Ansteuerungsentwicklung für ein roboterbasiertes ... - ConImit.de
Ansteuerungsentwicklung für ein roboterbasiertes ... - ConImit.de
Ansteuerungsentwicklung für ein roboterbasiertes ... - ConImit.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Ansteuerungsentwicklung</strong> <strong>für</strong> <strong>ein</strong> <strong>roboterbasiertes</strong>,<br />
flexibles Handhabungswerkzeug zum automatisierten<br />
Absortieren von Zuschnitten<br />
Zusammenfassung<br />
Prof. Dr.-Ing. Gunther R<strong>ein</strong>hart<br />
iwb TU München<br />
Boltzmannstr. 15, 85748 Garching<br />
M. Sc., Dipl.-Ing.(FH) Claudia Ehinger,<br />
Dipl.-Ing.(FH) Gerhard Straßer<br />
iwb Anwen<strong>de</strong>rzentrum Augsburg<br />
Beim Glaspalast 5, 86153 Augsburg<br />
Tel.: +49 (0) 821 56883 36, Fax: +49 (0) 821 56883 50<br />
E-Mail: Claudia.Ehinger@iwb.tum.<strong>de</strong><br />
In zahlreichen industriellen Anwendungen wer<strong>de</strong>n technische Textilien auf <strong>ein</strong>em<br />
Schneidtisch zugeschnitten und anschließend manuell absortiert. Erstmals wur<strong>de</strong> am<br />
iwb Anwen<strong>de</strong>rzentrum Augsburg <strong>ein</strong> Greifer entwickelt, welcher <strong>ein</strong> selektives Greifen<br />
<strong>de</strong>r formlabilen Bauteile und somit <strong>ein</strong> automatisiertes Abräumen ermöglicht. Hierzu<br />
wird <strong>ein</strong> Nie<strong>de</strong>rdruckflächensauger verwen<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>ssen Sauglöcher gezielt verschlossen<br />
wer<strong>de</strong>n können. Dadurch ist es möglich <strong>ein</strong>e Saugkontur <strong>ein</strong>zustellen und Zuschnitte<br />
selektiv zu greifen. Zur Ansteuerung <strong>de</strong>s Handhabungswerkzeuges wur<strong>de</strong> <strong>ein</strong> Konzept<br />
umgesetzt, welches sich in drei domänenspezifische Module unterglie<strong>de</strong>rt. Das Softwaremodul<br />
berechnet auf Basis von Initialisierungsparametern und <strong>ein</strong>er Liste an<br />
abzusortieren<strong>de</strong>n Zuschnitten die notwendige Greifkonfiguration und überträgt diese an<br />
das I/O-Modul, wo die abstrakten Daten in Informationen <strong>für</strong> die Stellglie<strong>de</strong>r umgewan<strong>de</strong>lt<br />
und ausgegeben wer<strong>de</strong>n. Das Anschlussmodul stellt die physikalischen Anschlüsse<br />
<strong>für</strong> die benötigten Aktoren und Sensoren bereit und empfängt über <strong>ein</strong>en seriellen<br />
Bus entsprechen<strong>de</strong> Stellsignale vom I/O-Modul. Zu Testzwecken wur<strong>de</strong> <strong>ein</strong>e graphische<br />
Oberfläche entworfen, welche es ermöglicht relevante Funktionen <strong>de</strong>r Ansteuerung<br />
zu validieren.<br />
Schlüsselwörter<br />
Automatisierte Faserverbundbauteileherstellung, selektives Greifen formlabiler Bauteile,<br />
Matrixansteuerung, Nie<strong>de</strong>rdruckflächensaugen
Seite 158 G. R<strong>ein</strong>hart, C. Ehinger, G. Straßer<br />
1 Ausgangssituation<br />
Funktionelle technische Textilien, wie zum Beispiel Faserverbundwerkstoffe, fin<strong>de</strong>n in<br />
zahlreichen Industriezweigen <strong>ein</strong> breites Einsatzgebiet. In <strong>de</strong>n vergangenen Jahren<br />
konnte aufgrund <strong>de</strong>r vielfältigen Vorteile <strong>de</strong>rartiger Bauteile <strong>ein</strong> enormes Wachstum<br />
verzeichnet wer<strong>de</strong>n [Che08]. Während die Anlieferung <strong>de</strong>r formlabilen Bauteile und <strong>de</strong>r<br />
CAD-basierte Zuschnitt auf <strong>de</strong>m Industriecutter bereits vollautomatisiert ablaufen, erfolgt<br />
das Absortieren <strong>de</strong>r Zuschnitte nach wie vor manuell (siehe Bild 1). Neben <strong>de</strong>r<br />
geringen Biegesteifigkeit formlabiler Bauteile erschweren insbeson<strong>de</strong>re die Konturvielfalt,<br />
die Anisotropie, <strong>ein</strong>e stark variieren<strong>de</strong> Oberflächenstruktur und die Luftdurchlässigkeit<br />
von Faserverbundwerkstoffen <strong>ein</strong>e Handhabung <strong>de</strong>rartiger Bauteile [Gut93],<br />
[NM04]. Das gezielte Greifen <strong>de</strong>r Zuschnitte aus <strong>de</strong>m Verschnitt stellt zu<strong>de</strong>m <strong>ein</strong>e noch<br />
ungelöste Aufgabe dar, so dass <strong>ein</strong> manuelles Absortieren bisher unerlässlich ist<br />
[Szi07]. Durch diese <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Werker unergonomische und ermü<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Tätigkeit wird<br />
<strong>ein</strong>e optimale Ausnutzung <strong>de</strong>s Industriecutters verhin<strong>de</strong>rt und auch die maximale Baugröße<br />
auf die menschliche Armreichweite begrenzt. Hinzu kommt, dass durch das manuelle,<br />
punktuelle Greifen häufig die Struktur <strong>de</strong>r Zuschnitte stark beansprucht wird und<br />
zerstört wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Bild 1: Industrieller Fertigungsprozess zur Herstellung von CFK-Bauteilen<br />
Das Forschungsprojekt CFK-Tex, welches durch <strong>de</strong>n Freistaat Bayern im Rahmen <strong>de</strong>s<br />
För<strong>de</strong>rprogramms „Mikrosystemtechnik“ und von <strong>de</strong>r Europäischen Union geför<strong>de</strong>rt<br />
