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Lane und ihr revolutionärer Kämpfer

Eine junge lesbische Frau und ein alter Mann. Höchstens gute Freundschaft würde sich da entwickeln können. Dass es auch zum größten Glück und massivsten Problemen führen kann, wissen Lane und Thomas zu erzählen.

Eine junge lesbische Frau und ein alter Mann.
Höchstens gute Freundschaft
würde sich da entwickeln können.
Dass es auch zum größten Glück
und massivsten Problemen führen kann,
wissen Lane und Thomas zu erzählen.

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<strong>Lane</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>ihr</strong> revolutioärer <strong>Kämpfer</strong><br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 1 von 23


Evimad<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong><br />

<strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong><br />

Liebe kann es nicht geben<br />

Erzählung<br />

Love is the condition<br />

in which the happiness of another person<br />

is essential to your own. Robert Heinlein<br />

Eine junge lesbische Frau <strong>und</strong> ein alter Mann.<br />

Höchstens gute Fre<strong>und</strong>schaft<br />

würde sich da entwickeln können.<br />

Dass es auch zum größten Glück<br />

<strong>und</strong> massivsten Problemen führen kann,<br />

wissen <strong>Lane</strong> <strong>und</strong> Thomas zu erzählen.<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 2 von 23


<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> - Inhalt<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong>...................................................4<br />

Die revolutionären <strong>Kämpfer</strong>............................................................... 4<br />

Die lange <strong>Lane</strong>.................................................................................4<br />

Ich könnte dich immer anschauen......................................................5<br />

<strong>Lane</strong>, ich mag auch keine Jungs......................................................... 6<br />

Liebeskummer................................................................................. 7<br />

Jetzt war ich zu alt........................................................................... 9<br />

Hast du mal ein bisschen Zeit für mich?..............................................9<br />

Ohne uns Frauen gibt’s keine Revolution............................................ 10<br />

Lust auf rhythmische Bewegung.......................................................11<br />

Verabschiedungszeremonie proben...................................................11<br />

Ronnie, die blöde Kuh..................................................................... 12<br />

Eine Form von Liebe?...................................................................... 13<br />

Aber, <strong>Lane</strong>, ich bin doch ein Mann..................................................... 14<br />

Ronnie will nicht mehr.....................................................................15<br />

Aber schön ist das doch nicht, oder?.................................................16<br />

La grande époque dans le lit............................................................17<br />

Lust auf Trotz <strong>und</strong> Widerspenstigkeit................................................. 18<br />

Nervöse Blase?.............................................................................. 18<br />

Das Ende...................................................................................... 19<br />

Das hatte ich nie gewollt.................................................................19<br />

Blühendes Leben ohne mich.............................................................20<br />

<strong>Lane</strong>, ich will es nicht mehr..............................................................21<br />

<strong>Lane</strong> war immer hier.......................................................................22<br />

Meine Ikonen................................................................................. 22<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 3 von 23


<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong><br />

Die revolutionären <strong>Kämpfer</strong><br />

Ein langes Gesicht mit langen blond braunen Haaren starrte mich vom Nachbartisch<br />

hinter dem Raumteiler kurz an. Die Frau hatte sich zurück gelehnt <strong>und</strong><br />

konnte durch die Öffnung im Raumteiler nur mein Gesicht hier sehen. Ob sie<br />

meinte, mich zu kennen <strong>und</strong> sich nicht ganz sicher war, ich hatte sie mit Sicherheit<br />

noch nie gesehen. Wir hatten ein Treffen ehemaliger '<strong>revolutionärer</strong><br />

<strong>Kämpfer</strong>' organisiert. Damals wollten wir gemeinsam die Welt verändern, jetzt<br />

war die Welt eine andere geworden, <strong>und</strong> die <strong>Kämpfer</strong> hatten sich individuell<br />

auch sehr unterschiedlich verändert. Wenn auch manche Entwicklung kurios<br />

verlaufen war, es betraf mich nicht. Wir hatten nichts mehr miteinander zu tun.<br />

Es war langweilig wie auf einem Ehemaligentreffen der Schulklasse. Ich schaute<br />

in der Gegend umher <strong>und</strong> entdeckte dabei das Gesicht dieser dreißig bis<br />

fünf<strong>und</strong>dreißig jährigen Frau, die mich anscheinend unbedingt sehen wollte.<br />

Sie hatte sich schnell wieder nach vorn gesetzt, als sie merkte, dass ich sie<br />

wahrnahm. Kurz darauf hielt sie jedoch wieder nach mir Ausschau. Sie erwiderte<br />

mein Lächeln. Zum Abschluss bekam ich noch eine Grimasse geschnitten.<br />

Die Augen zugekniffen <strong>und</strong> die Lippen zusammengezogen, ob es eine Katze<br />

symbolisieren sollte? Wir standen auf <strong>und</strong> wollten gehen. Die junge Frau<br />

vom Nachbartisch kam auf mich zu. „M,m,“ sie lächelte verlegen, „<strong>Lane</strong> Sander,<br />

bin ich. Ich kenne sie nicht. Ich wollte sie mal ansprechen, weiß aber gar<br />

nicht wie.“ sagte sie. „Jetzt haben sie's schon getan. Ich heiße Thomas oder<br />

Tom oder Tommy Berg. Sie möchten, dass wir uns ein wenig kennenlernen?“<br />

ich darauf. Sie nickte nur mit einem bestätigenden „M,m“. „Meinetwegen gern,<br />

aber nicht jetzt hier. Jetzt wollte ich nach Hause.“ war ich einverstanden. <strong>Lane</strong><br />

Sander schlug vor, dass wir uns hier wieder treffen sollten. „Ich komme nicht<br />

mehr gern hierher, bin nur noch ganz selten hier. Direkt bei mir gegenüber ist<br />

ein kleines Café, sollen wir uns nicht dort treffen? Ach, Unsinn, kommen sie<br />

doch direkt zu mir, da gibt’s den Kaffee umsonst.“ war mein Vorschlag. <strong>Lane</strong><br />

lachte auf. „Ich kenne dich, - das ist o. k., ja? - doch überhaupt nicht <strong>und</strong> soll<br />

gleich zu dir in die Wohnung kommen? Nein, nein, lass uns ins Café gehen.“<br />

kommentierte sie. „Also, Versicherungsvertreter, Zeugen Jehovas <strong>und</strong> was weiß<br />

ich wer alles, die ich überhaupt nicht kenne oder eingeladen habe, wollen alle<br />

so gern bei mir in die Wohnung. Ich muss mich gegen sie wehren. Dich würde<br />

ich einladen <strong>und</strong> dich auch mit Sicherheit hereinlassen.“ erklärte ich. „Nein,<br />

trotzdem lieber Café.“ war <strong>Lane</strong>s Reaktion.<br />

Die lange <strong>Lane</strong><br />

Es beschäftigte mich schon, was diese junge Frau von mir wollte, wie sie auf<br />

die Idee kam, mich anzusprechen. Beziehungsinteressen waren es sicher nicht,<br />

dafür war die Altersdifferenz zu groß. Dass ich sieben<strong>und</strong>sechzig war, konnte<br />

man schließlich nicht einfach übersehen, <strong>und</strong> dass meinen Gesichtszügen eine<br />

besondere Ausstrahlung zu eigen sein sollte, hatte bislang auch noch nie je-<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 4 von 23


mand gemerkt. Warum genau wir uns geliebt hatten, wussten wir nicht, aber<br />

dass in meinem Gesicht etwas Besonderes zu entdecken sei, hatte meine Frau<br />

mir nie gesagt. Aber es gibt ja keine Objektivität, die zu erkennen wäre, entscheidend<br />

ist, was das Auge sehen will. Das interessierte mich schon, bei dieser<br />

mir völlig unbekannten <strong>Lane</strong>. Den Nachnamen hatte ich schon wieder vergessen.<br />

Im ersten Moment konnte man denken, <strong>Lane</strong> wirke ein wenig tranig.<br />

Vielleicht begünstigt durch <strong>ihr</strong>e Größe, die langen Gesichtszüge in Verbindung<br />

mit den langen, glatten Haaren, aber <strong>ihr</strong>e Augen blickten lebhaft wach. Ihr<br />

fehlte der Ausdruck dieser burschikosen Haudrauf-Mentalität, den viele jungen<br />

Frauen tragen, um als taff <strong>und</strong> cool angesehen zu werden. Ihre Züge vermittelten<br />

Empfindsamkeit <strong>und</strong> Milde, besonders, wenn sie lächelte. Jetzt lächelte sie<br />

nicht, sondern schaute sich eher missmutig im Café um, bis sie mich entdeckt<br />

hatte. „Hi, Thomas, wo wohnst du? Direkt hier gegenüber? Dann lass uns doch<br />

lieber zu dir gehen <strong>und</strong> ein Stück Kuchen mitnehmen. Das hier mag ich nicht.“<br />

verkündete <strong>Lane</strong> zur Begrüßung, <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> Wunsch traf sich mit meinem.<br />

Ich könnte dich immer anschauen<br />

Als wir Espresso <strong>und</strong> Kaffee zubereitet <strong>und</strong> den Kuchen auf Tellerchen verteilt<br />

hatten, saßen wir uns am Küchentisch gegenüber <strong>und</strong> grinsten wie damals, als<br />

wir uns durch die Lücke im Raumteiler angeschaut hatten. „In der Kneipe hast<br />

du eine Fratze gemacht, was sollte die bedeuten, eine Katze oder ein Puma?“<br />

erk<strong>und</strong>igte ich mich. Jetzt lachte <strong>Lane</strong> laut. „Nein, hast du das denn nicht erkannt?<br />

Das war doch kein Puma oder Tiger oder sonst was Grimmiges, so sieht<br />

das Gesicht von einem schnurrenden Kätzchen aus.“ <strong>Lane</strong> dazu. Mich machte<br />

es Lächeln, wie sie es sagte. „Und warst du da ein schnurrendes Kätzchen?“<br />

fragte ich nach. „So genau weiß ich das nicht. Es geht ja alles so schnell bei einem<br />

<strong>und</strong> meistens ganz von selbst, dass du es kaum mitbekommst, aber dein<br />

Gesicht, dein Blick <strong>und</strong> dein Lachen hatten etwas Warmes, Behutsames, dass<br />

meiner Wahrnehmung schmeichelte <strong>und</strong> mein Empfinden streichelte, wie eben<br />

ein Kätzchen. Aber genauer kann ich es nicht sagen, Tom. Ich wollte einfach<br />

nicht, das du weggingst, <strong>und</strong> ich dich nie kennenlernen könnte. Einfach ein<br />

Empfinden, ein unerklärliches <strong>und</strong> unbegründbares.“ erläuterte <strong>Lane</strong>. „Also,<br />

dass ich Thomas Berg heiße, weißt du ja schon. Ich bin ganz alt, 67 Jahre, bin<br />

pensioniert <strong>und</strong> lebe allein. Meine Frau lebt auch noch, wir sind aber geschieden<br />

<strong>und</strong> von unseren beiden Kindern lebt leider keiner hier. Ich lese viel,<br />

schreibe kleine Stories <strong>und</strong> gehe gern ins Konzert, die Oper oder ins Theater.<br />

Ich mag gern leckeres Essen, Käse <strong>und</strong> Wein. Ja natürlich, Obst <strong>und</strong> Nüsse<br />

mag ich auch gern <strong>und</strong> Musik hören ist eine Leidenschaft. Jetzt weißt du alles<br />

über mich, <strong>und</strong> du kennst mich durch <strong>und</strong> durch. Vielleicht gefällt es dir nicht,<br />

<strong>und</strong> du möchtest doch gern wieder gehen, dann musst du es sagen.“ palaverte<br />

ich. Wir lachten beide. „Gar nichts weiß ich von dir, Herr Berg. Der Sermon den<br />

du erzählt hast, interessiert mich nicht, oder soll ich dir beim nächsten mal ein<br />

