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Mittwoch, 1 3. April 1960 Blattl<br />
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Trauerfeier für General Guisan<br />
Der <strong>Zürcher</strong> <strong>Zeitung</strong> 181. Jahrgang Preis 25 Rp. Morgenausgabe Nr. 1257<br />
und schweizerisches Handelsblatt<br />
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Verwaltung: Goethestraße 10 Druckerei: Goethestraße 10<br />
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Bi.<br />
Lausanne, 12. April<br />
In knapp drei Stunden durcheilt der Zug<br />
das Mittelland von Zürich an den Genfersee.<br />
Auf den Bahnhöfen Zürich und Bern steigen<br />
kleine Gruppen von Wehrmännern mit der.<br />
eingerollten Fahne ein, die sie im Zeughaus<br />
geholt haben. Jenseits der Saane sind die<br />
rollenden Hügel des Welschlandes mit Schlössern<br />
geschmückt. Wo der Schienenstrang die<br />
Kantonsgrenze zwischen Freiburg und der<br />
Waadt schneidet, liegt zur Linken, eine<br />
Viertelstunde Weges entfernt, das Bauerngut,<br />
das vor sechzig Jahren der Mann leitete, den<br />
sie heute in Lausanne unten zu Grabe tragen:<br />
Henri Guisan. Streckenarbeiter winken den<br />
Reisenden zu und sehen sie im Geiste die<br />
Straßen der Stadt säumen. Nach der Wasserscheide<br />
senkt sich der Zug an den rebbestandenen<br />
Hängen der Lavaux entlang zur waadtländischen<br />
Kapitale. Aus dem ganzen Lande<br />
treffen die Fahnenwachen der Bataillone und<br />
Abteilungen und die<br />
Delegationen der militärischen<br />
Gesellschaften und Vereine ein.<br />
Jungmannschaft umlagert die Kathedrale<br />
hoch über dem See, an deren Südseite der<br />
leere Katafalk vor der Apostelpforte steht.<br />
Kränze werden herbeigetragen. Vor dem<br />
Haupteingang des berühmten gotischen Bauwerkes,<br />
das vor 700 Jahren von Papst<br />
Gregor X. eingeweiht wurde, setzen stattliche<br />
Viererkolonnen der waadtiändischen Gendarmerie<br />
in der blauen Montur aus der Napoleonischen<br />
Zeit einen Gewehrgriff. Um die<br />
Mittagsstunde, als die Sonne durch das graue<br />
Gewölk bricht, füllt sich die Place de la<br />
Riponne, der Ort höchster Feierlichkeit im<br />
Trauerzug, wo sich die Fahnen vor dem Sarg<br />
neigen werden. In der Cite oben werden<br />
Rekruten der Infanterieschule in Lausanne<br />
zum Spalier postiert, jeder Mann vier Meter<br />
vom Kameraden entfernt, das<br />
Sturmgewehr<br />
in der Rechten haltend.<br />
Es ist 13 Uhr 30. Von allen Kirchtürmen<br />
der Schweiz geht jetzt der eherne Klang der<br />
Glocken in das Land hinaus und läßt die Menschen<br />
kurz innehalten im Tagewerk, damit sie<br />
in Ehrerbietung des Generals gedenken und<br />
sich auf die Prüfung der Kriegsjahre besinnen.<br />
Zur gleichen Minute setzt sich in<br />
Pully, der Gemeinde am See vor den Toren<br />
Lausannes, der Trauerzug in Bewegung, um<br />
über vier Kilometer durch die Stadt hinauf<br />
zur Kathedrale zur protestantischen dienstes 1939 bis 1945 zu<br />
Abdankung<br />
für den verstorbenen Oberbefehlshaber<br />
der schweizerischen Armee während desAktiv-<br />
pilgern. Ueber 3000,<br />
alle in einem öffentlichen oder privaten Mandat,<br />
die gesamte Bevölkerung darstellend und<br />
vertretend, geben das letzte Geleit.<br />
Ein frischer Frühlingswind streicht über<br />
die Place de la Riponne, diesen von hohen<br />
Häusern eingefaßten Platz am Fuß der Cite.<br />
Hinter den geöffneten Fenstern, auf den Zinnen<br />
und Giebeldächern stehen die Menschen;<br />
in mehreren Reihen drängen sie sich in den<br />
Straßen. In der Mitte des Platzes sammeln<br />
sich die Wehrmanner aller Grade, die aus dem<br />
ganzen Land hergekommen sind, um persönlich<br />
Abschied von Henri Guisan zu nehmen.<br />
Der Trauerzug biegt, von der Place St-Franc;ois<br />
herkommend, auf die Place de la Riponne<br />
ein. Achtzehn Tambouren, auf schwarzverkleideten<br />
Trommeln den dumpfen Wirbel schlagend,<br />
schreiten dem Zug voran. Umgeben von<br />
vier berittenen Trompetern, folgt der Kommandant<br />
der Ehrentruppen zu Pferd: es ist<br />
Oberstbrigadier Matile, Kommandant einer<br />
Festungsbrigade. Von den vielen hundert<br />
Kränzen, unter denen sich eine prächtige<br />
Spende in persönlichem Auftrag des Präsidenten<br />
der Vereinigten Staaten befindet, werden<br />
hundert im Cortege von Soldaten mitgetragen.<br />
Diese verlassen auf der Place de la<br />
Riponne den Zug; die drei wundervollen Gebinde<br />
des Bundesrates, des Ersten Armeekorps<br />
und des Kantons Waadt allein werden<br />