und durch <strong>de</strong>n Projektträger VDI/VDE Innovation & Technik GmbH koordiniert wird,<br />
befasst sich mit <strong>de</strong>r bisher ungelösten Herausfor<strong>de</strong>rung Zuschnitte selektiv aus <strong>de</strong>m<br />
Verschnitt zu greifen. Ziel <strong>de</strong>s interdisziplinären Konsortiums aus Industrie und Forschung<br />
ist es, die Herstellung von Faserverbundbauteilen zu automatisieren, in<strong>de</strong>m roboterbasierte<br />
Werkzeuge <strong>de</strong>n manuellen Absortierprozess (erstes Teilprojekt) und<br />
Drapierprozess (zweites Teilprojekt) von trockenen CF-Textilien ersetzen [RSS08]. Im<br />
Rahmen <strong>de</strong>s ersten Teilprojekts wur<strong>de</strong> <strong>ein</strong> Greifsystem entwickelt, welches formlabile<br />
Bauteile selektiv greifen kann und somit <strong>ein</strong> automatisiertes Absortieren von Industriecuttern<br />
ermöglicht. Im folgen<strong>de</strong>n Kapitel wird <strong>de</strong>r funktionelle Aufbau <strong>de</strong>s Handha-
<strong>Ansteuerungsentwicklung</strong> <strong>für</strong> <strong>ein</strong> flexibles, <strong>roboterbasiertes</strong> Handhabungswerkzeug Seite 159<br />
bungswerkzeugs beschrieben, aus welchem sich die Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>für</strong> die Ansteuerung<br />
ableiten.<br />
2 Aufbau und Anfor<strong>de</strong>rungsermittlung <strong>de</strong>s Handhabungswerkzeugs<br />
2.1 Gesamtaufbau <strong>de</strong>s Handhabungswerkzeugs<br />
Das Handhabungswerkzeug bedient sich <strong>de</strong>s Prinzips <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rdruckflächensaugens,<br />
wodurch vor allem formlabile Bauteile zerstörungsfrei und rückstandslos gegriffen wer<strong>de</strong>n<br />
können [Goe91]. Mit Hilfe dieses Greifprinzips kann <strong>ein</strong>e hohe Greif- und Positionsgenauigkeit<br />
bei wirtschaftlichem Betriebsverhalten erreicht wer<strong>de</strong>n. Das Wirkprinzip<br />
<strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rdruckflächensaugens basiert darauf, dass Bauteile mittels <strong>ein</strong>es geringen<br />
Differenzdrucks bei gleichzeitig hohem Volumenstrom gegriffen wer<strong>de</strong>n können<br />
[Jod91]. Um <strong>ein</strong> selektives Greifen zu ermöglichen, muss je<strong>de</strong>s Loch <strong>de</strong>s flächig gestalteten<br />
Nie<strong>de</strong>rdruckflächensaugers geöffnet o<strong>de</strong>r verschlossen wer<strong>de</strong>n können, so dass<br />
<strong>ein</strong>e individuelle Saugkontur <strong>ein</strong>gestellt wer<strong>de</strong>n kann. Dies wird dadurch realisiert, dass<br />
über je<strong>de</strong>m Loch <strong>ein</strong> bistabiler Hubmagnet angebracht ist, an <strong>de</strong>ssen Stößel <strong>ein</strong> konischer<br />
Verschlusspfropfen befestigt ist [RSE09]. Durch das Anlegen <strong>ein</strong>es Spannungspulses<br />
kann <strong>de</strong>r Hubmagnet zwei stabile Endlagenstellungen annehmen und somit das<br />
Saugloch öffnen bzw. verschließen (siehe Bild 2).<br />
Hubmagnet mit Verschlusspfropfen<br />
Platzierung<br />
Anschlussmodul<br />
Bild 2: Unterseite <strong>ein</strong>es Greifermoduls (links) sowie Schnitt mit durch Pfeile ange<strong>de</strong>utetem<br />
Volumenstrom (rechts)<br />
Da CF-Staub hoch leitfähig ist, darf die kontaminierte, angesaugte Luft unter k<strong>ein</strong>en<br />
Umstän<strong>de</strong>n mit elektrischen Bauteilen in Berührung kommen. Aus diesem Grund wur<strong>de</strong><br />
bei <strong>de</strong>r konstruktiven Umsetzung <strong>ein</strong> Prinzip aus <strong>de</strong>r R<strong>ein</strong>raumtechnik angewen<strong>de</strong>t.<br />
Bereiche, in <strong>de</strong>nen elektronische Bauteile untergebracht sind, wer<strong>de</strong>n mit <strong>ein</strong>em Überdruck<br />
beaufschlagt, so dass <strong>ein</strong> Volumenstrom vom sauberen Bereich in die kontami-
Seite 160 G. R<strong>ein</strong>hart, C. Ehinger, G. Straßer<br />
nierte Umgebung entsteht und <strong>ein</strong>e Immission von Fremdpartikeln verhin<strong>de</strong>rt wird (siehe<br />
Bild 2) [GH09].<br />
Das Handhabungswerkzeug besteht aus 15 Greifermodulen, die an <strong>ein</strong>em Trägermodul<br />
befestigt sind. Dieser modulare Aufbau soll größtmögliche Flexibilität und Wartungsfreundlichkeit<br />
garantieren. Um im Fehlerfall geringe Standzeiten zu erreichen und sich<br />
an unterschiedliche Cutter- und Zuschnittgrößen flexibel anpassen zu können, ist es<br />
möglich <strong>ein</strong>zelne Module auszutauschen o<strong>de</strong>r auch mit <strong>ein</strong>er verringerten Anzahl an<br />
Modulen <strong>de</strong>n Greifer zu betreiben (siehe Bild 3).<br />
Bild 3: Modularer Aufbau <strong>de</strong>s Greifwerkzeuges<br />
Da <strong>de</strong>r zum Greifen benötigte Unterdruck abhängig vom Material, <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r geöffneten<br />
Sauglöcher und <strong>de</strong>m <strong>ein</strong>gestellten Volumenstrom ist, muss <strong>für</strong> je<strong>de</strong>s Modul<br />
<strong>ein</strong>e Druckregelung vorgesehen wer<strong>de</strong>n. Um die dazugehörigen Regelkreise realisieren<br />
