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BAURECHTSVERTEILER<br />

Ausgabe Juli 2013<br />

<strong>SES</strong> <strong>Eulitz</strong> <strong>Schrader</strong> Tel.: 030 / 31 57 57-0<br />

Rechtsanwälte und Notare Fax : 030 / 31 57 57-99<br />

Uhlandstraße 7/8 ∙ 10623 Berlin Email: detlef.eulitz@ses-legal.de<br />

www.ses-legal.de<br />

Detlef P. <strong>Eulitz</strong>


Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

liebe Leser,<br />

Ihnen allen, gleichviel ob Sie wie Hape Kerkeling bereits weg oder noch da sind, wünscht <strong>SES</strong> einen<br />

sonnigen, erholsamen und stressfreien Urlaub, was natürlich nur dann gewährleistet ist, wenn Sie<br />

Notebooks, Netbooks, IPads etc. ebenso zurücklassen wie die vermeintlich unverzichtbaren IPhones.<br />

Erlaubt sind lediglich E-Books (Amazon und Sony wird es freuen).<br />

Genug der Vorrede; wir starten durch und beginnen – wie gewohnt – mit den Branchen-News:<br />

1. Hurra, die neue HOAI ist da<br />

In seiner 910. Sitzung hat der Bundesrat am 07.06.2013 der von der Bundesregierung vorgelegten<br />

Novellierung der HOAI mit der notwendigen Mehrheit von 35 Stimmen (bei insgesamt 69 Stimmen)<br />

zugestimmt. Ferner hat er wie bereits im Jahr 2009 eine begleitende Entschließung gefasst, in der<br />

insbesondere die Frage der Rückführung der Planungsleistungen Umweltverträglichkeitsstudie,<br />

Thermische Bauphysik, Schallschutz und Raumakustik, Bodenmechanik, Erd- und Grundbau, Vermes-<br />

sungstechnische Leistungen sowie der Örtlichen Bauüberwachung für Ingenieurbauwerke und Ver-<br />

kehrsanlagen thematisiert wird.<br />

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Frage der Rückführung der sog. „Beratungsleistung“ sowie<br />

der örtlichen Bauüberwachung in den verbindlichen Teil der HOAI in der neuen Legislaturperiode<br />

intensiv geprüft werden muss. Darüber soll die Bundesregierung innerhalb von zwei Jahren nach<br />

Inkrafttreten der HOAI 2013 berichten.<br />

Die Novellierung bringt aktuelle Honorare für umfassend modernisierte Leistungsbilder, die an die<br />

neuen Anforderungen im Bau- und Umweltrecht angepasst wurden. Die HOAI 2013 tritt am Tag nach<br />

der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Die Schwerpunkte der Änderungen fassen wir kurz<br />

zusammen:<br />

- Die Honorarsätze steigen im Durchschnitt um 17 %.<br />

- Die Leistungsbilder wurden insbesondere unter dem Aspekt der Kosten- und Terminsicher-<br />

heit verdeutlicht und ergänzt.<br />

- Das Erfordernis der planungsbegleitenden Terminplanung eines Objekts wurde in die Leis-<br />

tungsbilder integriert.<br />

- Die Kostenplanung wird breiter angelegt.<br />

- Die einzelnen Leistungsbilder wurden umfassend aktualisiert und überarbeitet, pauschalierte<br />

Regelungen wurden unter Berücksichtigung der spezifischen Randbedingungen in den Leis-<br />

tungsbereichen den Leistungsbildern zugeordnet.<br />

2


- Die Planungsleistungen werden in den verbindlichen Teil der HOAI zurückgeführt.<br />

- Mit der Wiederaufnahme einer verbindlichen Regelung für die Abrechnung der mitzuverar-<br />

beitenden Bausubstanz in Anlehnung an den ehemaligen § 10 Abs. 3 a HOAI 1996 (Bestands-<br />

bauten) wurde eine wesentliche Forderung des Berufsstandes dem Grunde nach erfüllt.<br />

- § 15 der überarbeiteten Fassung stellt in Anlehnung an die Regeln des BGB klar, dass das Ho-<br />

norar fällig wird, wenn die Leistung abgenommen und eine prüffähige Honorarschlussrech-<br />

nung eingereicht worden ist.<br />

Über daraus resultierende Details berichten wir ebenso sukzessive wie über die Praktikabilität der<br />

Neufassung.<br />

2. Arbeitsstättenrichtlinien<br />

Seit Ende 2012 gelten die Arbeitsstättenrichtlinien nicht mehr. Gleichwohl planen immer noch Archi-<br />

tekten nach den alten Regeln. So sinnvoll die Richtlinien im Bereich der Arbeitssicherheit waren, so<br />

unnötig waren in den vergangenen Jahren die strikten Vorgaben für die Ausstattung der Arbeitsstät-<br />

ten pro Mitarbeiter. Heute gilt: Alles muss in „ausreichendem“ Maß vorhanden sein. Was als „ausrei-<br />

chend“ anzusehen ist, muss der Arbeitgeber notfalls mit seinem Betriebsrat aushandeln.<br />

3. Bessere Mittelstandsbeteiligung durch Losaufteilung<br />

Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie untersuchen die Auftragsbera-<br />

tungsstellen die Anwendungspraxis der vergaberechtlichen Mittelstandsklausel des § 97 Abs. 3 GWB.<br />