in die Kathedrale hineingebracht werden.<br />
Trommelschlagend zieht das Spiel desGebirgsinfanterie-Regiments<br />
17 vorbei, hinter ihm die<br />
disziplinierten Sechserkolonnen des Berner<br />
Oberländer GebirgsfüsÜier-Bataillons 36 mit<br />
geschultertem Gewehr. Und dann schwenken<br />
die über 400 Feldzeichen unserer Armee, die<br />
Fahnen und Standarten sämtlicher Truppenkörper,<br />
auf den Platz ein, gestrafft von der<br />
Brise. Dem Geviert der Wehrmänner gegenüber<br />
hält der flatternde Fahnenwald. Die<br />
Träger begeben sich auf die Treppe der Universität,<br />
die Angehörigen der Armee Offiziere,<br />
Unteroffiziere, Soldaten und FHD<br />
heben die Hand zum Gruß an die Mütze.<br />
Fünfundzwanzig Fahnen und Standarten, eine<br />
aus jedem Kanton, ziehen weiter zur Kathedrale.<br />
Das Spiel des Infanterie-Regiments 3<br />
leitet den Vorbeimarsch der Haubitz-Abteilung<br />
2 ein, einer Waadtländer Truppe. Ueber<br />
den Platz brausen m zwei Gruppen 24 «Venoms»<br />
hinweg.<br />
Nach geziemender Die Fähnriche und<br />
Pause naht sich der<br />
Sarg, der, auf der Lafette ruhend, von sechs<br />
Standartenträger verlassen auf der Place de la Riponne mit den über 400 Feldzeichen<br />
der schweizerischen Armee den Trauerzug und stellen sich auf den Treppen des Palais<br />
de Rumine bereit, um dem verstorbenen General beim Passieren des Sarges den letzten Gruß zu<br />
entbieten. Fünfundzwanzig Fahnen und Standarten, eine aus jedem Kanton, ziehen weiter zur<br />
Kathedrale.<br />
Auf einer Lafette wird der mit der Schweizer. Fahne umhüllte Sarg, auf dem Mütze und Säbel des Verstorbenen ruhen, von<br />
sechs Pferden zur Kathedrale gezogen. Pferden<br />
Die höchsten Offiziere der schweizerischen Armee schreiten nebe n dem Trauergefahrt.<br />
gezogen wird. Ueber den Platz breitet<br />
sich große Stille aus; die Feldzeichen werden<br />
gesenkt, die "Wehrniäimer verharren in<br />
Achtungstellung so nimmt die Armee<br />
Abschied von ihrem General. Auf dem mit<br />
der Schweizer Fahne bedeckten Sarg liegen<br />
die Mütze und der aus der Scheide genommene<br />
Säbel des Verstorbenen. Nach der kurzen<br />
Zeremonie setzt sich der Kondukt wieder<br />
in Marsch, die steile Avenue de l'Universitß<br />
hinauf.<br />
Neben dem Sarg schreiten die Mitglieder<br />
der<br />
Landesverteidigungskommission, sechs<br />
Oberstkorpskommandanten und ein Oberstdivisionär,<br />
hinter dem Sarg geht das letzte<br />
Pferd des Generals gesattelt. Die nächsten<br />
Angehörigen und der Feldprediger leiten über<br />
zu der schier unübersehbaren Zahl der Delegationen<br />
in Zivil und in Uniform. Die amtierenden<br />
und die<br />
zurückgetretenen Bundesräte,<br />
ehemalige Korpskommandanten, Divisionäre<br />
und Brigadiers wechseln mit den Spitzen der<br />
Bundesverwaltung und<br />
Abordnungen internationaler<br />
Organisationen, darunter des Internationalen<br />
Komitees<br />
vom Roten Kreuz. Die<br />
eidgenössischen Räte<br />
und sämtliche Kantonsregierungen<br />
entsandten<br />
die Botschafter ihrer<br />
Teilnahme der zürcherischeRegierungsrat<br />
ist durch Regierungspräsident<br />
Heusser<br />
und Militärdirektor<br />
Zumbühl vertreten ,<br />
Chefs ausländischer<br />
Missionen und fremde<br />
Militärattaches erweisen<br />
dem einstigen<br />
schweizerischen Oberbefehlshaber<br />
ihren Respekt,<br />
militärische und<br />
zivile Gesellschaften<br />
mit Einschluß der StudentenverbindungZofingia,<br />
welcher Henri<br />
Guisan angehörte, sind<br />
mit Gruppen und zahllosen<br />
Fahnen vertreten.<br />
Das starke waadtländische<br />
Ehrengeleite<br />
wird durch die stramme<br />
Abteilung der Gendar -<br />
merie angeführt. gen, sechzig Knaben und Madchen der Lau«<br />
sanner Schulen und eine<br />
Der<br />
persönliche Stab des<br />
Generals aus dem Aktivdienst,<br />
dem Wehrmänner<br />
vom Oberstdivisionär<br />
bis zum Gefreiten<br />
angehören, weckt wehmutsvolleErinnerun-<br />
Vertretung der Eid«<br />
genössisohen Turn- und Sportschule Magglingen<br />
rufen die unaufhörliche Abfolge der Generationen<br />
am Tage der Beerdigung deä S6jährigen<br />
Generals ins Bewußtsein.<br />
Das kompakte Karree der Dragonerschwadron<br />
3 bildet den Abschluß des Trauerzuges.<br />
Kurz nach 15 Uhr beginnt in der Kathedrale<br />
die Abdankung vor den offiziellen<br />
Gästen des Bundesrates und des waadtländisehen<br />
Staatsrates. Feldprediger Hptm. E.<br />
Mauris preist General Guisan als Vorbild in<br />
der Kunst der Selbstbeherrschung und als<br />
weisen Pädagogen, der den Soldaten und<br />
