Tagungsbericht - Archive in Nordrhein-Westfalen
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Teilnehmer des 6.Detmolder Sommergesprächs,(Foto: Matthias Schultes/Landesarchiv NRW)<br />
duktiveArbeit berücksichtigen sowie deutlich machen,dass die<br />
unterschiedlicheVerortung von Frauen und Männern im Erwerbssystem<br />
das Ergebnis sozialer Konstruktionen darstellt,die<br />
auf der Ebene sozialer Interaktion hergestellt und <strong>in</strong> Institutionen<br />
verfestigt wird.Daraus ergeben sichVorstellungen von sogenannten<br />
Frauen- und Männerberufen,die <strong>in</strong>sbesondere durch die<br />
Familienforschung anzufragen seien.Schließlich,so Paulus,seien<br />
„Arbeit“ und „Beruf“ abhängig von der jeweiligen Struktur und<br />
Funktion,die Familie <strong>in</strong> diesem System besitzt,wodurch der<br />
„Beruf“ als qualifizierteArbeit <strong>in</strong> hohem Maße geschlechtsspezifisch<br />
codiert sei.Diese Leitthesen wurden im Laufe derTagung<br />
immer wieder aufgegriffen und diskutiert.<br />
In der ersten Sektion mit demTitel „Arbeit,Beruf und Familie“,<br />
moderiert und e<strong>in</strong>geführt von Bett<strong>in</strong>a Joergens (Landesarchiv<br />
NRW,Detmold),fragten die Referent<strong>in</strong> und die Referenten nach<br />
1) demWandel vonArbeit,Arbeits- und Berufsverständnissen<br />
sowie-verhältnissen von der vor<strong>in</strong>dustriellen Zeit bis zum 20.<br />
Jahrhundert; 2) nach den damit verbundenenVeränderungen der<br />
Familienökonomie,also derVerteilung derArbeiten und der<br />
E<strong>in</strong>kommen unter den Familienmitgliedern,und 3) nach Kont<strong>in</strong>uitäten<br />
und Brüchen <strong>in</strong> Biografien aufgrund veränderterArbeitswelten<br />
und nach geschlechtsspezifischen Unterschieden bei<br />
derTradierung von Berufen undTätigkeiten.Wurden – besonders<br />
im 20.Jahrhundert – Berufe <strong>in</strong> der männlichen L<strong>in</strong>ie eher<br />
tradiert,während Frauen gegenüber ihren Müttern und<br />
Großmüttern neueWege e<strong>in</strong>schlugen? Die Sektion gliederte sich<br />
<strong>in</strong> zweiTeile: Zunächst referierten Stefan Gorißen und Hermann<br />
Metzke über dieVerschränkung vonWirtschafts- und Familiengeschichte<br />
<strong>in</strong> der vor<strong>in</strong>dustriellen Zeit und nahmen dabei eher<br />
e<strong>in</strong>e synchrone Betrachtung vor.Anschließend beleuchteten Jan<br />
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Lucassen und Dagmar KiftArbeit im19.und 20.Jahrhundert<br />
unter biografischenAspekten.<br />
Stefan Gorißen (Universität Bielefeld) g<strong>in</strong>g unter demTitel<br />
„Arbeiten undWirtschaften <strong>in</strong> vor<strong>in</strong>dustrieller Zeit“ der Frage<br />
nach,<strong>in</strong>wieweit verwandtschaftliche Netze im18.Jahrhundert für<br />
den beruflichen Erfolg entscheidend waren.Dazu betrachtete er<br />
die <strong>in</strong> Zünften organisierten städtischen Handwerker,ländliches<br />
Gewerbe sowie ländliche und städtische Kaufleute.Dabei stellte<br />
er fest,dass die Bedeutung von Familie <strong>in</strong> diesen Branchen sehr<br />
unterschiedlich war.So spielte z.B.dasVerwandtschaftsnetz für<br />
Kaufmannsfamilien e<strong>in</strong>e enorme Rolle für den wirtschaftlichen<br />
Erfolg,wie etwa an den angelegten Familienarchiven und der<br />
Aufstellung von Genealogien sichtbar wird.<br />
Hermann Metzke (DeutscheArbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Genealogischer<br />
Verbände,Jena) wandte sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>emVortrag zumThema<br />
„Genealogie und Berufsgeschichte –Verwandtschaftskreise und<br />
soziale Netze <strong>in</strong> der vor<strong>in</strong>dustriellen Gesellschaft“ dieser Frage<br />
aus Sicht des Genetikers und Genealogen zu.Er gewährte E<strong>in</strong>blicke<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Detailstudie zuVerwandtschafts- und Berufsfolgen<br />
e<strong>in</strong>zelner Familien <strong>in</strong>sbesondere für den heutigen RaumThür<strong>in</strong>gen<br />
und Sachsen.Se<strong>in</strong> Befund wies dabei e<strong>in</strong>erseits häufige<br />
Tradierungen von Berufen männlicherseits,aber auch immer<br />
wieder Brüche auf,die mithilfe der traditionellen genealogischen<br />
Ansätze kaum systematisch erklärt werden können.Metzke<br />
kritisierte <strong>in</strong> diesem Zusammenhang,dass <strong>in</strong> der Genealogie<br />
meist nur patril<strong>in</strong>ear geforscht würde,obwohl die Betrachtung<br />
der mütterlichen L<strong>in</strong>ie weitere Erklärungen fürArbeits- und<br />
Berufsbiografien liefern würde.Auch ist grundsätzlich zu fragen,<br />
ob die gerade L<strong>in</strong>ie immer maßgebend war,etwa imVergleich zur<br />
oft vernachlässigten Bedeutung der Seitenverwandten.Beide<br />
ARCHIVAR 62.Jahrgang Heft 04 November 2009