Tütchen Studentenfutter mitbringen? Was ich von dir gesehen habe, sah nicht<br />

nur vertrauenswürdig <strong>und</strong> angenehm, sondern auch ein wenig intelligent aus.“<br />

bemerkte <strong>Lane</strong>. „<strong>Lane</strong>, wir habe beide über den Scherz gelacht. Sei nicht böse<br />

mit mir. Alles, was ich erzähle, wer ich bin, ist für dich wertlos. Wie du mich<br />

siehst, welche Assoziationen <strong>und</strong> Bilder du von mir entwickelst, ist für dich ent-<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 5 von 23


scheidend, <strong>und</strong> dabei ist es relativ belanglos, wovon ich erzähle.“ war meine<br />

Meinung. „Nein, das ist es nicht.“ erklärte <strong>Lane</strong>, die schon deutliche Worte<br />

sprach, aber immer in einer warmen Melodie <strong>und</strong> von einem Lächeln beschlossen.<br />

„Es macht doch einen Unterschied, ob du wie ein Waschweib über irgendetwas<br />

tratscht, was du gerade erfahren hast, dabei möchte ich dir gar nicht<br />

zuschauen, oder ob du von Dingen <strong>und</strong> Vorgängen sprichst, die dich interessieren,<br />

die dich bewegen. Dabei bist du schon ein anderer <strong>und</strong> wirst etwas von dir<br />

persönlich erkennen lassen.“ reagierte <strong>Lane</strong>. „Mm, <strong>Lane</strong>, es ist sehr trivial,<br />

aber ich kann es nicht leugnen. In den letzten Tagen <strong>und</strong> auch jetzt, geht es<br />

mir immer durch den Kopf, was sich dir an mir gezeigt hat, dass du mehr von<br />

mir wissen wolltest. Aber du hast ja schon gesagt, dass du es selbst nicht richtig<br />

weißt.“ erklärte ich. „Bei einer Frau, die man gemeinhin als schön bezeichnet,<br />

ist es die Harmonie <strong>ihr</strong>er Gesichtszüge, die dich hinschauen <strong>und</strong> ein Wohlbefinden<br />

spüren lässt. Was es bei dir ist, weiß ich nicht, <strong>und</strong> wahrscheinlich<br />

wirkt es auch nicht auf alle gleich, aber dich anschauen, macht mir auch ein<br />

gutes Gefühl. Ich könnte dich einfach immer anschauen. Wahrscheinlich harmonieren<br />

dann alle Assoziationen <strong>und</strong> Bilder, die du in mir ansprichst, miteinander<br />

<strong>und</strong> lassen dich als schmeichelhaft für meine Augen wahrnehmen. Ich<br />

könnte jetzt zwar einiges Aufzählen, woran ich bei dir denke, aber das Entscheidende<br />

wird es nicht sein.“ antwortete <strong>Lane</strong>. Wir scherzten darüber, was<br />

sie in mir potentiell erkennen könne.<br />

<strong>Lane</strong>, ich mag auch keine Jungs<br />

„Aber eigentlich bewertet man beim ersten Blick doch immer den potentiellen<br />

Geschlechtspartner, <strong>und</strong> lässt das Ergebnis unwillkürlich sein weiteres Handeln<br />

bestimmen.“ erklärte ich. <strong>Lane</strong>s Blick versuchte mich zu durchdringen. „Ja, genau,“<br />

meinte sie, „ich habe erkannt, dass die potentiellen Wünsche nach Volksvermehrung<br />

bei dir nur geringe Chancen haben, <strong>und</strong> du mir deshalb ungefährlich<br />

erschienst.“ „Bist du Kinderfeindlich?“ fragte ich kurz. „Gott bewahre, ich<br />

mag Kinder sehr, aber von uns beiden, meiner Fre<strong>und</strong>in <strong>und</strong> mir ist noch nie<br />

eine schwanger geworden.“ sagte <strong>Lane</strong> <strong>und</strong> lächelte. Warum genau weiß ich<br />

nicht, aber eine Art Erleichterung schien sich in mir auszubreiten. <strong>Lane</strong> war lesbisch<br />

<strong>und</strong> lebte mit einer Frau zusammen. Beruhigend. An irgendwelche Beziehungsabsichten<br />

oder -wünsche hatte ich zwar sowieso nicht zu glauben gemeint,<br />

aber jetzt stand es eben fest. Dass mir etwas durch den Kopf ging, hatte<br />

<strong>Lane</strong> zwar gemerkt, es aber versucht völlig anders zu interpretieren: „Oh<br />

Gott, lesbisch! Warum hab' ich das nicht sofort erkannt. Hätte sie das nicht als<br />

erstes sagen müssen. „Ich kenne sie zwar nicht, aber ich bin lesbisch.“ Das ändert<br />

doch alles.“ „<strong>Lane</strong>, hör auf so einen Stuss zu reden. Es tut weh, ich kann<br />

es nicht hören. Ich könnte dir sagen, was ich dazu meine, aber das ist öde. Ich<br />

habe keine Lust dazu.“ stoppte ich sie. „Tommy, ich habe so etwas von dir auch<br />

nicht vermutet, war ein Scherz. Aber irgendwie schienst du doch erstaunt.“<br />

meinte <strong>Lane</strong>. „Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, aber ich finde es gut<br />

so.“ antwortete ich, „Es ist ganz dumm, aber wir sind ja doch ein Mann <strong>und</strong><br />

eine Frau. Ich weiß nicht wie alt du bist, schätze mal so gut dreißig <strong>und</strong> ich bin<br />

sieben<strong>und</strong>sechzig, da würde sich ja Beziehungsmäßig eigentlich sowieso nichts<br />

ergeben, aber trotzdem hatte ich so eine ungewisse Befürchtung, weil ich so<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 6 von 23


etwas auf keinen Fall wollte. Und dass du lesbisch bist, kommt mir wie eine<br />

Erleichterung vor.“ <strong>Lane</strong> lachte laut. „Tommy, ich bin zwei<strong>und</strong>zwanzig, aber sag<br />

nicht mehr wieder, dass ich lesbisch bin. Ich bin eine ganz normale Frau, so<br />

wie du ein normaler Mann <strong>und</strong> kein Schwanzficker oder so etwas bist. Dass ich<br />

mit einer Frau zusammen lebe, ist genauso normal wie du auch mit deiner Frau<br />

zusammen gelebt hast.“ antwortete sie. „Entschuldigung, <strong>Lane</strong>, so war das<br />

nicht gemeint. Man sagt es immer so leicht unbedacht. Andererseits gibt es ja<br />

auch Frauen, die sich stolz so benennen.“ antwortete ich. „Ja, schlimm ist das,<br />

finde ich. Wer will sich denn über seine sexuellen Präferenzen definieren oder<br />

danach bezeichnen lassen? Aber es gibt sicher auch viele, die damit schlecht<br />

klarkommen oder Probleme damit gehabt haben. Einerseits ist es schon<br />

wichtig, sich um Anerkennung <strong>und</strong> Rechte zu kümmern, aber andererseits<br />

leisten sie auch durch <strong>ihr</strong>en Lesbenkult der Diskriminierung Vorschub. Ich will<br />

das alles nicht. Ich bin ganz normal <strong>und</strong> möchte auch so gesehen werden.“<br />

erklärte <strong>Lane</strong>. „Hast du denn nie Probleme damit gehabt, oder für dich selbst<br />

wenigstens? Also wenn ich bei mir homoerotische Tendenzen festgestellt hätte,<br />

könnte ich mir das sehr gut vorstellen.“ meinte ich. <strong>Lane</strong> lachte wieder. „Ja,<br />

gibt es ja. Und einen Riesenzauber um das sogenannte Coming Out machen<br />

sie. Mir hat sich das so alles gar nicht dargestellt. Als die Mädels damals alle<br />

Fre<strong>und</strong>e hatten, <strong>und</strong> redeten, ob sie schon mal hätten oder nicht, konnte ich<br />

gar kein Verlangen danach spüren. Stell dir vor, du hast jemanden, der dein<br />

Fre<strong>und</strong> sein will, <strong>und</strong> wenn er dich anfasst, wird sein Penis steif, damit er ihn<br />

dir möglichst bald in deine Vagina stecken <strong>und</strong> einen Orgasmus haben kann.<br />

Wie ekelig. So etwas wollte ich nicht. Ich wollte Liebe <strong>und</strong> die sollte ich von<br />

diesen vierschrötigen Knäblein erwarten? Unvorstellbar für mich. Eine Fre<strong>und</strong>in<br />

von mir wies aber jede Berührung zurück, obwohl ich meinte, wir hätten die<br />

gleiche Auffassung. Dann lernte ich ein anderes Mädchen kennen, aber das<br />

harmonierte auch nicht. Fast zwei Jahre waren wir trotzdem zusammen, bis ich<br />

vor drei Jahren Ronnie, meine jetzige Fre<strong>und</strong>in kennenlernte. Bis dahin wusste<br />

niemand etwas davon. Meine Mutter meinte, ich wohnte mit Ronnie in einer<br />

Frauen WG. Als ich <strong>ihr</strong> klar machte, dass Ronnie meine Fre<strong>und</strong>in sei, <strong>und</strong> wir<br />

uns liebten, fragte sie ganz entgeistert: „Bist du lesbisch?“ „Bist du eine<br />

Schwanzfickerin?“ habe ich sie gefragt, <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> klar gemacht, dass sie das nie<br />

wieder sagen solle, sonst würde ich sie auch so titulieren. Das war mein<br />

sogenanntes Coming Out. Also persönliche oder Identitätsprobleme habe ich<br />

nie gehabt. Es war einfach so, <strong>und</strong> ich fand es ganz normal für mich, <strong>und</strong> so<br />

sollen es die anderen auch sehen.“ erläuterte <strong>Lane</strong>. „Ich versteh dich gut,<br />

<strong>Lane</strong>. Ich mag auch keine Jungs oder Männer, <strong>und</strong> wenn mich einer<br />

entsprechend anfassen würde, fände ich es auch ekelig.“ scherzte ich.<br />

Liebeskummer<br />

Wir lachten beide <strong>und</strong> ich meinte: „Also, mit dem steifen Schwanz, da können<br />

die gar nicht viel dran machen, das ist bei ihnen evolutionär anders organisiert,<br />

aber mit der Liebe das sehe ich ganz anders. Liebe wollen <strong>und</strong> brauchen Männer<br />

genauso gut. Schau mal, der Liebeskummer, den sie bei Trennungen haben<br />

ist genauso <strong>und</strong> hat mit Sex nichts zu tun. Was Liebe ist haben die kleinen<br />

Jungs genauso von <strong>ihr</strong>er Mutti gelernt, wie die kleinen Mädchen auch. Die So-<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 7 von 23


zialisation mag dazu führen, dass die Ausprägungen andere sind, aber Liebe<br />

wollen sie, denke ich, genauso gut. Schau mal, der junge Werther hat sich wegen<br />

der unerfüllten Liebe zu seiner Lotte umgebracht, von Sex ist da keine<br />

Rede, <strong>und</strong> in allen Dramen geht es immer um die Liebe <strong>und</strong> niemals um unerfüllte<br />

sexuelle Bedürfnisse.“ erklärte ich. „Ich gebe dir ja recht, aber schau sie<br />

dir doch mal an. Erwartest du denn oder möchtest du, von so einem liebkost<br />

oder gestreichelt zu werden?“ reagierte <strong>Lane</strong>. „Gott bewahre, ich verstehe dich<br />

sehr gut, <strong>Lane</strong>, aber ich kann nicht umhin, es nicht schlecht zu finden, dass es<br />

Frauen gibt, die das wünschen.“ ich dazu. Wir lachten, <strong>und</strong> <strong>Lane</strong> meinte: „Wir<br />

reden Stuss. Ich muss sowieso nach Hause, sonst schimpft Ronnie mit mir.“<br />

„Aha, kannst du sie nicht anrufen? Ich würde mich schon gern weiter mit dir<br />

unterhalten. So ganz unernst finde ich unser Gespräch nicht. Dass du Liebe an<br />