zu können, wur<strong>de</strong> je<strong>de</strong>s Modul mit <strong>ein</strong>em integrierten Drucksensor und <strong>ein</strong>em Vakuumerzeuger<br />
als Stellglied versehen.<br />
2.2 Anfor<strong>de</strong>rungsanalyse<br />
Trägermodul<br />
Greifermodul mit<br />
<strong>de</strong>zentraler<br />
Vakuumerzeugung<br />
Der konstruktive Gesamtaufbau <strong>de</strong>s Handhabungswerkzeugs, die gefor<strong>de</strong>rte Flexibilität<br />
<strong>de</strong>s Greifers sowie die integrierten elektrischen Komponenten stellen hohe Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
an die zu realisieren<strong>de</strong> Ansteuerung.<br />
Je<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r 15 Greifermodule b<strong>ein</strong>haltet 288 Hubmagneten, die über <strong>ein</strong>en Spannungsimpuls<br />
in <strong>ein</strong>e <strong>de</strong>finierte Endstellung verfahren. Um die an<strong>de</strong>re Endlage zu erreichen, muss
<strong>Ansteuerungsentwicklung</strong> <strong>für</strong> <strong>ein</strong> flexibles, <strong>roboterbasiertes</strong> Handhabungswerkzeug Seite 161<br />
die Spannung umgepolt wer<strong>de</strong>n. Zu<strong>de</strong>m ist <strong>für</strong> die insgesamt 4320 Hubmagneten die<br />
Stromversorgung <strong>de</strong>rart auszulegen, dass <strong>ein</strong> Schalten aller Hubmagneten ermöglicht<br />
wird und gleichzeitig <strong>de</strong>r Verkabelungsaufwand aus Gewichtsgrün<strong>de</strong>n so gering wie<br />
möglich gehalten wird. Darüber hinaus soll das Gesamtsystem wartungsfreundlich gestaltet<br />
s<strong>ein</strong>, so dass <strong>ein</strong>zelne Komponenten je<strong>de</strong>rzeit ausgetauscht wer<strong>de</strong>n können. Zur<br />
Realisierung <strong>de</strong>r Druckregelung müssen insgesamt 15 analoge Druckmesswerte <strong>ein</strong>gelesen<br />
und 15 analoge Stellsignale zur Ansteuerung <strong>de</strong>r Vakuumerzeuger ausgegeben wer<strong>de</strong>n.<br />
Da es möglich s<strong>ein</strong> soll, das Handhabungswerkzeug auch mit <strong>ein</strong>er <strong>de</strong>zimierten<br />
Anzahl von Modulen zu betreiben, muss erkannt wer<strong>de</strong>n, welche Greifermodule sich<br />
am Trägermodul befin<strong>de</strong>n und welche abmontiert wur<strong>de</strong>n. Dazu muss je<strong>de</strong>s Modul mit<br />
<strong>ein</strong>er Adresse versehen wer<strong>de</strong>n, welche über <strong>ein</strong>e bidirektionale Verbindung an die<br />
übergeordnete Anwendungssoftware übermittelt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Gleichzeitig soll <strong>de</strong>r Benutzer im Rahmen von Test- und Entwicklungsarbeiten die<br />
Möglichkeit haben das Handhabungswerkzeug unabhängig von <strong>de</strong>r Anwendungssoftware<br />
zu verwen<strong>de</strong>n. Hierzu soll <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>faches Bedienkonzept erstellt wer<strong>de</strong>n, welches<br />
<strong>de</strong>m Benutzer die Möglichkeit gibt, über <strong>ein</strong>e Bedienoberfläche alle relevanten Funktionen<br />
zu testen. Dabei soll es möglich s<strong>ein</strong> sowohl Einstellungen <strong>de</strong>r Greifereigenschaften<br />
vorzunehmen, als auch relevante Parameter und Sollvorgaben vorzugegeben<br />
sowie <strong>ein</strong>e Rückmeldung über <strong>de</strong>n Status <strong>de</strong>s Greifers und mögliche Fehler anzuzeigen.<br />
3 Vorstellung <strong>de</strong>s Gesamtkonzepts<br />
3.1 Allgem<strong>ein</strong>er Aufbau<br />
Der Greifer empfängt auf Basis <strong>de</strong>r Windows Communication Foundation (WCF) Initialisierungs-<br />
und Ansteuersignale von <strong>de</strong>r übergeordneten, serviceorientierten Anwendungssoftware<br />
„CFK-Tex Office“, welche <strong>de</strong>n Absortierprozess verwaltet, steuert und<br />
überwacht. Diese Software wird im Rahmen <strong>de</strong>r Forschungsarbeiten durch das Institut<br />
<strong>für</strong> Softwaretechnik und Programmiersprachen (ISSE) <strong>de</strong>r Universität Augsburg entwickelt,<br />
welches neben Anwen<strong>de</strong>rn und Systemdienstleistern Teil <strong>de</strong>s interdisziplinären<br />
Konsortiums <strong>de</strong>s Projektes CFK-Tex ist. Die Anbindung <strong>de</strong>s Handhabungswerkzeugs<br />
erfolgt über <strong>ein</strong>en eigenen Dienst, so dass <strong>de</strong>r Greifer über <strong>ein</strong>e <strong>de</strong>finierte Dienstschnittstelle<br />
angesprochen wer<strong>de</strong>n kann [Ste09].<br />
Um das komplexe und vielschichte Ansteuerungsproblem zu strukturieren, wird in Anlehnung<br />
an die VDI 2206 <strong>ein</strong>e domänenspezifische Unterteilung in entsprechen<strong>de</strong> Module<br />
unternommen [VDI2206]. Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n die <strong>ein</strong>zelnen Module unterschiedlichen<br />
Hierarchiestufen <strong>de</strong>r Automatisierungsebene zugeordnet. Für das Handhabungswerkzeug<br />
sind drei Module <strong>de</strong>finiert, <strong>de</strong>ren Domänenzuordnung und Einordnung in die Hierarchiestufen<br />
<strong>de</strong>r Automatisierungstechnik in Tabelle 1 aufgezeigt sind.