den Bürger versöhnte, ohne Abstriche an der<br />
militärischen Forderung zuzulassen; die entschiedene<br />
Betonung der moralischen Kräfte<br />
des Einzelnen und der Nation wurzelten im<br />
christlichen Glauben dieses großen Sohnes der<br />
Heimat. Theologieprofessor E. Grin, der im<br />
Stabe des Generals oft die Feder bei der Abfassung<br />
der Tagesbefehle des Generals führte,<br />
spendet den Angehörigen Trost und ermahnt<br />
das Land, das geistige Erbe zu erhalten, das<br />
im Lebenswerk des Verstorbenen beschlossen<br />
liegt. Bundespräsident Petitpierre zeichnet<br />
mit wenigen Strichen den unschätzbaren<br />
Dienst, den General Guisan in einer Zeit<br />
hoher Bedrängnis der Nation leistete, als er<br />
dem Volke das Vertrauen in die Armee und<br />
das Vertrauen zu sich selbst gab. Die Union<br />
Choräle de Lausanne und das Lausanner Kammerorchester<br />
setzen die musikalischen Fermaten<br />
der schlichten Feier.<br />
Die Trauerversammlung erhebt sich, der<br />
Feldprediger spricht ein Gebet, während der<br />
Sarg durch die Apostelpforte auf den Katafalk<br />
hinausgetragen wird. Vier junge Artillerieoffiziere<br />
übernehmen auch hier die Ehrenwache,<br />
zusammen mit dem Träger der Generalsstandarte.<br />
Die Geladenen marschieren an<br />
den männlichen Angehörigen des Verstorbenen<br />
und am Sarg vorbei, um ihr Beileid zu<br />
bezeugen. Auf dem Friedhof von PuUy, wo<br />
ein Ramuz zur letzten Ruhe gebettet ist, wird<br />
ein vom ganzen Volk verehrter Sohn der<br />
waadtiändischen Erde beigesetzt.<br />
«Was hinter uns liegt, ist für uns eine<br />
Lehre und zugleich eine Bürgschaft für die<br />
Zukunft . . . Der Mensch aus Fleisch und Blut<br />
und sein persönlicher Wert bleiben stets die<br />
Hauptsache aber ein Mensch, der zum<br />
Soldaten erzogen und Träger einer militärischen<br />
Tradition ist, ein Mensch, der durch<br />
einen Eid gebunden ist und seinem Befehl<br />
getreu handelt.» Mit diesen männlichen<br />
Worten, die General Guisan bei seinem Abschied<br />
vom Kommando am Ende des Aktivdienstes<br />
im Angesicht der auf dem Bundesplatz<br />
in Bern versammelten Feldzeichen am<br />
19. August 1945 aussprach, möge das Schweizer-<br />
<strong>Neue</strong> <strong>Zürcher</strong> <strong>Zeitung</strong> vom 13.04.1960
volk den Tag in sein Gedächtnis und sein<br />
Herz einprägen, an dem die Fahnen in Lau<br />
sänne Abschied von ihm nahmen, der sie mit<br />
der unverbrüchlichen Hingabe eines großen<br />
Patrioten hütete. Sein Vermächtnis ruft uns<br />
zu: «Gott behüte euch, erhabene Banner! Von<br />
denen aber, die während dieser sechs Jahre<br />
hinter mir standen, erwarte ich, daß sie euch<br />
auch in der Zukunft unerschütterlich dienen,<br />
mit immer neuem Mut und mit immer neuer<br />
Kraft.»<br />
Ansprache von<br />
Bundespräsident Peütpierre<br />
Lausanne, 12. April, ag Bei den Trauerfcierlichkeiten<br />
für General Guisan hielt Bundespräsident<br />
Max Petitpierre die folgende Ansprache:<br />
Das Schweizervolk ist heute zugleich von Trauer<br />
und von Dankbarkeit erfüllt ; von Trauer, weil eine<br />
lange, ganz dem Lande und seiner Armee gewid-<br />
mete Laufbahn ihr Ende gefunden hat und weil es<br />
einen Mann verlor, den es hoch schätzte und<br />
liebte. Aber gleichzeitig empfindet es eine tiefe<br />
Dankbarkeit diesem Mann gegenüber, der in<br />
(lüstern und schweren Stunden die notwendigen<br />
Entscheidungen zu treffen und die richtigen Worte<br />
auszusprechen verstanden hat. In seinem Armeerapport<br />
vom 20. August 1945, mit dem er von<br />
seinen Untergebenen Abschied nahm, erklärte der<br />
General, daß «die Dankbarkeit kein Gefühl von<br />
langer Dauer» sei. Sicher ist das häufig wahr, aber<br />
gegenüber seinem General ist das Schweizervolk nie<br />
undankbar gewesen. Während seines langen Ruhestands<br />
war es froh über jede Gelegenheit, ihm seine<br />
Zuneigung zu bezeugen und zu zeigen, daß es<br />
sich dessen erinnerte, was er für uns war und<br />
was er alles für unser Land geleistet hat. Diese<br />
Dankbarkeit wird ihm das Volk über seinen Tod<br />
hinaus bewahren.<br />
Die Laufbahn General Guisans ist schön, weil<br />
sie ohne Schatten und ohne Flecken ist. Es ist diejenige<br />
eines Mannes, dem eine Aufgabe übertragen<br />
wurde und der sein ganzes Wissen, sein ganzes<br />
Herz und seinen ganzen Willen einsetzte, um sie<br />
auszuführen. Diese Aufgabe hat General Guisan<br />
am 30. August 1939, bei seiner Wahl durch die<br />
Bundesversammlung, erhalten und übernommen,<br />
