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Beim Punktschweißen der Rohkarosserie unterscheidet sich der ...

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<strong>Beim</strong> <strong>Punktschweißen</strong> <strong>der</strong> <strong>Rohkarosserie</strong> <strong>unterscheidet</strong> <strong>sich</strong> <strong>der</strong> Ford Focus ST noch wenig von seinen Geschwistern.<br />

Die Abweichungen werden im Laserschweißverfahren ausgeführt, etwa <strong>der</strong> flachere Kofferraumboden, <strong>der</strong> mehr Raum<br />

für den riesigen Schalldämpfer unter dem Heck ausspart.


Am Ende des Fließbandes hinterlässt <strong>der</strong> Focus ST dagegen einen sehr<br />

eigenständigen Eindruck, obwohl er im gleichen knappen Takt des<br />

Fließbandes entstanden ist, wie seine ziviler motorisierten Geschwister.<br />

WIE EIN NEUES KONZEPT<br />

FÜR DEN FOCUS ST ENTSTANDEN IST<br />

Der Matthias Tonn macht die Musik<br />

Zu Ford nach Köln kommt Matthias Tonn 1998<br />

als Ingenieur mit zwei Diplomen, das eine für<br />

den Maschinenbau, das an<strong>der</strong>e für das Wirtschaftswesen.<br />

Auch kennt er <strong>sich</strong> bereits ein<br />

wenig an anspruchsvollen Arbeitsplätzen aus.<br />

Als Mitarbeiter von BMW war er in einem Team<br />

beschäftigt, das zusammen mit den englischen<br />

Kollegen vom Partner Rolls Royce untersuchen<br />

sollte, in welcher Form beide Unternehmen auf<br />

dem Gebiet <strong>der</strong> Flugzeug-Turbinen zusammen<br />

arbeiten können. Als das Projekt mit den<br />

Strahltriebwerken aufgegeben wird, orientiert<br />

<strong>sich</strong> Matthias Tonn neu, denn es beleben <strong>sich</strong><br />

frühere Kontakte zu Ford.<br />

Die breite akademische Perspektive und eine<br />

interessante praktische Erfahrung qualifizieren<br />

ihn für einen För<strong>der</strong>kreis, <strong>der</strong> langfristig und<br />

gründlich junge Führungskräfte bei Ford auf<br />

ihre späteren Aufgaben vorbereitet. So lernt<br />

er rasch die Strukturen des weit verzweigten<br />

Ford-Konzerns auf beiden Seiten des Atlantik<br />

kennen, und zeigt, was die Führungsaufgaben<br />

anbelangt, während <strong>der</strong> ersten Jahre bei <strong>der</strong><br />

Company um angemessene Geduld.<br />

Als Mitarbeiter des Entwicklungs-Centers Merkenich<br />

widmet er <strong>sich</strong> zunächst soliden Auf-


gaben. Er betreut als Mitarbeiter von Gunnar<br />

Herrmann, <strong>der</strong> die Entwicklung <strong>der</strong> Baureihe<br />

Focus leitet, den auf <strong>der</strong> gleichen Plattform<br />

konzipierten Ford C-MAX. Hier hat er neben<br />

an<strong>der</strong>em die eher vorsorgliche Aufgabe, <strong>sich</strong>er<br />

zu stellen, dass außer dem Vierzylin<strong>der</strong> auch<br />

ein Motor mit fünf Zylin<strong>der</strong>n zwischen den<br />

Vor<strong>der</strong>rä<strong>der</strong>n Platz findet. Im Februar 2003 ist<br />

er deshalb umso überraschter, als ihn Gunnar<br />

Herrmann fragt: „Würden Sie im TeamRS die<br />

Projektleitung für die nächste Generation des<br />

Focus ST übernehmen?“ – „Je<strong>der</strong> junge Ingenieur<br />

träumt davon, einen Sportwagen zu<br />

bauen, und ich bin unter den vielen 100.000<br />

Mitarbeitern im Ford-Konzern <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong><br />

es darf“, freut <strong>sich</strong> <strong>der</strong> junge Projektleiter bis<br />

