Katholisches Wort in die Zeit 43. Jahr November 2012 - Der Fels
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Kongress „Freude am Glauben“ <strong>2012</strong><br />
Walter Kard<strong>in</strong>al Brandmüller:<br />
Das Tor des Glaubens beherzt durchschreiten<br />
Predigt zum <strong>Jahr</strong> des Glaubens auf dem Kongress „Freude am Glauben“<br />
„Freude am Glauben“ hat uns an der<br />
Schwelle zum 50. <strong>Jahr</strong>estag der Eröffnung<br />
des II. Vatikanischen Konzils<br />
zusammengeführt, und mit <strong>die</strong>sem<br />
Tag soll nach dem Willen des<br />
Hl. Vaters für <strong>die</strong> ganze Kirche e<strong>in</strong><br />
„<strong>Jahr</strong> des Glaubens“ beg<strong>in</strong>nen. „Porta<br />
fidei“, Tor des Glaubens, lauten <strong>die</strong><br />
<strong>Wort</strong>e, mit denen das Apostolische<br />
Schreiben beg<strong>in</strong>nt, mit dem Papst<br />
Benedikt XVI. <strong>die</strong>ses <strong>Jahr</strong> e<strong>in</strong>leitet.<br />
Doch: Sollte nicht jedes <strong>Jahr</strong> e<strong>in</strong><br />
„<strong>Jahr</strong> des Glaubens“ se<strong>in</strong>? Gewiss!<br />
Aber zeigt uns nicht e<strong>in</strong> nüchterner<br />
Blick auf unsere Tage, dass nicht nur<br />
<strong>die</strong> Welt, sondern <strong>die</strong> Kirche selbst<br />
e<strong>in</strong>e <strong>die</strong> Fundamente erschütternde<br />
Krise des Glaubens erlebt, erleidet?<br />
Da nun fordert uns der Nachfolger<br />
des hl. Petrus auf, das Tor zum Glauben<br />
beherzt zu durchschreiten, damit<br />
<strong>die</strong>ses 50. nachkonziliare <strong>Jahr</strong> e<strong>in</strong><br />
wahres <strong>Jahr</strong> des Glaubens, des Heiles<br />
werde. Porta fidei – das kann zweierlei<br />
bedeuten: das Tor, das uns <strong>in</strong> den<br />
Glauben e<strong>in</strong>treten lässt, und: das Tor,<br />
das uns der Glaube eröffnet. – Beides<br />
wollen wir bedenken.<br />
I.<br />
Zuerst sollten wir uns aber<br />
fragen, was denn das sei:<br />
„Glauben“. Da nun gilt es<br />
auch zu sagen, was Glauben nicht ist.<br />
Anders als nicht wenige me<strong>in</strong>en, besteht<br />
Glauben ke<strong>in</strong>eswegs <strong>in</strong> tiefen<br />
Gemütserlebnissen, erhabenen, feierlichen<br />
Stimmungen und Gefühlen<br />
oder religiösen Erfahrungen. All das<br />
kann erfreulich se<strong>in</strong>, kann dankbar<br />
erlebt werden, aber Glauben, wahrer<br />
Glaube, beg<strong>in</strong>nt erst da, wo all<br />
das aufhört, was manche dafür halten.<br />
Was aber heißt dann <strong>in</strong> Wahrheit<br />
„Glauben“? Glauben heißt zunächst –<br />
re<strong>in</strong> menschlich gesehen – zu sagen:<br />
Ich glaube Dir, ich glaube, dass es<br />
wahr ist, was Du sagst. Diesen Glauben<br />
üben wir vielmals Tag um Tag<br />
zwischen Mensch und Mensch. So<br />
geht es auch zwischen Mensch und<br />
Gott. Da er<strong>in</strong>nern wir uns aber an das<br />
Sprichwort: Trau schau wem! Glauben,<br />
gerade das „An-Gott-Glauben“<br />
ist doch ke<strong>in</strong> Sprung vom 7-Meterbrett<br />
mit verbundenen Augen <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
