Keine Gnade für Lilith!
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Christopher A. Weidner – <strong>Lilith</strong> Seite 4 von 11<br />
in merkwürdige "Ahnungen und Stimmungen": "wirklich begriffen habe ich es nicht. … [Es] war eine<br />
Erfahrung des nicht stillbaren Durstes, ich wollte es intellektuell begreifen, und 'irgendetwas' löste sich<br />
auf, sobald ich einen Teil zu erhaschen glaubte." 14 Klar handelt es sich bei <strong>Lilith</strong> "um ein Symbol aus<br />
einer matriarchalen Zeit eines magischen Bewusstseins" 15 , in dem "nicht irgendwelche individuellen<br />
Auswüchse zählen, sondern die Zugehörigkeit zum mondhaften Ursubstrat der Großen Mutter." 16 Mit<br />
dem Wechsel zur "Ego-Periode" des Patriarchats musste – kurz gesagt – diese Große Göttin letztlich<br />
der maskulinen Heldenmythologie weichen und wandelte sich in jene dämonische <strong>Lilith</strong>, einem<br />
"Fleisch fressenden und Blut saugenden Parasiten und Vampir." 17 Natürlich, so beeilt man sich zu<br />
betonen, ist dies nichts anderes als ein Spiegel der "Angst des Patriarchates vor einem Zurückfallen in<br />
den Bereich der Großen Mutter" und die so unterdrückte <strong>Lilith</strong> kann darum nicht anders als sich in der<br />
"Kraft des lunaren und venusischen Pols, der all das herunterreißt, was der Mensch in seinem<br />
Versuch, sich über die Natur zu erheben, errichtet hat", zu artikulieren. So schreckt <strong>Lilith</strong> nicht davor<br />
zurück, einen Menschen, "der sich zu weit von den Entsprechungen seiner Seele und seines<br />
Unbewussten entfernt hat", zu "scharfen Korrekturen" 18 zu zwingen.<br />
Und solche Korrekturen bekommen gerade Frauen offensichtlich dann zu spüren, wenn sie folgende<br />
Botschaft von <strong>Lilith</strong> überhören: "Liebe Frauen, Gleichberechtigung ist schön und gut. Ihr habt gelernt,<br />
euch durchzusetzen und in der Welt zu behaupten. Ihr habt gelernt, die Energien der männlichen<br />
Planeten Sonne und Mars zu integrieren und zum Ausdruck zu bringen. Aber! So wertvoll diese<br />
Entwicklung auch war, sie ist nur die Hälfte der Ganzheit, denn: Ihr seid keine Männer, ihr seid Frauen<br />
und darum anders und habt vergessen, welche Macht in den weiblichen Energien steckt! Wenn ihr<br />
den männlichen Eigenschaften nacheifert, dann opfert ihr euch selbst und eure ureigene Weiblichkeit."<br />
19<br />
Zugegeben: So gesehen war noch nie ein astrologisches Prinzip so politisch wie <strong>Lilith</strong>, und das macht<br />
sie als Zeitgeistphänomen in erhöhtem Maße interessant. Wie kein anderes Prinzip wirkt sie offenbar<br />
als ideologischer Trigger auf die von der Emanzipation ermüdeten Geister und lässt Hoffnung darauf<br />
keimen, dass die letzte Kluft der Unvereinbarkeit der Geschlechter noch nicht völlig<br />
zusammengebrochen ist. Immunisierung gegen Kritik ist dabei ein Kinderspiel, wenn man sich auf die<br />
Hase-und-Igel-Taktik der Archetypen verlassen kann: "Wer nicht <strong>für</strong> <strong>Lilith</strong> ist, ist gegen sie!"<br />
14 Traugott, Hannelore, <strong>Lilith</strong> – Dämonin und Initiatorin. In Astrologie Heute Nr. 39. S.26<br />
15 Weiss, Claude, Die Rückkehr der <strong>Lilith</strong>. In Astrologie Heute Nr. 43. S.6<br />
16 ebd. S.7<br />
17 ebd. S.8<br />
18 ebd. S.9<br />
19 vgl. Bachmann, Verena, <strong>Lilith</strong> und die Energien der weiblichen Planeten. In Astrologie Heute Nr. 52. S.26, und Livaldi-Laun,<br />
Lianella a.a.O. S.17<br />
© Christopher A. Weidner 2002