Literatur: 1. Einleitung: Moral und Ethik - Landesverband Hospiz NÖ
Literatur: 1. Einleitung: Moral und Ethik - Landesverband Hospiz NÖ
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<strong>Hospiz</strong> <strong>NÖ</strong> / Lehrgang Palliative Care / Ethische Aspekte / St. Pölten 10.0<strong>1.</strong>2013 / Andreas M. Weiß<br />
<strong>Literatur</strong>:<br />
Oduncu, Fuat, In Würde sterben. Medizinische, ethische <strong>und</strong> rechtliche Aspekte der Sterbehilfe,<br />
Sterbebegleitung <strong>und</strong> Patientenverfügung, Göttingen 2007.<br />
Virt, Günter, Leben bis zum Ende. Zur <strong>Ethik</strong> des Sterbens <strong>und</strong> des Todes, Innsbruck/Wien 1998.<br />
Woellert, Katharina/Schmiedebach, Heinz-Peter, Sterbehilfe, München 2008.<br />
Zimmermann-Acklin, Markus, Euthanasie. Eine theologisch-ethische Untersuchung (SthE 79), Freiburg<br />
i.Br./Freiburg i.Ue. 2 2002.<br />
<strong>1.</strong> <strong>Einleitung</strong>: <strong>Moral</strong> <strong>und</strong> <strong>Ethik</strong><br />
<strong>Moral</strong>: Überzeugungen, Handlungsregeln, Wertmaßstäbe <strong>und</strong> Sinnvorstellungen, an denen<br />
sich die Menschen im Urteilen <strong>und</strong> Handeln orientieren, die also in einer Gesellschaft<br />
von den Menschen faktisch gelebt werden;<br />
<strong>Ethik</strong>: wissenschaftliches Nachdenken über diese moralischen Sachverhalte als<br />
(1) Beschreibung <strong>und</strong> Rekonstruktion, (2) Begründung <strong>und</strong> (3) Kritik<br />
Gr<strong>und</strong>frage der <strong>Moral</strong>:<br />
Wie sollen wir handeln? Was ist sinnvoll? Wie kann menschliches Leben gelingen?<br />
Ziel moralischen Handelns ist es, für alle Betroffenen die bestmögliche Lösung zu finden.<br />
Vgl. Goldene Regel: „Behandle die anderen so, wie du von ihnen behandelt werden möchtest.“<br />
oder: „Was du nicht willst…<br />
Wozu brauchen wir moralische (<strong>und</strong> rechtliche) Normen?<br />
- Berechenbarkeit <strong>und</strong> Verlässlichkeit des Zusammenlebens<br />
- Hilfestellung zur Entscheidung, Orientierung <strong>und</strong> Entlastung im Handeln<br />
- Beurteilung <strong>und</strong> Sanktion, Gr<strong>und</strong> für Lob oder Missbilligung<br />
- Rechtfertigung vor anderen: sich verantworten können<br />
2 Ebenen: Anwendung <strong>und</strong> Begründung von Regeln<br />
intuitive Ebene: Wenn wir verantwortlich handeln wollen, orientieren wir uns häufig an<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen, Prinzipien, Normen, die uns Auskunft geben über menschlich sinnvolles,<br />
richtiges Handeln (intuitive Anwendung von Normen).<br />
kritische Ebene: Wenn sich die gewohnten Regeln in Einzelfällen nicht bewähren, in neuen<br />
Situationen nicht weiterhelfen oder Uneinigkeit herrscht, müssen wir nach der<br />
Begründung dieser Normen fragen. Ethische Normen benötigen eine vernünftige <strong>und</strong><br />
einsichtige Begründung (kritischer Umgang mit Normen).<br />
Regeln für Diskussionen um ethische Fragen:<br />
- Vertrauensvorschuss an alle Beteiligten, guten Willen unterstellen<br />
- Zwischen Erklärung (Warum hat jemand so gehandelt?) <strong>und</strong> Rechtfertigung (Ist<br />
diese Handlungsweise richtig?) unterscheiden<br />
- Zwischen Gesinnung (gut oder schlecht) <strong>und</strong> Handlung (richtig oder falsch)<br />
unterscheiden<br />
Patientenautonomie:<br />
2 Fragen unterscheiden: Was ist (ethisch) richtig, verantwortbar? Wer darf entscheiden?<br />
Weil Ges<strong>und</strong>heit/Krankheit/Lebensqualität stark mit persönlichen Wertvorstellungen<br />
zusammenhängen, ist die Selbstbestimmung von Patienten sehr ernst zu nehmen <strong>und</strong> zu<br />
respektieren.<br />
Gewissensfreiheit bedeutet ein unbedingtes Recht, nicht gegen die eigene Überzeugung<br />
gezwungen zu werden, jedoch nur ein bedingtes Recht, nach der eigenen Überzeugung zu<br />
handeln. Freiheit hat ihre Grenze an der Freiheit anderer Menschen.