heute. Auch freut es ihn, dass er seine Karriere<br />

mit dem Topmodell einer Baureihe beginnen<br />

darf: „Man muss da nicht ganz so konsequent<br />

um jeden Euro knausern. Wenn hier ein Teil<br />

um einen Euro teurer ist, macht das bei <strong>der</strong><br />

relativ kleinen Stückzahl von vielleicht 50.000<br />

Autos eben nur 50.000 Euro aus. Wenn es um<br />

eine Großserie mit drei Millionen geht, wird<br />

<strong>der</strong> einzelne Euro zu einem siebenstelligen<br />

Problem.“<br />

Als er nach diesem „Kick-off“ im Februar 2003<br />

seine erste große Aufgabe als Chef-Ingenieur<br />

des ST-Programms sehr konsequent und analytisch<br />

startet, ahnt er noch nicht, dass für sein<br />

zunächst auf 38 Monate Entwicklungszeit angesetztes<br />

Projekt bald eine verschärfte Marschzahl<br />

gilt. Nicht wie ursprünglich geplant zum<br />

Frühjahr 2006 son<strong>der</strong>n bereits zur IAA 2005<br />

soll <strong>der</strong> Focus ST nun binnen 30 Monaten in<br />

Saarlouis vom Band laufen.<br />

In <strong>der</strong> frühen Planungsphase müssen <strong>sich</strong> Tonn<br />

und sein Chef-Ingenieur des TeamRS, <strong>der</strong> Schotte<br />

Glenn Goold, zwei wesentliche Fragen stellen:<br />

Was muss <strong>der</strong> neue Focus ST besser können als<br />

sein Vorgänger und wie muss er <strong>sich</strong> klar von<br />

seinen Wettbewerbern unterscheiden. Klare<br />

Antworten auf die Frage eins hat die Marktforschung<br />

bei Ford so gleich parat. Die sportlich<br />

orientierten Käufer wollen natürlich und wie<br />

immer mehr Leistung. Sie kritisieren aber auch<br />

die verhaltene Kraftentfaltung im unteren<br />

Bereich und die Notwendigkeit, das Temperament<br />

über hohe Drehzahlen an zu locken.<br />

„Die vermehrte Gewöhnung an durchzugsstarke<br />

Diesel hat offenbar den Anspruch <strong>der</strong><br />

Kunden an die Art <strong>der</strong> Leistungsabgabe neu<br />

geprägt“, wertet <strong>der</strong> Maschinenbauer Tonn<br />

diese Resonanz.<br />

Auch was die Optik anbetrifft, wird das TeamRS<br />

durch die Kritik <strong>der</strong> Kundschaft eines Besseren<br />

belehrt. Die diskrete Sportlichkeit des voran gegangenen<br />

Focus ST 170 war in den Augen <strong>der</strong><br />

forschen Fordfahrer zu brav geraten. Wer so<br />

ein Auto für die ganz persönliche Ideallinie<br />

erwirbt, <strong>der</strong> will es auch zeigen, dass es über<br />

satte Leistung verfügt.<br />

Und was die Konkurrenz betrifft, muss man im<br />

TeamRS ganz sachlich feststellen: „Es gibt unter<br />

den kompakten Sportlern <strong>der</strong> Zweiliterklasse<br />

bereits so gut wie jede Möglichkeit, 200 PS<br />

Mit dem Leuchtorange <strong>der</strong> ST-Serie zieht eine neue Signalfarbe in <strong>der</strong> rationellen<br />

Fertigung von Saarlouis ein. „Speed Orange“ heißt <strong>der</strong> neue Lackton, dessen<br />

Signalwirkung zusätzliche Arbeitsschritte in <strong>der</strong> Lackier-Abteilung erfor<strong>der</strong>t,<br />

bevor das Orange so strahlt wie ein wun<strong>der</strong>schöner Sonnenuntergang.<br />

In Reih und Glied: Zusammen mit den schwächer motorisierten Geschwistern <strong>der</strong><br />

Focus-Familie rollt <strong>der</strong> erste Focus ST durch die Trimm-Linie. Viele Unterschiede <strong>der</strong><br />

Varianten gibt es nicht zu beachten, denn bis auf die Le<strong>der</strong>-Ausstattung <strong>der</strong> Sitze<br />

und die Anzahl <strong>der</strong> Türen ist fast alles serienmäßig vorherbestimmt.


