Schulterschluss - AGMAV-Württemberg
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<strong>AGMAV</strong> Mitteilungen Nr. 103 Juli 2012<br />
Urlaub in der Camargue,<br />
das heißt auch<br />
Besuch der Kirche in<br />
Les Saintes Maries<br />
de la Mer. Warum nur<br />
erinnert mich dieser Kirchenbesuch wieder an<br />
meine Arbeit?<br />
Die Kirche dominiert den kleinen Küstenort in<br />
der Mündung der Rhone. Schon aus vielen<br />
Kilometern Entfernung ist die Wehrkirche mit<br />
ihrem Wehrgang auf dem Dach zu sehen. Gewidmet<br />
sind die Kirche und der Ort den beiden<br />
Marien, die der Legende nach hier gelandet<br />
sind, nachdem sie nach dem Tod Jesus die<br />
Flucht ergriffen hatten, zwei Heilige und ihre<br />
schwarze Dienerin.<br />
Während die Statuen der beiden Marien, von<br />
denen die Legende sagt, dass sie als Jüngerinnen<br />
bei der Kreuzigung Jesus dabei waren,<br />
im Hauptschiff der Kirche stehen, wurde ihre<br />
schwarze Dienerin in den Keller verbannt.<br />
Sara, die Dienerin, wurde von der Kirche nie<br />
offiziell heiliggesprochen. Sie gilt als Schutzheilige<br />
der Sinti und Roma, der Gitans, der<br />
Gippsy. Die Schutzheilige der Mägde und<br />
Knechte, der Fahrenden, Obdachlosen, wie<br />
die von ihr Beschützten ausgegrenzt, in den<br />
Keller verbannt.<br />
Im protestantischen Glauben erzogen, konnte<br />
ich mit dem Heiligenkult der katholischen Kirche<br />
nie etwas anfangen. Doch in der letzten<br />
Zeit habe ich den Wunsch nach einer Schutzheiligen<br />
immer besser verstanden. In einer<br />
Diakonie, die weiter ausgründet, Mitarbeitende<br />
Meine Meinung<br />
ausbeutet, in der Beschäftigte enormem psychischen<br />
Druck ausgesetzt sind, in der prekäre<br />
Beschäftigungen an der Tagesordnung<br />
sind, da kann man den Schutz einer Heiligen<br />
gut gebrauchen. Sara, die Dienerin, die Beschützerin<br />
der Ausgegrenzten hätte sicher<br />
Verständnis für die vielen Leiharbeiter, die<br />
nicht wissen, wie lange sie noch geduldet sind,<br />
Sara, die Schwarze, könnte sich sicher einfühlen<br />
in die Menschen, die in der Diakonie zwar<br />
arbeiten dürfen, aber nicht vollständig an der<br />
Gemeinschaft teilhaben dürfen, weil sie in der<br />
falschen oder gar in keiner Kirche sind.<br />
Sara, die Dienerin, wäre sicher bei uns, ganz<br />
bei uns, wenn mal wieder der Lohn gekürzt<br />
wird und Mitarbeiterinnen der Diakonie zusätzlich<br />
putzen gehen müssen, weil der Lohn nicht<br />
zum Leben reicht.<br />
Die schwarze Sara, die verehrte Heilige der<br />
Sinti, der heimatlosen, der ausgegrenzten, der<br />
immer noch als „Zigeuner“ diffamierten, sie<br />
wäre eine gute Schutzheilige für die Mitarbeitenden<br />
der Diakonie.<br />
Aber wir sind ja gut evangelisch, wir brauchen<br />
niemand der uns hilft, das Elend unserer Welt<br />
zu ertragen. Wir tun unsere Arbeit, standhaft<br />
halten wir durch, auch wenn die Arbeitsbedingungen<br />
noch so schwierig sind. Wir stehen an<br />
unserem Platz, brauchen weder Sara noch<br />
ver.di, wir dienen und ertragen das Unrecht.<br />
Sara würde an uns scheitern!<br />
Euer<br />
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