Ziel der Aufgabe ist es, Vorschläge für eine mittelstandsfreundliche Vergabepraxis öffentlicher Auf-<br />

traggeber zu erarbeiten. Im Zentrum steht die Frage, welches Auftragsvolumen für ein mittelständi-<br />

sches Unternehmen noch leistbar ist. Die Größe von Teillosen kann dann so festgelegt werden, dass<br />

sie sich direkt an den Bedürfnissen mittelständischer Unternehmen orientiert. Man darf gespannt<br />

sein, ob und wie die öffentliche Hand mit den neuen „Vergaberichtlinien“ zur Losaufteilung umgeht.<br />

4. Aufhebung öffentlicher Ausschreibungen<br />

Vornehmlich in Baden-Württemberg kritisiert die Bauwirtschaft, dass immer mehr Kommunen dazu<br />

übergehen, im Nachhinein ihre eigenen Ausschreibungen aufzuheben mit der Begründung, die Bau-<br />

unternehmen würden in ihren Angeboten zu hohe Preise abgeben. Viele öffentliche Auftraggeber<br />

unterstellen den Baufirmen ganz offenkundig, dass diese die derzeit relativ gute baukonjunkturelle<br />

Lage ausnutzten, um die Preise nach oben zu drücken.<br />

Die Schlussfolgerung, dass eine gute Auftragslage zu überhöhten Angebotspreisen führt, dürfte nicht<br />

zu rechtfertigen sein. Trotz teils massiv gestiegener Material- und Personalkosten sind die Preise für<br />

3


Bauleistungen in den letzten Jahren nur unwesentlich gestiegen. Durch den harten Wettbewerb der<br />

Branche ist der Preisdruck außerdem so hoch, dass die Betriebe – wenn überhaupt – nur äußerst<br />

geringe Gewinnmargen erzielen. Laut Statistischem Bundesamt lagen die Baupreise z. B. im Februar<br />

2013 nur um 2,1 % über dem Vorjahresniveau.<br />

5. Kein „Wintermärchen“<br />

Der Winter verhagelt den Bauunternehmen die Bilanz: Wie der Hauptverband der Deutschen Bauin-<br />

dustrie in der neuesten Ausgabe seines Aktuellen Zahlenbildes mitteilt, lag der Umsatz im Bauhaupt-<br />

gewerbe im März um nominal 17,6 % unter dem Niveau des entsprechenden Vorjahresmonats. Das<br />

gute Ergebnis im Februar konnte die Rückgänge im Januar und März nicht ausgleichen. Insgesamt<br />

meldeten die Bauunternehmen für das erste Quartal ein Umsatzminus von 9,9 %. Ursächlich für diese<br />

Entwicklung waren die frostigen Temperaturen, die die Bautätigkeit nahezu zum Erliegen brachten.<br />

6. Schwarzarbeit<br />

Wegen Nichtgewährung des Mindestlohns wurden im vergangenen Jahr im Bauhauptgewerbe und<br />

dem Baunebengewerbe 1.690 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dies teilt die Bundesregierung in<br />

ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/13206) mit.<br />

Bei der Kleinen Anfrage handelt es sich um eine Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die<br />

Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/12834. Im Bereich der Gebäudereinigung waren es 248<br />

Ermittlungsverfahren und bei den Sicherheitsdienstleistungen 124. Insgesamt seien im Jahr 2012 16<br />

Millionen Euro an Geldbußen vereinnahmt worden, von denen rund 11,6 Millionen auf das Bauge-<br />

werbe entfielen. Außerdem wurde aufgrund der Ermittlungen der Finanzkotrolle Schwarzarbeit Haft-<br />

strafen mit einer Gesamtdauer von 2.082 Jahren verhängt.<br />

Bei den Verhaltsempfehlungen für Baubeteiligte stehen diesmal deren Prüfungspflichten im Vorder-<br />

grund:<br />

a) Überwachung der Bauausführung durch Architekten und Ingenieure<br />

Die Bauüberwachung durch den Architekten darf sich auch bei einfachen, gängigen Tätigkeiten nicht<br />

darauf beschränken, die von den jeweiligen Auftragnehmern vorgelegten Papiere zur vorgesehenen<br />

Bauausführung (hinsichtlich Materialien bzw. Arbeitsweisen) einer bloßen Durchsicht vom Büro-<br />

schreibtisch aus zu unterziehen, ob sie mit den Vorgaben der Planung vollständig übereinstimmen.<br />

Vielmehr muss der wegen seiner besonderen Fachkunde mit der Bauüberwachung betraute Archi-<br />

tekt seine Fachkunde auch vertragsgemäß dahingehend einsetzen, dass er – zumindest stichproben-<br />

haft – Überprüfungen an Ort und Stelle vornimmt.<br />

4


Arbeiten im Bereich des Bodenaustauschs zwecks fachgerechter Gründung von Zweckbauten gehö-<br />

ren (ebenso das Betonieren/Bewehren von Sohlplatten) zu gefahrenträchtigen Arbeiten mit typi-<br />

schen Gefahrenquellen im Rahmen eines kritischen Bauabschnitts, bei denen verschärfte Anforde-<br />

rungen an die Bauüberwachung durch den Architekten zu stellen sind, da die Gründung eines Ge-<br />

bäudes für dessen mangelfreie Errichtung und dauerhaften schadlosen Bestand von grundlegender<br />

