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Rüstungsexporte: Richtig oder Falsch? 11<br />
lisierung von Militärpolitik das Wort zu reden. 22 Einschlägige Strategiekonzepte der Europäischen<br />
Union oder der USA lassen sich so interpretieren, dass sie einem Einsatz von<br />
bewaffneten Kräften Vorrang einräumen. 23<br />
Die vier genannten Trends betreffen unmittelbar die Bewertung von Rüstungstransfers:<br />
Könnte es unter Umständen sinnvoller sein, vorhandene oder auszubauende Sicherheitskräfte<br />
mit Waffen auszustatten, als in Krisenregionen – einstmals als „Spannungsgebiete“<br />
bezeichnet – fremde Soldaten oder Polizei zu stationieren? Ist dabei gewährleistet,<br />
dass die gelieferten Waffen und militärischen Ausrüstungsgüter tatsächlich der Sicherheit<br />
der Bevölkerung dienen und nicht die Position der Machthabenden ausbauen? Geht eine<br />
Stärkung des staatlichen Gewaltmonopols mit der Demobilisierung irregulärer Kämpfer<br />
und der Vernichtung vagabundierender Waffen einher? Somit bleibt die Aufgabe, wie das<br />
Verhältnis zwischen der Verbreitung von Waffen, Sicherheit und Entwicklung friedensfördernd<br />
zu gestalten ist, weiterhin auf der Agenda.<br />
3. Elemente einer ethische Urteilsbildung<br />
Bei der Beratung des Grundgesetzes im Jahr 1948 formulierte Carlo Schmid, ein angesehenes<br />
sozialdemokratisches Mitglied des Parlamentarischen Rates, man wolle in der Verfassung<br />
der neuen Bundesrepublik „eine klare und unverklausulierte Erklärung abgeben,<br />
dass in Deutschland keine Kanonen mehr gebaut werden sollen, weder für uns, sondern<br />
auch für andere nicht“. 24 Das ist seinerzeit nur in abgemilderter Form geschehen, weil in<br />
der Debatte das Argument auftauchte, man müsse doch immerhin die Polizei mit Pistolen<br />
ausrüsten. In den seitdem vergangenen knapp sechzig Jahren ist Deutschland zu einer der<br />
weltweit präsenten Rüstungsexportnationen aufgestiegen, und die anfängliche Weigerung,<br />
Waffen zu exportieren, ist dem Konsens gewichen, zumindest restriktiv vorzugehen. Auch<br />
wusste Carlo Schmid noch nicht von der Problematik der Dual-Use-Güter, den Geschäften<br />
privater Waffenhändler, der staatenübergreifenden Kooperation von Rüstungsherstellern,<br />
der Ausuferung des Verständnisses von Sicherheit oder der Bedeutung von Rüstungslieferungen,<br />
um ein fragiles staatliches Gewaltmonopol zu gewährleisten.<br />
Dennoch wohnt dem zitierten Votum eines Menschen, der den Ersten wie den Zweiten<br />
Weltkrieg in Europa erlebt hatte, ein Appell an moralische Prinzipien inne. Er mahnt,<br />
22 Vgl. Lothar Brock, Der erweiterte Sicherheitsbegriff. Keine Zauberformel für die Begründung ziviler Konfliktbearbeitung,<br />
in: Friedenswarte, Jg. 79 (2004), Heft 3-4, S. 323-343, S. 325.<br />
23 Vgl. „Sicherheitskonzepte im Vergleich“, in: Clive Robinson, Wessen Sicherheit? Zusammenführung und<br />
Eigenständigkeit der Sicherheits- und der Entwicklungspolitik der Europäischen Union. Eine Untersuchung<br />
im Auftrag der Association of World Council of Churches related Development Organisations in<br />
Europe (APRODEV), Deutsche Fassung, Stuttgart/Bonn (Brot für die Welt/Evangelischer Entwicklungsdienst),<br />
Dezember 2005, S. 25.<br />
24 Zitiert nach: Uli Jäger/Wolfgang Schwegler-Romeis/Wolfgang Berger, Rüstung ohne Grenzen? Die bundesdeutsche<br />
Rüstungsexportpolitik und die Militarisierung der Dritten Welt. Ein Hand- und Arbeitsbuch,<br />
Tübingen (Verein für Friedenspädagogik), 1989, S. 36.