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Rüstungsexporte: Richtig oder Falsch? 29<br />

6. Ethische Urteilsbildung: eine andauernde Aufgabe<br />

Politischen Deklarationen wie den „Politischen Grundsätzen“ oder dem EU-Verhaltenskodex<br />

ist zu attestieren, dass sie sich an der Relevanz der Trias von Frieden, Sicherheit<br />

und Entwicklung abarbeiten. Das Resultat kann aber unter ethischen Gesichtspunkten<br />

nicht zufrieden stellen. Formal sind die Kriterienkataloge eher im Sinne einer Addition<br />

unterschiedlicher Gesichtspunkte denn als kohärentes Programm zu werten. Darunter<br />

leidet die Stringenz, und die Vorgaben bleiben auslegungsfähig. Die deutschen Regelungen<br />

schlängeln sich zudem mit ihrer Unterscheidung zwischen Kriegswaffen und sonstigen<br />

Rüstungsgütern um eine klare Positionsbestimmung herum.<br />

Aus ethischer Sicht wiegen zwei Einwände schwer: Zum einen unterscheiden sich die<br />

eingegangenen politischen Selbstverpflichtungen von den Prämissen der ethischen Urteilsbildung<br />

dadurch, dass diese von einem grundsätzlichen Verbot von Rüstungsexporten<br />

ausgehen und explizite Begründungen für Abweichungen verlangen. Umgekehrt unterstellen<br />

die politischen Regelwerke, dass Rüstungsexporte grundsätzlich statthaft sind, es<br />

sei denn, dass ihnen gravierende Gründe widersprechen. Deshalb wundert es nicht, dass<br />

die EU-Mitgliedstaaten und mit ihnen auch Deutschland trotz der Verpflichtung, den<br />

Verhaltenskodex zu achten, inzwischen einen so großen Anteil am Weltrüstungshandel<br />

haben. Die Ursache liegt nicht in der Qualität der Kriterien. Sie haben viel mit dem gemein,<br />

was zuvor im Zuge einer ethischen Reflexion entfaltet worden war, erreichen aber<br />

nicht die Bindungskraft, um das politische Handeln zu bestimmen.<br />

Zum anderen sprechen die Deklarationen zwar viel von Empfängerländern. Doch stehen<br />

letztlich die Belange der Lieferländer im Blick auf ihre Sicherheit und Exportinteressen<br />

im Vordergrund. Sonst wäre es nicht zu erklären, dass in konkreten Fällen einer Ablehnung<br />

von Rüstungsexportgenehmigungen vorrangig deren Stellenwert für die internationale<br />

oder regionale Stabilität und die Risiken von Re-Exporten zur Geltung kommen.<br />

Da der Menschenrechtsaspekt nur auf die Auswirkungen einzelner Lieferungen verengt<br />

wird, bleibt eine umfassende Bewertung der Lage in einem Empfängerland ausgeblendet.<br />

Das Kriterium Acht des EU-Kodex (Entwicklungsverträglichkeit) findet kaum Anwendung.<br />

So kam es in Deutschland in den Jahren 2002/03 zu jährlich etwa 80 Ablehnungen.<br />

Es wurde jedoch nur ein oder zweimal auf das Kriterium Acht Bezug genommen.<br />

Die Diskrepanz zwischen der in den Selbstverpflichtungen artikulierten deklaratorischen<br />

Politik und der tatsächlichen Praxis offenbart sich, wenn die Empfängerstaaten von<br />

Rüstungsexporten unter Gesichtspunkten der Kriteriologie des EU-Verhaltenskodex geprüft<br />

werden. Dies leistet eine vom Bonn International Conversion Center (BICC) erstellte<br />

Datei. Sie listet für 170 Staaten auf, ob sie die Bedingungen der Kriterien des Kodex<br />

erfüllen. 57<br />

Die Datenbank unterscheidet zwischen solchen, bei denen die reale Situation<br />

mit den Kriterien übereinstimmt, solchen, bei denen dies fraglich ist, und solchen, bei<br />

denen dies nicht gegeben ist. Das Ergebnis ist folgendes: Letztlich ist es nur die Mehrzahl<br />

57 Die Datenbank findet sich unter: www.bicc.de/ruestungsexport/database.php.

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