Bedeutung ist und sich nachträgliche Feststellungen dazu regelmäßig als außerordentlich schwierig<br />

und aufwendig darstellen.<br />

Verschärfte Anforderungen an die Bauüberwachung sind auch dann zu stellen, wenn die Baugrün-<br />

dung auf Basis eines Baugrundgutachtens mit besonderen Vorgaben an die Materialien, an deren<br />

Be-/Verarbeitung bzw. an sonstige Einzelheiten eines danach notwendigen Bodenaustauschs erfol-<br />

gen soll. Gleiches gilt bei handschriftlichen und erkennbar nicht abgestimmten Abänderungen des<br />

Leistungsverzeichnisses durch den beauftragten Tiefbauunternehmer.<br />

b) Prüfung der Wärmebedarfsberechnung<br />

Der Heizungsbauer hat die Wärmebedarfsberechnung des Fachplaners zumindest überschlägig zu<br />

überprüfen und gegebenenfalls Bedenken anzumelden. Da Heizanlagen und zentrale Wassererwär-<br />

mungsanlagen nur als Gesamtanlage funktionieren, wenn die Auslegung richtig ist, muss der Auf-<br />

tragnehmer in jedem Fall die Unterlagen des Auftraggebers einer sorgfältigen Prüfung unterziehen,<br />

da die Anlage sonst auch bei handwerklich einwandfreier Ausführung für den späteren Gebrauch<br />

untauglich sein kann. Überzogene Anforderungen an die Prüfungspflicht der Fachfirma dürfen aller-<br />

dings bei hiermit betrauten Sonderfachleuten nicht gestellt werden.<br />

c) Reichweite der Prüfungs- und Hinweispflicht des Auftragnehmers<br />

Der Auftragnehmer ist nicht für den Mangel seines Werks verantwortlich, wenn dieser auf verbindli-<br />

che Vorgaben des Auftraggebers oder von diesem gelieferte Stoffe oder Bauteile oder Vorleistungen<br />

anderer Unternehmer zurückzuführen ist und der Auftragnehmer seine Prüfungs- und Hinweispflicht<br />

erfüllt hat. Der Rahmen der Prüfungs- und Hinweispflicht und ihre Grenzen ergeben sich aus dem<br />

Grundsatz der Zumutbarkeit, wie sie sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls darstellt.<br />

Was hiernach zu fordern ist, bestimmt sich in erster Linie durch das vom Auftragnehmer zu erwar-<br />

tende Fachwissen und durch alle Umstände, die für den Auftragnehmer bei hinreichend sorgfältiger<br />

Prüfung als bedeutsam erkennbar sind.<br />

Bei der nachfolgenden Rechtsprechungsübersicht wird auch in dieser Ausgabe des Baurechtsvertei-<br />

lers das Öffentliche Baurecht nochmals verdrängt durch einige höchst interessante Entscheidungen<br />

zum Allgemeinen Zivilrecht und zum Recht der Sachverständigen ersetzt:<br />

5


I. Bauvertragsrecht<br />

(1) Mengenmehrung bei sittenwidrigen Preisen (Ergänzung zur Vorausgabe)<br />

OLG Hamm, Urteil vom 13.03.2013 – 12 U 74/12 –<br />

a) Weichen die tatsächlich angefallenen Mengen in erheblichem Umfang von den Ansätzen im<br />

Leistungsverzeichnis ab und ist diese Abweichung für den Bieter offensichtlich, sind 28-, 41-<br />

und 53-fach überhöhte Einheitspreise als sittenwidrig anzusehen. Demgegenüber ist eine<br />

Überschreitung des Einheitspreises um das 2,86-fache noch nicht so ungewöhnlich, dass der<br />

Schluss auf ein zu missbilligendes Gewinnstreben naheliegt.<br />

b) Bei einem überhöhten Einheitspreis ist die Sittenwidrigkeit nicht auf diejenigen Mehrmengen<br />

beschränkt, die über 110% der im Leistungsverzeichnis veranschlagten Mengen hinausgehen.<br />

Sie erstreckt sich vielmehr in vollem Umfang auf den ursprünglichen Angebotspreis. Die tat-<br />

sächliche Gesamtmenge ist insgesamt mit dem üblichen Einheitspreis zu multiplizieren.<br />

Die im zweiten Leitsatz der Entscheidung zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des OLG dürfte<br />

mit der Rechtsprechung des BGH nicht vereinbar sein. Sie steht jedenfalls im Widerspruch zu einem<br />

Urteil des Bausenats des BGH vom 18.12.2008. Die Entscheidung des OLG Hamm läuft auf eine<br />

grundsätzliche Preisprüfung der Angemessenheit der angebotenen Preise insgesamt hinaus. Dies<br />

sieht jedoch die VOB/B gerade nicht vor.<br />

Ansonsten fügt sich das Urteil in die Rechtsprechung des BGH und anderer OLG zu überhöhten Ein-<br />

heitspreisen ein. Auftragnehmer werden damit leben müssen, diese Tendenz der Judikatur bei der<br />

Erstellung von (Nachtrags-)Angeboten zu beachten.<br />

(2) Baubeginn „in ca. vier Wochen“<br />

OLG Koblenz, Urteil vom 23.04.2013 - 3 U 838/12 -<br />

a) Vereinbaren die Parteien im Bauvertrag, dass die Arbeiten „ab sofort innerhalb von 90 Ar-<br />

beitstagen" auszuführen sind, und sollen die Arbeiten „in ca. vier Wochen" beginnen, genügt<br />

dies nicht für eine kalendermäßige Bestimmtheit des Arbeitsbeginns (in Anknüpfung an BGH,<br />