2. Rechtliche Rahmenbedingungen in Österreich<br />
Der Schutz des menschlichen Lebens im Strafrecht:<br />
EMRK, Art 2: „Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt.“<br />
Der strafrechtliche Schutz in §§75-95 StGB (Deliktgruppe „strafbare Handlungen gegen Leib<br />
<strong>und</strong> Leben“) beginnt mit der Geburt <strong>und</strong> endet mit dem Tod.<br />
Vor der Geburt gilt der Schutz des „ungeborenen menschlichen Lebens“ (§§ 96 u. 98<br />
StGB), eingeschränkt durch Fristenregelung (§ 97 StGB) <strong>und</strong> Indikationen<br />
Nach dem Tod ist der Leichnam geschützt durch § 190 StGB („Störung der Totenruhe“:<br />
„...wer einen Leichnam oder Teile eines Leichnams dem Verfügungsberechtigten ohne<br />
dessen Einwilligung entzieht...“).<br />
Erlaubnis der Organentnahme unter Beachtung verwaltungsrechtlicher Bestimmungen (§ 62<br />
KAG).<br />
Das Todeskriterium ist im Gesetz nicht definiert.<br />
„Sterbehilfe“:<br />
Passive Sterbehilfe, Sterbenlassen: Behandlungsverzicht bzw. -begrenzung <strong>und</strong><br />
Behandlungsabbruch mit lebensverkürzender Wirkung sind nicht strafbar, wenn sie dem<br />
Willen des Patienten entsprechen.<br />
Passive Sterbehilfe ohne Einwilligung des Patienten (einseitiger Behandlungsverzicht),<br />
ist nicht strafbar, wenn der Patient nicht mehr ansprechbar (bewusstlos) ist <strong>und</strong> der<br />
Sterbeprozess (Terminalphase) eingesetzt hat. Das Urteil liegt in der Verantwortung des<br />
Arztes.<br />
Passive Sterbehilfe durch Einstellen/Verzicht künstlicher Ernährung <strong>und</strong><br />
Flüssigkeitszufuhr ist umstritten. Bei aktuellem Patientenwillen oder verbindlicher<br />
Patientenverfügung legal.<br />
Aktive indirekte Sterbehilfe: Maßnahmen mit lebensverkürzender Nebenwirkung in der<br />
Endphase einer unheilbaren Erkrankung sind nicht strafbar.<br />
Aktive direkte Sterbehilfe (Tötung), die also direkt auf Beendigung des Lebens zielt, ist<br />
strafbar als<br />
- Mord (§ 75 StGB),<br />
- Totschlag (§ 76 StGB) oder<br />
- Tötung auf Verlangen (§ 77 StGB)<br />
Beihilfe zum Suizid (§ 78 StGB) <strong>und</strong> unterlassene Hilfeleistung beim Suizid (§ 95 StGB)<br />
sind strafbar.<br />
Verbot eigenmächtiger Heilbehandlung (§ 110 StGB):<br />
„Wer einen anderen ohne dessen Einwilligung, wenn auch nach den Regeln der medizinischen<br />
Wissenschaft, behandelt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu<br />
360 Tagessätzen zu bestrafen.“<br />
Das bedeutet ein (fast) unbegrenztes Vetorecht gegen med. Behandlungen.<br />
Das bedeutet ein Recht, jede Behandlung abzulehnen, auch lebensnotwendige<br />
Behandlungen oder künstliche Ernährung!<br />
Damit ist ein Recht auf passive Sterbehilfe (Sterbenlassen/Sterben Dürfen) gegeben!<br />
2
3. Ethisch relevante Unterscheidungen zur Sterbehilfe<br />
Unterscheidungen von Handlungtypen:<br />
Sterbebegleitung<br />
(nicht lebensverkürzend)<br />
/<br />
Sterbenlassen<br />
„passiv“<br />
„Sterbehilfe“<br />
(lebensverkürzend)<br />
|<br />
Nebenwirkung<br />
„indirekt“<br />
\<br />
Tötung<br />
„aktiv“<br />
<strong>1.</strong> Sterbenlassen („passive“ Sterbehilfe):<br />
Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen (Nicht-Aufnahme oder Abbruch einer<br />
Behandlung);<br />
a) bei therapeutischen Maßnahmen (außerordentlichen Mitteln) oder<br />
b) auch bei der Gr<strong>und</strong>versorgung (Flüssigkeit, Nahrung, Medikamente)<br />
2. Therapie mit lebensverkürzender Nebenwirkung („indirekte“ Sterbehilfe):<br />
Lebensverkürzung/Beschleunigung des Sterbevorganges wird in Kauf genommen<br />
als Nebenwirkung einer anderen Maßnahme (Medikamente, Operationen), die für<br />
