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Frauenstudien/Genderstudies Wintersemester 2010/2011

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Gastbeitrag<br />

Nach wie vor wird innerhalb der Bewegung darauf geachtet, dass Männer<br />

nicht dominieren. Vor allem in der Repräsentation nach außen wird Wert<br />

darauf gelegt, wie ein Blick in die Presse der Bildungscampwoche zeigt. Die<br />

verhältnismäßig wenigen Frauen, die sich am Protest und der Organisation<br />

beteiligen, sind es inzwischen gewöhnt, ihre Meinung deutlich zu vertreten.<br />

Ihre Aussagen werden deshalb auch wirklich gehört. In internen Diskussionen<br />

gibt es dementsprechend nur in seltenen Fällen noch quotierte Redelisten,<br />

obwohl sie während der Besetzung gang und gäbe waren. Man könnte die<br />

These vertreten, dass die Aktivist_innen in der Münchner Protestbewegung<br />

untereinander kein soziales Geschlecht mehr haben. Wenn angepackt werden<br />

muss, tun dies alle. Klischees greifen hier nicht: die Männer kochen und die<br />

Frauen schleppen gerne mal Sofas durch die Gegend.<br />

Eine wirkliche Analyse, warum weniger Frauen als Männer sich aktiv beteiligen,<br />

betreibt man allerdings nicht. Während der Besetzung sprach man von dieser<br />

Ungleichverteilung und begründete sie vielleicht etwas lax mit dem Selbstdarstellungstrieb<br />

des Mannes. Aber in einem kleinen Forum von etwa fünfzig<br />

Menschen, wobei in der Regel nur grob zwanzig pro Bildungsstreik-Treffen<br />

zusammenkommen, fällt diese Argumentation flach. Die Menschen kennen<br />

sich zu gut und sind durch Freundschaft verbunden. Selbstdarstellung ist kein<br />

Thema mehr. Auch gibt es, auf das Thema Bildung bezogen, kaum Meinungsunterschiede;<br />

man hat sich ausdiskutiert. Politische Unterhaltungen sind<br />

nicht mehr antithetisch aufgebaut, sondern konstruieren gemeinsame Argumentationsketten.<br />

Genderdiskussionen sind in dieser Runde unbeliebt. Nur wenige Männer<br />

bezeichnen sich als Feministen. Auch die meisten Frauen schütteln über<br />

Feminismus den Kopf. Sie fühlen sich nicht diskriminiert und wollen nicht<br />

aufgrund von Quotenregelungen wahrgenommen werden. Dass man in der<br />

Gesellschaft noch lange nicht bei einer kompletten Gleichberechtigung<br />

angekommen ist, bestreitet niemand. Diesen Menschen sind Gehaltsunterschiede,<br />

Aufstiegs(un)möglichkeiten und andere Diskriminierungsformen bekannt<br />

– sie finden diese auch ungerecht. Dennoch lassen sie sich auf ein Paradoxon<br />

ein: Während sie im Bildungsbereich fordern, dass jedem die gleichen<br />

Möglichkeiten offen stehen müssen und, wenn dies nicht der Fall sei, dann<br />

habe der Staat einen Ausgleich zu schaffen, z. B. durch erhöhte BaföG-<br />

Leistungen, tun sie das im Bezug auf Gender nicht (mehr). Da zählt leider der<br />

Grundsatz: Stell dich nicht so an, mach den Mund auf, zeig was du kannst und<br />

leiste etwas... dann wird das schon. Quotenregelungen werden als falsches<br />

Mittel zum Zweck bezeichnet, sie würden den Blick weg von Leistung und<br />

hin zum Geschlecht lenken. Der Einfluß der männerdominierten Sprache auf<br />

das Denken und somit auf die Gesellschaft wird entweder negiert oder heruntergespielt.<br />

Ein Satz, der zu Besetzungszeiten im Audimax fiel, mag symptomatisch<br />

wirken. „Wir brauchen mehr Manpower_innen,“ hieß es eines Tages.<br />

... man bekommt den Mann einfach nicht raus.<br />

Roxanne Phillips,<br />

Studentin Magister Neuere Deutsche Literatur

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