Urteil vom 13.12.2001 –VII ZR 432/00, IBR 2002, 242).<br />

b) Die Vertragswendung „in ca. vier Wochen" lässt die gebotene kalendermäßige Fixierung ver-<br />

missen. Sie bringt nämlich zum Ausdruck, dass es sich um eine ungefähre Zeitangabe handelt,<br />

die der Schuldner wenigstens in einem gewissen Umfang überschreiten darf, ohne in Verzug<br />

6


zu geraten (in Anknüpfung an OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.05.2002 – 1 U 897/01, IBR<br />

2002, 599; vgl. auch BGH, Urteil vom 20.05.1985 – VII ZR 324/85, NJW 1986, 2049 f).<br />

Soll die Leistungszeit vertraglich vereinbart werden, so muss dies durch die unmittelbare (z. B. Beginn<br />

der Erdarbeiten 26. Juli) oder mittelbare (z. B. am 10. Tag von heute ab) Angabe eines bestimmten<br />

Kalendertags geschehen. Unscharfe Formulierungen, wie etwa die Wendung „circa“, entbehren der<br />

gebotenen kalendermäßigen Fixierung und erfordern eine zusätzliche Mahnung des Gläubigers, um<br />

einen Verzugsschaden begründen zu können.<br />

Obgleich die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung in Rechtsprechung und Literatur nie ernsthaft in<br />

Zweifel gezogen worden ist, war/ist es durchaus an der Zeit, hierauf nochmals zurückzukommen,<br />

denn die zu Recht beanstandeten Vertragswendungen häufen sich neuerdings.<br />

(3) Berechnung der Ansprüche aus § 642 BGB<br />

KG, Urteil vom 28.05.2013 – 7 U 12/12 –<br />

a) Über § 642 BGB werden wartezeitbedingte Mehrkosten des Unternehmers entschädigt, die er<br />

bei Angebotsabgabe nicht kalkulieren konnte. Zur Anspruchsdarstellung muss konkret vorge-<br />

tragen werden, welche Differenz sich bei einem Vergleich zwischen einem ungestörten und<br />

dem verzögerten Bauablauf ergibt.<br />

b) Witterungsbedingte Verlängerungen der Bauzeit begründen keinen Annahmeverzug des Auf-<br />

traggebers.<br />

In vielen Entscheidungen diverser Oberlandesgerichte wird ausgeführt, dass die Anforderungen an<br />

die Anspruchsdarlegung zu § 642 BGB hoch sind und woran der Anspruch allgemein oder im konkre-<br />

ten Fall scheitert. Vom Kammergericht wird zutreffend ein Entschädigungsanspruch zuerkannt, nach-<br />

dem der Auftragnehmer konkret bauablaufbezogen zu den Störungen, dem Annahmeverzug und<br />

alternativ zu allen Methoden der Berechnung der Anspruchshöhe vorgetragen hat, die in der Litera-<br />

tur vertreten werden. Der 7. Senat spricht die Entschädigung für den Zeitraum zu, für den der Auf-<br />

tragnehmer trotz des Annahmeverzugs vertraglich zur Leistung verpflichtet bleibt und dadurch<br />

Mehrkosten entstehen, die er ohne den Annahmeverzug nicht hätte und folgt damit der Auffassung<br />

des Vorsitzenden Richters des VII. Bausenats des BGH, der zumindest namentlich den meisten Bau-<br />

beteiligten bekannt sein dürfte/sollte.<br />

Der Auftragnehmer wird danach für Kosten entschädigt, die er hat, weil er nach Beendigung des An-<br />

nahmeverzugs in andere Vertragsumstände gerät, die er nicht einkalkulieren musste. Die Höhe der<br />

Entschädigung wird gem. § 287 ZPO vom Kammergericht geschätzt, ohne sich auf eine der verschie-<br />

7


denen Berechnungsarten festzulegen. Dieser Weg führt jedoch nur dann zum Ziel, wenn die Prozess-<br />

parteien dem Gericht alle „Eckdaten“ vortragen und belegen, die eine Schätzung erlauben.<br />

(4) Darlegung von Bauablaufstörungen zur Abwehr einer Vertragsstrafe<br />

OLG Brandenburg, Urteil vom 18.01.2012 – 13 U 116/09 –<br />

BGH, Beschluss vom 29.04.2013 – VII ZR 62/12 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)<br />

a) Die Vertragsstrafenklauseln eines vorgedruckten Vergabeverhandlungsprotokolls können<br />

nicht ohne Weiteres als Allgemeine Geschäftsbedingungen angesehen werden, wenn das Pro-<br />

tokoll insoweit ausfüllungsbedürftige Leerräume enthält und diese „Lücken" handschriftlich<br />

ausgefüllt werden.<br />

b) Eine Vertragsstrafenregelung, wonach die Obergrenze „maximal insgesamt 5%" der Netto-<br />

auftragssumme beträgt, ist dahin auszulegen, dass bei Verwirkung von Vertragsstrafen für<br />

mehrere Termine insgesamt die Obergrenze von 5% gilt.<br />

c) Ein Vertragsstrafenanspruch wegen Verzugs entfällt, wenn der Auftragnehmer darlegen und<br />

beweisen kann, dass er die Verzögerung nicht zu vertreten hat. Hierfür ist die Darlegung er-<br />

forderlich, dass und in welchem zeitlichen Umfang (Beginn und Ende) der Auftragnehmer an<br />

der Erbringung seiner Leistungen gehindert war.<br />

Vorformulierte Klauseln können durchaus individualisiert werden; die Trauben hängen jedoch hoch.<br />

