Programmheft als PDF - Staatskapelle Dresden
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Zum prOgramm<br />
Radikalität des Ausdrucks<br />
Witold Lutosławskis »Trauermusik«<br />
»Selbstverständlich sehe ich in Bartók eine Schlüsselfigur der Musik des 20. Jahrhunderts«,<br />
betonte Witold Lutosławski, der in diesem Jahr, am 25. Januar, seinen 100. Geburtstag<br />
gefeiert hätte. Was der große polnische Komponist an Béla Bartók bewundert haben<br />
dürfte, war sicher nicht nur die Kompromisslosigkeit, mit der der ungarische Kollege seinen<br />
eigenen Stil entwickelt und den Weg in die musikalische Moderne beschritten hatte,<br />
sondern auch das unbedingte Streben Bartóks nach Ordnung, Perfektion – und Ausdruck.<br />
»Vielleicht«, so Lutosławski, »war Bartók unter seinen Zeitgenossen der einzige, der die<br />
Beethoven’schen Höhen des menschlichen Denkens und Fühlens erklommen hat.«<br />
Bereits mit seinem 1954 vollendeten »Konzert für Orchester« erwies Lutosławski dem<br />
Vorbild Bartók seine Reverenz. Das Werk war der großartige Abschluss einer Phase, in<br />
der Lutosławski, ähnlich wie Bartók, die heimische Folklore kompositorisch fruchtbar<br />
gemacht hatte. Seine erste Symphonie war 1949 noch <strong>als</strong> »formalistisch« gebrandmarkt<br />
worden – ein vernichtendes Urteil, das in der Stalin-Ära all jene Musik traf, die nicht den<br />
Maximen des »Sozialistischen Realismus«, der Forderung nach Verständlichkeit, Volksverbundenheit<br />
und optimistischer Haltung, zu entsprechen schien.<br />
Lutosławskis Trauermusik »à la mémoire de Béla Bartók« markierte den Auftakt einer<br />
neuen Periode seines Schaffens, das Werk war für ihn wie »das erste Wort in einer ganz<br />
neuen Sprache«. Die Partitur sollte 1955 zum zehnten Todestag Bartóks fertiggestellt sein,<br />
doch dauerten die Arbeiten bis 1958 an. Parallelen zu Bartóks »Musik für Saiteninstrumente,<br />
Schlagzeug und Celesta« lassen sich in dem Gedenkstück ausmachen, ohne dass<br />
dies die Eigenständigkeit Lutosławskis in Frage stellen würde. Grundlage der vierteiligen<br />
»Musique funèbre« ist eine Zwölftonreihe, d.h. ein Thema, das alle zwölf Töne des Tonsystems<br />
umfasst und noch dazu ausschließlich aus den Intervallen des Tritonus und der<br />
kleinen Sekunde gebaut ist: Klangsymbole der Trauer, des Schmerzes, des Unheils. In<br />
herber Kontrapunktik entspinnt sich der eröffnende »Prolog«, dessen Spiegelbild der<br />
»Epilog« ist: Die Trauermusik beginnt und endet mit dem solistischen Celloklang. Den<br />
Höhepunkt bildet, nach den verwickelten »Metamorphosen«, der kurze dritte Abschnitt<br />
mit seinen zum Teil 12-tönigen Klangballungen. Überschrieben ist dieser »Satz« mit »Apogäum«,<br />
womit in der Astronomie der erdfernste Punkt in der Umlaufbahn eines Himmelskörpers<br />
bezeichnet wird – Sinnbild für das avancierte Komponieren Lutosławskis.<br />
Besetzung: Streicher (Violinen aufgeteilt in vier Gruppen, Bratschen, Violoncelli und Kontrabässe<br />
in jeweils zwei Gruppen) // Dauer: ca. 14 Minuten<br />
Musik im Zeitalter der »Empfindsamkeit«<br />
C.Ph.E. Bachs Flötenkonzert Wq 169<br />
Bald drei Jahrzehnte diente Carl Philipp Emanuel Bach, dessen 300. Geburtstag im<br />
nächsten Jahr bevorsteht, <strong>als</strong> Kammercembalist in der Hofkapelle des Preußenkönigs<br />
Friedrichs des Großen, ehe er 1768 <strong>als</strong> Nachfolger Telemanns nach Hamburg ging. Der<br />
zweite Sohn Johann Sebastian Bachs galt <strong>als</strong> einer der berühmtesten »Clavieristen«<br />
Europas, sein »Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen« gehört zu den wich-