Der spannende Moment, den die Produktions-Experten<br />

„Hochzeit“ nennen:<br />

Das Fahrwerk samt Antrieb trifft zum<br />

ersten Mal auf die Karosserie und alles<br />

wird für ein langes, genüssliches<br />

Autoleben fest verschraubt.


o<strong>der</strong> mehr zu erzielen. Vom kräftig aufgeladenen<br />

Benziner wie bei VW Golf GTI o<strong>der</strong> Opel<br />

Astra OPC bis hin zum konsequenten Hochdrehzahlkonzept<br />

mit natürlicher Beatmung wie<br />

im Honda Civic Type R reicht die Palette“.<br />

Das TeamRS wählt hier den Mittelweg zu einer<br />

Spitzenleistung, die sportliche Ambition und<br />

gute Alltagstauglichkeit ideal verknüpft.<br />

Ein fünfter Zylin<strong>der</strong> bringt den Hubraum auf<br />

2,5 Liter, ein mo<strong>der</strong>ater Ladedruck <strong>sich</strong>ert souveräne<br />

Kraftentfaltung und selbst bei voller<br />

Last noch einen mo<strong>der</strong>aten Verbrauch.<br />

Sehr för<strong>der</strong>lich für die Entscheidung, dass es<br />

beim Hubraum etwas mehr sein darf, erweist<br />

<strong>sich</strong> eine Kostenanalyse, wie sie bei alternativen<br />

Komponenten bei Ford grundsätzlich durchgeführt<br />

wird. Verglichen werden in diesem Fall<br />

die Preise von zwei Turbomotoren: <strong>der</strong> eine<br />

mit vier Zylin<strong>der</strong>n und zwei Litern Hubraum,<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e mit fünf Zylin<strong>der</strong>n und 2,5 Litern<br />

Arbeitsvolumen. Zunächst geht diese Partie klar<br />

an den Vierzylin<strong>der</strong>. Aber im nächsten Kalkulations-Paket<br />

ist alles eingeschürt, was notwendig<br />

ist, um jeden dieser zwei Motoren auf die<br />

angestrebte Leistung von mindestens 220 PS<br />

(162 kW) zu bringen. Und da zeigt <strong>sich</strong>, wie ein<br />

größerer Hubraum solche Aufgaben leichter<br />

und dabei auch noch preiswerter macht.<br />

Die Entscheidung für den größeren Motor ist<br />

zum einen vorteilhaft fürs Fahrvergnügen:<br />

Mit 220 PS (162 kW) bei 5500/min und 335 Nm<br />

schon ab 2400/min betreibt <strong>der</strong> Fünfzylin<strong>der</strong><br />

Die Türen laufen beim Focus ST unabhängig von <strong>der</strong> Karosserie durch die Fertigung,<br />

solange bis die serienmäßigen Recaro-Sitze als letzter Posten <strong>der</strong> Innenausstattung<br />

an Bord gegangen sind.