das Wohl des Patienten erforderlich ist;<br />
3. Tötung auf Verlangen („aktive“ Sterbehilfe):<br />
beabsichtigte <strong>und</strong> direkte Beschleunigung des Sterbevorganges<br />
Unterscheidung von aktiver <strong>und</strong> passiver Sterbehilfe (Töten <strong>und</strong> Sterbenlassen):<br />
Kriterium ist die Frage, ob dem natürlichen Sterbeprozess, der schon in Gang ist, sein<br />
Lauf gelassen wird (Geschehenlassen des Sterbens), oder ob dieser Sterbeprozess<br />
vorzeitig in Gang gesetzt oder beschleunigt wird.<br />
Unterscheidung von direkter <strong>und</strong> indirekter Sterbehilfe<br />
Das Kriterium ergibt sich aus dem Unterschied von beabsichtigter Wirkung (Ziel) <strong>und</strong><br />
nur in Kauf genommener Nebenwirkung (Intention des Arztes).<br />
Unterscheidung von Sterbehilfe im engen (Sterbephase) <strong>und</strong> im weiten Sinn (infauste<br />
Prognose)<br />
Sedierung am Lebensende: Einschränkung/Ausschalten des Bewusstseins zur<br />
Leidensminderung<br />
Unterscheidung von freiwilliger, nicht-freiwilliger <strong>und</strong> unfreiwilliger Sterbehilfe<br />
freiwillig: Zustimmung bewusst <strong>und</strong> ohne Zwang<br />
nicht-freiwillig: stellvertretende Entscheidung bei nicht einwilligungsfähigen Patienten<br />
unfreiwillig: gegen den Willen des Patienten<br />
4. Argumente zur Sterbehilfe<br />
Argumente zur passiven Sterbehilfe:<br />
Abwägung von Belastungen <strong>und</strong> Erfolgschance<br />
biologisches Leben oder personal gestaltbares Leben<br />
Möglichkeit einer vernünftigen Abwägung im Sterbeprozess (Überschaubarkeit)<br />
Dieselbe Abwägung außerhalb des Sterbeprozesses ist anders zu beurteilen.<br />
Diese Abwägung ist nicht zu verwechseln mit einer Grenze minimaler Lebensqualität.<br />
3
Argumente zum Abstellen künstlicher Ernährung/Flüssigkeitsversorgung:<br />
Unterscheidung von medizinischer Therapie <strong>und</strong> Pflege, Nahrung braucht jeder Mensch;<br />
Handlungssymbolik liegt näher beim Töten<br />
Kein natürlicher Sterbeprozess. Nicht die Krankheit führt zum Tod, sondern der Patient<br />
verhungert <strong>und</strong> verdurstet.<br />
Der Tod tritt auch im Fall eines Irrtums über die Krankheit ein.<br />
Gibt es einen relevanten Unterschied zwischen Nicht-Beginnen <strong>und</strong> Abstellen?<br />
aber:<br />
Verhungern/Verdursten ist nicht immer ein „unnatürlicher“ Sterbeprozess.<br />
Künstliche Ernährung ist eine medizinische Maßnahme, nicht einfach Pflege.<br />
Ethisch: Abwägung von Nutzen für die Patientin/den Patienten <strong>und</strong> zusätzlichen<br />
Belastungen. Ablehnung künstlicher Ernährung kann eine Form sein, dem Sterben seinen<br />
Lauf zu lassen.<br />
Rechtlich: Patientenwille/Patientenverfügung/Sachwalterschaft<br />
Komapatienten? In dubio pro vita.<br />
Argumente zur indirekten Sterbehilfe:<br />
Abwägung von z.B. effektiver Schmerztherapie <strong>und</strong> Lebenszeit.<br />
Nebenwirkungen werden in Kauf genommen, aber nicht gewollt. Die Handlung zielt nicht auf<br />
den Tod des Patienten.<br />
Allerdings sind die Grenzen fließend (Dosis, Intention).<br />
Der Übergang zur aktiven direkten Sterbehilfe ist schwer kontrollierbar.<br />
Aktive Sterbehilfe:<br />
Befürworter fordern die Freiheit, den Zeitpunkt ihres Todes selbst zu bestimmen, <strong>und</strong> ein Recht<br />
auf ärztliche Ausführung (Recht auf Selbstbestimmung, Furcht vor Verlust der Würde,<br />
unerträgliche Schmerzen, Abhängigkeit von anderen).<br />
Argumente gegen aktive (direkte) Sterbehilfe:<br />
traditionell religiös: Gott ist der Herr über Leben <strong>und</strong> Tod.<br />