Seite 162 G. R<strong>ein</strong>hart, C. Ehinger, G. Straßer<br />
Tabelle 1: Einordnung <strong>de</strong>r Module <strong>de</strong>s Handhabungswerkzeugs<br />
Modulname Domäne Hierarchiestufe<br />
Anschlussmodul Elektronik Fel<strong>de</strong>bene<br />
I/O-Modul Informatik, Elektronik Prozessleitebene<br />
Softwaremodul Informatik Prozessleitebene<br />
Die <strong>ein</strong>zelnen Module wer<strong>de</strong>n gegenüber <strong>de</strong>n angrenzen<strong>de</strong>n Modulen als Black Box<br />
mo<strong>de</strong>lliert, so dass interne Vorgänge bewusst ausgeblen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Die Module wer<strong>de</strong>n<br />
nur durch ihre Schnittstellen und ihre Wechselwirkung auf das Umfeld <strong>de</strong>finiert. Dies<br />
ermöglicht <strong>ein</strong>e abstrakte Darstellung <strong>de</strong>r Module und <strong>ein</strong>e individuelle Lösungsfindung<br />
im Inneren <strong>de</strong>r Black Box. Im Folgen<strong>de</strong>n sollen <strong>de</strong>r Aufbau, die Funktion und das Zusammenspiel<br />
<strong>de</strong>r <strong>ein</strong>zelnen Module, welche in Bild 4 dargestellt sind, näher erläutert<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Bild 4: Modulare Unterteilung <strong>de</strong>r Ansteuerung<br />
3.1.1 Softwaremodul<br />
Das Softwaremodul bil<strong>de</strong>t das Bin<strong>de</strong>glied zur übergeordneten Anwendungssoftware. In<br />
<strong>de</strong>m dazugehörigen Dienst „HandlingToolService“ fin<strong>de</strong>n die notwendigen Berechnungen<br />
statt, um aus <strong>de</strong>n Daten <strong>de</strong>r Anwendungssoftware die Sollwertvorgaben zur Regelung<br />
und Steuerung <strong>de</strong>r Stellglie<strong>de</strong>r zu gewinnen. Hierzu wer<strong>de</strong>n über <strong>ein</strong>e <strong>de</strong>finierte<br />
Schnittstelle zur Anwendungssoftware <strong>ein</strong>e Liste <strong>de</strong>r abzusortieren<strong>de</strong>n Zuschnitte sowie<br />
weitere notwendige Initialisierungsparameter wie z. B. Ablageposition im Lager, Abräumreihenfolge,<br />
Materialeigenschaften, Arbeitsraum<strong>de</strong>finitionen etc. übergeben. Mit<br />
Hilfe dieser Parameter wird die Greiferkonfiguration berechnet, welche die Greifposition<br />
(Position und Orientierung <strong>de</strong>s Tool Center Point, TCP) sowie pro Modul die zum<br />
Greifen <strong>de</strong>r Zuschnitte notwendige Greif- und Druckkonfiguration b<strong>ein</strong>haltet (siehe<br />
Bild 5). Über die bidirektionale Kommunikationsstrecke können in Gegenrichtung Statussignale<br />
an die Anwendungssoftware übermittelt wer<strong>de</strong>n.
<strong>Ansteuerungsentwicklung</strong> <strong>für</strong> <strong>ein</strong> flexibles, <strong>roboterbasiertes</strong> Handhabungswerkzeug Seite 163<br />
Bild 5: Darstellung <strong>de</strong>r übertragenen Greiferkonfiguration<br />
Die Verbindung zum I/O-Modul erfolgt physikalisch via Ethernet. Über <strong>ein</strong>e TCP/IP-<br />
Verbindung wer<strong>de</strong>n zur Initialisierung die Greiferdaten und im produktiven Betrieb die<br />
jeweiligen Greif- und Druckkonfigurationen an das I/O-Modul übertragen. Eine Verfügbarkeitsbetrachtung<br />
ist <strong>für</strong> die Definition <strong>de</strong>s Kommunikationsaufbaus zwischen I/O-<br />
Modul und <strong>de</strong>m Dienst „HandlingToolService“ von entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung. Da das<br />
I/O-Modul nur verfügbar ist, sobald <strong>de</strong>r Greifer an die Energieversorgung angeschlossen<br />
ist, muss <strong>de</strong>r Dienst <strong>ein</strong>e höhere Verfügbarkeit und somit die Rolle <strong>de</strong>s Servers <strong>ein</strong>nehmen.<br />
3.1.2 I/O-Modul<br />
Es ist die Aufgabe <strong>de</strong>s I/O-Moduls die Daten <strong>de</strong>s Softwaremoduls, welche <strong>de</strong>n Greifer<br />
auf <strong>ein</strong>er abstrakten Ebene repräsentieren, in Informationen <strong>für</strong> die <strong>ein</strong>zelnen Stellglie<strong>de</strong>r<br />
umzuwan<strong>de</strong>ln. Hier<strong>für</strong> empfängt das I/O-Modul Sollwertvorgaben vom Softwaremodul<br />
und gibt Statusmeldungen und Messwerte an dieses zurück. Für die Kommunikation<br />
zwischen Softwaremodul und I/O-Modul fin<strong>de</strong>t <strong>ein</strong>e ethernetbasierte TCP/IP-<br />
Schnittstelle Anwendung, über welche in <strong>de</strong>r Initialisierungsphase Modul- und<br />
Greiferdaten und im produktiven Betrieb die Greif- und Druckkonfiguration sowie Statusmeldungen<br />
übermittelt wer<strong>de</strong>n.