Auf den Grundsatz der „verwenderfeindlichsten“ Auslegung geht das OLG nicht ein. Hervorzuheben<br />

ist: Entsprechend der sog. „Behinderungsschaden“-Rechtsprechung des BGH kann eine Entlastung für<br />

die Terminüberschreitung nur durch eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung der Behinderung<br />

und ihrer Auswirkungen gelingen.<br />

Sie werden schnell erkennen, dass sich das OLG Brandenburg erneut mit meinem „Lieblingsthema“<br />

befasst, weil auch durch diese Entscheidung unmissverständlich klargestellt wird, dass ohne bauab-<br />

laufbezogene Dokumentation in der Regel ein häufig empfindlicher Rechtsverlust droht. Ein ord-<br />

nungsgemäß und sorgfältig geführtes Bautagebuch (bei Bedarf kombiniert mit einer Zeugenaussage<br />

des Verfassers) ist durchaus geeignet, auch die „hohen Hürden zu erklimmen“. Je komplexer das<br />

Bauvorhaben ist, umso mehr sinkt üblicherweise die Bereitschaft des für das Führen der Bautagebü-<br />

cher zuständigen Bauleiters, den wohl verdienten Feierabend mit dem Ausfüllen von Vordru-<br />

cken/Formularen zu verkürzen. Den Schaden hat in aller Regel der Prinzipal.<br />

8


(5) Kündigung aus wichtigem Grund<br />

OLG Bremen, Urteil vom 21.01.2011 – 2 U 133/07 –<br />

BGH, Beschluss vom 21.02.2013 – VII ZR 54/11 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)<br />

a) Der Auftraggeber kann den Vertrag fristlos kündigen, wenn die Werkleistung derartig gravie-<br />

rende Mängel aufweist, dass das Vertrauen des Auftraggebers in die Leistungsfähigkeit und<br />

Fachkunde des Auftragnehmers nachhaltig erschüttert ist.<br />

b) Eine außerordentliche Kündigung ist auch wirksam, wenn sie (nur) mündlich erklärt wird.<br />

c) Nach einer Kündigung aus wichtigem Grund wegen Mängeln steht dem Auftraggeber ein An-<br />

spruch auf Schadensersatz zu. Für die Bewertung der Schadensersatzhöhe ist von den Män-<br />

gelbeseitigungsmaßnahmen und den damit verbundenen Kosten auszugehen, die der Auf-<br />

traggeber im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung als vernünftiger, wirtschaftlich denkender<br />

Bauherr aufgrund sachkundiger Beratung oder Feststellung aufwenden konnte und musste,<br />

wobei es sich um vertretbare Maßnahmen der Schadensbeseitigung handeln muss.<br />

Bei Kündigung eines Bauvertrags wegen Mängeln ist die Regelung in § 8 Abs. 3 VOB/B nicht zwingend<br />

vorgreifend, wenn die Mängel derart gravierend sind, dass diese eine Kündigung aus (sonstigem)<br />

wichtigem Grund rechtfertigen. Der Kündigende ist demnach weder gehalten, das in § 4 Abs. 7<br />

VOB/B vorgesehene Prozedere noch die gemäß § 8 Abs. 5 VOB/B vorgesehene Schriftform einzuhal-<br />

ten. Letztere gilt - so das OLG - nur für die in § 8 Abs. 1 - 4 VOB/B vorgesehenen Gründe, nicht aber<br />

sonst. Gleichwohl handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die nicht voreilig verallgemeinert<br />

werden sollte.<br />

II. Architektenrecht<br />

(1) Akquise ohne Vergütung!<br />

OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.12.2012 – 5 U 50/12 –<br />

a) Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich der Haftung nicht durch Berufung<br />

auf Kompetenzvorschriften entziehen, wenn ihre Organe das Vertrauen, das zu ihrer Bestel-<br />

lung geführt hat, missbrauchen.<br />

b) Zuständigkeitsbeschränkungen stehen nicht der Geltendmachung von Schäden entgegen, die<br />

das Organ in amtlicher Eigenschaft unter Verletzung von Sorgfaltspflichten bei der Anbah-<br />

nung des Vertragsverhältnisses dem Geschäftspartner zufügt.<br />

9


Der vorliegende Fall belegt, dass das finanzielle Risiko bei Leistungen ohne ausdrückliche Vereinba-<br />

rung über deren Vergütung enorm ist. Bei der Zusammenarbeit mit öffentlichen Körperschaften sind<br />

zusätzlich die Vertretungsbefugnisse zu beachten, worüber ich vor geraumer Zeit berichtet hatte.<br />

Verträge ohne Unterzeichnung vertretungsberechtigter Personen der Körperschaft sind regelmäßig<br />

schwebend unwirksam und verhindern ohne nachträgliche Genehmigung durch die Körperschaft<br />

vertragsrechtliche Vergütungsansprüche. Schadensersatzansprüche sind allerdings dann denkbar,<br />

wenn Vertreter der Körperschaft den Leistenden zu Planungsarbeiten veranlassen verbunden mit der<br />

pauschalen Zusage, die dadurch entstehenden Kosten zu übernehmen, wenn das Projekt scheitert.<br />

