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Die „Digitale Galerie“ in der Gemäldegalerie

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<strong>Die</strong> <strong>„Digitale</strong> <strong>Galerie“</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Gemäldegalerie</strong>. E<strong>in</strong> Blick zurück, aber<br />

nicht nur:<br />

Prof. Dr. Arthur Engelbert, FH Potsdam, FB Kulturarbeit<br />

Prof. W<strong>in</strong>fried Gerl<strong>in</strong>g, FH Potsdam, FB Europäische Medienwissenschaft<br />

arthur.engelbert@berl<strong>in</strong>.de<br />

gerl<strong>in</strong>g@fh-potsdam.de<br />

Seit gut zehn Jahren ist die <strong>„Digitale</strong> <strong>Galerie“</strong> <strong>in</strong> Betrieb. Sie verschafft e<strong>in</strong>en Informationsüberblick<br />

zu ausgewählten Werken aller Sammlungsbereiche und erschließt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Welt <strong>der</strong><br />

„Altnie<strong>der</strong>ländischen Malerei“ auf e<strong>in</strong>e reichhaltige Weise. Man kann also rückblickend sagen,<br />

dieses überaus komplexe und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Art e<strong>in</strong>zigartige Informationssystem funktioniert nicht nur<br />

noch immer gut, son<strong>der</strong>n ist auch noch immer bei den Besuchern <strong>der</strong> <strong>Gemäldegalerie</strong> beliebt: <strong>Die</strong><br />

<strong>„Digitale</strong> <strong>Galerie“</strong> hat die Zeit ihrer technologischen Bed<strong>in</strong>gungen überlebt und ist nun e<strong>in</strong> <strong>in</strong> die<br />

Jahre gekommenes, also gereiftes Werk, welches auf se<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vielleicht doch eher<br />

technischen Museum wartet.<br />

<strong>Gemäldegalerie</strong> Berl<strong>in</strong> - SMB, Blick <strong>in</strong> die Digitale Galerie, 1998<br />

Der Fortschritt wird dieses kle<strong>in</strong>e Meisterwerk dah<strong>in</strong>gehend e<strong>in</strong>holen, dass man es gegenüber<br />

etwas Neuem austauschen wird. Und genau hier setzt aus heutiger Sicht unsere Frage an:<br />

Im Zurückschauen ist etwas Vorausweisendes.<br />

Geme<strong>in</strong>t ist hiermit e<strong>in</strong> Bildungsanspruch. Zwar sah das Konzept <strong>der</strong> Zeit vor zehn Jahren e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>dividuelle, assoziative Erschließung von Themenfel<strong>der</strong>n vor, aber es wird erst heute deutlich,


dass es nicht nur leicht fällt, den vielen Spuren nachzugehen, <strong>in</strong> denen die Kontexte <strong>der</strong> Werke<br />

sich entfalten, son<strong>der</strong>n dass man auch lernt, was an verschiedenen Orten e<strong>in</strong>er Zeit, die sich im<br />

Aufbruch befand, gleichzeitig <strong>in</strong> Europa geschah. Man kann anschaulich erfahren und anhand<br />

weiterer Quellen zusätzlich studieren, wie die Entdeckung des bildnerischen Mikro- und<br />

Makrokosmos' <strong>in</strong> Gent, Brügge o<strong>der</strong> Dijon <strong>in</strong> die Erf<strong>in</strong>dung des europäischen Bildes, sei es die<br />

Weiterentwicklung des Tafelbildes o<strong>der</strong> seien es die Neuerungen des Ölbilds auf Le<strong>in</strong>wand,<br />

e<strong>in</strong>fließt. <strong>Die</strong>se historischen Erkenntnisse s<strong>in</strong>d für den aktuellen Blick auf die europäischen<br />

Kulturen, die sich mit ihren Traditionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em offenen und noch ungewissen Austausch<br />

bef<strong>in</strong>den, sehr aufschlussreich. O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s gesagt: Wahrsche<strong>in</strong>lich haben die Entwickler <strong>der</strong><br />

<strong>„Digitale</strong>n <strong>Galerie“</strong> vor mehr als zehn Jahren die Herausfor<strong>der</strong>ung angenommen, allgeme<strong>in</strong>e<br />

Pr<strong>in</strong>zipien e<strong>in</strong>er technologisch sich neu formierenden Idee von Bildung herauszuarbeiten und<br />

hierfür gestalterische Vorschläge zu machen. Schon alle<strong>in</strong> die Komplexität <strong>der</strong> Beziehungsfel<strong>der</strong><br />

zu durchdr<strong>in</strong>gen, die <strong>in</strong> dem so genannten Werkgruppen-Tableau zehn ausgewählte Meisterwerke<br />

aus <strong>der</strong> Sammlung <strong>der</strong> Altnie<strong>der</strong>län<strong>der</strong> verb<strong>in</strong>den, ist e<strong>in</strong>e beachtliche Aufgabe und würde heute <strong>in</strong><br />

dieser Verdichtung vielleicht we<strong>der</strong> erwünscht se<strong>in</strong> noch vernünftig ersche<strong>in</strong>en. Zum e<strong>in</strong>en ist es<br />

e<strong>in</strong> Zuviel, was <strong>in</strong> Bezug auf Geschlossenheit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verzweigung von Zusammenhängen<br />

angeboten wird, zum an<strong>der</strong>en kostet es tatsächlich sehr viel Zeit, die Gesamtheit <strong>der</strong> Inhalte vor<br />

den Bildschirmen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Parey Villa sitzend auf- o<strong>der</strong> auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Es würde<br />

vermutlich mehr als e<strong>in</strong>e Woche beanspruchen.<br />

<strong>Die</strong> Spannung jedoch zwischen <strong>in</strong>dividuellen Verarbeitungen, die vielen überraschend<br />

variierenden graphischen Lösungen <strong>der</strong> Autoren des Systems, e<strong>in</strong>erseits, sowie die<br />

M<strong>in</strong>destanfor<strong>der</strong>ungen an Vere<strong>in</strong>heitlichungen, an<strong>der</strong>erseits, machen den Reiz des<br />

Bildungsanspruchs <strong>der</strong> <strong>„Digitale</strong>n <strong>Galerie“</strong> bis <strong>in</strong> unsere Tage aus: Er wendet sich gegen<br />

Standards ohne selbst ganz auf formelhafte Prägungen verzichten zu können. In diesem<br />

künstlerisch konservativen Bekenntnis <strong>der</strong> späten Mo<strong>der</strong>ne zur <strong>in</strong>dividuellen Aneignung und<br />

Vermittlung ist auch e<strong>in</strong>e Idee <strong>der</strong> europäischen Bildung angesprochen, die wir rückblickend gern<br />

kritisch diskutieren möchten. Sie ist nicht veraltert, nur wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> wenig älter geworden, und wir<br />

fragen uns, ob wir diesen Schwung im Austausch europäischer Traditionen nicht vermissen,<br />

warum wir Bildung unter technologisch neuen Möglichkeiten vernetzter Kulturen nicht angehen,<br />

warum wir rückblickend nicht über heute vorausschauen.<br />

<strong>Gemäldegalerie</strong> Berl<strong>in</strong> - SMB, <strong>Die</strong> Digitale Galerie, 1998, Screenshot

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