Becken, <strong>in</strong> dem vielleicht Wasser ist!<br />
Nur dann kann ich glauben, wenn ich<br />
den, dem ich glauben will, als wahrhaftig,<br />
zuverlässig erkannt habe. Hier<br />
ist nun der E<strong>in</strong>satz unserer Vernunft<br />
gefordert, mit der wir <strong>die</strong> Glaubwürdigkeit<br />
dessen prüfen müssen, der<br />
mit e<strong>in</strong>er Botschaft an uns herantritt.<br />
E<strong>in</strong> Glaube ohne Vernunft kann tödlich<br />
se<strong>in</strong>. Wenn aber <strong>die</strong>se Prüfung<br />
geschehen ist, dann kann jenes bewusste<br />
Ja zur Botschaft Jesu Christi<br />
und jene vertrauensvolle H<strong>in</strong>gabe an<br />
ihn geschehen, <strong>die</strong> wir Glaube nennen.<br />
So ist es zunächst unsere Vernunft,<br />
<strong>die</strong> uns das Tor zum Glauben<br />
eröffnet – und <strong>die</strong> Gnade Gottes gibt<br />
uns Impuls und Kraft, <strong>die</strong> Schwelle<br />
zu überschreiten. E<strong>in</strong> ebenso <strong>in</strong>tellektuelles<br />
wie existenzielles Ja zur<br />
Botschaft des Evangeliums – das ist<br />
echter Glaube. Glaube bedeutet aber<br />
nicht nur jenes Ja zur Botschaft Jesu<br />
Christi. Wenn wir von Glauben<br />
sprechen, dann me<strong>in</strong>en wir auch den<br />
Inhalt <strong>die</strong>ser Botschaft. <strong>Der</strong> Glaube<br />
– sagt der Apostel – kommt vom Hören,<br />
vom Hören auf <strong>die</strong> Boten, und<br />
das s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Apostel und ihre Nachfolger<br />
– Papst und Bischöfe. Durch<br />
ihre lebendige Verkündigung kommt<br />
uns <strong>die</strong> von Gott geoffenbarte Wahrheit<br />
zu. Es ist <strong>die</strong> Kirche, <strong>die</strong> uns <strong>die</strong><br />
Heilige Schrift an <strong>die</strong> Hand gibt und<br />
sie erklärt. Sie tut es durch <strong>die</strong> Lehre<br />
der Päpste und Konzilien, der Kirchenväter<br />
und der Heiligen. Glauben<br />
kann man nicht alle<strong>in</strong>, nur <strong>in</strong> der alle<br />
Erdteile und <strong>Zeit</strong>räume umgreifenden<br />
Geme<strong>in</strong>schaft der Kirche. Glaube<br />
ist ke<strong>in</strong> Ego-Trip, ist ke<strong>in</strong> Speisen<br />
à la carte bei dem nur jeder das auswählt<br />
was ihm schmeckt: Glauben ist<br />
notwendigerweise das Ja zum ganzen<br />
und unverfälschten Glaubensgut<br />
der Kirche. Dieses Ja erweist sich<br />
dann als echt, wenn wir <strong>in</strong> unserem<br />
Denken, Entscheiden und Handeln<br />
mit Gott und se<strong>in</strong>em <strong>Wort</strong> ebenso realistisch<br />
rechnen wie mit dem Stand<br />
unseres Bankkontos.<br />
II.<br />
Vom „Tor des Glaubens“<br />
sprich der Hl. Vater. In<br />
der Tat tut sich uns, im<br />
Augenblick, da wir zu glauben beg<strong>in</strong>nen,<br />
e<strong>in</strong> Tor auf, das uns e<strong>in</strong>en Zugang<br />
zu e<strong>in</strong>er Welt eröffnet, <strong>die</strong> menschlichem<br />
Begreifen, menschlicher Vorstellungskraft<br />
gänzlich unzugänglich<br />
ist, <strong>die</strong> dennoch wirklicher ist als al-<br />
DER FELS 11/<strong>2012</strong> 307