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Ferdinand Hodler - Fondation Beyeler

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abklatschte. Die Silhouetten der alpinen Bergketten in seinen Landschaften vervielfältigte er z.T.<br />

ebenfalls, so dass zahlreiche Werke in unterschiedlichen Fassungen existieren, reproduziert<br />

auch Jahre nach ihrer Entstehung. Dies hatte auch den angenehmen Nebeneffekt, dass der<br />

Maler auf diese Weise die gewaltige Nachfrage nach seinen Werken befriedigen konnte.<br />

Hier geht der Gedanke des Parallelismus ins Serielle über, ein prägender Aspekt in <strong>Hodler</strong>s<br />

Werk. Vor allem an seinen monumentalen Figurenbildern ist zu sehen, dass sie aus stets neu<br />

variierten und miteinander kombinierten Einzelteilen entstanden. Seine Theorie des<br />

Parallelismus, die ihm nicht nur Bewunderung durch Künstlerkollegen einbrachte – die sich über<br />

seine nahezu pedantische Kompositionsmethode mokierten – fand ihren Ausdruck in <strong>Hodler</strong>s<br />

Suche nach formaler Ordnung und Symmetrie und eben in der Wiederholung des sich<br />

Gleichenden bzw. in der variierenden Wiederholung des sich Gleichenden zur Herstellung einer<br />

Ordnung. Die fortschreitende Industrialisierung hatte nicht nur wirtschaftliche, sondern auch<br />

ästhetische Folgen: Die Wiederholung der industriell gefertigten, sich gleichenden Form hat das<br />

moderne Sehen strukturiert und formale Entwicklungen direkt oder indirekt generiert. Doch<br />

<strong>Ferdinand</strong> <strong>Hodler</strong> verband seine Suche nach einer perfekten formalen Ordnung, nach<br />

Parallelismus und Symmetrie mit einem weiteren Konzept: Die Idee der »Einheit« (Frz. »unité«)<br />

verdeutlichte, dass es ihm um die Bildung von etwas Übergeordnetem ging, implizierte jedoch<br />

auch die industrielle Stückzahl.<br />

Zugleich begeisterte <strong>Hodler</strong> sich für Fotografie, er sammelte Fotografien und nutzte das Medium<br />

auch zur Vorbereitung und Ausführung seiner Werke. Nicht zuletzt seiner Aufgeschlossenheit<br />

diesem damals noch relativ jungen Medium gegenüber verdanken wir die eindrucksvollen<br />

Fotografien seiner Bekannten und Sammlerin Gertrude Dübi-Müller, die uns mit <strong>Hodler</strong>s<br />

Arbeitsweise wie auch seinem Wesen vertraut machen und uns seines letzten Lebenstages<br />

Zeugen werden lassen. Die Ausstellung setzt mit einem Dokumentationsraum ein, in dem nicht<br />

nur <strong>Hodler</strong>s Leben und sein Gesamtwerk gewürdigt, sondern auch zahlreiche Fotografien von<br />

Gertrude Dübi-Müller gezeigt werden, die auf unheimliche Art <strong>Hodler</strong>s Abschied von Valentine<br />

Godé-Darel widerspiegeln.<br />

<strong>Hodler</strong> beherzigte »l’art pour la vie« und nicht »l’art pour l’art«. Verstörend auf den Betrachter<br />

wirken die Portraits seiner Lebensgefährtin Valentine Godé-Darel, die vierzigjährig unheilbar<br />

erkrankt und deren Leidensweg bis zu ihrem Tod 1915 von <strong>Hodler</strong> zeichnerisch und malerisch<br />

begleitet wird. Hier zeigt <strong>Hodler</strong>, dass seine Theorie des Parallelismus tatsächlich der<br />

eindringlichen Beobachtung des Lebens geschuldet ist, denn sein Blick ist klar und doch liebevoll,<br />

zutiefst menschlich in der Wahrnehmung des physischen Verfalls von Valentine und ihrer<br />

Linienherrlichkeit. Die Ausstellung widmet 14 Werken aus dieser Schaffensperiode einen ganzen<br />

Raum. Die Bilder der sterbenskranken Valentine scheinen in ihren Konturen Landschaften des<br />

Schmerzes zu suggerieren. Wiederum markieren die kleinen Ansichten des Mont Blancs und des<br />

Genfer Sees, die <strong>Hodler</strong> nach dem Tode Valentines skizziert, den Übergang zu einem befreiten<br />

Umgang mit Farbe.<br />

Den Schwerpunkt der Ausstellung bilden <strong>Hodler</strong>s berühmte und beliebte Landschaftsgemälde,<br />

welche die Herrlichkeit und Monumentalität der Schweizer Berge feiern. <strong>Hodler</strong> inszeniert Fern-<br />

und Nahsicht auf die alpinen Landschaften mit einem Effekt, der die Gipfel heranzoomt und sie<br />

zugleich entrückt wie Erscheinungen schweben lässt. <strong>Hodler</strong>, der bis dahin in seinen Gemälden<br />

immer sehr stark die Kontur betont und vom Umriss aus gedacht hat, wird in diesen<br />

Landschaftsbildern zu einem Maler von Farbflächen. Die abstrakte Farbfeldmalerei eines Mark<br />

Rothko oder eines Barnett Newman kündigt sich an. Seine »Nahaufnahmen« von Bergbächen<br />

und Gesteinsformationen enthüllen deren Materialität in einem gleissend hellen Licht. Die<br />

puristisch gehaltenen Landschaftsansichten verzichten auf Details bis auf wenige Ausnahmen<br />

wie etwa weidende Kühe in weiter Entfernung, Baumgrenzen oder Schwäne am Seeufer, so<br />

stilisiert wie geheimnisvoll. Zwischen Betrachter und Gipfeln liegt eine grosse Distanz, markiert<br />

durch Wasserflächen, Dunst oder Wolken, welche die Alpen zum meditativ abstrakten Bild<br />

werden lassen. Der Bildausschnitt ist ihm von essentieller Bedeutung, er gibt die Ordnung, die<br />

Symmetrie vor, erscheint als »Abbreviatur des Unendlichen«. Seine Experimente mit der<br />

Wiederholung von Wolkenformationen lassen die Ovalen von Piet Mondrians Baum- und Pier-<br />

Bildern vorausahnen.

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