Man sieht es dem Ford Focus<br />

ST hier noch nicht an, dass<br />

unter seiner vor<strong>der</strong>en Haube<br />

mit den fünf Zylin<strong>der</strong>n<br />

annähernd doppelt so viel<br />

Leistung und Drehmoment<br />

zuhause sind wie bei den<br />

Modellen mit vier Zylin<strong>der</strong>n.<br />

Die Fensterscheiben werden<br />

heute zugunsten einer möglichst<br />

steifen Karosserie bündig<br />

verklebt. Dabei kommt für<br />

beide Scheiben ein vollautomatischer<br />

Fertigungs-Roboter<br />

zum Einsatz.<br />

eine höchst entspannte Politik <strong>der</strong> Stärke. Er<br />

qualifiziert <strong>sich</strong> damit als gelassener Teilnehmer<br />

am Berufsverkehr und als dynamischer Partner<br />

bei den Sonntagssprints.<br />

Die erklärte Ab<strong>sich</strong>t und die Verpflichtung, ein<br />

einfaches, effizientes und kostengünstiges Automobil<br />

zu entwerfen, veranlasste das gesamte<br />

TeamRS, aufwändige Antriebskonzepte zu<br />

vermeiden. Allradantrieb ist allenfalls bei noch<br />

mehr Leistung und Drehmoment ein Thema.<br />

Und das herkömmliche Sechsganggetriebe mit<br />

seiner perfekt funktionierenden Schaltung gilt<br />

für TeamRS im Focus ST als das ideale Mittel<br />

zum Zweck.<br />

„Mein zweiter Studiengang hat mich gelehrt,<br />

das wirtschaftlich Machbare zu achten“, erklärt<br />

Matthias Tonn, „es geht in solchen Fällen nicht<br />

allein darum, eine an<strong>der</strong>e Motor/Getriebe-<br />

Kombination in die Produktion einzuschleusen.<br />

Dieses Element muss binnen <strong>der</strong> relativ kurzen<br />

Entwicklungszeit des Focus ST auf absolute Zuverlässigkeit<br />

erprobt sein. Aufwändigere Lösungen<br />

wie sequentielle Schaltgetriebe mit<br />

automatischer Kupplung sind nicht nur deutlich<br />

teurer, sie erfor<strong>der</strong>n auch einen wesentlich<br />

größeren Entwicklungsaufwand und sie müssen<br />

<strong>sich</strong> schließlich harmonisch mit seinem Schaltgerät<br />

in eine elektronische Architektur einfügen,<br />

die <strong>der</strong> CAN-Bus <strong>der</strong> großen Serie vorgibt.“<br />

Das Beispiel zeigt, <strong>der</strong> Arbeitsumfang von<br />

TeamRS beschränkt <strong>sich</strong> nicht darauf, eine dynamische<br />

Variante des Ford Focus zu entwickeln.<br />

Es gilt vielmehr, auch seine Fertigung unter<br />

strengen wirtschaftlichen Aspekten in die Produktionsabläufe<br />

in Saarlouis zu integrieren.<br />

„Ein solches Son<strong>der</strong>modell kann nur dann zu<br />

einem vernünftigen Preis und für die Firma den-


noch profitabel produziert werden, wenn es mit<br />

<strong>der</strong> großen Serie auf dem gleichen Band montiert<br />

werden kann, ohne die Fertigung zu<br />

verzögern“, beschreibt Carline-Direktor Gunnar<br />

Herrmann einen weiteren Teil <strong>der</strong> Arbeit von<br />

TeamRS, <strong>der</strong> grundsätzlich darin besteht, die<br />

unverwechselbaren Merkmale des Son<strong>der</strong>modells<br />

so zu gestalten, dass sie den harmonischen<br />

Fluss <strong>der</strong> Fertigung nicht aufhalten. Vieles darf<br />

an<strong>der</strong>s aussehen, weil jene Logistik, die Komponenten<br />

„just in time“ an das Fließband liefert,<br />

sehr flexibel ist. Aber alles muss passen, weil die<br />

Endmontage nur einige wenige Ausnahmen<br />

vom allgemeinen Ablauf duldet.<br />

Der Wunsch vieler Kunden nach einer schärferen<br />

optischen Profilierung ist deshalb für alle Beteiligten<br />

bei Ford in Merkenich eine intensive,<br />

aber letztlich doch sehr gern angenommene<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung. Matthias Tonn erklärt dazu<br />

mit einer bis heute ungebrochenen Begeisterung:<br />

„Wir hatten klar die Ab<strong>sich</strong>t, neue Zeichen<br />

zu setzen, o<strong>der</strong>, wie wir sagen, einen spezifischen<br />

Footprint zu hinterlassen. Unsere Definition<br />

für den Stil des Focus ST lautet: freundliche<br />

Aggressivität.“<br />

Spürbar ist aber auch jene Begeisterung, die in<br />

den Worten von Matthias Tonn liegt. Und vielleicht<br />

hat <strong>der</strong> junge Ingenieur mit den beiden<br />

Diplomen im Februar 2003 noch viel mehr<br />

Glück gehabt, als er damals glaubte. Er hat sein<br />

ganz persönliches Auto bauen dürfen, und er<br />

hat es gut gebaut.<br />

Kaum mehr als ein starkes Dutzend Stunden vergeht von den ersten Schweißpunkten im Rohbau bis zum fertigen Produkt mit 225 PS und<br />

durchaus ausgeglichenem Fahrverhalten. In diesen Stunden gehen die rationelle Serienfertigung und das liebevoll abgestimmte sportliche<br />

Fahrzeug eine feste Bindung für viele 100.000 Kilometer ein.


Gut drei Kilometer lang ist <strong>der</strong> Weg, den <strong>der</strong> Focus ST ohne eigenen Antrieb in <strong>der</strong> rationell getakteten Fertigung im Werk Saarlouis<br />

zurücklegt. Deutlich länger werden die Wege im folgenden Autoleben sein, denn das sportliche Modell <strong>der</strong> Focus-Familie wurde auf eine<br />

Lebensdauer von 250.000 Kilometer ausgelegt.

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