als er schwor, «die Ehre, Unabhängigkeit und Neutralität<br />
des Vaterlandes zu verteidigen*. Er war<br />
auf diese Aufgabe vorbereitet durch seine militärische<br />
Erfahrung, die er seit der Rekrutenschule<br />
durch eine lange Laufbahn erworben hatte, aber<br />
sicher auch durch seine Herkunft, die Bindung an<br />
die waadtländische Heimat, wo er und seit Jahrhunderten<br />
seine Vorfahren geboren waren und auf<br />
deren Scholle er zu arbeiten beschloß, als er in das<br />
Alter kam, in dem man sich für einen Beruf entscheidet;<br />
vorbereitet auch durch seine Liebe zum<br />
Vaterland, dessen Vielfalt er kannte und liebte<br />
und das doch für ihn «die Schweiz unserer Vor-<br />
ohne jede Hoffnung auf Hilfe im Falle eines Angriffs.<br />
Damals konnte dio Lage verzweifelt scheinen,<br />
da wir einem gegen uns gerichteten Befehl von<br />
jenseits der Grenze ausgeliefert waren. Jedes<br />
Zögern, jede Schwäche hätte verhängnisvoll sein<br />
können. Besser als alle andern über die Drohungen<br />
unterrichtet, die über unserem Lande schwebten,<br />
beschloß der General, das Ridait zu schaffen: das<br />
war die rasche Antwort auf die Umwälzung der<br />
militärischen Lage, die an unseren Grenzen eingetreten<br />
war.<br />
Der General schuf damit einen neuen strategischen<br />
Grundsatz, anf dem schließlich während der<br />
längsten Zeit des Krieges unsere Verteidigung beruhte.<br />
Daß es sich dabei nicht nur um ein militärisches,<br />
sondern auch um ein geistiges Problem<br />
handelte, entging ihm nicht, schrieb er doch in<br />
seinem Bericht an die Bundesversammlung über<br />
den Aktivdienst: Das Land sah sich «plötzlich vor<br />
eine Lösung gestellt, welche die Preisgabe reichster<br />
und am dichtesten bevölkerter Gegenden bedeutete».<br />
Sinn und Zweck dieser neuen Lösung mußten<br />
zuerst der Armee und durch sie dem Land erklärt<br />
werden. Das war die Aufgabe des Armeerapportes<br />
vom 25. Juli 1940 auf dem Rütli, wo der<br />
General sein Vertrauen in das Schicksal unseres<br />
Landes und in seine Fähigkeit, sich zu verteidigen,<br />
auf die Truppenkommandanten zu übertragen verstand.<br />
«Wir stehen an einem Wendepunkt unserer<br />
Geschichte. Es geht um die Existenz der Schweiz<br />
. . . Leiht Euer Ohr nicht denjenigen, die aus Unwissenheit<br />
oder böser Absicht defaitistische Nachrichten<br />
verbreiten und Zweifel säen. Glaubt nicht<br />
nur an unser gutes Recht, sondern auch an unsere<br />
Kraft, mit der wir, wenn jeder von eisernem Willen<br />
erfüllt ist, erfolgreich Widerstand leisten<br />
werden.»<br />
Wenn wir nun in dieser Stunde dem General<br />
die letzte Ehre erweisen, scheint es mir unerläßlich,<br />
an diesen Gipfelpunkt seiner Laufbahn zu<br />
erinnern, wo er den Mut aufbrachte zu einer Entscheidung,<br />
die die Soldaten von ihren Familien<br />
und die Armee von einem großen Teil des Volkes,<br />
das sie zu verteidigen hatte, trennte, und wo er<br />
auch die Kraft besaß, dieser Entscheidung zur<br />
allgemeinen Anerkennung zu verhelfen. Der General<br />
sah damals weit in die Zukunft voraus, opferte<br />
er doch einen Teil des Landes, um es zu erhalten,<br />
damit es vielleicht vorübergehend verstümmelt<br />
nach einer möglichen Katastrophe in Unabhängigkeit<br />
und Ehre wieder auferstehen könne.<br />
Der Armee in der Stunde der Gefahr Vertrauen<br />
in sich selbst und dem Volk Vertrauen in<br />
die Armee eingeflößt zu haben, das war das große<br />
Verdienst des Generals. Die außergewöhnliche Beliebtheit<br />
in allen Gegenden des Landes, in allen<br />
Kreisen, war die Antwort, die die Eidgenossen<br />
einem energischen, festen und entschlossenen Oberbefehlshaber<br />
gegeben haben, einem Oberbefehlshaber,<br />
in dem sie den sichern, gleichzeitig aber<br />
auch wohlwollenden, verständnisvollen, gerechten<br />
und menschlichen Führer erblickten.<br />
Der General hatte eine vorübergehende Mission,<br />
erhalten, doch verlor er nie aus den Augen, daß,<br />
die Armee, wenn diese Mission einmal' beendet sein'<br />
Würde, der Garant unserer Unabhängigkeit bleiben<br />
müsse. Als er am 20. August 1945 von ihr<br />
Abschied nahm, erklärte er: «Die Armee besteht<br />
weiter, und darauf kommt es an. Ich glaube, daß<br />
unser Land sie nötiger haben wird als je, zuerst<br />
am frei zu bleiben, und dann weil der Heimat in<br />
ihr eine Schulungsstätte der Ehre und Treue erhalten<br />
bleibt. Nicht zuletzt werden in ihr Erfahrungen<br />
des gegenseitigen Verstehens und Helfcns<br />
^sammelt, deren Wohltat sich auf unser ganzes<br />