Beweisbelastet ist allerdings der Architekt.<br />

(2) Haftung des Architekten bei unverhältnismäßigem Nachbesserungsaufwand<br />

OLG Celle, Urteil vom 04.10.2012 – 13 U 234/11 –<br />

(Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)<br />

a) Die Einrede der Unverhältnismäßigkeit des für die Mängelbeseitigung erforderlichen Auf-<br />

wands betrifft nur den Aufwand für die Nachbesserung des Planungsmangels und nicht die<br />

(nahen) Mangelfolgeschäden. Die aufgrund eines Planungsmangels verursachte Mangelhaf-<br />

tigkeit des Bauwerks ist kein Mangel des Architektenwerks, sondern Folge des Planungsman-<br />

gels.<br />

b) Der in der unzureichenden Bauüberwachung liegende Mangel des Architektenwerks kann<br />

nicht nachgebessert werden. Die Einrede der Unverhältnismäßigkeit ist gegenüber der Scha-<br />

denshöhe daher nicht möglich.<br />

Das OLG Celle schließt sich der Rechtsprechung des BGH zu § 633 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. an, die auch<br />

auf die aktuelle Rechtslage anwendbar bleibt. Lehnt der Auftragnehmer die Nachbesserung wegen<br />

unverhältnismäßig hohem Aufwand zu Recht ab, kann der Auftraggeber gemäß § 636 BGB Schadens-<br />

ersatz verlangen, allerdings gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB analog nur in Höhe der Verkehrswertmin-<br />

derung, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht als unverhältnismäßig verweigert.<br />

10


III. Vergaberecht<br />

(1) Dienstleistungskonzession<br />

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.02.2013 – 15 Verg 11/12 –<br />

a) Der Gesamtauftrag über Planung, Bau und Betrieb einer Raststätte über 30 Jahre stellt eine<br />

Dienstleistungskonzession dar.<br />

b) Dienstleistungskonzessionen sind dem Vergaberecht entzogen.<br />

c) Das Wertungsgewicht für den Zuschlag bestimmt nicht den Charakter eines Vertrags.<br />

Das OLG stellt heraus, dass es im Wesentlichen auf den Wertanteil von der Bau- zur Dienstleistung<br />

„Betreiben" ankommt. Begrifflich ist bei der Baukonzession das „Recht auf Nutzung der baulichen<br />

Anlage" mit dem „Betreiben" der baulichen Anlage bei einer Dienstleistungskonzession zu verglei-<br />

chen. Dies ist allerdings nur scheinbar eine begriffliche Nähe. Denn ein Betreiben geht erheblich über<br />

die rein isolierte bauliche, technisch-funktionale Nutzung einer baulichen Anlage hinaus.<br />

(2) Nachunternehmereinsatz<br />

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 02.04.2013 – 1 Verg 1/13 –<br />

a) Legt der Bieter mit seinem Angebot eine Erklärung vor, wonach er zur Durchführung der Ar-<br />

beiten auf die Ressourcen des Mutterkonzerns und auf sämtliche zur Ausführung der Arbeiten<br />

notwendigen Geräte zugreifen kann, ist in Bezug auf die zur Auftragsausführung erforderli-<br />

chen Maschinen ein ausreichender Eignungsnachweis geführt.<br />

b) Die Nutzung von Maschinen des Mutterkonzerns ist kein Nachunternehmereinsatz. Denn ein<br />

Nachunternehmer wird im Pflichtenkreis des Auftragnehmers tätig und erbringt einen Teil der<br />

ausgeschriebenen Leistungen für diesen. Demgegenüber führt der Auftragnehmer beim Ein-<br />

satz von Fremdgeräten die ihm in Auftrag gegebenen Leistungen selbst aus.<br />

Der Beschluss entspricht dem Prinzip der Vergabepraxis, ein Angebot zu „halten, wenn es geht". Es<br />

wäre purer Formalismus, wegen der Beigabe einer Nachunternehmerliste zu den Vergabeunterlagen<br />

zu fordern, dass auch Gerätevermieter oder -verleiher dort aufgelistet werden.<br />

11


Der angreifende (Zweit-)Bieter hat keine Einsichtnahme in das Angebot des Erstbieters und kann<br />

keine eigenen „Ermittlungen" anstellen. Er darf deshalb auch Dinge vortragen, die er nicht sicher<br />

weiß, aber die zu vermuten er Ansatzpunkte hat.<br />

(3) Eignungsprüfung<br />

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.04.2013 – 1 VK 8/13 –<br />

Entscheidungen über die Eignung eines Bieters darf der öffentliche Auftraggeber nur auf einer<br />

gesicherten Erkenntnisgrundlage treffen. Die Erkenntnisse muss er sich selbst verschafft ha-<br />

ben. Die ungeprüfte Übernahme von Informationen einer Wirtschaftsauskunftei erfüllt diese<br />

Anforderungen nicht.<br />

Die Entscheidung setzt die ständige und eindeutige Rechtsprechung des Vergabesenats des BGH zu<br />

den Anforderungen an die Eignungsprüfung fort. Jedoch muss sich jeder Auftraggeber stets erneut<br />

ins Bewusstsein rufen, dass die unkritische Übernahme von Auskünften Dritter mit erheblichen Risi-<br />

ken verbunden ist. Der oft zitierte Beurteilungsspielraum hat in vielen Fällen seine Grenzen.<br />

