9. Jahrgang, Heft 4 (Oktober 1979) - CatholicaPedia
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- 154 - IX<br />
lauter Wölfen besteht, die sich von den wenigen wahren Hirten kaum noch etwas sagen<br />
lassen. Die Hirten sollen sich vielmehr nach den Wünschen der Wölfe richten, wenn sie<br />
nicht beständig mit ihnen auf Kriegsfuß stehen wollen. - Wie schaut denn heute das religiöse<br />
Leben der meisten Katholiken aus? - Ich könnte noch viel mehr sagen, doch<br />
genug davon, wenigstens für heute.<br />
Daß die katholische Kirche in gewisser Weise auch Einfluß auf die Politik<br />
nehmen darf und muß, ist eigentlich selbstverständlich. Wohl ist die Aufgabe der Kirche<br />
in erster Linie auf das geistige, seelische Wohl der Menschen gerichtet, und die des<br />
Staates in erster Linie auf das rechtliche, irdische und leibliche der Bürger. Trotzdem<br />
ist die Sache doch so, daß auch für diese Interessen am besten gesorgt wird, wenn der<br />
Staat seine Aufgaben im Geiste des Christentums erfüllt, wenn sich die Gesetze und Vorschriften<br />
nach der Lehre Christi richten. Das kann die Kirche vom Staate, von den Politikern<br />
fordern. Staat und Kirche työnnen und sollen zusammenarbeiten, ohne von einander<br />
abhängig zu werden. Die katholische Kirche nimmt also nur indirekt auf die Politik Einfluß.<br />
Wenn beide, Kirche und Staat ihre Zuständigkeit nicht überschreiten, braucht es<br />
nie zu Konflikten kommen. Über Grenzfragen könnte man ja miteinander reden, um so zu einem<br />
für beide Seiten vorteilhaften Übereinkommen zu gelangen (Konkordat). Das wäre das<br />
Ideal.<br />
Die Wirklichkeit sieht freilich ganz anders aus. Die weltlichen Machthaber<br />
haben sich selten von der Kirche viel sagen lassen, heute erst recht nicht. Im Gegenteil:<br />
in den kommunistischen Ländern wird versucht, die Kirche ganz in den Dienst des<br />
gottlosen Staates zu zwingen. Gesetzlich sind dort Kirche und Staat getrennt; offiziell<br />
garantiert der Staat Gewissens- und Religionsfreiheit und Nicht-Einmischung in kirchliche<br />
Angelegenheiten. Nur muß sich die Kirche an die Staatsgesetze halten. Das ist aber<br />
widerliche Heuchelei. Der gottlose Staat kümmert sich sehr wohl um die Kirche und zwar<br />
derart, daß sie entweder die Weisungen der kommunistischen Partei durchführen oder aufhören<br />
muß zu existieren - was beides auf's Gleiche hinausläuft. Tatsächlich kann dort<br />
die Kirche nur mehr im Untergrund ihr Dasein fristen. Wehe, wenn man bei religiösen Veranstaltungen<br />
erwischt wird! Die offiziellen Vertreter der Kirchen sind Figuren der Partei.<br />
Bei uns im 'freien Westen' wird dieses Spiel nur viel raffinierter gespielt!<br />
Doch auch innerhalb der katholischen Kirche wurde die Lehre Christi seit Aufhören<br />
der Verfolgungen immer weniger ernst genommen. Jeder Mensch neigt zur Faulheit<br />
und Bequemlichkeit, was dann sehr leicht zur religiösen Lauheit führt, die ansteckend<br />
wirkt. Wie oft hat der Herr auch in der kath. Kirche mahnen, warnen und strafen müssen.<br />
Ich erinnere nur an die Mahnungen und Warnungen der Gottesmutter in La Salette, in Fatima<br />
und anderen Orten. Der Erfolg war und ist gleich Null. Heute sieht es in der kath.<br />
(besser: 'kath.') Kirche so ähnlich aus wie einst beim auserwählten Volke. Die Gefahr<br />
ist daher sehr groß-, daß sie ein ähnliches Schicksal erleiden muß wie elinst das jüdische<br />
Volk, da auch sie fast nur mehr auf Irdisches eingestellt ist, allen Mahnungen<br />
und Warnungen zum Trotz. Wenn man dies sieht, drängt sich einem unwillkürlich der Schluß<br />
auf, daß das Christentum nur dann gedeiht, wenn es mit Schwierigkeiten und Verfolgungen<br />
zu kämpfen hat, da ihm das Wohlergehen scheints auf die Länge nicht gut tut. Man strengt<br />
sich durchwegs nur an, solange man muß, und macht es sich leicht, wenn man sich gehen<br />
lassen kann. Diese Erfahrung hat schon der hl. Cyprian in Nordafrika gemacht. Wir sollten<br />
endlich die Folgerung daraus ziehen.<br />
LESERBRIEF AUS SÜDAFRIKA<br />
(...) Ja, wie ich immer wieder erfahren habe, sind es vielfach die Laien, auf die wir hoffen<br />
dürfen. Ihre Beurteilung der kirchlichen Lage schien mir zuweilen zu streng, doch mußte<br />
ich immer wieder gestehen: Sie haben richtig gesehen. Ich hätte es niemals für möglich<br />
gehalten, daß der Modernismus so gewaltig in die Reihen der Priester und Bischöfe einbridt.<br />
Viele sind sich in ihrer Gedankenlosigkeit dessen gar nicht bewußt. Aber es ist nicht bei<br />
allen Naivität, sondern Mangel an Glauben und religiöser Einstellung. Alles drängt zum<br />
Leichteren hin. Verbrämt erscheint es als Fortschritt. Eine Diskussion ist vergebens, es<br />
gibt keine Überbrückung der Gegensätze. Sie stehen noch mitten in einem Kreis Gleichgesinnter,<br />
hier steht man meist ziemlich allein. ( ) H.H. P.K.