Zusammenleben im Volk übertragen sollte.»<br />
Nach seinem Abschied diente der General weiterhin;<br />
dieser Abschied war kein Aufgeben, sondern<br />
eine Fortsetzung, eine neue und wohltuende<br />
Form des Wirkens, damit das Land das bleibe,<br />
was es während des Krieges war. Für alle, die<br />
unter ihm gedient hatten, blieb er der General, er<br />
war aber auch der väterliche und wohlwollende<br />
Freund all derer, die sich mit ihren Sorgen an<br />
hn wandten oder von ihm Hilfe und Rat erbaten.<br />
Südafrikas Auseinandersetzung<br />
mit dem Rassenproblem<br />
Louws Kritik an Presseberichten<br />
Kapstadt, IB. April, ag (Reuter) Der südafri<br />
kanische Außenminister Eric Louw erklärte am<br />
Montag in Kapstadt: «Es gibt kein Land, in dem<br />
die Pressefreiheit so strikte gewahrt wird wie in<br />
Südafrika.»<br />
Louw beantwortete einen Protest des Präsiden-<br />
ten des Verbandes der kanadischen Tageszeitun<br />
gen, J.P.Hogue, gegen die am<br />
Samstag erfolgte<br />
Verhaftung des Auslandredaktbrs der <strong>Zeitung</strong><br />
«Toronto Star», Norman Phillips. Er regte an<br />
daß Hogue den letzten Absatz seines Protest<br />
tclcgramms widerrufe, der wie folgt läutet: «Seine<br />
(Phillips') Verhaftung bedeutet eine alarmierend<br />
Verneinung der Freiheit der Berichterstattung<br />
wie sie allgemein innerhalb des Commonwealth<br />
der Nationen verstanden wird.» Der Außenmini<br />
ster fuhr fort, Phillips sei nicht verhaftet, wie be<br />
lumptet worden sei, sondern werde zwecks Ein<br />
vernähme auf Grund der Ausnahmebestimmungen<br />
zurückgehalten:<br />
«Die Meldung, die zu seiner Festnahme führte<br />
war alles andere als den besten Traditionen der<br />
Kapstadt, 12. April, ag (Reuter) Der in Durban<br />
verhaftete kanadische Journalist Norman<br />
Philipps wurde am Dienstagvormittag freigelassen.<br />
Wie amtlich mitgeteilt wurde, wird Philipps<br />
Durban am Dienstagabend verlassen, um sich aui<br />
dem Luftwege nach Johannesburg zu begeben.<br />
Flugzeugabsturz in Dänemark<br />
Tod der drei schweizerischen Insassen<br />
Kopenhagen, 12. April. (UPI) In der Nahe<br />
von Vordingborg im Süden der dänischen Provinz<br />
Seeland stürzte am Dienstag ein schweizerisches<br />
Sportflugzeug vom Typ «Cessna» mit dem Immatrikulationszeichen<br />
HB-COU auf ein Feld ab. Dio<br />
Maschine geriet in Brand and explodierte, wobei<br />
die drei Insassen auf der Stelle getötet wurden.<br />
Nach Mitteilung der Polizei kreiste die Maschine<br />
bei Vordingborg über einem Feld, als sie plötzlich<br />
an Höhe verlor und abstürzte. Die Polizei konnte<br />
keine näheren Angaben Über die Nationalität der<br />
Maschine machen, doch bestätigte der Kontrollturm<br />
des Kopenhagener Flughafens Kastrup, daß<br />
es sich um ein schweizerisches Flugzeug handelte,<br />
das von Kastrup nach Mannheim gestartet war.<br />
Kopenhagen, 12. April, ag (Ritzau) Bei den<br />
tödlich verunglückten Personen handelt es sich tun<br />
den 1928 geborenen Basler Architekten Kurt Sinder,<br />
um seine 1932 geborene Braut Marlene Spieß<br />
und um den Bruder des Piloten, Werner Studer.<br />
Die Maschine war um 10 Uhr 51 in Kastrup<br />
aufgestiegen. Das Flugzeug fing In der Luft Feuer<br />
und stürzte brennend ab. Die herbeigeeilten Bauern<br />
konnten wegen der hochschlagenden Flammen<br />
keine Hilfe leisten.<br />
freien Presse" gehalten. Sie war äußerst schädlich<br />
und enthielt grobe Uebertreihungen, Entstellungen<br />
und unwahre Darstellungen. Ich habe Sie (Hogue]<br />
dahin zu informieren, daß Phillips nach seinem<br />
eigenen Eingeständnis seinen langen Bericht in<br />
Durban, etwa 900 Meilen von Kapstadt entfernt<br />
von einem Journalisten erhalten hat, der selbst<br />
nicht Augenzeuge der behaupteten Vorkommnisse<br />
war, sondern von einer ungenannten Person unterrichtet<br />
wurde. Sogar in einer Zeit des Ausnahmezustandes,<br />
wenn Journalisten aus manchen Ländern<br />
über Südafrika herfallen auf der Suche nach<br />
sensationellen Meldungen und die Pressefreiheil<br />
mißbrauchen, um übertriebene und entstellte Darstellungen<br />
der<br />
hiesigen Ereignisse an ihre <strong>Zeitung</strong>en<br />
zu senden, ist dies das erste Pressetelegramm<br />
das infolge seines Inhalts von den Post- und Telegraphenbehörden<br />
abgefangen und dem Justizminister<br />
übergeben wurde, habe eine<br />
damit dieser die ihm notwendig<br />
erscheinende Maßnahme ergreife.»<br />
Freilassung Norman Philipps*<br />
ruhige Nacht verbracht und die Schmerzen<br />