IV. Allgemeines Zivilrecht und Sachverständigenrecht<br />

(Anstelle des Öffentlichem Baurechts)<br />

(1) Anerkenntnis vor Verjährungsbeginn<br />

BGH, Beschluss vom 08.01.2013 – VIII ZR 344/12 –<br />

Ein vor dem Verjährungsbeginn abgegebenes Anerkenntnis lässt nicht gemäß § 212 BGB am<br />

nachfolgenden Tag die maßgebliche Verjährungsfrist neu laufen, wenn die Verjährung bei<br />

Abgabe des Anerkenntnisses noch gar nicht in Gang gesetzt war.<br />

Aufgrund des Beschlusses des BGH wurde die zugelassene Revision zurückgenommen. Die Entschei-<br />

dung ist auch für baurechtliche Sachverhalte bedeutsam, etwa wenn der Auftraggeber im Jahr der<br />

Abnahme den Schlussrechnungssaldo ganz oder teilweise anerkennt, aber gleichwohl nicht zahlt.<br />

12


(2) Zahlungsziel = Mahnung?<br />

OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.04.2013 – 1 U 398/11 –<br />

In der erstmaligen Übersendung einer Rechnung an einen Verbraucher mit der „Bitte" um<br />

Überweisung bis zu einem kalendermäßig festgelegten Termin liegt grundsätzlich keine be-<br />

fristete Mahnung im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB.<br />

Sofern der Schuldner Unternehmer ist, kommt er ohne Mahnung in Verzug, wenn er nicht innerhalb<br />

von 30 Tagen nach Rechnungszugang leistet (§ 286 Abs. 3 BGB). Kaufleute sind im Verhältnis zu Ver-<br />

brauchern insoweit nicht schutzwürdig.<br />

(3) Keine Vergütung bei zu später Rechnungsstellung<br />

OLG Schleswig, Beschluss vom 29.04.2013 – 9 W 34/13 –<br />

Ein Sachverständiger muss seinen Vergütungsanspruch nach Grund und Höhe innerhalb der<br />

Drei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG vollständig beziffern. Eine Nachforderung, etwa<br />

Umsatzsteuer, kann er nur unter der Voraussetzung einer Wiedereinsetzung in den vorigen<br />

Stand nach § 2 Abs. 2 JVEG beanspruchen.<br />

Auch wenn der Gutachter nach Ablieferung seiner Expertise noch Ergänzungsgutachten erstattet,<br />

bleibt es für das Ausgangsgutachten bei der Frist des § 2 Abs. 1 JVEG. Nach Ablauf der Antragsfrist<br />

von drei Monaten erlischt der Vergütungsanspruch des Sachverständigen unwiederbringlich. Letzt-<br />

lich bleibt nur noch die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, die häufig kaum zu begründen<br />

sein wird.<br />

(4) Nochmals: Zeitnahe Abrechnung<br />

OLG Bremen, Beschluss vom 21.03.2013 – 5 W 4/13 –<br />

a) Der vom Gericht bestellte Sachverständige muss auch bei Fortsetzung seiner Tätigkeit selbst-<br />

ständige Leistungen binnen drei Monaten abrechnen.<br />

b) Diese Frist wird nur dann in Lauf gesetzt, wenn der Sachverständige weiß, dass die Leistung<br />

als abgeschlossen angesehen wird.<br />

Beweisverfahren werden häufig über mehrere Jahre geführt. Sie werden durch Ergänzungs- und Ge-<br />

genfragen, die Einbeziehung weiterer Antragsgegner, Streitverkündungen etc. mehr und mehr un-<br />

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übersichtlich. Ergänzende Tätigkeiten des Sachverständigen werden vorbehalten oder hinausgescho-<br />

ben. In derartigen Konstellationen darf sich der Sachverständige nicht auf eine wohlwollende Analyse<br />

der Anhörungsprotokolle durch den Kostenbeamten des Gerichts verlassen. Er muss die in den For-<br />

mularanschreiben der Gerichte abgedruckten Hinweise auf die Frist des § 2 JVEG ernst nehmen. Des-<br />

halb ist allen gerichtlichen Gutachtern zu empfehlen, in kleineren Schritten abzurechnen, wenn ab-<br />

grenzbare Arbeitsergebnisse vorliegen. Ansonsten bleibt nur die Flucht in die Wiedereinsetzung in<br />

den vorherigen Stand, bei der die Hürden bekanntlich hoch sind.<br />

V. Bauprozessrecht<br />

(1) Streitwerterhöhung<br />

BGH, Beschluss vom 26.03.2013 – VI ZB 53/12 –<br />

Die geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten sind im Berufungsverfahren als<br />

streitwerterhöhender Hauptanspruch zu berücksichtigen, soweit dem Kläger die zu Grunde<br />

liegende Hauptforderung aberkannt worden ist und er sein Begehren mit der Berufung inso-<br />

weit nicht weiterverfolgt.<br />

Vorprozessuale Anwaltskosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten<br />