Seite 164 G. R<strong>ein</strong>hart, C. Ehinger, G. Straßer<br />
Bild 6: Vergleich von PAC, SPS und Industrie-PC, in Anlehnung an [Bel05]<br />
Bild 6 zeigt <strong>ein</strong>e Gegenüberstellung <strong>de</strong>r betrachteten Lösungsalternativen Programmable<br />
Automation Controller (PAC), speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) und Industrie-PC<br />
in Bezug auf Zuverlässigkeit und verfügbare Rechenleistung. Für die Realisierung<br />
<strong>de</strong>s I/O-Moduls wird <strong>ein</strong> PAC verwen<strong>de</strong>t, da dieser nicht nur bereichsübergreifen<strong>de</strong><br />
Funktionalitäten b<strong>ein</strong>haltet (z. B. Ablaufsteuerungen, Regelkreise, Logikverarbeitung<br />
etc.), son<strong>de</strong>rn auch die hohe Zuverlässigkeit <strong>ein</strong>er SPS sowie die Leistungsfähigkeit<br />
<strong>ein</strong>es PC bietet. Gleichzeitig ermöglicht es die hohe Flexibilität <strong>de</strong>s PAC, dass auch<br />
neue Erkenntnisse und zusätzliche Anfor<strong>de</strong>rungen, die während <strong>de</strong>s laufen<strong>de</strong>n Forschungsprojekts<br />
entstehen, berücksichtigt wer<strong>de</strong>n können. Neben <strong>de</strong>m Verbindungsaufbau<br />
zum Softwaremodul wer<strong>de</strong>n im PAC auch die beim Initialisierungsprozess übertragenen<br />
Greifereigenschaften sowie die aktuelle Greif- und Druckkonfiguration gespeichert.<br />
Zu<strong>de</strong>m erfolgen dort die Implementierung <strong>de</strong>r Druckregelkreise sowie die Umrechnung<br />
<strong>de</strong>r Greifkonfiguration in <strong>ein</strong> serielles Datensignal, welches über I/O-Karten<br />
an das Anschlusssignal weitergegeben wird. Tabelle 2 fasst die Aufgaben <strong>de</strong>s I/O-<br />
Moduls in übersichtlicher Form zusammen.<br />
Tabelle 2: Aufgaben <strong>de</strong>s I/O-Moduls<br />
Aufgabe Beschreibung<br />
Kommunikation mit<br />
Softwaremodul<br />
Kommunikation mit<br />
Anschlussmodul<br />
Kommunikation über ethernetbasierte TCP/IP-Schnittstelle<br />
Übertragung mittels serieller Schnittstelle<br />
Verschlussaktorik Konvertierung <strong>de</strong>r abstrakten Greiferdaten <strong>de</strong>s Softwaremoduls<br />
in serielles Datensignal <strong>für</strong> das Anschlussmodul<br />
Unterdruckregelung Unterdruckregelung nach Sollwertvorgabe <strong>de</strong>s Softwaremoduls
<strong>Ansteuerungsentwicklung</strong> <strong>für</strong> <strong>ein</strong> flexibles, <strong>roboterbasiertes</strong> Handhabungswerkzeug Seite 165<br />
3.1.3 Anschlussmodul<br />
Das Anschlussmodul stellt die physikalischen Anschlüsse <strong>für</strong> die Aktoren und Sensoren<br />
<strong>de</strong>s Greifwerkzeugs bereit. Gleichzeitig wer<strong>de</strong>n die Messwerte <strong>de</strong>r Drucksensoren an<br />
das I/O-Modul gesen<strong>de</strong>t und <strong>für</strong> die Ansteuerung <strong>de</strong>r Hubmagneten und <strong>de</strong>r Unterdruckerzeuger<br />
Sollwertsignale von diesem empfangen, welche mit logischen Operationen<br />
verknüpft und über Treiberbaust<strong>ein</strong>e verstärkt wer<strong>de</strong>n. Um die Anzahl <strong>de</strong>r Kabeldurchführungen<br />
zu minimieren und die Platinen vor <strong>de</strong>r kontaminierten Luft zu schützen,<br />
wer<strong>de</strong>n die Anschlussmodule in <strong>de</strong>r mit Überdruck beaufschlagten und damit sauberen<br />
Kammer <strong>de</strong>r Greifermodule platziert (siehe Bild 2).<br />
Da das Handhabungswerkzeug aus 15 Teilmodulen aufgebaut ist (siehe Bild 3), welche<br />
jeweils 288 Hubmagneten (18 Zeilen x 16 Spalten) b<strong>ein</strong>halten, müssen insgesamt 4320<br />
Hubmagneten angesteuert wer<strong>de</strong>n. Tabelle 3 fasst die Ein- und Ausgänge <strong>de</strong>s Anschlussmoduls<br />
tabellarisch zusammen.<br />
Tabelle 3: Spezifikation <strong>de</strong>r Ein- und Ausgänge <strong>de</strong>s Anschlussmoduls<br />
Anzahl Ein-/Ausgänge Bezeichnung<br />
4320 Ausgänge Anschlüsse <strong>für</strong> bistabile Hubmagneten<br />
15 Eingänge Unterdruckmesswert<br />
15 Ausgänge Sollwertvorgabe <strong>für</strong> Unterdruckerzeuger<br />
Über <strong>ein</strong>e serielle Schnittstelle wer<strong>de</strong>n die Ansteuersignale vom I/O-Modul zu <strong>de</strong>m<br />
mehrfach programmierbaren CPLD (Complex Programmable Logic Device) – Baust<strong>ein</strong><br />
gesen<strong>de</strong>t, welcher die parallele Umsetzung <strong>de</strong>r Zeilen- und Spaltensignale <strong>de</strong>r Hubmagneten<br />
vornimmt. Über <strong>ein</strong>e aktive Matrixansteuerung, die beispielsweise auch bei LCD-<br />
Displays zum Einsatz kommt, kann durch das Anlegen von Zeilen- und Spaltensignalen<br />
<strong>de</strong>r jeweilige Knotenpunkt mittels <strong>ein</strong>er UND-Verknüpfung aktiviert wer<strong>de</strong>n. Dieser<br />
Zustand wird mit <strong>ein</strong>em JK-Flipflop gespeichert und an <strong>de</strong>n Treiberbaust<strong>ein</strong> weitergereicht.<br />
Dieser schaltet anhängig von <strong>de</strong>n logischen Zustän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r JK-Flipflops <strong>de</strong>n<br />
Hubmagnet, so dass dieser <strong>ein</strong>fährt, ausfährt o<strong>de</strong>r im Ruhezustand verbleibt. Zu<strong>de</strong>m<br />
besteht die Möglichkeit durch <strong>ein</strong> globales Reset-Signal die gesamte Matrix zurückzusetzen<br />
(siehe Bild 7).