seien zurückgegangen.<br />
Westdeutschland<br />
Politische Durchleuchtung des Justizapparates<br />
Bonn, 12. April, ag (DPA) Wie Justizminister<br />
Schäffer im «Bulletin» der Regierung mitteilte,<br />
laufen zurzeit gegen zwölf westdeutsche Richter<br />
oder Ankläger Ermittlungsverfahren wegen ihrer<br />
Tätigkeit an Sondergerichten<br />
im Dritten Reich.<br />
Dio in letzter Zeit sich häufenden Vorwürfe,<br />
hauptsächlich aus Ostdeutschland, gegen eine angebliche<br />
Unterwanderung der westdeutschen Justiz<br />
durch belastete ehemalige Richter an den Sondergerichten<br />
der nationalsozialistischen Zeit hätten<br />
indessen keinen Anlaß zu besonderen Maßnahmen<br />
gegeben. Schäffer räumte allerdings ein, daß sich<br />
trotz der Prüfung der Vergangenheit der Richter<br />
«vereinzelte Unwürdige» in die Justiz eingeschlichen<br />
hätten.<br />
fahren, einig, stark und wachsam» war; vorbereitet<br />
schließlich<br />
durch die Gaben, mit denen ihn die<br />
Natur so reich ausgestattet hatte.<br />
.. Am letzten Tage des Aktivdienstes, als er sein<br />
Kommando niederlegte, -sprach der General -zu<br />
seinen versammelten Untergebenen: «Meine Aufgabe<br />
war schwer und vielfältig.» Sie war es, nicht<br />
nur wegen der Gefahren, denen unser Land ausgesetzt<br />
war, sondern auch wegen des Bildes, das<br />
sich der General selbst von seiner Aufgabe oder<br />
besser gesagt von seiner Mission machte. Er hatte<br />
die Verantwortung für die militärische Landesverteidigung.<br />
Er sorgte dafür, daß sich die Armee<br />
ständig den neuen Auffassungen und den unaufhörlich<br />
verbesserten Methoden der modernen<br />
Kriegführung anpaßte. Er befaßte sich mit der<br />
Ausbildung wie mit der Bewaffnung und wachte<br />
darüber, daß sie gegenüber den ' fremden Heeren<br />
nicht in Rückstand geriet. Die Kader wurden für<br />
ihre «Aufgabe der Instruktion wie der Erziehung<br />
ausgebildet, für das richtige Verständnis ihrer<br />
Rolle, nicht nur in militärischer, sondern auch in<br />
psychologischer Hinsicht». Er förderte die Körperschulung<br />
der Truppe und den Sport, den er als<br />
ein geeignetes Mittel betrachtete, um die Charakterstärke<br />
zu prüfen und zu entwickeln.<br />
Aber der General wußte auch, daß die Landesverteidigung<br />
mehr verlangt als ausreichend bewaffnete<br />
Truppen in guter körperlicher Verfassung.<br />
Er hat häufig die Bedeutung der geistigen<br />
Haltung hervorgehoben, ganz besonders eindringlich<br />
in seinem Tagesbefehl vom 2. Juni 1940:<br />
«Unsere moralische Bereitschaft muß noch sehr<br />
gehoben werden . . . Höher noch als die materielle<br />
und die moralische Bereitschaft -ist die geistige zu<br />
bewerten. Unsere Väter waren sich dessen bewußt,<br />
sie, die vor jeder Schlacht vor dem Allmächtigen<br />
die Knie beugten.»<br />
Der General wußte die Sprache zu sprechen,<br />
die den Mut schärft und festigt, den Zweifel vertreibt<br />
und den Widerstandswillen stärkt. Er wußte,<br />
daß es keine wahre Landesverteidigung gibt, es sei<br />
denn, die Nation nehme mit Herz und Geist daran<br />
teil. Daher war sein stetes Bemühen, nicht nur der<br />
Befehlshaber unserer Armee zu sein, sondern auch<br />
ein Bindeglied zwischen ihr und dem ganzen Volk<br />
zu werden. Seine glückliche Veranlagung hatte ihm<br />
das Verständnis für andere und den leichten Kontakt<br />
mit dem Nächsten, wer er auch sei, ob niedrig<br />
oder hoch, gegeben. Seine Einfachheit und Natürlichkeit<br />
verschafften ihm allgemeine Sympathie. Er<br />
war verständnisvoll und freundlich gegenüber seinen<br />
Untergebenen und hat nie vergessen, daß der<br />
Soldat nicht nur ein Militär, sondern auch ein<br />
Gatte, ein Vater ist, daß er ein Heim, einen Beruf<br />
oder eine Stellung hat. Im engen Rahmen des<br />
Aktivdienstes hat er sich immer bemüht, diesen<br />
menschlichen Faktoren Rechnung zu tragen, und<br />
das hat ihm, neben der Achtung der Truppe, die<br />
Zuneigung des ganzen Volkes eingetragen.<br />
Seine weite und umfassende Auffassung der<br />
Landesverteidigung und die Verwirklichung seiner<br />
Grundsätze haben es dem General erlaubt, die<br />
schwersten und kühnsten Entscheidungen zu treffen,<br />
ohne daß sie bestritten wurden. Ich denke<br />
insbesondere an jenen Sommer 1940, als sich unser<br />
Land plötzlich eingekreist fand, isoliert, mitten in<br />
einem feindlichen oder unterworfenen Europa,<br />
Sie blieb ein an ihn gerichteter Brief ohne Antwort.<br />
So hat sich sein Leben harmonisc<br />
h fortgesetzt,<br />
bis ans Ende im Dienste des Vaterlandes.<br />