Leiden <strong>und</strong> Krankheit <strong>und</strong> die damit häufig verb<strong>und</strong>ene Hilflosigkeit, Passivität <strong>und</strong><br />
Angewiesenheit auf andere zerstören nicht die Würde eines Menschen, sondern können als<br />
Teil menschlichen Lebens akzeptiert <strong>und</strong> sinnvoll integriert werden.<br />
Gezieltes Töten hat eine andere Ausdrucksqualität bzw. Handlungssymbolik als das<br />
Hinnehmen des Sterbens eines Menschen.<br />
Die instinktive Tötungshemmung sollte nicht überspielt werden.<br />
Fragwürdigkeit der Selbstbestimmung / Vorrang des Lebensschutzes<br />
Folgen einer entsprechenden gesellschaftlichen Praxis als Argumente gegen eine<br />
rechtliche Freigabe ärztlicher Tötung auf Verlangen?<br />
Gefahr eines zunehmenden Missbrauchs<br />
Gefahr der Ausübung von offenem oder subtilem Druck auf Patienten (vgl. pränatale<br />
Diagnostik)<br />
mögliche Ausweitung auf nicht einwilligungsfähige Personen (nicht-freiwillige Tötung vgl.<br />
NL);<br />
mögliche Ausweitung über die Sterbephase hinaus (vgl. NL);<br />
mögliche Ausweitung von unerträglichem Leiden auf niedrige Lebensqualität oder<br />
aussichtslose Situation (Koma, behinderte Menschen);<br />
Interpretationsschwierigkeiten eines entsprechenden Patientenwunsches (vgl. Suizidversuch:<br />
Sterbewunsch oder Hilferuf?)<br />
4
problematisches Zusammenwirken mit ökonomischen Faktoren;<br />
problematische Rolle des Arztes (Leben erhalten, Leben zerstören) <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene<br />
Folgen für das Vertrauensverhältnis zum Arzt;<br />
Abtretung des Rechtes über das eigene Leben an andere;<br />
Konsequenz in Ö: Abwägung auf gesellschaftlicher Ebene: Vorrang des Lebensschutzes<br />
vieler vor der Selbstbestimmung weniger.<br />
Alternativen: Man kann den Ruf nach aktiver Sterbehilfe auch interpretieren als Hilferuf <strong>und</strong><br />
Anklage der Gesellschaft wegen mangelnder menschlicher Zuwendung, fehlender<br />
professioneller Begleitung oder unzureichender Schmerztherapie. In diesem Sinne ist es<br />
notwendig, Alternativen zu unterstützen.<br />
5. Ein Fallbeispiel zur Differenzierung verschiedener Handlungsweisen<br />
Ein voll zurechnungsfähiger Patient leidet unter einem fortgeschrittenen Malignom <strong>und</strong> hat<br />
voraussichtlich nur noch wenige Monate zu leben. Es bestehen keine Aussichten auf eine<br />
Heilung oder eine Verminderung des Krankheitsprogresses. Unter der jetzigen Therapie ist der<br />
Patient schmerzfrei. Er kann jedoch weder das Bett verlassen noch sich selbst versorgen. Er ist<br />
zunehmend besorgt über die Belastung, die durch die Verschlechterung der Krankheit <strong>und</strong> den<br />
Tod auf seine Familie zukommen wird. Der Patient wurde von einem Psychiater als klinisch<br />
nicht depressiv beurteilt, fragt aber zum wiederholten Male nach einer lebensbeendenden<br />
Injektion.<br />
<strong>1.</strong> Der behandelnde Arzt lehnt diesen Wunsch ab <strong>und</strong> versorgt den<br />
Patienten mit palliativen Maßnahmen so gut wie möglich.<br />
2. Der behandelnde Arzt verzichtet auf weitere therapeutische<br />
Maßnahmen, mit denen möglicherweise eine geringe Chance<br />
auf Verzögerung des Krankheitsverlaufs verb<strong>und</strong>en wäre.<br />
3. Der behandelnde Arzt verabreicht dem Patienten eine Injektion<br />
mit einer tödlichen Menge eines Medikamentes.<br />
4. Der behandelnde Arzt verabreicht eine große Menge an<br />
Morphin.<br />
5. Der behandelnde Arzt verordnet dem Patienten eine große<br />
Menge an Morphin <strong>und</strong> instruiert ihn, in welcher Weise die<br />
