<br />

das würde man ja selbst auch<br />

als totalen Übergriff erleben.<br />

Wenn das Kind sagen würde:<br />

Jetzt räum’ du erstmal deinen<br />

Schreibtisch auf, dann würde<br />

man sagen, das geht dich überhaupt<br />

nichts an. Ich denke, das<br />

ist auch keine Frage des Alters,<br />

dass die Kinder eine gewisse<br />

Privatsphäre haben. Überall da,<br />

wo man gemeinsam langgeht<br />

und gemeinsam betroffen ist,<br />

muss man Regeln einhalten und<br />

durchsetzen.<br />

Vorschläge gegen<br />

das Chaos?<br />

Krekeler: Man kann und sollte<br />

sich bestimmte Verhaltensweisen<br />

© Janas<br />

angewöhnen. Wenn man zu<br />

Hause zum Beispiel im Flur<br />

die Schuhe ausziehen soll, dann<br />

muss man die Kinder immer<br />

wieder daran erinnern und wenn<br />

sie es vergessen in den Flur zurückschicken,<br />

ohne großartiges<br />

Schimpfen.Es geht um eine<br />

Gewöhnung, so wie wir uns daran<br />

gewöhnen, unsere Zähne zu<br />

putzen und dass es eine Zahl gibt,<br />

die „vierzig“ heißt. Wenn Sie im<br />

Auto sitzen und sind noch nicht<br />

angeschnallt, dann merken Sie<br />

das irgendwann. Dann denken sie<br />

nicht mehr darüber nach, müssen<br />

nicht mehr darüber entscheiden:<br />

Will ich mich heute anschnallen?<br />

Das kann eine unglaubliche<br />

Entlastung sein, weil man nicht<br />

jedes Mal neu problematisieren<br />

muss: Will ich das oder will ich<br />

das nicht? Da rauf würde ich heute<br />

noch mehr Wert legen, wenn<br />

ich noch einmal so ein Buch<br />

schreiben würde. Damals (das<br />

Buch erschien 1995, die Red.)<br />

dachte ich eher, die Kinder brauchen<br />

ihre Freiheit, und wir müssen<br />

das alles ausdiskutieren und

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