EuGH-Urteil zu TV-Rechten an Sportereignissen ... - Noerr
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JUST. KOMMENTAR<br />
E-Mail-Werbung in bestehenden Kundenbeziehungen –<br />
Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung?<br />
von Philipp Schröler, Büro Düsseldorf<br />
Das Wettbewerbsrecht erlaubt Werbung<br />
unter Einsatz von E-Mails<br />
nur mit vorheriger ausdrücklicher<br />
Einwilligung des Adressaten – unabhängig<br />
davon, ob ein Gewerbetreibender oder eine<br />
Privatperson <strong>an</strong>geschrieben wird, § 7 Abs. 2<br />
Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren<br />
Wettbewerb (UWG). Ausnahmen sieht das<br />
Gesetz in § 7 Abs. 3 UWG für Werbung innerhalb<br />
bestehender Kundenbeziehungen vor.<br />
Die Ausnahme des § 7 Abs. 3 UWG soll dem<br />
Unternehmer die Möglichkeit geben, eine bereits<br />
bestehende Kundenbeziehung <strong>zu</strong> pflegen.<br />
Dabei wird die Norm als gesetzlich geregelter<br />
Fall der mutmaßlichen Einwilligung des<br />
Adressaten <strong>an</strong>gesehen. Unter folgenden kumulativen<br />
Vorausset<strong>zu</strong>ngen ist die Werbung<br />
per E-Mail ohne ausdrückliche Einwilligung<br />
des Adressaten erlaubt:<br />
Erhalt der E-Mail-Adresse im Zusammenh<strong>an</strong>g<br />
mit dem Verkauf<br />
einer Ware oder Dienstleistung<br />
Der Unternehmer muss die Adresse im Rahmen<br />
eines Vertragsschlusses unmittelbar<br />
vom Kunden erl<strong>an</strong>gt haben. Grundsätzlich<br />
ist jede Art von Vertragsverhältnis geeignet,<br />
auch Dauerschuldverhältnisse. Eine bloße<br />
Anfrage oder eine Vertrags<strong>an</strong>bahnung reicht<br />
nicht aus. Ob nachträgliche Ereignisse wie<br />
Anfechtung oder Rücktritt Auswirkungen auf<br />
die Zulässigkeit der Werbung haben, ist durch<br />
die Rechtsprechung noch nicht geklärt. Zur<br />
Sicherheit sollte daher in Fällen, in denen das<br />
Vertragsverhältnis „rückabgewickelt“ wurde,<br />
auf E-Mail-Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung<br />
verzichtet werden.<br />
Eigene ähnliche Waren oder<br />
Dienstleistungen<br />
Die erhaltene Adresse darf der Werbende nur<br />
für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen<br />
verwenden. Werbender in diesem Sinne<br />
ist nur die natürliche oder juristische Person,<br />
die die Adresse vom Betroffenen im Rahmen<br />
des Vertragsschlusses erhalten hat. Bei juristischen<br />
Personen darf die Adresse weder<br />
<strong>zu</strong>r Werbung durch die Gesellschafter noch<br />
durch konzern<strong>zu</strong>gehörige Gesellschaften<br />
verwendet werden. Ähnlichkeit der Waren<br />
oder Dienstleistungen ist gegeben, wenn die<br />
beworbenen Produkte dem gleichen Bedarf<br />
oder Verwendungszweck dienen wie die bereits<br />
gekauften Waren. Die Produkte müssen<br />
aus Verbrauchersicht austauschbar sein. In<br />
diesem Zusammenh<strong>an</strong>g ist noch nicht vollständig<br />
geklärt, wie weit das Kriterium der<br />
Austauschbarkeit reicht. Es spricht jedoch<br />
einiges dafür, dass die Vorschrift als Ausnahmetatbest<strong>an</strong>d<br />
eng aus<strong>zu</strong>legen ist. Daher ist<br />
fraglich, ob die Vorschrift auch Werbung für<br />
lediglich verw<strong>an</strong>dte Produkte, deren Eigenschaften<br />
nicht vollständig mit den bereits<br />
erworbenen Waren oder Dienstleistungen<br />
identisch sind – insbesondere Zubehör – erfasst.<br />
Gesicherte Rechtsprechung hier<strong>zu</strong> gibt<br />
es bisl<strong>an</strong>g nicht. Daher sollten Werbe-E-Mails<br />
in der Praxis, soweit diese auf der Ausnahme<br />
des § 7 Abs. 3 UWG beruhen, <strong>zu</strong>r Vermeidung<br />
von Abmahnungen vorsorglich auf tatsächlich<br />
austauschbare/identische Produkte beschränkt<br />
werden.<br />
Belehrung über Widerspruchsrecht<br />
und kein Widerspruch<br />
Gem. § 7 Abs. 3 Nr. 3 und 4 UWG ist der Kunde<br />
bei der Erhebung der E-Mail-Adresse sowie<br />
bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf<br />
hin<strong>zu</strong>weisen, dass er der Verwendung jederzeit<br />
widersprechen k<strong>an</strong>n, ohne dass dafür<br />
über die Basistarife hinausgehende Kosten<br />
entstehen. Damit der Adressat sein Widerspruchsrecht<br />
effektiv ausüben k<strong>an</strong>n, muss<br />
der Werbende eine gültige Adresse <strong>an</strong>geben,<br />
unter der die Werbung abbestellt werden<br />
k<strong>an</strong>n. Zusätzliche Kosten, die über die Übermittlungskosten<br />
nach den bloßen Basistarifen<br />
hinausgehen, dürfen nicht erhoben werden.<br />
Hat der Vertragspartner ausdrücklich oder<br />
konkludent widersprochen, ist jede weitere<br />
Werbung (ohne ausdrückliche Einwilligungserklärung)<br />
un<strong>zu</strong>lässig.<br />
JUST. November 2011 5<br />
Fazit<br />
Die gesetzliche Ausnahme bietet Unternehmen<br />
zwar die Möglichkeit, E-Mail-Werbung<br />
ohne ausdrückliche Einwilligung des Adressaten<br />
vor<strong>zu</strong>nehmen. Interessierte sollten jedoch<br />
sorgfältig prüfen, ob sie von dieser Regelung<br />
Gebrauch machen wollen. Denn der Werbende<br />
trägt die Beweislast für die Einwilligung<br />
und/oder Ausnahme nach § 7 Abs. 3 UWG.<br />
Einzelne Fragen <strong>zu</strong>r Reichweite der Ausnahmeregelung<br />
sind <strong>zu</strong>dem durch die Rechtsprechung<br />
noch nicht geklärt. Wer wirklich abgesichert<br />
sein will, sollte deshalb im Rahmen<br />
von Vertragsschlüssen die ausdrückliche Einwilligung<br />
des Vertragspartners einholen, die<br />
E-Mail-Adresse <strong>zu</strong> Werbezwecken verwenden<br />
<strong>zu</strong> dürfen.