Download - SES - Eulitz Schrader
Download - SES - Eulitz Schrader
Download - SES - Eulitz Schrader
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
�· Uhlandstraße 7/8 · D-10623 Berlin<br />
Baurechtsverteiler<br />
Berlin, den 5. Mai 2011<br />
1834/08C35 el (Bitte stets angeben) D23/5128<br />
Rechtsanwalt Detlef <strong>Eulitz</strong><br />
Sekretariat: Frau Eljack Tel. 31 57 57 -23 / Fax 31 57 57 -94<br />
Detlef.<strong>Eulitz</strong>@ses-legal.de<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
liebe Leser,<br />
trotz der angekündigten personellen Unterstützung hat sich die<br />
aktuelle Ausgabe des „Baurechtsverteilers“ etwas verzögert,<br />
wofür wir um Nachsicht bitten. Wichtigen und eilbedürftigen<br />
Mandaten gebührt stets der Vorrang vor kostenfreier<br />
Information. Spätestens dann, wenn Sie selbst betroffen sind,<br />
werden Sie hierfür sicherlich Verständnis aufbringen.<br />
Nun aber sogleich in medias res zu den Branchen-News; bei<br />
zwei kleinen „Ausflügen“ in andere Fachgebiete:<br />
A. Gesetzgebungsoutsourcing<br />
Der Bundesrechnungshof hat die Auftragsvergabe von<br />
Bundesministerien an externe Berater wie Anwaltskanzleien und<br />
Unternehmensberatungen kritisiert. Zudem monierten die<br />
Rechnungsprüfer zum Teil haarsträubend hohe<br />
Spesenrechnungen, ohne dass es hierfür eine Begrenzung in<br />
den Beraterverträgen gebe. Viele der an Anwaltskanzleien und<br />
�<br />
�<br />
��<br />
Detlef P. <strong>Eulitz</strong><br />
Notar<br />
Martin <strong>Schrader</strong><br />
��<br />
Dr. Nikolaus Würtz<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
Götz Faude<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
Thomas Weischede<br />
Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />
Daniel Wendland<br />
Dr. Dirk Fischer<br />
Dr. Frank Nagelschmidt<br />
Claus Hansmann<br />
Orkun Sahin<br />
Carl-Friedrich Wendt<br />
Notar<br />
Uhlandstraße 7/8<br />
D-10623 Berlin<br />
Telefon: +49.(0)30.31 57 57 0<br />
Telefax: +49.(0)30.31 57 57 99<br />
www.ses-legal.de<br />
berlin@ses-legal.de<br />
KONTEN<br />
Commerzbank AG<br />
Konto 9 530 630 00<br />
BLZ 100 800 00<br />
IBAN DE44100800000953063000<br />
SWIFT (BIC) DRESDEFF100<br />
Berliner Volksbank eG<br />
Konto 5 451 537 000<br />
BLZ 100 900 00<br />
IBAN DE97100900005451537000<br />
SWIFT (BIC) BEVODEBB<br />
Postbank AG Berlin<br />
Konto 540 69 102<br />
BLZ 100 100 10<br />
IBAN DE23100100100054069102<br />
SWIFT (BIC) PBNKDEFF<br />
VAT-Id.No. DE135564828<br />
Member of<br />
An International Network<br />
of Independent Law Firms
�<br />
�<br />
������<br />
�<br />
Beratungsfirmen vergebenen Aufträge würden im Vorfeld nicht ordentlich<br />
ausgeschrieben und nicht ausreichend begründet, heißt es in dem von der<br />
Financial Times Deutschland zitierten Bericht.<br />
B. Brüssel I- und Rom I-VO<br />
Einige halten sie für unanwendbar. Für andere ist es ein Quellenpluralismus auf<br />
dem Weg zu einem europäischen Rechtsraum. Die Rom I-Verordnung regelt das<br />
Europäische Kollisionsrecht, die Brüssel I-Verordnung das Internationale<br />
Zivilverfahrensrecht. Wie beide zusammenspielen, hat nun der EuGH in seinem<br />
Urteil vom 07.12.2010 (Rs. C-585/08 sowie Rs. C-144/09) gezeigt. Im Langtext:<br />
Die Brüssel I-VO regelt die gerichtliche Zuständigkeit sowie die Anerkennung und<br />
Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Sie löste das<br />
EuGVÜ ab und legt wie die Vorläuferkonvention zum einen fest, welche<br />
Spruchkörper im Binnenmarkt international sowie teils örtlich zuständig sind. Zum<br />
anderen regelt der Sekundärrechtsgeber die Anerkennung und vollstreckbare<br />
Erklärung mitgliedsstaatlicher Titel.<br />
Mit Geltung vom 17.12.2009 an hat der Sekundärrechtsgeber das römische<br />
Schuldvertragsübereinkommen (EVÜ) in die Rom I-VO überführt. Sie stellt einen<br />
zentralen Baustein der Vergemeinschaftung des internationalen Privatrechts dar.<br />
Durch das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des internationalen Privatrechts<br />
an die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 hat der deutsche Gesetzgeber Art. 3 Nr. 1<br />