Seite 166 G. R<strong>ein</strong>hart, C. Ehinger, G. Straßer<br />
Bild 7: Aufbau <strong>ein</strong>es Knotenpunktes <strong>de</strong>r aktiven Matrixansteuerung<br />
Die Vorteile dieses Aufbaus liegen darin begrün<strong>de</strong>t, dass durch <strong>de</strong>n Einsatz von Speicherglie<strong>de</strong>rn<br />
<strong>ein</strong> kurzer Ansteuerimpuls ausreicht und dass Steuersignal somit nicht die<br />
komplette Schaltzeit <strong>de</strong>s Hubmagneten anliegen muss. Dadurch können mehrere<br />
Aktoren parallel geschaltet wer<strong>de</strong>n und kürzere Schaltzeiten zur Einstellung <strong>de</strong>r Saugmatrix<br />
erreicht wer<strong>de</strong>n. Da die Leistung <strong>für</strong> die Hubmagneten von <strong>de</strong>n Treiberbaust<strong>ein</strong>en<br />
bereitgestellt wird, ist <strong>ein</strong> nahezu leistungsloses Schalten <strong>de</strong>r Spalten- und Zeilensignale<br />
möglich.<br />
4 Praktische Validierung<br />
Um die Funktionalität <strong>de</strong>s Greifers und die entwickelte Ansteuerung testen zu können,<br />
wur<strong>de</strong> <strong>ein</strong> Funktionsmuster realisiert, welches 150 Hubmagneten, <strong>ein</strong>en Drucksensor<br />
und <strong>ein</strong>en Vakuumerzeuger integriert. Das Funktionsmuster besitzt somit annähernd die<br />
Größe und <strong>de</strong>n Aufbau <strong>ein</strong>es Saugmoduls und b<strong>ein</strong>haltet alle relevanten oben beschriebenen<br />
Funktionen (siehe Bild 8) [RSE09]. Anhand <strong>ein</strong>es realitätsnahen Versuchsszenarios<br />
wird das Funktionsmuster sowie die entwickelte Ansteuerung überprüft. Ziel war<br />
es, <strong>ein</strong> verschachteltes Zuschnittmuster vom Abräumbereich in <strong>ein</strong>en vor<strong>de</strong>finierten<br />
Schriftzug auf <strong>de</strong>m Ablagetisch zu überführen (siehe Bild 8).
<strong>Ansteuerungsentwicklung</strong> <strong>für</strong> <strong>ein</strong> flexibles, <strong>roboterbasiertes</strong> Handhabungswerkzeug Seite 167<br />
4<br />
2<br />
2<br />
1<br />
3 3<br />
Schnittbild mit Greifreihenfolge<br />
Benutzer<strong>ein</strong>gabe<br />
über GUI<br />
Abräumbereich<br />
Ablagetisch<br />
4<br />
Funktionsmuster<br />
1 4 5<br />
2<br />
Bild 8: Validierungsversuch <strong>de</strong>r Ansteuerung und <strong>de</strong>s Funktionsmusters<br />
Hierzu wur<strong>de</strong> <strong>ein</strong>e graphische Benutzeroberfläche (GUI) erstellt (siehe Bild 9), mit Hilfe<br />
<strong>de</strong>rer alle zu erfüllen<strong>de</strong>n Anwendungsfälle getestet wer<strong>de</strong>n können. Die GUI ersetzt<br />
die Anwendungssoftware sowie das Softwaremodul und kommuniziert über dieselbe<br />
Schnittstelle mit <strong>de</strong>m I/O-Modul. Somit können bereits in <strong>ein</strong>em frühen Entwicklungsstadium<br />
bis zum ersten Einsatz <strong>de</strong>r Anwendungssoftware Funktionstests durchgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Zu Testzwecken kann <strong>de</strong>r Benutzer über die Oberfläche sowohl Initialisierungsdaten<br />
bestehend aus spezifischen Greiferdaten (z. B. Größe <strong>de</strong>s Greifmoduls, Anzahl und<br />
Leistungsverbrauch <strong>de</strong>r Hubmagneten), als auch die Greif- und Druckkonfiguration<br />
vorgeben. Durch Anklicken <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Elemente <strong>de</strong>s ActuatorArrays (siehe<br />
Bild 9) können gezielt Saugkonturen erstellt und <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Einstellvorgang <strong>de</strong>r Hubmagneten<br />
an das I/O-Modul übermittelt wer<strong>de</strong>n.<br />
3<br />
7 6<br />
Schriftzug mit Ablegereihenfolge
Seite 168 G. R<strong>ein</strong>hart, C. Ehinger, G. Straßer<br />
Bild 9: GUI zur Validierung <strong>de</strong>r Ansteuerung <strong>de</strong>s Handhabungswerkzeuges (HHW)<br />
Da <strong>de</strong>r benötigte Unterdruck zum Anheben je nach Material und Größe <strong>de</strong>s Zuschnittes<br />
variieren kann, besteht zu<strong>de</strong>m die Möglichkeit über die GUI <strong>ein</strong>en Sollwert <strong>für</strong> die vorgesehene<br />
Druckregelung vorzugeben. Rückmeldungen <strong>de</strong>s Handhabungswerkzeugs, wie<br />
beispielsweise Fehler- und Statusmeldungen, wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Bediener über <strong>ein</strong> Anzeigefenster<br />
visualisiert. Durch die Betätigung <strong>de</strong>s „NOT-AUS“-Buttons kann dieser <strong>ein</strong><br />
Stop-Signal zum I/O-Modul sen<strong>de</strong>n und das Programm been<strong>de</strong>n.<br />
5 Resümee und Ausblick<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass <strong>de</strong>m stark steigen<strong>de</strong>n Bedarf an Faserverbundbauteilen<br />