ästhetischen Gesichtspunkten festmachst, glaube ich dir nicht. Dann fände<br />

auch manche Frau mit gleichgeschlechtlichen Ambitionen keine Partnerin. Das<br />

Idealbild der Frau spielt ästhetisch sicherlich auf einer anderen Ebene als das<br />

vom Mann, aber deshalb sind doch nicht alle Frauen generell schön. Du liebst<br />

doch nicht die äußerliche Harmonie <strong>ihr</strong>es Körpers oder <strong>ihr</strong>er Gesichtszüge, entscheidend<br />

ist doch, was sie dir vermitteln, was sie in dir ansprechen.“ meinte<br />

ich. „Ja, ja, das tatsächlich Äußere nimmst du nach drei Tagen schon gar nicht<br />

mehr wahr, dann sehen deine Augen nur noch, was sie in der anderen sehen<br />

wollen, wie sie sie kennen.“ bestätigte <strong>Lane</strong>, „Ronnie ist, glaube ich, auch keine<br />

Schönheit, aber das kann ich gar nicht erkennen, <strong>und</strong> vor allem spielt es überhaupt<br />

keine Rolle. War deine Frau denn sehr schön?“ „Ich glaube schon, zumindest<br />

meinte sie das von sich selber. Zu Anfang siehst du es schon häufiger,<br />

aber nach kurzer Zeit ist das völlig gleichgültig. Bei der Trennung habe ich zumindest<br />

kein bisschen daran gedacht, dass ich doch so eine schöne Frau verlieren<br />

würde.“ antwortete ich. „Und mich, wie findest du mich, wenn du mich<br />

schon für so alt hältst?“ fragte <strong>Lane</strong>. „Ach je, <strong>Lane</strong>, ich habe dich doch nicht für<br />

alt <strong>und</strong> grau gehalten. Für mich ist das sehr positiv. Zwei<strong>und</strong>zwanzig ist ja<br />

noch recht jung, <strong>und</strong> du erschienst mir irgendwie reifer, abgeklärter, erwachsener.<br />

An deiner Stelle würde ich es als Anerkennung wahrnehmen. Du bist eine<br />

sehr schöne zwei<strong>und</strong>dreißigjährige Frau, die noch zehn Jahre warten muss, bis<br />

<strong>ihr</strong> Lebensalter sie eingeholt hat.“ antwortete ich <strong>ihr</strong>. <strong>Lane</strong> lachte. „Na ja, irgendwie<br />

musst du es ja schmeichelhaft formulieren, aber wir haben ja auch<br />

schon große Übereinstimmungen festgestellt, dass wir beide Frauen besser leiden<br />

mögen als Männer. Ist das nichts?“ sagte sie, lachte <strong>und</strong> ich bekam einen<br />

Kuss auf die Wange. „Jetzt muss ich aber wirklich gehen. Darf ich denn nochmal<br />

wiederkommen? Wir haben ja über das meiste noch nicht geredet.“ fragte<br />

<strong>Lane</strong>. „Wenn du mir ein Tütchen Studentenfutter mitbringst, wäre mir nichts<br />

lieber, als dass du mich bald wieder besuchen kommst. Aber ich lass' dich auch<br />

ohne Studentenfutter rein <strong>und</strong> freue mich sehr.“ reagierte ich. Wir umarmten<br />

uns zum Abschied, ein wenig vertraut waren wir uns ja schon geworden.<br />

Jetzt war ich zu alt<br />

Ich hatte gedacht, spätestens wenn sie ginge, würde ich wissen, was diese<br />

junge Frau von mir gewollt hätte, aber es war mir eher unklarer als vorher. Ich<br />

war davon ausgegangen, dass sie von mir alles Mögliche wissen wollte, aber<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 8 von 23


wir hatten fast nur über sie <strong>und</strong> <strong>ihr</strong>e gleichgeschlechtliche Liebe gesprochen.<br />

Trotzdem wollte sie wiederkommen. Angenehm fand ich es schon. Dass sie mir<br />

äußerst sympathisch war, konnte ich mir nicht verheimlichen. Wie gut, dass ich<br />

nicht wusste, dass sie erst zwei<strong>und</strong>zwanzig war, sonst hätte ich wahrscheinlich<br />

von Anfang an ein anderes Bild gehabt. Jetzt hatte ich mit einer zwei<strong>und</strong>dreißigjährigen<br />

Frau geredet <strong>und</strong> das blieb sie auch. Wenn ich in <strong>ihr</strong>em Alter wäre,<br />

hätte ich mich bestimmt in sie verlieben können <strong>und</strong> wäre traurig gewesen,<br />

dass sie von mir nichts wissen wollte. Aber nein, mit zwei<strong>und</strong>zwanzig war ich<br />

viel zu doof, um sie erkennen zu können. Jetzt war ich zu alt. Ich suchte aber<br />

auch nicht mehr nach einer Frau <strong>und</strong> nach einer jungen, der ich die Zukunft<br />

zerstörte, erst recht nicht. Natürlich blieb der Gedanke die liebende Zuneigung<br />

einer Frau zu erfahren, immer verlockend, aber das Thema hatte sich für mich<br />

abschließend erledigt. Wie gut, dass ich bei <strong>Lane</strong> nicht auf solche Gedanken<br />

kommen konnte. Trotzdem freute ich mich darauf sie wieder zu erleben.<br />

Hast du mal ein bisschen Zeit für mich?<br />

„Hast du mal ein bisschen Zeit für mich?“ fragte sie am Telefon, als sie kommen<br />

wollte. Nein, heute wollte sie lieber Kirschkuchen, wenn's ginge <strong>und</strong> nicht<br />

den Apfelstrudel vom letzten mal, aber auch mit Sahne, bitte. „Sahne esse ich<br />

für mein Leben gern. Ich muss aufpassen, dass ich nicht zuviel davon esse, besonders<br />

mit Pflaumenkuchen im Spätsommer.“ erklärte <strong>Lane</strong> beim Kaffee.<br />

„Hast Angst, dass du zu dick wirst?“ fragte ich verständnisvoll die gertenschlanke<br />

<strong>Lane</strong>. „Du Blöder, Durchfall bekommst du davon.“ reagierte sie, „als<br />

Kind habe ich das oft gehabt. Dabei mag ich doch beides so gerne. Was magst<br />

du denn gerne? Kochst du dir öfter mal etwas? Allein ist das doch bestimmt<br />

ganz schön öde, oder?“ fragte sie mich. „Ja, es gibt vieles, was alleine öde ist.<br />

Zuerst nimmst du es noch wahr, aber es wird schnell ganz selbstverständlich.<br />

Ich hätte früher nie gedacht, dass ich ein Leben als Eremit ertragen könnte,<br />

<strong>und</strong> jetzt empfinde ich nichts dabei, fühl mich ganz wohl.“ antwortete ich.<br />

„Warum legst du dir keine Fre<strong>und</strong>in zu? Du bist ausgesprochen passabel.“<br />

meinte <strong>Lane</strong>. „Oh, danke für das Kompliment, aber ich habe noch nicht genug<br />

gespart, um mir eine zulegen zu können. So preiswert sind die ja heute nicht<br />

mehr. Dauernd wollen sie Clips, Colliers <strong>und</strong> Brillies <strong>und</strong> dazu noch ständig<br />

neue Roben, verstehst du?“ ich dazu. „Du hast schon Recht. Ihr müsstet euch<br />

lieben, nicht wahr, <strong>und</strong> das ergibt sich eben nicht mal so mit sieben<strong>und</strong>sechzig.<br />

Meine Mutter hat auch keinen Lover. Die ist acht<strong>und</strong>vierzig, aber das wäre dir<br />

sicher viel zu jung, obwohl sie in Wirklichkeit, schätze ich mal, viel älter ist als<br />

du. Sie gehört zu den Leuten, von denen man annimmt, dass sie schon alt geboren<br />

sind. Mit fünf<strong>und</strong>zwanzig denken sie wie mit fünf<strong>und</strong>sechzig.“ erklärte<br />

<strong>Lane</strong>. „Ich komme mir auch vor, als ob ich dächte, wie mit fünf<strong>und</strong>zwanzig.“<br />

behauptete ich, „Wenn du nicht absichtlich dein Denken vergreisen lässt, wird<br />

das bei allen Menschen so sein. Dein Körper <strong>und</strong> deine Psyche sind etwa<br />

gleichzeitig erwachsen. Dein Körper baut wieder ab, aber die Struktur deiner<br />

Psyche ändert sich durch deine Erfahrungen in der Regel nur minimal.“ „Du<br />

meinst also, du hättest mit zwei<strong>und</strong>zwanzig nicht anders gedacht als jetzt, <strong>und</strong><br />

ich würde mit sieben<strong>und</strong>sechzig auch so denken wie jetzt?“ fragte <strong>Lane</strong>. „Ich<br />

denke, deine Erfahrungen verändern schon deine Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Bewer-<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 9 von 23


tungsmöglichkeiten, vielleicht wird dein Horizont weiter, aber die Gr<strong>und</strong>struktur<br />

deiner Persönlichkeit bleibt die gleiche. Die Menschen, die einem so früh schon<br />

als alt in <strong>ihr</strong>em Denken erscheinen, sind sehr angepasst, konservativ, vertrauen<br />

alt Vorgegebenem mehr als neuen Erfahrungen. Du hast Recht, ich empfinde<br />

es auch so, dass sie wirken, als ob ihnen selbst das Leben nicht mehr voll<br />

gehörte. Mental scheinen sie auf Krücken angewiesen.“ meinte ich dazu. <strong>Lane</strong><br />

sinnierte. „Aber das sind wir doch alle. Aus uns selbst sind wir doch nichts. Was<br />

wir sind, ist doch alles von außen Adaptiertes, von deinem ersten Wort an, das<br />

du verstehst oder sprichst.“ meinte sie. „Das stimmt schon, aber du bist kein<br />

beliebiges Konglomerat aus deinem Wahrgenommenen. Du setzt es in Beziehungen,<br />

schaffst Verbindungen, kreierst eigene Bilder aus dem dir zur Verfügung<br />

Stehendem. Du kannst dein Bild von mir nicht einfach aus irgendeiner<br />

Schublade haben, in die du es früher mal gelegt hattest, du hast es so noch nie<br />

gesehen, du hast es neu gemalt aus Assoziationen, Emotionen <strong>und</strong> Projektionen.<br />

Du lässt es zu, findest es interessant <strong>und</strong> bist neugierig. Die alten Seelen<br />

würden anders reagieren, beziehungsweise sie ließen es gar nicht zu, es wahrzunehmen.“<br />

war meine Ansicht.<br />

Ohne uns Frauen gibt’s keine Revolution<br />

„Warst du Lehrer, als du noch gearbeitet hast? Oder was hast du gemacht?“<br />

fragte <strong>Lane</strong>. „Ja, so etwas Ähnliches, ich war Dozent an der Uni. Ganz schön<br />

beschissen. Ich habe mich mehr um Politik gekümmert, als um mein politikwissenschaftliches<br />

Studium, <strong>und</strong> als ich alles fertig hatte, war ich für eine ordentliche<br />

Professorenstelle zu alt.“ erläuterte ich. „Wieso war das beschissen?“ erk<strong>und</strong>igte<br />

sich <strong>Lane</strong>. „Na, du machst die gleiche Arbeit wie der Herr Professor,<br />

hast die gleiche Qualifikation, aber wirst nur wie ein Hiwi bezahlt.“ ich dazu.<br />

„Für mich wirst du immer mein Herr Professor sein. Gibt dir das was?“ fragte<br />

<strong>Lane</strong>. Es gab uns beiden etwas zu lachen. „Schade, dass du nicht Französisch<br />

gemacht hast oder Spanisch, dann könnten wir uns jetzt prima ergänzen, aber<br />

Politik ist auch ganz gut. Du hast es ja alles selber erlebt mit 68 <strong>und</strong> so, nicht<br />

wahr? Warst du da richtig aktiv?“ fragte <strong>Lane</strong>. „Ohne uns Frauen gibt’s keine<br />