Hauptanspruchs wirken sich nicht werterhöhend aus, wenn dieser Hauptanspruch Gegenstand des<br />

laufenden Verfahrens ist. Wird der Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er<br />

sich herleitet, geltend gemacht, ist er vom Bestehen der Hauptforderung abhängig und stellt deshalb<br />

eine Nebenforderung im Sinne § 4 Abs. 1 ZPO dar. Was seit 2007 für die Prozesszinsen gilt, ist auch<br />

auf Rechtsanwaltskosten anzuwenden. Fällt die eigentliche Hauptforderung weg, wird die Nebenfor-<br />

derung zur Hauptforderung. Neu ist die Klarstellung des BGH, dass dies auch dann gilt, wenn eine von<br />

mehreren Hauptforderungen noch Gegenstand der Berufung ist – sofern die Neben- auf die Haupt-<br />

forderung „entfällt“, die nicht mehr weiterverfolgt wird.<br />

(2) Beweisvereitelung<br />

OLG Koblenz, Beschluss vom 20.03.2013 – 3 U 775/12 –<br />

Unterbleibt eine beschlossene weitere Beweisaufnahme vor Ort, weil der Auftraggeber dem<br />

Werkunternehmer die Teilnahme an der Ortsbesichtigung mit dem Sachverständigen unter-<br />

sagt hat, so ist die Versagung des Zutritts zum Hausgrundstück als Beweisvereitelung bzw. als<br />

Beweisfälligkeit des Auftraggebers anzusehen, insbesondere wenn der Sachverständige den<br />

Vorsitzenden des Gerichts hierüber unverzüglich telefonisch informiert hat, dieser Bedenken<br />

im Hinblick auf die Verwertbarkeit eines Gutachtens bei Aufrechterhaltung des Zugangsver-<br />

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ots zum Hausgrundstück äußert und der Inhalt des Gesprächs den Parteien vom Sachver-<br />

ständigen mitgeteilt wird, gleichviel am Zutrittsverbot festgehalten wird.<br />

Nach § 357 Abs. 1 ZPO sind die Parteien befugt, an der Beweisaufnahme teilzunehmen. Verweigert<br />

eine der Parteien der anderen die Teilnahme, muss diese, wenn der Betreffende auf dem Verbot<br />

beharrt, unterbleiben. In der Rechtsfolge führt die unterlassene Beweisaufnahme zur Beweisfälligkeit<br />

der das Verbot aussprechenden Partei.<br />

Diese Entscheidung ist richtig, pragmatisch und unerlässlich.<br />

(3) Individualisierung des Anspruchs im Mahnbescheid<br />

OLG Frankfurt, Urteil vom 17.05.2013 – 19 U 133/12 –<br />

Der Anspruch im Mahnbescheid ist hinreichend individualisiert, wenn sich aus Sicht des An-<br />

tragsgegners aus den Angaben im Mahnbescheid erkennen lässt, wegen welcher Werklohn-<br />

arbeiten der Anspruch geltend gemacht wird. Nicht erforderlich ist, dass dies aus dem Mahn-<br />

bescheid selbst für einen außen stehenden Dritten ersichtlich ist.<br />

Die Entscheidung erleichtert die Anforderungen an die Geltendmachung von Ansprüchen im Mahn-<br />

verfahren. Zur Verjährungshemmung bleibt diese Verfahrensart wegen der häufig problematischen<br />

Individualisierbarkeit mit erheblichen Risiken behaftet und sollte deshalb tunlichst vermieden wer-<br />

den.<br />

Für einen geübten Prozessanwalt in Bausachen dauert eine schlüssige Werklohnklage in der Regel<br />

nicht länger als das Ausfüllen der Formulare im Mahnverfahren bzw. die hierfür benötigten Vorga-<br />

ben. Nach zu erwartender Abgabe an das zuständige Streitgericht muss der Anwalt nämlich die glei-<br />

chen Überlegungen anstellen wie bei der Beantragung eines Mahnbescheides. Dennoch ist das Risi-<br />

kopotenzial geringer.<br />

Zum Abschluss kann ich Sie mit einem ansonsten unkommentierten Beschluss des OLG Zweibrücken<br />

vom 08.01.2013 – 3 W 146/12 – „erfreuen“, dessen Leitsatz lautet:<br />

Hat der Prozessbevollmächtigte einer Partei mit einem beisitzenden Richter eine lautstarke<br />

Auseinandersetzung, rechtfertigt dies allein noch nicht seine Ablehnung. Auch die Meinung<br />

eines Richters zu einer technischen Einzelfrage, unbeachtlich ob richtig oder falsch, rechtfer-<br />

tigt grundsätzlich keine Ablehnung.<br />

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Auch als Partei sollten Sie sich daher nicht scheuen, in derartigen Situationen tatkräftig „auf den<br />

Tisch zu hauen“, wenn dieser „Ausbruch“ dabei hilft, Ihrem Ärger über eine verfehlte Rechtsauffas-<br />

sung Luft zu machen. Dennoch bleibt Ihnen der kritisierte Richter erhalten, denn Justitia ist bekannt-<br />

lich blind.<br />

Damit darf ich mich schnell verabschieden und optimistisch gestimmt, meine Badehose suchen. Allen<br />

Urlaubern wünsche ich das gleiche Vergnügen und würde mich freuen, wenn Sie ausgeruht und ohne<br />

die sich ständig mehrenden „Spickzettel“ für Ihren Anwalt nach Berlin zurückkehren.<br />

Mit besten Grüßen<br />

gez. <strong>Eulitz</strong><br />

Ihr <strong>Eulitz</strong>, Rechtsanwalt<br />

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