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Grundstrukturen der Gotteserfahrung im christlichen Glauben - Kath.de

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Christi: Die dunkle Nacht gilt pr<strong>im</strong>är <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitwirkung und nur sekundär <strong><strong>de</strong>r</strong> Läuterung <strong><strong>de</strong>r</strong> Seele.<br />

Die Korrekturen am Aufstiegsschema geben zu erkennen, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Glauben</strong>sweg <strong>de</strong>s Christen jen-<br />

seits eines materiell (voraus-) berechenbaren Systems von Stufen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Etappen <strong><strong>de</strong>r</strong> Reinigung ver-<br />

läuft, geht es doch um die Gleichgestaltung mit <strong>de</strong>m Schicksal Christi: mitgekreuzigt, mitbegraben,<br />

mitauferstan<strong>de</strong>n, mitaufgefahren. Ohne die Theologie <strong>de</strong>s Kreuzes ist die Krisenerfahrung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

dunklen Nacht nur asketisch zu <strong>de</strong>uten, wodurch ihr christologischer Gehalt verdunkelt wird. Die<br />

Grundgestalt dieser Angleichung an Christus berechtigt zu <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage, ob gegenüber einer Auf-<br />

stiegsmystik nicht die Abstiegsmystik <strong>de</strong>m Wesen <strong>de</strong>s Christentums gemäßer ist. Die bejahen<strong>de</strong><br />

Antwort hierauf fin<strong>de</strong>t sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Glauben</strong>sgeschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Neuzeit, wo <strong>Glauben</strong><strong>de</strong> gera<strong>de</strong> am En<strong>de</strong><br />

ihres «Aufstiegs»-Weges zu Gott die bleiben<strong>de</strong> und sich nicht mehr aufheben<strong>de</strong> Ferne Gottes<br />

48<br />

durchlitten. Ihnen galt die Krisenerfahrung <strong>im</strong> <strong>Glauben</strong> nicht bloß als Läuterung <strong><strong>de</strong>r</strong> Seele, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

als Teilnahme am Erlösungsgeschehen Christi, das in die Solidarität mit <strong>de</strong>n Nicht-<strong>Glauben</strong><strong>de</strong>n ruft.<br />

Daß <strong><strong>de</strong>r</strong> Sinn menschlichen Lei<strong>de</strong>ns pr<strong>im</strong>är in <strong><strong>de</strong>r</strong> Solidarität zu sehen ist, zeigt sich <strong>im</strong> Leben Jesu:<br />

Er kämpft mit <strong>de</strong>n «Mächten und Gewalten» um <strong><strong>de</strong>r</strong> Erlösung <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt willen «für die vielen».<br />

Ebenso ist die Anfechtung auf <strong>de</strong>m Weg zu Gott zu verstehen. Der Weg zu Gott verbin<strong>de</strong>t sich<br />

nicht nachträglich o<strong><strong>de</strong>r</strong> von außen mit <strong>de</strong>m Dienst «für die vielen», vielmehr betont <strong><strong>de</strong>r</strong> Apostel<br />

Paulus, daß die apostolische Hinwendung zur Welt wesentlich in die Gottesbegegnung mit hinein-<br />

gehört. Die Lei<strong>de</strong>n, welche Paulus als Unterpfand <strong><strong>de</strong>r</strong> kommen<strong>de</strong>n Herrlichkeit erdul<strong>de</strong>t, sind ein<br />

Gut, das <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en zum Heil gereicht: «Jetzt freue ich mich in <strong>de</strong>n Lei<strong>de</strong>n, die ich für euch ertra-<br />

ge. Für <strong>de</strong>n Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an <strong>de</strong>n Lei<strong>de</strong>n<br />

Christi noch fehlt» (Kol 1,24). Die Bedrängnisse erweisen sich als kein Übel einer «Zwischenzeit»,<br />

das ausgehalten und erdul<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n muß, vielmehr wer<strong>de</strong>n sie von <strong>de</strong>n Mystikern angenommen<br />

als Dienst an <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemein<strong>de</strong>.<br />

Die «Solidarität <strong>im</strong> Heil», in die sich je<strong><strong>de</strong>r</strong> Mystiker gestellt sieht, erklärt sich aus <strong>de</strong>m Grund-<br />

verständnis von Kirche. Gegenüber allen gnostischen Verständnisweisen steht die Kirche unter <strong>de</strong>m<br />

Zeichen <strong>de</strong>s Kreuzes, nur durch das «Skandalon» kommt sie ins Pascha, ins Ewige: «Darum, meine<br />

Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>, laßt uns singen das Loblied auf <strong>de</strong>n Tod <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche, auf ihren Tod, <strong><strong>de</strong>r</strong> uns he<strong>im</strong>führt zu<br />

<strong>de</strong>n Quellgrün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Lebens, das da heilig ist und in Jesus Christus. Wenn du das Wort 'Kirche'<br />

hörst, dann wisse, daß man dir spricht von <strong><strong>de</strong>r</strong> heiligen Gemeinschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Glauben</strong><strong>de</strong>n. Diese Kirche<br />

ist am Sterben; aber ihr Sterben führt uns ins an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Leben, aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Schwächlichkeit in die Kraft,<br />

aus <strong>de</strong>m Verachtetsein in die Glorie, aus <strong>de</strong>m Zerfall in die Unvergänglichkeit, aus <strong>de</strong>n Grenzen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

49<br />

Zeit in das göttlich-unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Leben.»<br />

b. Mors mystica<br />

Im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Gedanke <strong><strong>de</strong>r</strong> mors mystica zunehmend mit <strong><strong>de</strong>r</strong> «mortificatio»<br />

48 Ausführlich dargestellt in: M. Schnei<strong><strong>de</strong>r</strong>, Gottesbegegnung und Lei<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrung, in: G. Fuchs (Hg.), Die dunkle Nacht <strong><strong>de</strong>r</strong> Sinne.<br />

Düsseldorf 1989, 126-178.<br />

49 Cyrill von Alexandrien, Glaphyrorum in Genes<strong>im</strong> 6,4 (PG 69, 329 C. 224 D); vgl. H. Rahner, Die Kirche. Gottes Kraft in<br />

menschlicher Schwäche, Freiburg/Br. 1957.<br />

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