Revolution – Wir müssen kämpfen, gemeinsam schaffen wir’s schon“ sang ich<br />

<strong>Lane</strong> vor. Wir lachten. „<strong>Lane</strong>, da hast du etwas verpasst, aber die Frauen von<br />

damals, sind ja heute noch überall aktiv. In Frauensendungen im Fernsehen,<br />

als Professorinnen oder Filmemacherinnen. Aber die schönen Sprüche hört<br />

man nicht mehr. „Befreit die sozialistischen Eminenzen von <strong>ihr</strong>en bürgerlichen<br />

Schwänzen!“ das hätte dir doch auch sicher gut gefallen. Die Frauen wehrten<br />

sich damals dagegen, dass die Männer die großen Theorien entwickelten, <strong>und</strong><br />

Frauen die Flugblätter verteilen durften. Ein Spruch fällt mir noch ein: „Frauen<br />

zerreißt eure Ketten. Schluss mit Objektsein in Betten. Frauen gemeinsam sind<br />

stark.“ Gut, nicht wahr?“ erzählte ich <strong>Lane</strong>. „Das war spannend damals, oder?“<br />

fragte sie. „Ja, in gewisser weise auch spannend, aber das ist nicht das richtige<br />

Wort. Es war ein anderes Leben, ein volles Leben, so wie du es dir eigentlich<br />

wünscht. Im Nachhinein kommt es mir manchmal vor, als ob in der Zeit die<br />

Entfremdung aufgehoben gewesen wäre.“ meinte ich dazu. „Du musst mir<br />

noch ganz viel davon erzählen. Ich will auch ein Leben ohne Entfremdung führen.“<br />

erklärte <strong>Lane</strong> stolz <strong>und</strong> lachte. Ganz viel davon erzählen? Was hatte das<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 10 von 23


denn zu bedeuten? Wie konnte ich das denn verstehen? <strong>Lane</strong> Sander, was hast<br />

du vor? Beim nächsten mal, wollte sie zum Abendessen bleiben <strong>und</strong> wir<br />

würden gemeinsam etwas kochen.<br />

Lust auf rhythmische Bewegung<br />

Wenn ich <strong>ihr</strong> die Tür öffnete, blieb <strong>Lane</strong> immer kurz davor stehen <strong>und</strong> zeigte<br />

dies mild süße Lächeln, das jedes mal zu fragen schien: „Hast du mal ein bisschen<br />

Zeit für mich?“ Dass <strong>Lane</strong> kam, freute mich sehr, aber dieses lächelnde<br />

Gesicht potenzierte meine Freude noch einmal aktuell. Entsprechend umfänglich<br />

war die Begrüßung. Nicht erst das Essen, sondern das Kochen gestaltete<br />

sich schon zu einem kleinen Fest. Immer wusste der eine es besser als der andere,<br />

zum Beispiel, welches Öl zum Braten zu nehmen sei, oder ob auch eine<br />

kleine Prise Zucker in den Teich gehöre oder was es auch sei. Man widersprach<br />

immer, damit es etwas zu diskutieren <strong>und</strong> zu lachen gab. „<strong>Lane</strong>, willst du nicht<br />

dein Autochen hier stehen lassen? Ich bestell dir ein Taxi. Wie soll das Essen<br />

denn ohne einen Tropfen Wein schmecken?“ schlug ich vor. Probieren mussten<br />

wir den Wein natürlich schon beim Kochen. Weil der Wein gut schmeckte, sich<br />

die gute Laune vom Kochen beim Essen fortsetzte <strong>und</strong> wir bei Tafelmusik<br />

speisten, spürten auch unsere Körper Lust nach rhythmischer Bewegung <strong>und</strong><br />

ließen in uns das Bedürfnis zu Tanzen aufkommen. Auch dabei mussten wir<br />

zwar lachen, aber <strong>Lane</strong> wollte sich auch eng an mich schmiegen. Ob ich das so<br />

gut fand? Ich rief <strong>Lane</strong>s Taxi <strong>und</strong> räumte allein auf.<br />

Verabschiedungszeremonie proben<br />

<strong>Lane</strong> kam oft, wenigstens einmal in der Woche. Mal kam sie um die Mittagszeit,<br />

mal blieb sie zum Abendbrot. Wir unterhielten uns nicht nur. Ich zeigte <strong>ihr</strong><br />

alles Mögliche <strong>und</strong> sie suchte sich Musik aus, die sie gerne hören wollte. Unsere<br />

Begrüßungen <strong>und</strong> Verabschiedungen nahmen immer ausgedehntere Formen<br />

an. Während wir uns zu Anfang nur französisch leicht die Wangen geküsst hatten,<br />

machten wir es mittlerweile richtig mit Zungenspielen <strong>und</strong> betasteten mit<br />

den Fingern das Gesicht des anderen. Es war in der Tat so, als ob Verliebte sich<br />

träfen <strong>und</strong> verabschiedeten, aber das konnte ja nicht sein, <strong>und</strong> schön war es<br />

schon. Ich saß auf der Couch <strong>und</strong> <strong>Lane</strong> setzte sich mir breitbeinig auf den<br />

Schoß. „Müssten wir nicht noch ein wenig die Verabschiedungszeremonie proben?<br />

Ich finde, das klappt so noch nicht richtig.“ meinte sie schmunzelnd. Ich<br />

hatte immer ein leicht zwiespältiges Gefühl, redete mir aber immer Sicherheit<br />

ein. Was sollte diese lesbische junge Frau ausgerechnet von so einem alten<br />

Mann wollen. Also küssten wir uns, spielten mit den Zungen <strong>und</strong> Fingern im<br />

Gesicht des anderen. Bald war es selbstverständlich, dass wir uns auch zwischendurch<br />

küssten <strong>und</strong> Zärtlichkeiten austauschten.<br />

Ronnie, die blöde Kuh<br />

Eines Tages gegen fünf Uhr stand sie wieder lächelnd vor der Tür. Als sie rein<br />

gekommen war, schimpfte sie aber <strong>und</strong> begann zu weinen. „Diese blöde Kuh,<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 11 von 23


was bildet sie sich eigentlich ein. Ich denke sie liebt mich. Sie fragt mich mit<br />

keinem Wort, sondern erklärt mir lapidar nebenbei, dass sie es nicht mehr will,<br />

dass ich mich mit 'diesem alten Mann' treffe. Ich war so schockiert, ich konnte<br />

gar nichts sagen. Ich musste erst mal zu dir. Du bist so stark <strong>und</strong> wirst mir<br />

Kraft geben, habe ich gedacht.“ erklärte <strong>Lane</strong> immer noch weinend. Ich stark<br />

<strong>und</strong> <strong>ihr</strong> Kraft geben? <strong>Lane</strong> was wird? „<strong>Lane</strong>, welche Kraft soll ich dir geben?<br />

Die, dass du dich mit deiner Fre<strong>und</strong>in heftig streiten kannst? Ich kann mir nicht<br />

vorstellen, das so der Weg für dich aussehen sollte. Auch wenn sie es nicht getan<br />

hat, solltest du versuchen sie zu verstehen. Du kannst doch nicht eure seit<br />

drei Jahren bestehende Liebe durch einen Streit auf's Spiel setzen. Das wirst<br />

du dir nie verzeihen.“ war meine kräftigende Meinung. „Aber sie schein überhaupt<br />

keine Rücksicht nehmen zu brauchen. Ich muss mich doch nicht wie <strong>ihr</strong>e<br />

Sklavin behandeln lassen <strong>und</strong> tun, als ob ich es gar nicht bemerkte. Das muss<br />

<strong>ihr</strong> doch deutlich klar gemacht werden, dass so etwas nicht geht, <strong>und</strong> dass es<br />

nie wieder vorkommen darf.“ <strong>Lane</strong> dazu. „Schon, das finde ich ja auch. Nur<br />

wenn du sie ausschimpfst, wird sie sich verteidigen <strong>und</strong> wehren. Euer Streit<br />

wird eskalieren, geklärt wird nichts, <strong>und</strong> ändern wird sich auch nichts. Du<br />

kannst es doch so gut, auch wahre Worte fre<strong>und</strong>lich zu vermitteln <strong>und</strong> dabei<br />

immer <strong>ihr</strong> Empfinden berücksichtigen.“ meinte ich. <strong>Lane</strong> schubste mich auf die<br />

Couch <strong>und</strong> wir mussten ganz lange schmusen. „Ach, Tommy, wenn ich dich<br />

nicht hätte. Ich brauche dich, weiß aber überhaupt nicht, wer du für mich bist.<br />

Ein Wort dafür gibt es nicht. Aber ich bin auch wortlos glücklich.“ erklärte <strong>Lane</strong>.<br />

Sie hatte mit Ronnie gesprochen, ganz fre<strong>und</strong>lich. Die hatte zwar akzeptiert,<br />

dass es wohl die falsche Umgangsform war, aber über Thomas wollte sie nicht<br />

weiter reden. Das schien <strong>ihr</strong> einfach nicht zu gefallen, vorher nicht <strong>und</strong> auch<br />

nachher nicht. „Ihr passt das nicht.“ sagte <strong>Lane</strong>, „verbieten wird sie es mir<br />

nicht mehr, aber ich bekomme immer blöde Bemerkungen zu hören.<br />

„Schmeckt's dir bei deinem Fre<strong>und</strong> besser als bei uns?“ fragt sie zum Beispiel,<br />

wenn ich hier gegessen habe. Alter Mann sagt sie nicht mehr, aber 'dein<br />

Fre<strong>und</strong>' ist genauso bissig gemeint.“ „Wieso?“ wollte ich es erklärt haben. „Na,<br />

ist doch klar, als Lesbe hast du 'ne Fre<strong>und</strong>in, aber keinen Fre<strong>und</strong>.“ <strong>Lane</strong> darauf.<br />

Das hörte sich alles nicht gut an. Bei den beiden schien es zu kriseln. Das gefiel<br />

mir überhaupt nicht.<br />

Eine Form von Liebe?<br />

„<strong>Lane</strong>, unvorstellbar ist es mir nicht, das deine Fre<strong>und</strong>in misstrauisch wird.<br />

Warum musst du so oft einen fremden Mann besuchen. Hat er dir etwas zu bieten,<br />

was sie nicht hat. Es wird für sie etwas anderes sein, als wenn du deine<br />

Eltern besuchtest. Das kann ich schon nachempfinden. Sie ist skeptisch <strong>und</strong><br />

wird beginnen, an deiner Liebe zu <strong>ihr</strong> zu zweifeln, <strong>und</strong> du empfindest es, als ob<br />

<strong>ihr</strong> Vertrauen <strong>und</strong> <strong>ihr</strong>e Liebe für dich nicht mehr umfassend wären. Verstehst<br />

du das nicht auch ein wenig?“ fragte ich sie. <strong>Lane</strong> schaute ins Leere <strong>und</strong> überlegte<br />

mit sehr nachdenklichem Gesicht. „Was willst du damit sagen, Thomas?“<br />

fragte sie. „Ich halte es für einen Wurm, der an eurer Vertrauensbasis nagt <strong>und</strong><br />

sie nach <strong>und</strong> nach zerstört. Dann wird da keine Liebe mehr sein. Ich denke, du<br />

solltest das erkennen <strong>und</strong> sehen, wohin es sich entwickeln kann.“ war meine<br />

Ansicht. „Aber, Thomas, wo ist denn meine Schuld, wenn sie sich etwas zusam-<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 12 von 23


men spinnt. Soll ich es <strong>ihr</strong> auszureden versuchen? Ihr immer wieder versichern,<br />

dass ich nicht mit dir ins Bett gehe? Ich weiß ja auch gar nicht, was sie<br />

vermutet, was sie sich ausdenkt.“ <strong>Lane</strong> verzweifelt. „Sie wird Angst haben,<br />

dass ich dir irgendwann mehr bedeuten könnte als sie, in welcher Ausprägung<br />

auch immer, <strong>und</strong> das tut weh, Angst vor Liebesentzug. Das kann ich schon verstehen.<br />

