Rede von Werner Bohnenkamp anlässlich des ... - FWG Rietberg
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<strong>Rede</strong> <strong>von</strong> <strong>Werner</strong> <strong>Bohnenkamp</strong> <strong>anlässlich</strong> <strong>des</strong><br />
Volkstrauertages am 18.11.2007<br />
<strong>Rietberg</strong>. <strong>Werner</strong> <strong>Bohnenkamp</strong>: „Für meine <strong>Rede</strong> <strong>anlässlich</strong> <strong>des</strong><br />
Volkstrauertages habe ich beeindruckende Resonanzen erfahren.<br />
Auf Wunsch zahlreicher Bürgerinnen und Bürger haben wir die<br />
<strong>Rede</strong> auf unsere Internetseite veröffentlicht. Im Anschluss daran<br />
haben wir noch eine Lesermeinung <strong>von</strong> Herrn Hermann Vollmer<br />
eingestellt , die uns über info@fwg-rietberg erreicht hat. Hierfür<br />
möchten wir uns ganz, ganz herzlich bedanken.<br />
<strong>Rede</strong>:<br />
Verehrte Lebende, seit bis zu 62 Jahren in Frieden Lebende,<br />
als ich angesprochen wurde, hier am Mahnmal/Ehrenmal eine<br />
Ansprache zu halten, dachte ich, wieso ich? Ich bin doch gar nicht<br />
betroffen.<br />
Folgende Begebenheit aber taucht vor meinen Augen auf:<br />
Ich war ca. 8 Jahre alt und fand in einer Schrankschublade einen<br />
Wehrpass, dieser war mittig aufgeschlitzt und sah aus wie stark<br />
verschmutzt.<br />
Ich hatte den Wehrpass <strong>von</strong> meinem Onkel Wilhelm Buschkröger<br />
genannt Adrian in der Hand. Er war bei einem Nahkampf mit einem<br />
Bajonett erstochen worden. Das Bajonett durchbohrte den Wehrpass<br />
und dann sein Herz, und die Verschmutzung war sein Blut.<br />
Ich bin betroffen und ich habe nicht vergessen oder verdrängt.<br />
Hier am Mahnmal zu stehen, macht uns alle betroffen.<br />
An der Stelle wo in Neuenkirchen die Synagoge stand, sollte im ersten<br />
Entwurf ein Mahnmal entstehen mit der Inschrift: „Rama rief Ihre Kinder,<br />
aber sie waren nicht mehr“<br />
Auch die Mütter der Toten, deren wir heute gedenken, riefen Ihre<br />
Kinder. Aber sie waren nicht mehr.<br />
Die meisten <strong>von</strong> Ihnen hier haben Verwandte durch zwei irrsinnige<br />
Kriege verloren.
Wenn Sie sich die 16 Gefallenentafeln hier an der Gedenkmauer<br />
anschauen, finden Sie Namen <strong>von</strong> Toten, die Sie gekannt haben,<br />
finden Sie Namen, die Sie kennen.<br />
Die Verstorbenen sind Mahner vor Gewalt, sie leben noch in unseren<br />
Gedanken und sie fordern uns zum friedlichen Handeln und miteinander<br />
leben mit allen Religionen, Nationen in Verständnis und Toleranz auf.<br />
Gedenken zum Volkstrauertag betrifft nicht nur die eigenen<br />
Toten und Opfer, sondern alle Toten und Opfer <strong>von</strong> Krieg, Gewalt,<br />
Fundamentalismus, Rassenwahn und Diktatur.<br />
Wir gedenken der 10 Millionen Toten <strong>des</strong> Ersten Weltkrieges und<br />
55 Millionen Toten <strong>des</strong> Zweiten Weltkrieges.<br />
All diese, durch kriegerische Gewalt verstorbenen, fordern uns zum<br />
Frieden auf.<br />
Fordern die Politik, die Diplomatie, die Religionen, die Familien, die<br />
Menschen auf, Konflikte ohne Gewalt zu lösen.<br />
Jeder Krieg ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.<br />
Fordern auch Sie auf, die Armut in der Welt mit friedlichen Mittel zu<br />
besiegen. Armut ist immer ein mit Mitauslöser <strong>von</strong> Gewalt!<br />
