9. Jahrgang, Heft 4 (Oktober 1979) - CatholicaPedia
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- 148 - IX<br />
Wir rufen den göttlichen Segen auf diese Priesterbruderschaft herab, daß sie ihr Hauptziel<br />
erreichen möge, das in der Heranbildung heiliger Priester besteht.<br />
Gegeben zu Freiburg in unserer Diözese<br />
am 1. November 197o am Feste Allerheiligen<br />
(Bischöfliches Siegel) (Unterschrift)<br />
+ Francois Charriere<br />
Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg<br />
Das soeben wiedergegebene (...) Schriftstück stellt ein, auf betrügerischen Behauptungen<br />
seltenen Ausmaßes aufgebautes Dokument dar.<br />
Jeder, der den Namen der mit dem Dokument gegründeten Priesterbruderschaft liest<br />
und sieht, daß sie unter dem Titel einer "Bia unio", also einer "frommen Vereinigung"<br />
gegründet ist, muß vermuten, daß es sich hier um die Gründung einer frommen Gebetsvereinigung<br />
von Priestern handelt. Der Hauptzweck des Errichtungsdokumentes, die Gründung<br />
eines Priesterseminars, wird sozusagen nur durch die Hintertüre dadurch zum mindesten<br />
angedeutet, daß nach dem eigentlichen, juristischen Teil des Errichtungsdokumentes der<br />
"Internationalen Priesterbruderschaft" in Form eines frommen Wunsches gesagt wird: "Wir<br />
rufen den göttlichen Segen auf diese Priesterbruderschaft herab, daß sie ihr Hauptziel<br />
erreichen möge, das in der Heranbildung heiliger Priester besteht."<br />
Die Formulierung des Errichtungsdokumentes stellt deshalb eine schwindelhafte<br />
Verschleierung des Hauptzweckes des Dokumentes dar, nämlich der Gründung eines Priesterseminars<br />
.<br />
Vom Standpunkt des kanonischen Rechtes bedeutet das angeführte Dokument, daß<br />
mit ihm unter dem harmlosen Deckmantel der Gründung einer "Pia unio" (...) auf Diözesanebene<br />
ein im kanonischen Recht der Zeit vor dem II. Vatikanum unbekanntes 'internationales'<br />
Priesterseminar von Bischof Charriere in seiner Diözese einem bloßen Titularerzbischof<br />
'genehmigt' wurde, obwohl weder das genehmigte, internationale Seminar noch<br />
der Titularerzbischof etwas mit seiner Diözese zu tun hat. Da es sich hier um die Verletzung<br />
der elementarsten Grundlagen des kanonischen Rechtes handelt und die beiden Beteiligten<br />
jahrzehntelange bischöfliche Praxis hinter sich hatten, muß deshalb bei dem<br />
Abkommen bewußter kanonischer Betrug angenommen werden, der noch dazu dadurch zur schanlosen<br />
Farce wird, daß in der Errichtungs-Verfügung nach Anrufung des Heiligen Namens<br />
Gottes ausdrücklich festgestellt wird, daß in der Verfügung alle kanonischen Vorschriften<br />
eingehalten sind.<br />
Nach der hier in Frage kommenden kanonischen Bestimmung ist die Jurisdiktion<br />
eines Diözesanbischofs auf das Territorium seiner Diözese beschränkt (Can. 198; 2oK2).<br />
Er kann also kein kirchliches Institut genehmigen, dessen Wirksamkeit über die Grenzen<br />
seiner Diözese hinausgeht oder gar, wie im vorliegenden Fall, internationalen Charakter<br />
hat und die Jurisdiktionsrechte anderer Bischöfe verletzt.<br />
Ferner ist es ein kanonisches Grundprinzip, daß - soweit nicht Seminarien in<br />
Frage kommen, die direkt dem Heiligen Stuhl unterstehen - jede Diözese ihr eigenes Priesterseminar<br />
unterhält, das der Jurisdiktion des Diözesanbischofs untersteht (Can. 1354,<br />
5 u. Can. 1357,1), daß nur, wenn es unmöglich ist, ein Diözesanseminar zu errichten,<br />
der Bischof seine Studenten in das Seminar einer anderen Diözese senden kann, wobei aber<br />
seine Jurisdiktion über diese Studenten aufrechterhalten bleibt und daß die Errichtung<br />
von Zwischendiözesan- oder regionalen Seminarien päpstlicher Genehmigung unterliegt<br />
(Can. 1354,3).<br />
Das Dekret über Priestererziehung "Optatum totius" des II. Vatikanum, das in<br />
der Einleitung der obenzitierten Verfügung Bischof Charrieres über die Errichtung der<br />
"Internationalen Priesterbruderschaft vom Hl. Pius X." genannt ist, hat keine wesentlichen<br />
Änderungen in der Errichtung von Seminarien vorgenommen, wie der nachfolgende<br />
Wortlaut des einschlägigen Paragraphen 7 des Kapitel III des Konzils-Dekretes zeigt:<br />
7. Wo einzelne Diözesen nicht imstande sind, eigene Seminarien gebührend zu<br />
errichten, sollen Seminarien für viele Diözesen oder für eine ganze Region oda:<br />
für ein ganzes Land errichtet und entwickelt werden, sodaß die gesunde Unterrichtung<br />
der Studenten, die als das oberste Gesetz in dieser Angelegenheit betrachtet<br />
werden muß, in einer wirksameren Weise durchgeführt werden kann. Diese<br />
Seminarien, seien sie regional oder national, sind nach den, von in Frage kommenden<br />
Bischöfen festgesetzten und vom Heiligen Stuhl genehmigten Regeln zu<br />
regieren.