Einnahme zum Tod führt.<br />
6. Als die Angehörigen den Patienten bewusstlos auffinden, weil er<br />
offensichtlich eine Überdosis eines Schlafmittels eingenommen<br />
hat, bleiben diese bei dem Sterbenden <strong>und</strong> verständigen<br />
niemanden auf der Station.<br />
7. Als akute Herzprobleme auftreten, verzichtet der behandelnde<br />
Arzt darauf, diese zu behandeln, obwohl er davon ausgehen<br />
muss, dass sie zum Tod führen könnten.<br />
8. Angesichts eines akuten Herzversagens wird entsprechend<br />
dem in einer Patientenverfügung formulierten Wunsch auf die<br />
Reanimation verzichtet.<br />
…………………….<br />
…………………….<br />
…………………….<br />
…………………….<br />
…………………….<br />
…………………….<br />
…………………….<br />
…………………….<br />
Vgl. Anja Harfst, Allgemeinärztliche Beurteilungen <strong>und</strong> Einstellungen zur Sterbehilfe. Eine nationale Erhebung<br />
(Diss.), Göttingen 2004, 18ff <strong>und</strong> 59.<br />
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6. Schritte einer ethischen Urteilsfindung (zu den Beispielgeschichten)<br />
Schritt 1: Problemfeststellung: Worin besteht das ethische Problem/die Probleme?<br />
Schritt 2: Situationsanalyse: Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es?<br />
Welche Gesichtspunkte sind relevant?<br />
a) medizinische Faktoren: Diagnose, Behandlungsoptionen, Angemessenheit der Mittel<br />
b) ethische Faktoren:<br />
Entschei- Wer ist an der Entscheidung beteiligt <strong>und</strong> in welcher Funktion?<br />
dungsträger: Wer ist entscheidungsbefugt <strong>und</strong> verantwortlich?<br />
Gibt es unterschiedliche Meinungen der Beteiligten?<br />
Wie kann der Konflikt gelöst werden?<br />
Handelnder: Wer handelt in welcher Funktion, Rolle oder Eigenschaft?<br />
(Arzt, Patient, Pflegepersonal...)<br />
Welche Absicht verfolgt der/die Handelnde?<br />
(Heilung, Leidensminderung, Forschung...)<br />
Welche Gr<strong>und</strong>haltung steht dahinter? (Wertvorstellungen)<br />
Wie verhält sich diese Absicht zu den Wünschen der Patientin/des<br />
Patienten u. anderer Betroffener?<br />
Betroffene: Wer ist von der Entscheidung in welcher Weise betroffen?<br />
Welche Interessen sind im Spiel?<br />
In welchem persönlichen, sozialen, gesellschaftlichen oder politischen<br />
Zusammenhang steht das Problem? (Ort, Zeitpunkt, soziales Umfeld,<br />
Institutionen, ökonomische Bedingungen...)<br />
Folgen: Welche Folgen ergeben sich für die Patientin/den Patienten, die Angehörigen,<br />
das Behandlungsteam, die Gesellschaft, die Umwelt etc.?<br />
Welche Folgen ergeben sich aus einer entsprechenden<br />
gesellschaftlichen Praxis („wenn das jeder macht“)?<br />
Welche Botschaft enthält die Entscheidung (= Ausdruckscharakter)?<br />
c) rechtliche Rahmenbedingungen<br />
d) Wertvorstellungen <strong>und</strong> Interessen der beteiligten Personen<br />
Schritt 3: Ethische Beurteilung der Handlungsalternativen:<br />
Wie meine ich, sollte ich handeln? Was ist richtig?<br />
Variante 1: Orientierung an gemeinsamen Normen, Normenanwendung:<br />
Anerkannte <strong>und</strong> bewährte Handlungsregeln werden auf den Einzelfall angewendet.<br />
Variante 2: Überprüfung von Normen, Normenbegründung:<br />
Beurteilung der Handlungsalternativen nach den Auswirkungen für alle Betroffenen.<br />
Schritt 4: Entscheidung: Würde/werde ich so handeln?<br />
Schritt 5: Rückblick:<br />
Reflexion <strong>und</strong> Überprüfung: Wie schätze ich eine solche Entscheidung im Rückblick ein?<br />
(Bewältigung des Geschehenen, Lernen für die Zukunft, Absprache im Team)<br />
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