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Leseprobe - Feder & Schwert GmbH

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als Wildheit ausgelegt wurde. Es machte ihm nichts aus, daß sie in<br />

Stiefeln und kurzen Trachtenröcken durch die Wälder und Berge<br />

rings um die Seen strich. Er hatte ihr nicht verboten, seine Bücher<br />

zu lesen, obgleich viele davon für junge Damen ungeeignet waren.<br />

Er hielt Unbildung nicht für eine Tugend, bei jungen Frauen nicht<br />

und auch bei sonst niemandem, und war zudem ein begnadeter<br />

Schachspieler, und Charly liebte es, gegen ihn zu spielen. Ab und<br />

zu gewann sie.<br />

„Es würde mir vielleicht gar nicht soviel ausmachen, Leopold<br />

zu heiraten, wenn ich dann nicht von hier fort müßte. Ich würde<br />

es entsetzlich vermissen, wenn ich nicht mehr hierherkommen<br />

könnte.“<br />

Sie sah sich um und genoß die rötlichen Herbstfarben des Waldes.<br />

Hier war es so schön, und die Pracht der Bäume erinnerte<br />

sie an ihren Fey-Freund. Seine Haarfarbe hatte sich immer der<br />

Jahreszeit angepaßt: Hellblond im Frühling, warmes Braun im<br />

Sommer, Feuerrot im Herbst. Im Winter war sein Haar weiß gewesen.<br />

Nur seine Augen hatten sich nie verändert. Blaßgrau waren<br />

sie gewesen, wie unpolierte Silbermünzen.<br />

„Vermutlich gehört es sich, zu heiraten und Kinder zu haben.<br />

Arterhaltung und so fort. Ich denke nur, ich hätte es vorgezogen,<br />

von dir geliebt zu werden.“ Sie seufzte und nahm ein besonders<br />

schön gefärbtes Blatt auf, das von einem Baum in ihren Schoß<br />

geschwebt war.<br />

„Ich bin nicht traurig“, fuhr sie fort und blickte auf das Blatt,<br />

das sie in der Hand drehte, „wirklich nicht. So ist es eben. Ich<br />

werde heiraten, Kinder bekommen. Ich habe den Vorgang ehelicher<br />

Pfl ichten in einem von Onkel Traugotts medizinischen<br />

Folianten nachgelesen. Die Köchin hat mich dabei erwischt. Es<br />

war ihrer Gemütsverfassung nicht zuträglich. Onkel Traugott ist<br />

da weniger verbohrt. Wahrscheinlich ist er dankbar, daß ich mir<br />

die nötigen Kenntnisse ohne seine Unterweisung aneigne. Anders<br />

wäre es uns beiden schrecklich peinlich. Mama hat nie über so<br />

etwas gesprochen.“<br />

LESEPROBE<br />

23

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