nur durch <strong>ein</strong>e umfassen<strong>de</strong> Automatisierung <strong>de</strong>r Prozesskette begegnet<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Das Forschungsprojekt CFK-Tex dazu leistet durch die Entwicklung <strong>ein</strong>es<br />
Handhabungswerkzeuges <strong>ein</strong>en wichtigen Beitrag. Das Handhabungswerkzeug basiert<br />
auf <strong>de</strong>m Prinzip <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rdruckflächensaugens und ermöglicht durch <strong>ein</strong>e gezielte<br />
Ansteuerung von Hubmagneten, welche über <strong>de</strong>n Verschlussöffnungen angebracht sind,<br />
<strong>ein</strong> selektives Greifen <strong>de</strong>r Zuschnitte aus <strong>de</strong>m Verbund. Die Ansteuerung <strong>de</strong>s aus 15<br />
Greifermodulen bestehen<strong>de</strong>n Handhabungswerkzeuges stellt höchste Ansprüche an <strong>ein</strong>e<br />
flexible, anfor<strong>de</strong>rungsgerechte Umsetzung. Zur Lösung dieser komplexen Aufgabenstellung<br />
wur<strong>de</strong> die Ansteuerung in drei domänenspezifische Module unterteilt: Softwaremodul,<br />
I/O-Modul und Anschlussmodul. Das Softwaremodul berechnet auf Basis<br />
von Initialisierungsparametern und <strong>ein</strong>er Liste an abzusortieren<strong>de</strong>n Zuschnitten die<br />
notwendige Greiferkonfiguration und überträgt diese über <strong>ein</strong>e TCP/IP-Verbindung an
<strong>Ansteuerungsentwicklung</strong> <strong>für</strong> <strong>ein</strong> flexibles, <strong>roboterbasiertes</strong> Handhabungswerkzeug Seite 169<br />
das I/O-Modul. Dort wer<strong>de</strong>n die abstrakten Daten in Informationen <strong>für</strong> die <strong>ein</strong>zelnen<br />
Stellglie<strong>de</strong>r umgewan<strong>de</strong>lt und ausgegeben. Das Anschlussmodul stellt die physikalischen<br />
Anschlüsse <strong>für</strong> die benötigten Aktoren und Sensoren bereit und empfängt über<br />
<strong>ein</strong>en seriellen Bus entsprechen<strong>de</strong> Stellsignale vom I/O-Modul. Die Ansteuerung, welche<br />
mit Hilfe <strong>ein</strong>es PAC realisiert wird, zeichnet sich durch <strong>ein</strong>e hohe Flexibilität sowie<br />
durch <strong>de</strong>n modularen Aufbau <strong>de</strong>r Steuerung und <strong>ein</strong>e domänenspezifische Trennung <strong>de</strong>r<br />
<strong>ein</strong>zelnen Funktionalitäten aus. Mit Hilfe <strong>ein</strong>er zu Testzwecken entworfenen GUI konnten<br />
relevante Funktionen <strong>de</strong>r Ansteuerung erfolgreich getestet wer<strong>de</strong>n.<br />
Um <strong>de</strong>n Bedienkomfort <strong>de</strong>r GUI zu erhöhen, soll das <strong>de</strong>rzeitige Anklicken <strong>de</strong>r Matrixelemente<br />
zum Einstellen <strong>de</strong>r Saugkontur dahingehend erweitert wer<strong>de</strong>n, dass vor<strong>de</strong>finierte<br />
Saugkonfigurationen abgespeichert und bei Bedarf vom Benutzer aufgerufen<br />
wer<strong>de</strong>n können. Als weiterer Schritt wird angestrebt, dass basierend auf <strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong>n<br />
zweidimensionalen Zuschnittdateien <strong>de</strong>s Cutters automatisiert die Einstellung <strong>de</strong>r<br />
Saugmatrix sowie <strong>ein</strong>e optimierte Greifstrategie <strong>de</strong>s Handhabungswerkzeugs errechnet<br />
wer<strong>de</strong>n. Zu<strong>de</strong>m soll die <strong>de</strong>rzeit integrierte Steuerung <strong>de</strong>s Volumenstroms durch die vorgesehene<br />
Druckregelung ersetzt wer<strong>de</strong>n. Nach Abschluss <strong>de</strong>r Fertigung <strong>de</strong>s aus 15<br />
Teilmodulen bestehen<strong>de</strong>n Handhabungswerkzeugs erfolgt die Integration <strong>de</strong>r kompletten<br />
Ansteuerung in das Werkzeug.<br />
Literatur<br />
[Bel05] BELL, I.: The future of control. Manufacturing Engineer 84, 4, 2005, S. 36-39<br />
[Che08] CHERIF, C.: Aktuelle Trends bei Automobiltextilien. Technische Textilien 51, 2,<br />
2008, S. 59<br />
[GH09] GAIL, L.; HORTIG, H.-P.: R<strong>ein</strong>raumtechnik. 2. Aufl. Berlin: Springer, 2009<br />
[Goe91] GÖTZ, R.: Strukturierte Planung flexibel automatisierter Montagesysteme <strong>für</strong> flächige<br />
Bauteile. Dissertation. Technische Universität München. Berlin, Hei<strong>de</strong>lberg,<br />
New York: Springer, 1991, ISBN: 3-540-54401-1<br />
[Gut93] GUTSCHE, C.: Beitrag zur automatisierten Montage technischer Textilien. Dissertation.<br />
Technische Universität Berlin. München Wien: Carl Hanser, 1993,<br />
ISBN: 3-446-17485-0<br />
[Jod91] JODIN, D.: Untersuchungen zur Handhabung von biegeweichen Flächenzuschnitten<br />