Nur, <strong>Lane</strong>, ich meine, Ronnie ist deine Welt, Ronnie ist dein Leben. Ich<br />

bin es nicht. Ich bin nur dein Fre<strong>und</strong>, wenn auch ein sehr guter. Mit mir gibt es<br />

keine Perspektive für dich. Ich bin nicht nur ein Mann, sondern auch in zehn<br />

Jahren ein pflegebedürftiger Greis, wenn ich überhaupt so alt werde. Du solltest<br />

dein Leben mit Ronnie pflegen <strong>und</strong> schützen <strong>und</strong> keinesfalls gefährden.“<br />

stellte ich meine Sicht dar. „Ein guter Fre<strong>und</strong>, Tommy? Ich denke oft an dich<br />

<strong>und</strong> träume von dir. Ich habe Sehnsucht danach, dich wiederzusehen. Noch nie<br />

habe ich einen Menschen gekannt, der sich so über mich gefreut hat, wenn ich<br />

ihn besuchen kam. Wenn du mir die Tür öffnest, beginnt das kleine Glück. Ich<br />

habe Lust auf dich. Ich denke, wir verstehen uns sehr tief, <strong>und</strong> es gibt für mich<br />

keine größere Freude, als wenn ich erlebe, wie du durch mich glücklich bist. Ob<br />

Mann oder Frau, ob alt oder jung, was spielt das für eine Rolle? Äußerlichkeiten<br />

sind es in unserer Beziehung. Ich weiß es, <strong>und</strong> bin mir absolut sicher, dass wir<br />

uns immer verstehen werden. Ist das nur gute Fre<strong>und</strong>schaft, oder sollten wir<br />

es nicht eher eine Form von Liebe nennen, was uns verbindet?“ so <strong>Lane</strong> zu<br />

meinen Bemerkungen. Natürlich traf es zu, wie <strong>Lane</strong> es darstellte, aber genau<br />

das wollte ich nicht, wollte es nie wahr haben, beruhigte mich dadurch, dass<br />

ich es nicht für möglich hielt. Meiner geliebten <strong>Lane</strong> die Zukunft verbauen, zerstören,<br />

das wollte ich auf keinen Fall. Sah alle Gebrechen, die mich in nicht ferner<br />

Zukunft befallen könnten, sah mich Demenz <strong>und</strong> Alzheimer krank <strong>und</strong> meine<br />

geliebte <strong>Lane</strong> leiden. Nein, niemals, das würde es nicht geben. „<strong>Lane</strong>, ich<br />

gebe dir Recht. Ich empfinde genau wie du. Nur jetzt ist es so. Vor allem<br />

Grässlichen, was das Alter mit sich bringen kann, habe ich keinen Schutz, <strong>und</strong><br />

das kann schon morgen eintreffen <strong>und</strong> mich befallen. Ich fürchte mich für mich<br />

selber davor <strong>und</strong> will dich auf keinen Fall damit konfrontieren <strong>und</strong> belasten. Du<br />

musst in deiner Welt leben <strong>und</strong> dort glücklich sein, <strong>und</strong> das ist Ronnie <strong>und</strong><br />

nicht ich. Lass es uns beenden, bevor es für dich zu spät ist.“ erklärte ich. <strong>Lane</strong><br />

machte große Augen <strong>und</strong> starrte mich entsetzt an. „Jetzt fängst du auch schon<br />

an.“ begann sie, „Was bildest du dir ein, Herr Berg? Bestimmst du jetzt auch<br />

über mich, was ich zu tun <strong>und</strong> zu lassen habe. Du wirst es wahrscheinlich wissen,<br />

was gut <strong>und</strong> richtig <strong>und</strong> das Beste für mich ist. Bin ich zu doof, mich selber<br />

zu entscheiden oder in manchen Dingen nicht ganz zurechnungsfähig?<br />

Aber dann werde ich ja auch weiterhin deine klugen Anweisungen benötigen.<br />

Tommy, jetzt bist du doch ein typischer Mann, aber nein, Ronnie konnte es ja<br />

auch. Bitte, bitte, Tom, tu das nie wieder. Zerbrich dir nicht meinen Kopf <strong>und</strong><br />

lass mich meine Entscheidungen zukünftig immer selber treffen.“ formulierte<br />

<strong>Lane</strong> leicht zornig, fiel mir dann aber um den Hals <strong>und</strong> drückte mich heftig.<br />

Aber, <strong>Lane</strong>, ich bin doch ein Mann.<br />

Dass <strong>Lane</strong> mit mir geschimpft hatte, war ja berechtigt <strong>und</strong> störte mich weit<br />

weniger als die Ratlosigkeit. An den Fakten hatte sich doch nichts verändert,<br />

auch wenn <strong>Lane</strong> meinen Ansichten nicht folgen wollte. Was sollte ich denn tun?<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 13 von 23


Ihr langsam die Anwesenheit beim mir mehr <strong>und</strong> mehr verleiden. Der Gedanke<br />

daran ließ mich lachen. Ich konnte nichts machen, obwohl es mich ja genauso<br />

gut betraf. Ich musste mich <strong>Lane</strong>s Liebe beugen. Dass es mir schwer fiel,<br />

konnte ich nicht gerade behaupten. Wie es zwischen <strong>Lane</strong> <strong>und</strong> Ronnie stand,<br />

interessierte mich immer weniger. Was sollte ich denn tun? <strong>Lane</strong> immer vorbeten,<br />

dass <strong>ihr</strong> die Beziehung zu Ronnie das Wichtigste sein müsse, während es<br />

<strong>ihr</strong> selbst immer gleichgültiger zu werden schien. Zum Abendbrot war <strong>Lane</strong><br />

jetzt fast immer bei mir. Sie kaufte auch öfter etwas ein, weil der alte Mann ja<br />

nicht mehr so schnell laufen könne, scherzte sie. Das basierte auf einem Vergleich<br />

zwischen uns beiden, was denn bei mir wegen des Alters anders sei <strong>und</strong><br />

nicht mehr so gut funktioniere. Sie trank auch ein Glas Wein <strong>und</strong> war davon<br />

überzeugt, mit einem Glas noch problemlos fahren zu können. Heute trank sie<br />

aber schon das dritte. Ein Taxi sollte ich jedoch nicht bestellen, statt dessen<br />

fragte <strong>Lane</strong>, ob sie nicht über Nacht bei mir bleiben könne. Ich schaute wohl<br />

nicht wenig konsterniert. Wusste nicht, wie sie es sich vorstellte <strong>und</strong> warum sie<br />

es wollte. Nein im Gästezimmer wollte sie nicht schlafen. „Wir schmusen doch<br />

auch sonst immer miteinander <strong>und</strong> im kuscheligen Bett ist das noch tausend<br />

mal schöner.“ meinte <strong>Lane</strong>. „Aber, <strong>Lane</strong>, ich bin doch immer noch ein Mann.“<br />

gab ich zu bedenken. „Das bist du doch auch, wenn wir am Tisch zärtlich miteinander<br />

sind. Wir lieben uns doch. Das andere ist doch nebensächlich.“ konstatierte<br />

<strong>Lane</strong>. Ich wusste nicht, wie mir geschah. „Hast du denn keine Angst,<br />

dass ich stinke? Männer stinken doch, also, finde ich wenigstens.“ wendete ich<br />

noch ein. „Frauen können auch ganz schön stinken.“ <strong>Lane</strong> darauf, „Wir können<br />

ja vorsichtshalber Deospray mit ins Bett nehmen.“ sagte sie <strong>und</strong> lachte schelmisch.<br />

„Freust du dich denn gar nicht ein wenig darauf? Oder hast du Angst,<br />

weil es schon so lange her ist, dass du mit einer Frau im Bett warst? Ich war ja<br />

noch nie mit einem Mann im Bett, <strong>und</strong> ich find's spannend. Aber kein Sex, nur<br />

schmusen <strong>und</strong> zärtlich sein, so wie wir uns kennen, nicht wahr?“ Ich musterte<br />

<strong>Lane</strong>, grinsend voller Zweifel. Ich verstand sie nicht, aber wie sollte ich auch.<br />

Vielleicht identifizierte sie mich gar nicht mit dem, was sie unter Mann verstand.<br />

Ob ich etwa feminine Züge in meinem Gesicht erkennen ließ, was sie<br />

gleich als vertrauenserweckend gedeutet hatte? Aber wie sollte ich <strong>Lane</strong> verstehen?<br />

Sie ekelte sich vor dem Gedanken, von Männern Zärtlichkeiten zu<br />

empfangen <strong>und</strong> ich mit meiner alten Haut <strong>und</strong> meinen Falten? Vielleicht war ja<br />

auch alles anders, weil ich so ein Alter war <strong>und</strong> nicht mehr zu den rastlosen,<br />

gefährlichen jungen Männern gehörte. Sie selbst würde wahrscheinlich sagen,<br />

das sei alles so, weil wir uns liebten, <strong>und</strong> da käme allen anderen Gesichtspunkten<br />

nur der Stellenwert von belanglosen Äußerlichkeiten zu. Also, nur das Herz<br />

spielte eine Rolle <strong>und</strong> nicht, ob es sich unter einer faltigen, glatten oder Männer<br />

Haut verbarg. Artig gingen wir mit Hemd <strong>und</strong> Höschen ins Bett. Die schöne<br />

Frau war schon zu erkennen. Tagsüber trug <strong>Lane</strong> fast immer einen kurzen<br />

Jeans Rock mit Strumpfhosen in grobgehäkelten Mustern. Ich wusste nicht wie<br />

mir war, musste immer lachen <strong>und</strong> <strong>Lane</strong> lachte auch. Zuerst streichelten <strong>und</strong><br />

küssten wir nur Gesicht <strong>und</strong> Schultern. „Ich dachte du wärst viel älter, alles<br />

voller Falten <strong>und</strong> Verwerfungen, aber deine Haut ist ja zart wie bei einem Jüngling.“<br />

meinte <strong>Lane</strong> erstaunt. „Woher willst du denn die Haut von Jünglingen<br />

kennen?“ ich dazu. Wir lachten <strong>und</strong> vielen uns um den Hals. Lange hielten wir<br />

uns fest aneinander gedrückt. W<strong>und</strong>ervoll, <strong>Lane</strong> so direkt spüren zu können.<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 14 von 23


Ich merkte schon die Lust auf mehr von <strong>ihr</strong>em Körper, aber auch so kam ich<br />

mir schon leicht berauscht vor. Ich konnte davon nie träumen, weil ich so<br />

etwas für ausgeschlossen hielt. Die kaum bekleidete <strong>Lane</strong> lag eng an mich<br />

gekuschelt mit <strong>ihr</strong>em Kopf auf meiner Schulter <strong>und</strong> dem langen linken Bein<br />

über meiner Hüfte. „Ist das denn so nicht besser als auf der Couch?“ fragte sie<br />

lächelnd. „Tausendmal, <strong>Lane</strong>.“ antwortete ich, „Für mich ist es wie im Märchen,<br />

von Tausend<strong>und</strong>einer Nacht bestimmt. Und du bist die kluge <strong>und</strong> schöne<br />

Scheherazade.“ „Die den wilden <strong>und</strong> grausamen Sultan Thomas zähmt.“ fügte<br />

<strong>Lane</strong> hinzu. „Märchen kann ich aber keine, wohl Gedichte, französische von<br />

Baudelaire. Willst du hören?“ „Meine schöne Katze, wie schade dass ich es dir<br />

nicht singen kann, aber in meinem liebenden Herzen bist du auch so schon.“<br />

reagierte ich. „Nur es hat sehr lange gedauert, bis ich erkannt habe, dass die<br />

schöne Katze aus der Kneipe an mein liebend Herz gehört. Jetzt ist sie aber<br />

ganz da.“ Vielleicht war diese Nacht eine Entschädigung für all die<br />

Grausamkeiten, die mich in den folgenden Jahren des Älterwerdens erwarten<br />

würden. Aber ich erlebte nicht, dass ich älter wurde. Das Gegenteil schien der<br />

Fall zu sein. <strong>Lane</strong> war mit <strong>ihr</strong>em stinkenden alten Mann auch glücklich.<br />

