Versuch einer Analyse: Frau Klein - Frommann-Holzboog
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»<strong>Versuch</strong> <strong>einer</strong> <strong>Analyse</strong>: <strong>Frau</strong> <strong>Klein</strong>«<br />
<strong>Analyse</strong>stunde »aus den Schienen sprang«, alle aussteigen mußten und der Conducteur<br />
keine Karte gab, um in eine andere Elektrische umzusteigen. Melanie<br />
<strong>Klein</strong> deutet die Elektrische als seinen Penis im Zusammenhang mit seinen ödipalen<br />
Triebimpulsen gegenüber der Mutter, wobei sie den Conducteur als verbietenden<br />
Vater versteht. Die wiederholte Beschäftigung des Patienten mit diesem<br />
Material verweist darauf, daß seine Analytikerin damit die subjektive<br />
Bedeutung noch nicht hinreichend erfaßt hatte. Bei der zweiten Erwähnung in<br />
den Notizen folgt seine Beschäftigung mit Liften – die Seile könnten reißen<br />
etc. Meines Erachtens könnte der Patient mit diesen Assoziationen darauf hingewiesen<br />
haben, wie sehr er mit Objekten beschäftigt ist, die in seinem Erleben<br />
immer wieder entgleisen.<br />
In der uns übermittelten Anamnese gibt es auch Anhaltspunkte dafür, daß er<br />
die verschiedenen äußeren Objekte in dieser Weise wahrgenommen hat und unbewußt<br />
mit der Frage konfrontiert war, wieweit dieses Entgleisen seinen eigenen<br />
zerstörerischen Impulsen zuzuschreiben sei. 7 In ihrer Veröffentlichung von 1927<br />
vermutet <strong>Klein</strong> eine Fixierung eines »ungemein primitiven und grausamen Über-<br />
Ichs«. 1921 – es sei daran erinnert, daß sie erst wenige Wochen vor Aufnahme<br />
dieser Behandlung überhaupt mit ihrer analytischen Tätigkeit begonnen hat –<br />
war ihr diese Dimension noch nicht bewußt zugänglich mit all den technischen<br />
Konsequenzen, die aus solch <strong>einer</strong> Art negativen Übertragung resultieren. Die in<br />
den darauffolgenden Monaten und Jahren unternommenen Kinderanalysen in<br />
Berlin konfrontierten sie mit den verschiedenen Facetten früher grausamer Objektbeziehungen,<br />
welche ihr schließlich ermöglichten, auf dem 10. Internationalen<br />
Psychoanalytischen Kongreß in Innsbruck 1927 über die Frühstadien des Ödipus-Konfliktes<br />
vorzutragen. Die verschiedenen Arbeiten von 1927 stellen wichtige<br />
Meilensteine für die Konzeptualisierung verschiedener unbewußter Phantasien,<br />
welche die innere Welt dominieren können, dar.<br />
7 In diesem Zusammenhang ist Melanie <strong>Klein</strong>s Erwähnung eines völlig neuen Interesses »an der Konstruktion<br />
von Aufzügen und jeder Art von Schlosserarbeiten« (1927 b, S. 279) aufschlußreich. Man<br />
kann vermuten, daß die Erfahrungen mit dem neuen Objekt in der <strong>Analyse</strong> in dem Jungen die Hoffnung<br />
wieder aufflackern ließ, daß seine Wiedergutmachungsimpulse nicht frustran sein müßten.<br />
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