aus Le<strong>de</strong>r mit pneumatischen Greifern. Dissertation. Universität Dortmund. Dortmund,<br />
1991<br />
[NM04] NEITZEL, M.; MITSCHANG, P.: Handbuch Verbundwerkstoffe: Werkstoffe, Verarbeitung,<br />
Anwendung. München-Wien: Carl Hanser Verlag, 2004, ISBN:3-446-22041-0<br />
[RSE09] REINHART, G.; STRAßER, G.; EHINGER, C.: Highly flexible automated manufacturing<br />
of composite structures consisting of limp carbon fibre textiles. SAE AeroTech<br />
Seattle (USA), 2009<br />
[RSS08] REINHART, G.; STRAßER, G.; SCHARRER, J.: Automatisierte Herstellung von Faserverbundbauteilen.<br />
wt-online 9, 2008, S. 711-716<br />
[Ste09] STEHLE,M.: Analyse und Design <strong>ein</strong>er Softwarearchitektur <strong>für</strong> die automatisierte<br />
Handhabung von trockenen CFK-Textilien. Diplomarbeit, Institut <strong>für</strong> Softwaretechnik<br />
und Programmiersprachen, Universität Augsburg, Augsburg, 2009
Seite 170 G. R<strong>ein</strong>hart, C. Ehinger, G. Straßer<br />
[Szi07] SZIMMAT, F.: Beitrag zum Ver<strong>ein</strong>zeln flächiger biegeschlaffer Bauteile. Dissertation.<br />
Universität Stuttgart. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2007,<br />
ISBN: 978-3-8167-7424-2<br />
[VDI 2206] VDI 2206: Entwicklungsmethodik <strong>für</strong> mechatronische Systeme, Berlin: Beuth Verlag,<br />
2004<br />
Autoren<br />
Prof. Dr.-Ing. Gunther R<strong>ein</strong>hart ist Ordinarius <strong>de</strong>s Lehrstuhls <strong>für</strong> Betriebswissenschaften<br />
und Montagetechnik an <strong>de</strong>r Technischen Universität München. Er studierte bis<br />
1982 Maschinenbau und schloss 1987 die Promotion am Institut <strong>für</strong> Werkzeugmaschinen<br />
und Betriebswissenschaften (iwb) an <strong>de</strong>r Technischen Universität München bei<br />
Prof. Dr.-Ing. J. Milberg ab. Von 1988 bis 1993 war er leiten<strong>de</strong>r Angestellter bei <strong>de</strong>r<br />
BMW AG in München. 1993 wur<strong>de</strong> Prof. R<strong>ein</strong>hart zurück an die Universität und in die<br />
Leitung <strong>de</strong>s iwb berufen. Von März 2002 bis Februar 2007 war Prof. R<strong>ein</strong>hart von s<strong>ein</strong>en<br />
Tätigkeiten am iwb beurlaubt und hatte die Position <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s <strong>für</strong> Technik<br />
und Marketing bei <strong>de</strong>r IWKA Aktiengesellschaft in Karlsruhe inne. Seit 2007 ist er<br />
wie<strong>de</strong>r zurück und leitet das zwischenzeitlich weiter gewachsene Institut gem<strong>ein</strong>sam<br />
mit Herrn Prof. Dr.-Ing. Michael F. Zäh. Gleichzeitig ist er Sprecher <strong>de</strong>s Bayerischen<br />
Cluster <strong>für</strong> Mechatronik und Automation. Seit <strong>de</strong>m 1. Januar 2009 ist Prof. R<strong>ein</strong>hart<br />
darüber hinaus Leiter <strong>de</strong>r Fraunhofer IWU Projektgruppe <strong>für</strong> Ressourceneffiziente<br />
Mechatronische Verarbeitungsmaschinen (RMV) in Augsburg.<br />
M. Sc., Dipl.-Ing.(FH) Claudia Ehinger ist seit 2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
im Geschäftsfeld Montagetechnik am iwb Anwen<strong>de</strong>rzentrum Augsburg <strong>de</strong>s Instituts <strong>für</strong><br />
Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) <strong>de</strong>r Technischen Universität<br />
München (TUM). Nach ihrem dualen Studium <strong>de</strong>r Elektrotechnik an <strong>de</strong>r HS Augsburg<br />
erfolgte <strong>ein</strong> Masteraufbaustudium an <strong>de</strong>r Technischen Universität München mit<br />
Schwerpunkt „Industrielle Automatisierungstechnik“. Im Forschungsfeld „Handhabung<br />
formlabiler Bauteile“ befasst sie sich schwerpunktmäßig mit <strong>de</strong>r automatisierten Montage<br />
von Faserverbund-Preforms.<br />
Dipl.-Ing.(FH) Gerhard Straßer ist seit 2007 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im<br />
Geschäftsfeld Fertigungstechnik am iwb Anwen<strong>de</strong>rzentrum Augsburg <strong>de</strong>s Instituts <strong>für</strong><br />
Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) <strong>de</strong>r Technischen Universität<br />
München (TUM) tätig. Dem Abschluss s<strong>ein</strong>es Maschinenbaustudiums an <strong>de</strong>r Hochschule<br />
Augsburg im Jahre 2005 folgte <strong>ein</strong>e Tätigkeit als Entwicklungsingenieur bei MAN<br />
Diesel SE in Augsburg. Herr Straßer leitet das Forschungsprojekt CFK-Tex und ist am<br />
iwb <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Forschungsbereich „Handhabung formlabiler Bauteile“ verantwortlich. S<strong>ein</strong>e<br />
Forschungsschwerpunkte liegen hierbei bei <strong>de</strong>r automatisierten Handhabung von<br />
Faserverbundhalbzeugen.