„Tommy, ich denke, du könntest auch gut eine Frau sein. Du hast den Körper<br />

von einem Mann, aber deine Seele ist, glaube ich mehr Frau. Du bist so<br />

schmuselig, so lieb <strong>und</strong> süß, das passt doch gar nicht zu einem Mann.“<br />

bewertete <strong>Lane</strong> mein amouröses Potential. Sie blieb öfter über Nacht <strong>und</strong> statt<br />

Märchen bekam ich immer Französisches erzählt. Sie studierte es, war schon<br />

als Mädchen ein Jahr in Frankreich gewesen, <strong>und</strong> Französisch war <strong>ihr</strong>e zweite<br />

Muttersprache. Ein wenig frankophil war sie schon, besorgte immer leckere<br />

neue Käsesorten <strong>und</strong> schien alle Weine zu kennen.<br />

Ronnie will nicht mehr<br />

Eines Tages saß <strong>Lane</strong> betrübt am Küchentisch. „Ronnie will nicht mehr.“ sagte<br />

sie kurz <strong>und</strong> knapp, „Ich sei keine Lesbe mehr, sagt sie. So ein Stuss. Wir waren<br />

doch zusammen, weil wir uns liebten <strong>und</strong> nicht weil ich ein Schild mit „Lesbe“<br />

umhängen hatte. Aber ich denke, sie hat auch kein Vertrauen mehr in meine<br />

Liebe.“ <strong>Lane</strong> gefiel es sicher nicht, aber <strong>ihr</strong>e Trauer schien sich in Grenzen<br />

zu halten. „Ist das so völlig unberechtigt?“ fragte ich. „Wieso?“ reagierte sie zu<br />

nächst entrüstet. „Na ja, sie ist eben sehr jung <strong>und</strong> da fehlt es oft an Weitblick,<br />

Großmut <strong>und</strong> Gelassenheit. Du stehst mehr über den Dingen <strong>und</strong> das macht<br />

die Erfahrung mit dir äußerst angenehm. Es stimmt schon, dass ich mich bei<br />

dir sicherer, unbeschwerter, gelassener empfinde. Und vor allem vermittelst du<br />

ein Flair von Geborgenheit. Das kann dir Ronnie nicht geben. Schön war es<br />

schon, aber eben eher wie bei Mädchen untereinander. Wenn ich auch manchmal<br />

Lust habe, albern zu sein, aber bei dir empfinde ich mich wie eine erwachsene<br />

Frau. Du behandelst mich so, mir gefällt es <strong>und</strong> ich denke, das ich mich<br />

auch entsprechend verhalte. Du hast mich ganz plötzlich zehn Jahre älter <strong>und</strong><br />

vielleicht auch weiser gemacht. Es scheint mir, dass du reife Liebe <strong>und</strong> Verständnis<br />

ausstrahlst, <strong>und</strong> das tut mir gut.“ Das jugendliche Alter von Ronnie<br />

bestand darin, dass sie zwei Jahre älter als <strong>Lane</strong> war, aber sie konnte <strong>ihr</strong> die<br />

Bedürfnisse nicht erfüllen, die bei <strong>Lane</strong> auch erst durch unsere Beziehung geweckt<br />

worden waren. Die <strong>Lane</strong>, die sich in Ronnie verliebt hatte, war sie nicht<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 15 von 23


mehr. Was sie in mir zu sehen glaubte, war unabhängig von Mann oder Frau.<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> ich sahen in uns gegenseitig so viel Positives, das sich immer wie in<br />

einer self-fulfilling prophecy erfüllte, wir waren glücklich über uns selbst mit<br />

dem anderen. „Es war eine so schöne Zeit,“ bedauerte <strong>Lane</strong>, „wir hatten so<br />

viele glückliche Tage <strong>und</strong> Erlebnisse miteinander <strong>und</strong> wohlgefühlt haben wir<br />

uns allemal. Aber das kann nicht wieder sein, <strong>und</strong> ich will es auch nicht mehr.<br />

Es ist meine Geschichte, glückliche Geschichte, aber jetzt bin ich eine andere<br />

<strong>und</strong> fühle mich besser dabei.“<br />

Aber schön ist das doch nicht, oder?<br />

Jetzt kam <strong>Lane</strong> natürlich immer öfter. Sie war fast immer da, wenn die Zeit es<br />

erlaubte <strong>und</strong> die Nächte verbrachte sie sowieso bei mir. „Tommy, sind wir nicht<br />

irgendwie Kinder?“ fragte sie eines Abends. „Wir wissen doch wie Mann <strong>und</strong><br />

Frau aussehen, <strong>und</strong> wir wissen auch wie wir uns anfühlen, aber versuchen immer<br />

alles schamvoll voreinander in Hemd <strong>und</strong> Höschen zu verstecken. Also ich<br />

zieh das jetzt aus.“ Sie tat es <strong>und</strong> drehte sich nackt tänzelnd auf dem Bett herum.<br />

„Und, gefalle ich dir?“ fragte sie lachend. Sie half mir beim Ausziehen <strong>und</strong><br />

betrachtete meinen Penis. „Ich hab' das ja noch nie so richtig nahe gesehen.<br />

Darf ich mal anfassen?“ fragte <strong>Lane</strong>. Bei <strong>ihr</strong>en ersten Berührungen begann<br />

mein Penis sich sofort aufzurichten. „Wenn man den anfasst, dann macht der<br />

das sofort?“ fragte sie. „Nein, nicht unbedingt. Ich fasse ihn ja auch beim Duschen<br />

oder auf der Toilette an, da passiert nichts. Wenn ein Arzt ihn anfassen<br />

würde, glaube ich, auch nicht, aber in der Gewalt habe ich das nicht <strong>und</strong> ich<br />

erfahre auch nicht, was mein Unbewusstes sich dabei vorstellt oder ausdenkt.“<br />

erklärte ich. Nach eingehender Betrachtung <strong>und</strong> einigen Bewegungen meiner<br />

Vorhaut kam <strong>Lane</strong> zu mir rauf. „Aber schön ist das doch nicht, oder?“ meinte<br />

sie mit skeptischem Gesicht. „Also, etwas Schönes kann ich darin auch nicht<br />

sehen, nur die Männer haben ja sonst nix. Und irgendetwas, worauf sie stolz<br />

sein können, brauchen Männer ja schon, oder?“ meinte ich dazu. „Ja, <strong>und</strong><br />

wenn der Schwanz zu klein ist, muss das Auto umso dicker sein.“ ergänzte<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> ließ uns lachen. „Gerade in Bezug auf Sex fantasiert man sich ja alles<br />

zusammen. Das läuft immer über dein Unbewusstes im Kopf, <strong>und</strong> da sehen<br />

manche einen erregierten Penis als Symbol für Sex überhaupt, immer schon in<br />

allen möglichen Kulturen. Bist du denn nie neidisch auf die Jungs mit <strong>ihr</strong>en<br />

Schwänzchen gewesen? Und hast dich selber traurig als kastriert empf<strong>und</strong>en?“<br />

fragte ich. <strong>Lane</strong> platzte los. „Ja, ja, der Penisneid hat mir unendlich zu schaffen<br />

gemacht, deshalb bin ich ja auch so stinke sauer auf diese gemeinen Schwanzbesitzer<br />

<strong>und</strong> will mit denen nichts zu tun haben.“ erklärte <strong>Lane</strong>. „Komm endlich<br />

her <strong>und</strong> drück mich. Ich will dich spüren.“ meinte sie. Ich kann ja nichts dazu<br />

sagen, wie man als lesbische Frau empfindet. Möglicherweise gibt es das auch<br />

gar nicht, aber ich meinte, es müsste <strong>Lane</strong>, die nur mit Frauen zu tun hatte<br />

<strong>und</strong> erklärter Maßen von Männern nichts wissen wollte, doch irritieren, wenn<br />

sie jetzt das Bedürfnis verspürte, die Haut eines nackten Mannes, <strong>und</strong> dazu<br />

noch eines so alten wie mich, zu erfahren. Aber pervers sind wir ja alle. Ich<br />

hatte mich sonst immer über diese geilen Alten mokiert, die scharf auf junge<br />

Frauen waren, <strong>und</strong> jetzt lag ich selber mit einer Frau, die fünf<strong>und</strong>vierzig Jahre<br />

jünger war als ich im Bett <strong>und</strong> war selig. Wir hielten uns eng umschlungen <strong>und</strong><br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 16 von 23


lächelten uns immer wieder an. „Ist das schön für dich?“ fragte mich <strong>Lane</strong>. „Ja,<br />

w<strong>und</strong>erschön, aber für dich nicht, nicht wahr?“ vermutete ich. <strong>Lane</strong> wurde<br />

böse. „Tommy, sag so etwas nicht <strong>und</strong> denk so etwas nicht. Das tut mir weh.<br />

Du zerbrichst dir schon wieder meinen Kopf. Ich liebe es <strong>und</strong> liebe dich <strong>und</strong> es<br />

macht mich glücklich, dass wir uns körperlich so nahe sind. Denk dir, bitte,<br />

nicht so einen Blödsinn aus.“<br />

La grande époque dans le lit<br />

W<strong>und</strong>ervolle Zeiten begannen. Mir erschien es, als ob unser Glück im Bett auch<br />

am darauffolgenden Tag noch die Produktion von Glückshormonen forcierte.<br />

Natürlich bedachten wir beim Streicheln <strong>und</strong> Liebkosen auch sehr schnell die<br />

erotisch sensitiven Bereiche. Die an den ersten Abenden noch vorhandene<br />

Scheu <strong>und</strong> Zurückhaltung war schnell verflogen. Wir befriedigten uns bald gegenseitig<br />

oral <strong>und</strong> mit den Fingern. Mich hatte es aber noch nie erregt, wenn<br />

die Frau mich mit der Hand zu masturbieren versuchte <strong>und</strong> mit dem M<strong>und</strong> erst<br />

recht nicht. Ich empfand es eher als unangenehm. <strong>Lane</strong> suchte überall an meinem<br />

Körpers nach Stellen, an denen sie <strong>ihr</strong>e Vulva reiben konnte. Wenn sie auf<br />

mir saß <strong>und</strong> dies an meinem erregierten Penis tat, war es bald um mich geschehen.<br />

An einem Abend fragte <strong>Lane</strong> in einer solchen Situation zögerlich, fast<br />

ein wenig verschämt: „Hast du etwas dagegen, wenn ich mal versuche, ihn mir<br />

in meine Vagina zu stecken?“ Ich war zwar völlig überrascht, musste aber<br />

schrecklich lachen. Wir lachten sowieso viel bei unseren sexuellen Bemühungen.<br />

Ich zog <strong>Lane</strong> zu mir runter <strong>und</strong> musste sie umarmen <strong>und</strong> drücken. „Meine<br />

Liebste, ich dachte du wüsstest, dass kleine Jungen nur ausgerechnet dieses<br />

eine wollen.“ meinte ich lachend. <strong>Lane</strong> grinste auch, versuchte es aber ganz<br />

langsam, sich darauf nieder zu lassen. Nach einigen Bewegungen ließ sie sich<br />

auf mich fallen. „Oh je, <strong>Lane</strong>, was tust du?“ sagte sie erstaunt. „Aber schlecht<br />

anfühlen tut es sich nicht. Es fühlt sich gut an, sogar sehr gut.“ sagte es,<br />

schmuste, küsste mich <strong>und</strong> lächelte vielleicht ein wenig verlegen. „Heute haben<br />

wir es nur mal versucht, aber in den nächsten Tagen machen wir es mal<br />

richtig, nicht wahr?“ flüsterte <strong>Lane</strong> zärtlich. Man würde sagen, <strong>Lane</strong> sei eben<br />

bisexuell veranlagt <strong>und</strong> hätte es bislang nur noch nicht entdeckt. Aber was<br />

sagte so eine hohle, schematische Erklärung. Ich denke, wozu du sexuelle Lust<br />

entwickeln <strong>und</strong> empfinden kannst, wird von einer unendlichen Vielzahl an Faktoren<br />

bestimmt, die besonderes situativ abhängig sein können <strong>und</strong> sich dem<br />

