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audiomarx<br />
Ein Audio-Projekt im „Temporary Museum of Modern Marx“ in Chemnitz<br />
Andrea Geyer und Ronald Reichelt<br />
Temporary Museum of Modern Marx<br />
Beginnend am 5.Mai 2008, dem 190. Geburtstag des<br />
Philosophen, ist die temporäre Umbauung des Karl Marx<br />
Denkmals in Chemnitz gestartet. Die Debatten um die<br />
Ausleihe des Kopfes zu den skulpturprojekten Münster<br />
wurden zum Ausgangspunkt für diese Idee, denn sie haben<br />
gezeigt, dass Marx und seine aktuelle Wahrnehmbarkeit<br />
in Chemnitz enorme Reibungsenergien freisetzen.<br />
Der Mann ist nicht ausgestanden. Wer ist er eigentlich?<br />
Was kann er in Chemnitz sein?<br />
Das Projekt ist das Ergebnis eines<br />
internationalen Studentenworkshops,<br />
den die Neue Sächsische Galerie im<br />
Frühsommer 2007 durchgeführt hat.<br />
Studenten aus Linz und Schneeberg<br />
begannen mit der Erforschung des<br />
Marxverständnisses in Chemnitz unter<br />
dem Motto „Gebt uns euer Kapital“.<br />
Diese Initiative hat vor allem gezeigt,<br />
dass die Marx-Plastik als Bindungsobjekt<br />
von vielen Seiten in Anspruch<br />
genommen, das Denken, für das er<br />
steht, jedoch kaum noch reflektiert<br />
wird. Hierin sahen die Initiatoren ein<br />
entscheidendes Potential für die Zukunft<br />
des Monumentes jenseits ideologischer<br />
Vereinnahmungen, für eine<br />
Integration in das neue Chemnitz. In<br />
Auswertung der Feldforschung sollte<br />
deshalb das gesammelte Kapital in<br />
einem auf Marx konzentrierenden<br />
Raum zurückgegeben werden. Das kann nur direkt am<br />
Kopf stattfinden.<br />
Die inhaltliche Stärke der Porträtplastik ist von der Diskussion<br />
um die Bedeutung des Marx-Monumentes in<br />
Chemnitz als Zeugnis realsozialistischer Herrschaft und<br />
zugleich unverzichtbarem zeitgenössischem Imageträger<br />
völlig verdeckt worden. Deshalb soll der Kopf durch<br />
die Umbauung temporär der Stadt entzogen und in seinem<br />
Inneren Gelegenheit zu einer Auseinandersetzung<br />
mit Marxschem Denken anhand seiner Schriften gegeben<br />
werden.<br />
Marxmonument<br />
Der weiße Kubus erlaubt über Wochen einen denkbar<br />
einfachen Zugang und Einstieg in das Gedankengebäude<br />
des Philosophen. Eine Wandlung der bisherigen Annäherung<br />
an den Marxkopf wird den Besucher im Inneren auf<br />
steigenden Wegen mit mehreren Höhenebenen ermöglicht.<br />
Auf einer Zwischenetage steht er dem Denker ungewohnt<br />
auf Augenhöhe gegenüber. Zum Abschluss des<br />
Weges wird er eine Plattform über dem Kopf mit Aussicht<br />
auf die nun wieder sichtbare Stadt erreichen.<br />
Die Präsenz Karl Marx wurde nach 37 Jahren in Chemnitz<br />
zum ersten Mal temporär aus dem Stadtbild entfernt und<br />
durch eine begehbare „Umhausung“ ersetz. Ziel dieses<br />
Kunstprojektes soll sein: die Rolle, Erscheinung und Person<br />
Karl Marx als Philosoph und Ökonom im Alltag der<br />
Chemnitzer Bevölkerung herauszufinden. Wie wirkt sich<br />
die Präsenz der monumentalen Plastik im Stadtraum von<br />
Chemnitz auf seine Bürger und Besucher aus? Ist sein<br />
Abbild nur ein beeindruckendes Wahrzeichen für diese<br />
Stadt, gleich einem Maskottchen? Sollte das Denkmal<br />
damit nicht gänzlich entfernt werden? Ist Karl Marx unverzichtbarer<br />
Bestandteil von Chemnitz? Welchen Stellenwert<br />
haben seine Schriften? Wie lesen wir ihn heute?<br />
Durch dieses Kunstprojekt und die damit verbundene<br />
temporäre Entfernung des Denkmals aus der Stadt-Silhouette<br />
wurde eine Diskussion hervorgerufen und die<br />
Öffentlichkeit nahm wieder Kenntnis von ihrem “Wahrzeichen“.<br />
Diesen ersten Schritt und die Tatsache, dass<br />
sich Bürger mit dem Marxmonument auseinandersetzen,<br />
können wir heute in aktuellen Presseberichten und<br />
Internetforen verfolgen. Dass eine derartig kontroverse<br />
Debatte entstand, war und ist das Hauptanliegen des<br />
Kunstprojektes. Damit wird dem Chemnitzer Bürger eine<br />
neue Plattform geboten, sich mit der „Tatsache“ Marx<br />
auseinander zu setzten.