Kinder machen Frieden - Institut für Friedenspädagogik Tübingen
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Kriegsfolgen<br />
Kriege verursachen nicht nur menschliche Opfer, sie zerstören auch die<br />
materielle Infrastruktur, verwüsten die Natur, zerrütten Sozialstrukturen und<br />
führen zu enormen Kosten.<br />
Zu den Zahlen der Kriegsopfer der Kriege in (Ex-)Jugoslawien zwischen<br />
1991-1999 existieren sehr unterschiedliche Angaben. Allein <strong>für</strong> Bosnien-<br />
Herzegowina werden Zahlen von 100.000 bis 250.000 Tote genannt<br />
und es wird von ca. 175.000 Verwundeten, 36.000 Vermissten und ca.<br />
30.000 vergewaltigten Frauen ausgegangen.<br />
Während und nach den Kriegen waren hunderttausende Menschen auf der<br />
Flucht, so gingen z.B. im März 1999 230.000 interne Flüchtlinge und im<br />
Juni 1999, zum Ende der Militärintervention der NATO, mehr als 800.000<br />
Flüchtlinge über die albanische und mazedonische Grenze. Diese Menschen<br />
wurden bedroht, misshandelt, zum Verlassen ihrer Häuser und zur<br />
Aufgabe ihrer Lebensgrundlagen gezwungen, weil sie einer missliebigen<br />
ethnischen Gruppe angehörten.<br />
Große Teile auch der zivilen Infrastruktur wurden während der Kriege zerstört,<br />
so z.B. auch Brücken, Energie- und Wasserversorgung, Industrieanlagen,<br />
Wohnhäuser und Schulen. Hunderttausende Schüler konnten so keine<br />
Schule mehr besuchen. Der Einsatz von Munition mit angereichertem Uran<br />
und sog. Streubomben hat auch Langzeitfolgen.<br />
Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen dieser Kriege sind bis<br />
heute zu spüren. Neue Grenzen sind entstanden, die Wirtschaft konnte sich<br />
nicht erholen, vielerorts gibt es organisierte Kriminalität. Die Vertrauensbildung<br />
zwischen den Bevölkerungsgruppen und Gesellschaften ist schwierig.<br />
Die Ereignisse der Vergangenheit (auch die Kriegsverbrechen) werden<br />
vielerorts nicht aufgearbeitet, sondern mit dem Mantel des Schweigens<br />
bedeckt. Die Geschichte wird unter dem jeweils eigenen Blickwinkel geschrieben<br />
und weitergegeben. Für <strong>Kinder</strong> und Jugendliche gibt es kaum<br />
attraktive Zukunftsperspektiven. Versöhnungsarbeit wird nur von kleinen<br />
Gruppen geleitet.<br />
5<br />
Traumatisierungen<br />
Die psychischen Kriegsfolgen sind<br />
heute noch zu spüren. Besonders in<br />
der Kindheit und Jugend stellen Krieg,<br />
Gewalterfahrungen aller Art, Vernach-<br />
lässigung, emotionale, physische und<br />
sexuelle Misshandlung die schwerwiegendsten<br />
und gesellschaftlich häufigsten<br />
Traumatisierungen dar. Solche traumatischen<br />
Erfahrungen hinterlassen unbehandelt<br />
lebenslange Spuren.<br />
Vgl. www.fice.at<br />
Zehn Jahre danach<br />
„Krizevici, das im Krieg systematisch<br />
zerstört wurde, besteht auch zehn Jahre<br />
nach Ende der Kämpfe nur aus halbfertigen<br />
Häusern. Geteerte Straßen gibt es<br />
nicht, da<strong>für</strong> sind die alten Ideologien der<br />
Kriegszeit geblieben.“<br />
Lisa Thormählen, Schüler Helfen Leben<br />
nach einer Recherchefahrt in Bosnien im<br />
April 2006.<br />
Wiederaufbau nach dem Krieg<br />
Ökonomischer Wiederaufbau<br />
– Reparatur zerstörter Infrastruktur und<br />
Produktionsanlagen<br />
– Aufbau neuer Transportsysteme<br />
– Reaktivierung internationaler Finanzzusammenhänge<br />
– Konversion der Rüstungsindustrie<br />
Sozialer Wiederaufbau<br />
– Hilfe <strong>für</strong> kriegsgeschädigte Gruppen<br />
– Gesundheits- und Erziehungswesen<br />
– Gesellschaftlicher Diskurs über Ursachen<br />
und Folgen des Krieges<br />
Demilitarisierung<br />
– Politische Kontrolle der Gewaltmittel<br />
und -apparate<br />
– Verminderung der Rüstungsausgaben<br />
– Räumung von Minen<br />
– Neuformierung von Polizei<br />
– Beschäftigung und Reintegration von<br />
Soldaten<br />
Politischer Wiederaufbau<br />
– Aufbau demokratischer Strukturen<br />
– Regeln <strong>für</strong> Konfliktaustrag<br />
– Frage der Machtverteilung<br />
– Bildung politischer <strong>Institut</strong>ionen<br />
Vgl. Volker Matthies: Nicht mehr Krieg<br />
und noch nicht <strong>Frieden</strong>. Schlichtung und<br />
Wiederaufbau als Aufgaben der Entwicklungspolitik.<br />
In: Der Überblick, Heft<br />
1/1995, S. 94 f.