Einzwängen in vorgegebene Kategorien verweigern. Wir waren eben so frei, alles<br />

versuchen zu können. Wozu wir sexuell Lust hatten, bestimmte sowieso<br />

<strong>Lane</strong>. Nein, selbstverständlich war das Geschehen von <strong>ihr</strong> abhängig <strong>und</strong> musste<br />

<strong>ihr</strong>e Wunsch <strong>und</strong> Bedürfnislage berücksichtigen. Ich empfand es als ungemein<br />

wohltuend. Dass es meine Frau glücklich mache, sei mein vorrangiges Interesse<br />

beim Sex gewesen, hatte ich immer gemeint, jetzt merkte ich, dass ich<br />

mich wohl belogen hatte <strong>und</strong> wie stark meine eigenen Interessen ohne Berücksichtigung<br />

meiner Frau gewesen sein mussten. Bei <strong>Lane</strong> war das selbstverständlich<br />

ausgeschlossen, <strong>und</strong> ich erlebte es als w<strong>und</strong>ervoll befreiend. Warum<br />

hatte ich solange auf diese herrliche sexuellen Erfahrungen, die frei von allen<br />

Ansprüchen, Erwartungen <strong>und</strong> Konventionen waren, warten müssen? Für uns<br />

beide, war es eine neu entdeckte Welt.<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 17 von 23


Lust auf Trotz <strong>und</strong> Widerspenstigkeit<br />

Ihr eigene kleine Wohnung aufzugeben <strong>und</strong> voll bei mir zu wohnen, schien<br />

<strong>Lane</strong> aber wohl noch schwer zu fallen. Auch meiner Ansicht nach war es richtig<br />

so, wir sprachen darüber aber nie, weil es irrelevant erschien. Faktisch lebte<br />

<strong>und</strong> wohnte <strong>Lane</strong> sowieso bei mir. Sollte ich es meiner Frau <strong>und</strong> den Kindern<br />

erzählen? Ich zögerte <strong>und</strong> schämte mich. <strong>Lane</strong> war ja wesentlich jünger als<br />

meine Kinder mit acht<strong>und</strong>dreißig <strong>und</strong> sechs<strong>und</strong>dreißig Jahren. Dann schämte<br />

ich mich für mein Zaudern. Natürlich würde ich zu <strong>Lane</strong> stehen, auch wenn sie<br />

es nicht begreifen könnten. „Hat sie keinen Vater gehabt?“ fragte Valérie, meine<br />

Tochter. „Nein, nein, es ist alles ganz anders <strong>und</strong> schrecklich kompliziert.<br />

Ich möchte es aber auch nicht detailliert erzählen. Nur so viel, ich hielt es lange<br />

Zeit für ausgeschlossen <strong>und</strong> hätte es keinesfalls gewollt.“ erklärte ich <strong>ihr</strong>.<br />

„Ja, ja, aber die Liebe verlegt <strong>und</strong> versperrt einige Bahnen im Gehirn. Und das<br />

ist bei meinem Daddy wohl nicht anders.“ interpretierte sie es. Sollte sie. Es<br />

war schon o. k.. Mit meiner hübschen Tochter, oder sogar Enkelin genoss ich im<br />

Konzert die Musik, besuchte Ausstellungen oder ging mit <strong>ihr</strong> essen. Zu Anfang<br />

musste ich immer an diese alten Böcke denken, die den Leuten vorschwebten,<br />

wenn sie sahen, wie wir uns küssten, aber ich wehrte mich dagegen, wollte mir<br />

<strong>ihr</strong>en Common Sense nicht zu eigen machen lassen, spürte Lust auf Trotz <strong>und</strong><br />

Widerspenstigkeit. Wir waren uns auf kompliziertem Weg gegenseitig unser Leben<br />

geworden, <strong>und</strong> das ließen wir durch keine fremden Ansichten <strong>und</strong> Vorstellungen<br />

beeinträchtigen.<br />

Nervöse Blase?<br />

Ich musste wohl Probleme mit meiner Blase haben. Es gab Phasen, in denen<br />

ich in Abständen von fünf Minuten zur Toilette musste. Nervöse Blase? Aber<br />

alle Krankheiten, die man mit der Blase haben konnte, trafen mein Problem<br />

nicht. Ich musste zum Arzt. Seine erste Reaktion war, PSA-Wert bestimmen. Er<br />

meinte auch, eine Verhärtung an der Prostata ertasten zu können. Natürlich,<br />

warum war ich Depp nicht auf so etwas gekommen. Dass es typisch für alte<br />

Männer war, wusste man doch, aber dass ich auch eine Prostata haben könnte,<br />

war in meinem Leben nicht aufgetaucht. Ein PSA-Wert von 2 – 4 ng/ml galt als<br />

kontrollbedürftig, meiner lag bei 86 ng/ml. Darüber sprach niemand mehr. In<br />

keinen Informationen, Foren <strong>und</strong> Erläuterungen war etwas über einen so hohen<br />

Wert zu finden, es ging nur immer um Bruchteile davon. Wahrscheinlich lohnte<br />

es sich nicht mehr, darüber zu sprechen, da die Menschen mit derartigen Werten,<br />

sowieso zu den Todgeweihten gehörten oder schon gestorben waren. Sofort<br />

zur Klinik, nochmal testen, Bestätigung. Das sage nichts aus, war die Meinung<br />

der Ärzte <strong>und</strong> auch die des Professors. Eine mehrfache Biopsie sollte aber<br />

trotzdem gemacht werden. Elf Proben wurden entnommen. Bis auf eine zeigten<br />

alle massive Zellen von der übelsten Sorte. Trotzdem sei dadurch noch nichts<br />

klar. Vertröstungen die ich nicht glauben konnte. Wie lange es wohl noch dauern<br />

<strong>und</strong> mit welchen Qualen es wohl verb<strong>und</strong>en sein würde?.<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 18 von 23


Das Ende<br />

Das Ende stand für mich fest, die Frage war nur, wann <strong>und</strong> wie es sich wohl<br />

entwickeln würde. Lymphknoten, Knochen <strong>und</strong> Lunge würden als erstes von<br />

Metastasen befallen. Wenn es sowieso feststand, wollte ich die damit zusammenhängenden<br />

Folterungen <strong>und</strong> Therapien nicht mehr. Einfach umfallen <strong>und</strong><br />

nicht mehr wach werden, wie meine Schwester, welch einfacher <strong>und</strong> qualfreier<br />

Abschied. Aber das Bild konnte ich nicht ertragen, <strong>Lane</strong> weinend an meinem<br />

Grab stehen zu sehen. Man müsste direkt völlig ohne eine Spur aus dieser Welt<br />

verschwinden können. In einen Hochofen springen, wenn das ginge, da bliebe<br />

nichts mehr übrig, oder die Mafia verwendete doch auch so Laugebäder, in denen<br />

sich <strong>ihr</strong>e Opfer ohne irgendwelche Residuen substanzlos auflösten. An so<br />

einen Mist dachte ich. Abgesehen davon wäre es für <strong>Lane</strong> sicher schwerer zu<br />

ertragen, nichts über meinen Verbleib zu wissen, als klare Bedingungen zur<br />

Trauer zu haben. Was es für <strong>Lane</strong> bedeuten <strong>und</strong> wie es sie treffen würde, bedrückte<br />

<strong>und</strong> quälte mich mehr als mein eigenes Schicksal. Ich hatte <strong>ihr</strong> nichts<br />

gesagt, hatte erklärt, es sei etwas mit der Blase, aber erklären könne ich es<br />

nicht richtig. Durch die Biopsie waren wohl Entzündungen entstanden. Ich<br />

konnte die Blase gar nicht mehr entleeren. Mein Bauch wurde dick wie bei einer<br />

Schwangerschaft, dann musste ich darauf drücken <strong>und</strong> konnte Urin ablassen.<br />

Dass funktionierte aber auch nur einige Tage, jetzt ging nichts mehr. Sofort<br />

zur Klink, die Blase wurde entleert, fast sechs Liter hatten sich in meinem<br />

hochschwangeren Bauch angesammelt. Ich sollte stationär bleiben <strong>und</strong> würde<br />

morgen früh operiert.<br />

Das hatte ich nie gewollt<br />

Die Geschichten mit meiner Blase glaubte <strong>Lane</strong> nicht mehr, sie kam nach der<br />

Operation <strong>und</strong> insistierte. Ich konnte es aber nicht sagen. Sie musste zur Toilette.<br />

Als sie zurückkam, setzte sie sich zu mir auf's Bett <strong>und</strong> durchbohrte mich<br />

mit <strong>ihr</strong>em Blick, lange. „Thomas“ sagte sie, machte eine Pause, schüttelte den<br />

Kopf <strong>und</strong> fragte: „Thomas, warum hast du das denn nicht gesagt?“ Ihre Mimik<br />

zeigte fragende, gequälte Züge. <strong>Lane</strong> betrachte mich noch kurz, schob mein<br />

Klinikhemdchen zur Seite <strong>und</strong> legte <strong>ihr</strong>en Kopf auf meine Brust. Bald spürte ich<br />

<strong>ihr</strong>e warme Tränenflüssigkeit auf meiner Haut. Sie hatte es wohl in einem Gespräch<br />

mit einem Arzt herausbekommen, dass ich wegen eines Prostatakarzinoms<br />

operiert worden war.<br />

Genau das alles hatte ich nie gewollt. Zu Beginn unserer Beziehung, war es mir<br />

immer gegenwärtig gewesen, dass derartige Entwicklungen für mich anstehen<br />

könnten, <strong>und</strong> mehr als ein fre<strong>und</strong>schaftliches Verhältnis zu <strong>Lane</strong> sich nicht entwickeln<br />

dürfe. Ich wollte <strong>ihr</strong> junges Leben nicht zur Tröstung meiner Alterseiden<br />

missbrauchen. Das wollte ich jetzt genauso wenig, hatte es nur aus den<br />

Augen verloren. Als wir das hohe Lied unserer Liebe sangen, hatten sich die<br />

Gedanken ans Älterwerden zurückgezogen. Ich wollte entweder allein meine<br />

Qualen ertragen oder vorher selbst bestimmen, wann ich den Zeitpunkt für gekommen<br />

hielt. Dass <strong>Lane</strong> mich sterben sähe, konnte ich mir gar nicht ausmalen,<br />

die Vorstellung zerriss mir jetzt schon das Herz. Ich hatte mit <strong>Lane</strong> leben,<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 19 von 23


<strong>ihr</strong> mein Leben schenken, aber sie nicht mit meinem Verkümmern, meinem<br />

Leid <strong>und</strong> meiner Traurigkeit quälen wollen.<br />

Blühendes Leben ohne mich<br />

Ich musste noch einmal operiert werden, dann funktionierte nach kurzer Abheilung<br />

alles wieder. Ein Medikament zur Testosteron Suppression musste ich<br />

nehmen. Ein Medikament mit einem Katalog grauseligster Nebenwirkungsmöglichkeiten.<br />

Nicht nur das Wachstum der Prostatazellen wurde verhindert, sondern<br />

auch alle mit der Prostata zusammenhängenden Funktionen eingestellt.<br />

Mit dem Sex war es jetzt vorbei. Schwellkörper in meinem Penis schienen nicht<br />

mehr zu existieren <strong>und</strong> meine Hoden waren auf Kirschgröße geschrumpft. Aber<br />

auch meine Psyche beeinflusste es enorm. Ich war sicher nicht das, was man<br />

gemeinhin als einen harten männlichen Typ bezeichnen würde, aber mein jetziges<br />

Bedürfnis nach Weichem, Zartem, friedlich Süßem in allen Belangen ging<br />

mir entschieden zu weit. So mochte ich mich nicht mehr. Und dann diese melancholische<br />