Frau Guisan, Sie haben während mehr als sechzig<br />
Jahren an der Seite des Generals gelebt,<br />
Freud<br />
und Leid mit ihm geteilt. Während des Aktivdienstes<br />
waren Sie durch Ihre soziale Tätigkeit in der<br />
Armee mit seiner Arbeit verbunden. Wir sind<br />
Ihnen dankbar für das, was Sie für ihn und für<br />
unser Land getan haben. Ich entbiete Ihnen und<br />
Ihren Kindern in Ihrem großen Leid die ehrerbieige<br />
Anteilnahme des Bundesrates, der Armee und<br />
des Schweizervolkes. Ihr Leid ist unser Leid. Der<br />
3eneral hat uns verlassen. Aber er hat uns eine<br />
Lehre und ein Beispiel von Hingebung und Treue<br />
gegeben,<br />
dem jeder an seinem Platz nachzuleben<br />
sich bemühen möge.<br />
Nächspiel zum Attentat<br />
auf Oberst Nünlist<br />
Der Befund des Psychiaters<br />
Rom, 12. April, ag (AFP) Nach dem Anschlag,<br />
der im April letzten Jahres auf Oberst Nünlist,<br />
den Kommandanten der Schweizergarde des Vati-<br />
«ui;:, von Adolf Rucker, einem ehemaligen Gardisten,<br />
verübt worden war, wurde der Täter einer<br />
medizinischen Expertise unterzogen, die von Untersuchungsrichter<br />
Dr. Giuliano Freda angeordnet<br />
worden war. Das Ergebnis dieser Untersuchung<br />
autet dahin, daß Rucker geistesgestört ist. Nun<br />
wird der Untersuchungsrichter entscheiden müssen,<br />
ob gegen Rucker ein Verfahren eingeleitet<br />
oder ob der Fall niedergeschlagen wird.<br />
Bekanntlich hatte Rucker von Oberst Nünlist<br />
verlangt, wieder in den Dienst der Schweizergarde<br />
aufgenommen zu werden, nachdem er aus<br />
gesundieit<br />
lii-Iien Gründen entlassen worden war. Bei dieser<br />
Unterredung hatte Rucker auf Oberst Nünlist<br />
einen Schuß abgegeben Erklärung des Führers der United Party<br />
Kapstadt, 12. April, ag (Reuter) Der Führer<br />
der in der<br />
und nachher einen Selbstmordversuch<br />
unternommen.<br />
Opposition stehenden United Party,<br />
Sir de Villiers Graaff, gab am Dienstag bekannt,<br />
er würde sich 'energisch einer Intervention der<br />
Vereinigten Nationen in die südafrikanischen Ereignisse<br />
widersetzen. De Villiers Graaff betonte an<br />
einer Pressekonferenz, an der sich auch die Führer<br />
der United 'Party iti den Provinzen Natal und<br />
.Transvaal, Douglas<br />
. Mitchell und Marais Steyn,<br />
beteiligten,<br />
die .Südafrikaner. seien imstande, ihre<br />
Angelegenheiten selbst zu regeln. Das 'Verbot der<br />
afrikanischen politischen Organisationen könne die<br />
Gefahr für den südafrikanischen Staat allein nicht<br />
beseitigen, doch sei es ein Schritt in dieser Richtung.<br />
Die Politiker müßten einsehen, daß Südafrika<br />
ein Staat mit mehreren Rassen sei.<br />
Weiter erklärte der Oppositionsführer, in der<br />
Frage der persönlichen Ausweise sollte eine andere<br />
Haltung eingenommen werden. Der Grundsatz der<br />
Ausweise sollte beibehalten werden, doch sollten<br />
Ausnahmen für die fortgeschrittenen und verantwortungsbewußten<br />
Eingeborenen in den Städten<br />
gemacht werden. Die Entwicklung der afrikanischen<br />
Reservate sollte durch Verwendung von<br />
«weißem Kapital» sowie der Kenntnisse und der<br />
Geschicklichkeit der weißen Einwohner gefördert<br />
werden, damit der Lebensstandard der schwarzen<br />
Bevölkerung gehoben werden könne. Die anderthalb<br />
Millionen Mischlinge sollten als zur weißen<br />
Rasse gehörend anerkannt werden.<br />
Sir de Villiers Graaff lehnte es ab, die Frage<br />
zu beantworten, ob er den Einzug von schwarzen<br />
Vertretern ins Parlament befürworte. Er stellte<br />
nur fest, daß ein immer größerer Teil der öffentlichen<br />
Meinung eine solche Entwicklung zu begrüßen<br />
scheine. Die United Party trete für die<br />
Vertretung der schwarzen Bevölkerung<br />
durch weiße<br />
Parlamentarier ein. Auf die Bemerkung eines Korrespondenten,<br />
das Zusammenleben mehrerer Rassen<br />
in Großbritannien und anderen Ländern bedinge<br />
die Gleichheit der Rechte für alle Personen<br />
oder wenigstens eine entschiedene Entwicklung in<br />
dieser Richtung, antwortete der südafrikanische<br />
Oppositionsführer: «Ich glaube, wir müssen die<br />
Tatsache hinnehmen, daß es verschiedene Rassen<br />
gibt, die den Staat bilden. Sie müssen die Früchte<br />
der Zivilisation, die wir gebracht haben, genießen<br />
können und müssen im Parlament, das ihr Schicksal<br />
bestimmt, durch Weiße vertreten sein. Die<br />
United Party stellt sich auf den Standpunkt, daß<br />
in Südafrika eine weiße Führerschaft im Interesse<br />
