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MS-Bro 2005_Kern - Evangelisches Diakoniewerk Gallneukirchen

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2. Wie lernt man die Kundenwünsche kennen?<br />

Zunächst sollte man diese Wünsche erfragen. Da wegen der besonderen kognitiven<br />

und kommunikativen Möglichkeiten, aber auch wegen eingeschränkter<br />

Lebenserfahrungen es gerade bei Menschen mit sog. geistiger Behinderung<br />

schwierig sein kann, Wünsche zu erfragen, sollte zusätzlich eine Analyse der<br />

Lebenslage und Lebensverläufe erfolgen. Diese berücksichtigt mehr als nur die<br />

Fragen medizinischen oder pflegerischen Bedarfs. Vielmehr geht es um<br />

• materielle, psychische, physische und soziale Aspekte, um<br />

• Kontakte und Rollen, um<br />

• Statuszuschreibungen und soziale Anerkennung ebenso wie um<br />

• die jeweiligen Biografien.<br />

Wie in einem Kaleidoskop können so die Lebenssegmente beleuchtet werden, in<br />

denen Menschen jeweils Bedeutung zukommt und denen sie Bedeutung beimessen,<br />

die also ihre Lebensqualität ausmachen.<br />

3. Wie kann man die Kundenwünsche erfüllen?<br />

Indem man die Verschiedenheit der Menschen berücksichtigt und individuelle<br />

Bedarfe, Bedürfnisse und Kontexte, fehlende und vorhandene Ressourcen einbezieht.<br />

Mit den Verfahren der individuellen Hilfeplanung lassen sich dann die notwendigen<br />

Unterstützungsdimensionen und deren konkrete Umsetzungswege im<br />

Einzelfall finden, vereinbaren und ausgestalten.<br />

Gute auf diese Erkenntnisse aufbauende Konzepte berücksichtigen, die<br />

• Gesundheitslage und -versorgung, aber auch<br />

• die Selbstsicht und Zukunftswünsche sowie<br />

• die Kompetenzen zur Selbstsorge und Selbstbestimmung<br />

der Menschen mit Behinderung.<br />

Damit verbindet sich automatisch die Frage, wer bei der Hilfegestaltung im Boot<br />

sein muss. Die Antwort ist gleichermaßen einfach wie umfassend:<br />

Alle teilhaberelevanten Teilsysteme in einer Kommune/Gemeinde/Region. Zwischen<br />

diesen und innerhalb dieser müssen sich dann Unterstützungsprozesse<br />

gestalten.<br />

Das führt mich zum nächsten Frageaspekt: der Perspektive der jeweiligen<br />

Dienstleister – einerlei ob es sich um private, öffentliche oder nachbarschaftliche<br />

Hilfen handelt.<br />

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Auch hier stelle ich wieder drei Fragen:<br />

1. Welche Prozesse sind relevant?<br />

Hier sind alle Abläufe zur Finanzierung, Planung, Differenzierung und Umsetzung<br />

geeigneter Hilfen wichtig. Für Lebensqualität ist eine unentgeltliche Familienstunde<br />

nicht weniger wert als eine teure Fachleistungsstunde. Dies gilt im<br />

Binnenbetrieb der Leistungsträger und -anbieter ebenso wie in den Kooperationsfeldern<br />

des gegliederten Hilfesystems.<br />

2. Wie sollten die Prozesse laufen?<br />

Sie sollten schnell, zuverlässig und zielgenau laufen. Es gilt Abschied zu nehmen<br />

von Wagenburgmentalitäten zwischen Anbietern der Pflege-, Behinderten- oder<br />

Altenhilfe, der verschiedenen Rehabilitationsträger, der Bildungs- oder Medizinisch-therapeutischen<br />

Dienste. Dies gelingt dann am besten, wenn Schnittstellen,<br />

Zuständigkeitsfragen und Informationen nicht dazu zwingen, gegen spezifische<br />

Eigeninteressen zu handeln. Insofern ist es auch ein Strukturentwicklungsthema.<br />

3. Wie kann man das umsetzen?<br />

Es genügt nicht, vorhandene Angebote der Behindertenhilfe nur zu intensivieren<br />

oder um Aspekte der Pflege oder Geriatrie anzureichern. Vice versa gilt dies<br />

ebenso für Pflege- oder Altenhilfedienste.<br />

Aber es kann sich lohnen, Methoden des Care- und Casemanagements vermehrt<br />

zum Tragen kommen zu lassen, um so Hilfe nach Maß im Einzelfall zu gestalten.<br />

Denn wenn „Balanced Aging“ altern mit Lebensqualität bedeutet, dann kann es<br />

nicht darum gehen, Menschen mit Unterstützungsbedarf den vorhandenen Hilfesystemen<br />

anzupassen, sondern die Organisationen müssen ihre Perspektive<br />

und teilweise wohl auch ihre Angebotsformen und -intensionen so wandeln,<br />

dass sie die jeweilig passende Unterstützung bieten können.<br />

Damit sind wir bei der vierten, der Lern- und Entwicklungsperspektive angelangt,<br />

die ich mit dem fünften Aspekt, der Suche nach weiteren relevanten Fragen,<br />

verbinden will.<br />

Ich fasse zunächst zusammen:<br />

Wir haben gesehen, dass Konzepte bei den Kompetenzen, Bedarfen und Bedürfnissen<br />

ansetzen müssen, die heute alte Menschen mit Behinderung haben und<br />

artikulieren. Sie müssen sich aber zugleich auf die nächsten Generationen, also<br />

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