Aber lernen wir nichts dazu, haben wir all das schon vergessen?<br />
Oder sind wir nur nicht mehr betroffen?<br />
Der Golfkrieg hat uns seiner Zeit auf den Bildschirmen gezeigt, wie eine<br />
Tötungsmaschinerie perfekt funktioniert. Es war kein Computerspiel,<br />
obwohl es so wirkte, es war und ist noch immer Realität.<br />
Die Waffen die auch uns treffen können, sind bereits vorhanden.<br />
Ich rufe Ihnen daher zu: Wir sind betroffen, der Irak, der Balkan, der<br />
Sudan, Kindersoldaten, Menschenbomben, der 11. September, England,<br />
Spanien, Afghanistan, Aufmärsche <strong>von</strong> Neo-Nazis, Gewaltverherrlichung<br />
bis hin zu Ballerspielen und Filmen.<br />
Menschenverachtung und Gewaltbereitschaft ist täglich überall<br />
erkennbar. Der Irrsinn <strong>von</strong> Gewalt bekommt jeden Tag ein neues<br />
Gesicht.<br />
Seit 62 Jahre aber leben wir hier in Frieden. Dies verdanken wir auch<br />
den Friedensvätern wie Konrad Adenauer, Willi Brand, Hans-Dietrich
Genscher mit ihrem politischen Umfeld.<br />
Seit 18 Jahren haben wir die Wiedervereinigung. Wir alle haben dazu<br />
beigetragen.<br />
Arbeiten wir weiter an dem Frieden in der Welt, wir sind es unseren<br />
Kindern,<br />
unseren Familien, den Menschen und den Kriegsopfern schuldig.<br />
Vergessen macht blind, daher lasset uns nie vergessen, denn die<br />
Verantwortung tragen wir alle.<br />
Schalom<br />
Ich schließe mit den Worten:<br />
„Wenn Menschen schweigen werden Steine reden“<br />
<strong>Werner</strong> <strong>Bohnenkamp</strong><br />
Hier die Resonanz <strong>von</strong> Hermann Vollmer:<br />
Lieber <strong>Werner</strong>,<br />
am Sonntag hat am Ehrenmal eine denkwürdige Veranstaltung statt<br />
gefunden, wie es sie schon lange nicht mehr gegeben hat, und das lag<br />
besonders an den beiden <strong>Rede</strong>n, die Gerry Reinkemeier und du<br />
gehalten habt. Beide <strong>Rede</strong>n gaben Eindrücke wieder, die besonders für<br />
jüngere Generationen wichtig sind, die sich bisher nicht direkt betroffen<br />
fühlten, weil sie ja nicht zu einer der Kriegsgenerationen gehören. Wohl<br />
aus diesem Grund fühlen sich <strong>von</strong> den jüngeren Leute so wenige<br />
angesprochen <strong>von</strong> der Einladung durch die Presse. Ihr habt es geschafft,<br />
uns zu zeigen, dass wir eben doch betroffen sind, und ihr habt uns mit<br />
euren Worten "betroffen" gemacht. Eure Gedanken sind sich sicher tief<br />
ins Gedächtnis der Zuhörerinnen und Zuhörer eingedrungen, und ich<br />
kann für mich sagen, dass ich besonders deine <strong>Rede</strong>, <strong>Werner</strong>, sobald<br />
nicht vergessen werden. Von solchen <strong>Rede</strong>n sollte es mehrere geben.<br />
Der evangelische Pastor Fricke hat in seiner Abendandacht im Bibeldorf<br />
den Beginn deiner <strong>Rede</strong> (mit deiner Namensnennung!) zum Anlass<br />
genommen, seine Gedanken für die kommende Woche einzuleiten, und<br />
hat damit wenigstens die vielen Jugendlichen erreicht, die wöchentlich<br />
zu diesen Andachten erscheinen.
Vielen Dank noch einmal für deine Worte. Schade, dass die Presse nur<br />
so mager darauf eingegangen ist. So wurde im Nachhinein diese<br />
Veranstaltung (durch Umfang und Aufmachung) noch unterhalb der<br />
Veranstaltung unserer Geflügelzüchter eingeordnet.<br />
Gruß<br />
Hermann Vollmer