sowohl der Weißen als auch der Schwarzen beibehalten<br />
werden sollte.»<br />
Razzia in den Vororten von Johannesburg<br />
Johannesburg, 12. April ag (Reuter) Am<br />
Dienstagvormittag begannen<br />
SO weiße und 100<br />
schwarze Polizisten eine Razzia in 10 afrikanischen<br />
Siedlungen südwestlich von Johannesburg.<br />
Sie<br />
waren von' drei Panzerwagen unterstützt. Etwa 50<br />
Afrikaner wurden zur Einvernahme festgenommen.<br />
Die Operation, die als «Säuberung» bezeichnet<br />
wurde, erfaßte u. a. Pimville, Katelong und<br />
Sharpeville.<br />
Der Gesundheitszustand Verwoerds<br />
Pretoria, 12. April, ag (Reuter) In einem am<br />
Dienstag veröffentlichten ärztlichen Bulletin über<br />
den Gesundheitszustand des südafrikanischen Premierministers<br />
Verwoerd heißt es, es sei eine<br />
«merkliche Besserung» Revisionsverfahren im Fall Blankenhorn<br />
Karlsruhe, 12.<br />
festzustellen. Der Premier<br />
April, ag (DPA) Vor dem Obersten<br />
Gerichtshof in Karlsruhe begann am Dienstag<br />
die Revisionsverhandlung gegen den früheren<br />
deutschen Botschafter in Paris, Herbert Blankenhorn,<br />
der am 22. April 1959 von einem Bonner<br />
Gericht wegen vorsätzlicher falscher Beschuldigung<br />
und übler Nachrede verurteilt worden war.<br />
Die Strafe lautete auf vier Monate Gefängnis bedingt<br />
und 3000 Mark Goldstrafe. Lei dem damr.ligen<br />
«Diplomatenprozeß», in den auch der Priisident<br />
der EWG-Kommission, Prof. Hallstein, verwickelt<br />
war, ging. es um die Weiterleitung eines<br />
Briefes, in dem Ministerialrat Hans Strack der<br />
Bestechung beschuldigt wurde.<br />
Argentinien<br />
Ueberfall auf einen Peronisten<br />
Buenos Aires, 12. April, ag (Reuter) Omar<br />
Orestes Neyra, ein prominenter Anhänger des im<br />
Jahre 1955 abgesetzten argentinischen Präsidenten<br />
Perön, ist in der Nacht zum Montag in der Stadt<br />
Rosario erschossen worden. Die Tat erfolgte in<br />
einer Straße der etwa 300 km nordwestlich von<br />
Buenos Aires gelegenen Stadt von einem Auto aus.<br />
Der 37jährige Neyra soll mit der peronistischen<br />
Untergrundbewegung in Verbindung gestanden<br />
haben.<br />
Unglücksfälle und Verbrechen<br />
Verkehrsunfall<br />
JfJicl, 12. April, ag Am Montag wurde der 72-<br />
.iährige<br />
Gottfried<br />
Mathys aus Walperswil auf der<br />
Straße zwischen Aarberg: und Walperswil von<br />
einem Auto angefahren. Mathys starb noch am<br />
gleichen Tage an den Folgen der erlittenen Verletzungen.<br />
_____<br />
Kaffeeschmuggel.<br />
St. Moritz, 11. April, pl. In<br />
der letzten Märzwoche fielen den italienischen Zöllnern<br />
im Grenzabschnitt Graubünden-Veltlin im<br />
Verlaufe verschiedener Aktionen total 2916 Kilogramm<br />
geschmuggelten<br />
Kaffees in die Hände. Am<br />
3. April gaben italienische Zöllner auf eine Bande<br />
italienischer Schmuggler, die bei Einbruch der Dunkelheit<br />
die Grenze oberhalb Campocologno paseiert<br />
hatten, Schüsse ab. Die Schmuggler kehrten mit<br />
hrer Ware unverzüglich auf Schweizer Boden<br />
zurück.<br />
Ertrunken. Altstätten, 12. April, ag Am<br />
tagnaehmittngMon-<br />
entfernte sich in Hinterforst bei<br />
Altstätten SG die anderthalbjährige Yvonne Buschor<br />
unbemerkt von ihren Spielkameraden. Als<br />
die Eltern Nachschau hielten, fanden sie die Kleine<br />
eblos im Brunnen vor dem Haus. Wiederbelelungsversuche<br />
blieben erfolglos.<br />
Pferde auf dem Bahngeleise. Kreuzlingen,<br />
12. April, ag In Landschlacht verließen am Sonnngabend<br />
zwei weidende Pferde ihre Weide, betra-<br />
«n das Bahntrasse der Linie Kreuzlingen-Romansio<br />
rn und rannten Über die Geleiee in Richtung<br />
lomanshorn. Sie wurden vom Schnellzug Schafflausen-Romanshorn<br />
eingeholt und erfaßt, obwohl<br />
der Lokomotivführer den Zug abzubremsen versucht<br />
hatte. Eines der Tiere wunde zermalmt und<br />
das andere so schwer verletzt, daß es abgetan werden<br />
mußte,<br />
Verhaftung<br />
von Heroinschmugglern. New<br />
Haven, 12. April. (UPI)<br />
tiftpohzei<br />
Die amerikanische Rausch-<br />
hat am Montag<br />
im Staate Connecticut<br />
Irei Handelsmatrosen festgenommen Kilogramm und über fünf<br />
Heroin sichergestellt,<br />
das einen Wert<br />
von 800 000 Dollar hat. Wie mitgeteilt wurde, gelören<br />
die Seeleute zu einem amerikanischen Fracher,<br />
der am Samstag in Hoboken anlegte. Die<br />
ilatrosen werden beschuldigt, Händler in New<br />
York mit Rauschgift beliefert zu haben.<br />
<strong>Neue</strong> <strong>Zürcher</strong> <strong>Zeitung</strong> vom 13.04.1960