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Keine Gnade für Lilith!

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Christopher A. Weidner – <strong>Lilith</strong> Seite 5 von 11<br />

Und so wird aus wenig Zucker viel ideologische Zuckerwatte und aus dem Nachtgespenst <strong>Lilith</strong> ein<br />

Racheengel nicht <strong>für</strong> die Unterdrückung der Frau, sondern <strong>für</strong> die Unterdrückung des vermeintlich<br />

Weiblichen in der Frau, ihrer "wahren" Bestimmung oder besser: das, was frau/man da<strong>für</strong> hält.<br />

Sexy <strong>Lilith</strong>?<br />

Da ich an anderer Stelle bereits ausführlich die Problematik der angenommenen Polarität zwischen<br />

Mann und Frau und ihrer dogmatischen Verankerung in der astrologischen Symbolik besprochen<br />

habe 20 , möchte ich nur Folgendes an dieser Stelle einflechten:<br />

Wir stehen an der Wende zu einem neuen Paradigma und allmählich verlieren die unsere Wirklichkeit<br />

organisierenden Grundannahmen, die Mythen, nach denen wir leben, den Boden unter den Füßen –<br />

unter anderem die Trennung der Menschheit in Mann und Frau bzw. in "männlich" und "weiblich". Um<br />

keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: zweifelsohne kann man die Menschheit in zwei<br />

anatomisch unterscheidbare Gruppen teilen, in männliche Menschen und weibliche Menschen – so<br />

wie man sie in rothaarige, blonde, schwarzhaarige Menschen etc. oder nach Blutgruppen gruppieren<br />

könnte. Während es jedoch jedem einsichtig sein dürfte, dass die Blutgruppenzugehörigkeit oder die<br />

Haarfarbe (mit Ausnahme schlechter Witze) keine ernst zu nehmenden Schlüsse auf charakterliche<br />

Merkmale zulassen, hält sich hartnäckig die Annahme, der biologische Unterschied zwischen<br />

weiblichen und männlichen Menschen bedinge so etwas wie eine innere Weiblichkeit und<br />

Männlichkeit, die sich auch im Charakter zu äußern habe. In der Astrologie scheint es besonders<br />

schwer zu fallen, ein Umdenken zu provozieren – zu stark hat sich die Vorstellung eines<br />

archetypischen Geschlechtsunterschiedes in die Köpfe eingekerbt, wie sie zum Beispiel in der<br />

gängigen Gliederung der Planeten in männliche und weibliche wiederholt wird – wobei sich hier in<br />

besonders drastischer Weise zeigt, welche Eigenschaften man vom Weiblichen und welche vom<br />

Männlichen erwartet. In der <strong>Lilith</strong>-Literatur zeigt sich diese Differenz darin, dass man beispielsweise<br />

unterschiedliche Deutungen <strong>für</strong> Männer und Frauen angibt und allein dadurch schon der Vorstellung<br />

Vorschub leistet, dass es etwas wesenhaft Anderes zwischen den Geschlechtern gibt.<br />

Es wird Zeit, mit der Dekonstruktion sexueller Mythen in der Astrologie zu beginnen. <strong>Lilith</strong> kann und<br />

darf hier keine Ausnahme bieten. Wenn ich aber nun nicht auf <strong>Lilith</strong> im Horoskop verzichten möchte –<br />

wie kann ich anstatt dessen vorgehen, um eine brauchbare Interpretation zu erhalten? Wie ich<br />

eingangs ausführte, liegt der Schlüssel zu allen astrologischen Prinzipien nicht in den Mythen, die man<br />

ihnen überstülpt, sondern in der Anschauung der himmlischen Phänomene, auf die sie sich beziehen.<br />

Wenn man also herausfinden möchte, was <strong>Lilith</strong> wirklich bedeutet, muss man sich die Mühe machen<br />

zu verstehen, was <strong>Lilith</strong> eigentlich ist …<br />

20 Vgl. Christopher A. Weidner “Der Ikarus-Effekt“.<br />

© Christopher A. Weidner 2002

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