Tranigkeit mit den ausschließlich trübsinnigen Gedanken. Dass es<br />

mit mir bald zu Ende ginge, war noch nicht einmal das Schlimmste. Natürlich<br />

bliebe ich gern am Leben, aber der Zeitpunkt kam eben für alle mal. Wie viele<br />

jüngere Menschen kannte ich, die es noch früher getroffen hatte. Aber dass<br />

jetzt alles so grau war, konnte ich nicht ertragen. <strong>Lane</strong> las mir vor oder erzählte<br />

mir Geschichten, aber ich konnte es nicht wahrnehmen <strong>und</strong> genießen wie<br />

sonst. Nichts konnte ich mehr genießen <strong>und</strong> zu allem hatte ich keine Lust. Als<br />

ob meine Lebensfreude in dem gesteckt hätte, was sie mir an der Prostata abgeschnitten<br />

hatten. Das passte alles gar nicht zu dem, der ich gewesen war.<br />

Mein Glück bestand darin, <strong>Lane</strong> glücklich zu sehen, aber das war sie auch nicht<br />

mehr, <strong>und</strong> ich konnte überhaupt nichts mehr dazu beitragen, es zu bewirken.<br />

<strong>Lane</strong> wollte immer mit mir reden, mir helfen, erklärte mir alles sei nicht so<br />

schlimm, wir würden es schon überstehen. So wollte ich es gar nicht hören.<br />

Hätte sie doch gesagt: „So mag ich dich nicht. Das kann ich nicht ausstehen.<br />

Ich werde dich verlassen.“ Ein blühendes Leben ohne mich, nichts wünschte<br />

ich mir mehr für sie. Ich versuchte mir <strong>Lane</strong> frei <strong>und</strong> unbeschwert von meinen<br />

Querelen <strong>und</strong> dem baldigen Ende vorzustellen <strong>und</strong> fing dabei an zu weinen.<br />

Entweder es würde sich so entwickeln, wie ich es nicht wollte <strong>und</strong> nie gewollt<br />

hatte, oder ich müsste etwas unternehmen. Ich wollte mit <strong>Lane</strong> reden, <strong>ihr</strong> erklären,<br />

dass dies nicht mehr unser Leben sei, wie wir es gelebt hatten <strong>und</strong> es<br />

langsam dahin entwickeln, ob es nicht besser für uns beide sei, wenn jeder<br />

wieder sein eigenes Leben lebte. Aber dazu kam es gar nicht. Das sei schon<br />

unser Leben, da gehöre eben alles dazu <strong>und</strong> nicht nur sich an den glücklichen<br />

Momenten <strong>und</strong> Tagen zu erfreuen, versuchte sie mir zu verdeutlichen. Gerade<br />

dafür sei unsere Liebe da. Zu dem Schluss, dass wir uns besser trennen sollten,<br />

würde <strong>Lane</strong> nie kommen.<br />

<strong>Lane</strong>, ich will es nicht mehr<br />

Was sollte ich denn tun? Es für <strong>Lane</strong> ungemütlich machen? Das tat ich meiner<br />

Ansicht nach ja sowieso schon, aber es schien sie nicht zu stören. Dass sie sich<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 20 von 23


über irgendetwas beklagte oder beschwerte habe ich nie gehört, Gründe <strong>und</strong><br />

Anlässe hätte sie schon genug gehabt. Ich musste es einfach unzweideutig sagen.<br />

Am Sonntag beim Kaffee erklärte ich es ganz direkt: „<strong>Lane</strong>, ich will es<br />

nicht mehr.“ „Was willst du nicht mehr?“ fragte sie, obwohl ich sicher war, dass<br />

sie mich verstanden hatte. Ich hatte sie schon nicht anschauen können, als ich<br />

es <strong>ihr</strong> sagte <strong>und</strong> es schnürte mir sofort die Kehle zu. Halb weinerlich erklärte<br />

ich: „Ich möchte, dass wir uns trennen. Ich kann da nicht drüber reden. Aber<br />

mein Entschluss steht fest. Ich will es unbedingt so.“ <strong>Lane</strong> schien auch nicht<br />

reden zu können oder zu wollen. Sie stand auf <strong>und</strong> ging in <strong>ihr</strong> Zimmer. Sie hatte<br />

geweint, das sagten <strong>ihr</strong>e Augen, als sie zum Abendbrot kam. „Deine Probleme<br />

mögen ja schlimm genug sein, aber du bist offensichtlich auch noch völlig<br />

verrück geworden. Thomas, was kannst du reden? Wie kann man so etwas sagen.<br />

Ein normaler Mensch kann das nicht.“ erklärte sie. „Du wirst mir wieder<br />

vorwerfen, dass ich mir deinen Kopf zerbreche, aber mein Kopf <strong>und</strong> meine<br />

Empfindungen sind auch daran beteiligt. Ich persönlich kann es nicht ertragen,<br />

dich als meine Passionsbegleiterin zu sehen. Das will ich nicht, auf keinen Fall.<br />

Ich glaube, dass ich nie jemanden so geliebt habe wie dich, noch nie so glücklich<br />

war wie mit dir, nur mit mir wird es das nicht mehr geben. Ich wünsche<br />

mir nichts mehr, als dass du dein Leben findest, darin glücklich wirst <strong>und</strong> nicht<br />

mich bejammern musst. Das will ich für mich, dass ist meine Entscheidung.<br />

Die wirst du akzeptieren müssen.“ versuchte ich zu verdeutlichen. „Du bist bescheuert,<br />

absolut durchgedreht, schraubst dir irgendwelche rationalen Konstrukte<br />

zusammen. Ich, das bin nicht ich allein, da gehörst du dazu, ein ganz<br />

großer Teil von dir, vielleicht sogar das Wichtigste. Bei dir wird es nicht anders<br />

sein. Natürlich sind wir verschiedene Individuen, aber wir sind nicht ohne den<br />

anderen. Du redest, als ob wir zwei verschiedene Züge wären, deren Gleise<br />

jetzt eben auseinander laufen. Du weist nicht was du sagst, Thomas. Du<br />

kannst nicht mit uns spielen, du zerstörst.“ erläuterte <strong>Lane</strong> energisch. Sie hatte<br />

nichts gegessen sondern nur darin herum gestochert. Ich musste <strong>ihr</strong> ja<br />

Recht geben, trotzdem stand es für mich unverbrüchlich fest, dass ich uns so<br />

nicht erleben wollte. Das Bild von unserem Glück <strong>und</strong> unserer Liebe wollte ich<br />

mit ins Grab nehmen, die mich bedauernde <strong>Lane</strong> war kein Wunschbild. Wir<br />

stritten uns noch einige male, aber es wurde <strong>Lane</strong> wohl zunehmend deutlicher,<br />

dass ich von meinem Entschluss nicht abweichen würde. Heulend <strong>und</strong> wütend<br />

trat sie noch gegen Schränke <strong>und</strong> Türen, verließ meine Wohnung ohne jeden<br />

Gruß <strong>und</strong> knallte die Tür hinter sich zu.<br />

<strong>Lane</strong> war immer hier<br />

Froh hätte ich doch eigentlich sein müssen. Jetzt hatte ich doch erreicht was<br />

ich wollte, aber ich heulte bis zum Abend <strong>und</strong> bis mich der Schlaf übermannte.<br />

Jetzt war es mit jeglicher Freude endgültig vorbei. Ich musste nur immer daran<br />

denken, was ich getan hatte. Ja, gespielt hatte ich, wie zwei Figuren auf dem<br />

Schachbrett hatte ich uns behandelt. Wie konnte ich nur so dämlich sein <strong>und</strong><br />

nicht erkennen, was wir uns damit antaten. Diese w<strong>und</strong>ervolle Beziehung zu<br />

zerstören hatte sicher den emotionalen Gehalt als wenn man einer Mutter <strong>ihr</strong><br />

Kind raubt. Ich wünschte mir, das <strong>Lane</strong> in <strong>ihr</strong>em eigenen Leben glücklich würde,<br />

aber sie war immer noch hier. Überall wo ich mich in der Wohnung befand,<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 21 von 23


sah ich <strong>Lane</strong> in Situationen in denen ich sie erlebt hatte. Wenn ich sie lachen<br />

hörte, begann ich zu weinen. Ganz schlimm war es abends im Bett. Ohne<br />

Schlaftabletten konnte ich nicht einschlafen. Ich begann mir auch vorzustellen,<br />

wie ich sehr krank wäre, <strong>Lane</strong> mich tröstete <strong>und</strong> sich freute, wenn mich <strong>ihr</strong><br />

Trost beglückte. Sollte ich sie anrufen? Ihr erklären, ich sei ein Idiot gewesen,<br />

sie hätte Recht gehabt, ob wir es nicht wieder versuchen sollten. Nein, das<br />

konnte <strong>und</strong> wollte ich nicht. Es war kein Stolz, der mich davon abhielt. Selbst<br />

wenn <strong>Lane</strong> sich darauf einlassen würde <strong>und</strong> zurückkäme, so wie früher würde<br />

es nie mehr werden können. Was ich getan hatte war geschehen, das gehörte<br />

jetzt zu mir, <strong>und</strong> war durch keine Einsicht <strong>und</strong> Entschuldigung wieder aus der<br />

Welt zu schaffen.<br />

Meine Ikonen<br />

Meiner Prostata schien es kontinuierlich besser zu gehen bis mein PSA-Wert im<br />

Bereich von Jugendlichen lag. „Mit einem Prostatakarzinom kann man doch leben.<br />

Das bekommen wir heute schon in den Griff. Da machen sie sich mal keine<br />

Sorgen.“ meinte der Professor, als ich ihn bei einer Kontrolluntersuchung<br />

nach meiner Perspektive fragte. Das war zirka dreiviertel Jahr nach meiner<br />

Operation <strong>und</strong> ich hatte keinerlei Beschwerden außer mit meiner Psyche. Jederzeit<br />

konnte es kommen, am liebsten wenn ich es überhaupt nicht gebrauchen<br />

konnte, aber es ließ sich nicht zurückweisen <strong>und</strong> okkupierte mich. Bis zu<br />

diesem Alter hatte ich mit meiner w<strong>und</strong>ervollsten Liebeserfahrung warten müssen<br />

<strong>und</strong> hatte dabei den unverzeihlichsten Fehler meines Lebens gemacht.<br />

Hätte <strong>Lane</strong> sich doch wenigstens einmal kurz gemeldet. So kam sie mir auch<br />

verschollen vor. Ständig machte ich mir Gedanken, wie es <strong>ihr</strong> wohl gehe. Einmal<br />

hatte ich schon im Auto gesessen <strong>und</strong> wollte zum Romanistik Institut fahren,<br />

um sie dort vielleicht zufällig zu sehen. Aber da hätte ich sie ja auch anrufen<br />

können. Dass ich mich nicht zufällig dort aufhielte, wäre ja evident. Vielleicht<br />

hätte sie sich ja auch über einen Anruf von mir gefreut <strong>und</strong> wartete darauf.<br />

Ich wusste nichts <strong>und</strong> konnte nichts wissen, quälte mich aber ständig mit<br />

Gedanken daran. <strong>Lane</strong> hielt immer noch mein Leben besetzt, obwohl es fast<br />

ein Jahr her war. Ich brauchte Hilfe. Allein käme ich da nicht raus, aus dem,<br />

was ich mir selber eingebrockt hatte. Drei Bilder von <strong>Lane</strong> hatte ich nur. Es waren<br />

meine Ikonen. Ich nahm sie mit, als ich meinen ersten Termin beim Psychiater<br />

hatte, um wieder zu einem erträglichen Leben ohne <strong>Lane</strong> kommen zu<br />

können.<br />

FIN<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 22 von 23


Love is the condition<br />

in which the happiness of<br />

another person<br />

is essential to your own.<br />

Robert Heinlein<br />

Eine junge lesbische Frau <strong>und</strong><br />

ein alter Mann. Höchstens<br />

gute Fre<strong>und</strong>schaft würde sich<br />

da entwickeln können.<br />

Dass es auch zum größten<br />

Glück <strong>und</strong> massivsten<br />

Problemen führen kann,<br />

wissen <strong>Lane</strong> <strong>und</strong> Thomas zu<br />

erzählen.<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 23 von 23

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