EGBGB dahin neu gefasst, dass dieser ausdrücklich auf den Vorrang der Rom I-<br />
VO verweist.<br />
Die Vorlageentscheidung des EuGH ist gerade für den grenzüberschreitenden<br />
Internethandel in Verbrauchersachen von grundlegender Bedeutung. Doch nicht<br />
nur hierfür setzt der Gerichtshof verordnungsübergreifend einheitliche Standards.<br />
Vielmehr kreiert er - fallbezogen - einen europäischen Begriff der Pauschalreise im<br />
Internationalen Privatrecht und harmonisiert damit konträre bzw. widesprüchlich<br />
erscheinende Regelungen in beiden Verordnungen. Gleichwohl ist es damit nicht<br />
getan. Es verbleiben noch viele Hausarbeiten für den Unionsgesetzgeber, der in<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
������<br />
�<br />
erster Linie in der Pflicht ist, im Binnenmarkt für Rechtseinheit zu sorgen, mag auch<br />
dem EuGH vielfach die Funktion eines Motors hierfür zukommen.<br />
Die Komplexität des Urteils verbietet es, auf eine Fülle von Details einzugehen,<br />
zumal auch gestandene Volljuristen die Ausführungen des Gerichtshofs nicht „im<br />
ersten Anlauf“ verinnerlichen. Wenn Sie mehr wissen wollen, kontaktieren Sie die<br />
Website des EuGH und beschäftigen sich fürs Erste mit dessen Pressemitteilungen<br />
vom 07.12.2010 zu den eingangs zitierten Geschäftszeichen, die auch in deutscher<br />
Sprache veröffentlicht sind.<br />
C. Reform des EU-Vergaberechts<br />
Die EU-Kommission hat angekündigt, für das öffentliche Auftragswesen spätestens<br />
im Jahr 2012 Legislativvorschläge für eine Vereinfachung und Modernisierung des<br />
EU-Vergaberechts vorzulegen. Sie hat insbesondere auf die derzeitigen Probleme<br />
der komplexen Interaktion zwischen europäischen und nationalen Vorschriften<br />
hingewiesen. Hoffentlich wächst die Kommission mit der Größe dieser Aufgabe.<br />
D. Beschleunigte Vergabeverfahren<br />
Die EU-Kommission hat ferner mitgeteilt, dass sie die Dringlichkeit für die<br />
Anwendung des Beschleunigten Verfahrens nach der EU-Richtlinie 2004/18/EG bis<br />
Ende des Jahres 2011 weiterhin anerkennt. Bei dem Beschleunigten Verfahren<br />
können öffentliche Auftraggeber die Frist für den Eingang der Teilnahmeanträge<br />
von 37 auf 10 Tage verkürzen, wenn die Bekanntmachung elektronisch übermittelt<br />
wurde. Die nachfolgende Frist, innerhalb der die Angebote einzureichen sind, kann<br />
von 40 Tagen auf 10 Tage reduziert werden. Die Gesamtdauer bei Offenen<br />
Verfahren kann damit, unter Berücksichtigung der Stillhaltefrist von 10 Tagen bei<br />
Versenden der Bieterinformation auf elektronischem Wege oder per Telefax, von<br />
87 Tagen auf 30 Tage verkürzt werden. Wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise<br />
hatte die Kommission bereits Ende 2008 im Rahmen einer Mitteilung verlautbart,<br />
dass bei allen größeren Projekten der öffentlichen Hand grundsätzlich von einer<br />
Dringlichkeit der jeweiligen Verfahren ausgegangen werden könne. Diese<br />
Regelung wurde nun bis Ende des Jahres 2011 verlängert.<br />
�<br />
�
�<br />
E. Neue Bauproduktenverordnung<br />
�<br />
�<br />
������<br />
Am 04. April wurde die neue Bauproduktenverordnung (BauPVo, Verordnung EU<br />
305/2011) im europäischen Amtsblatt veröffentlicht und löst damit die<br />
Bauproduktenrichtlinie (Richtlinie 85/106/EWG) ab, die bislang die rechtliche<br />
Grundlage der CE-Kennzeichnung war. Grund zur Hektik besteht nicht, da<br />
entsprechend lange Übergangsfristen bis zum 01.07.2013 vorgesehen sind.<br />
F. Arbeitnehmerfreizügigkeit<br />
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit sorgt für erhebliche Unruhe am Bau.<br />
Umfrageergebnisse der Fachgemeinschaft Bau belegen, dass ¾ der Baubetriebe<br />
Billigkonkurrenz am Markt fürchten. Die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit und<br />
ihre möglichen Konsequenzen sorgen deshalb auch für gemischte Gefühle bei den<br />
Bauunternehmern in Berlin und Brandenburg. Das ergab die aktuelle<br />
Konjunkturumfrage der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg. Demnach<br />
sieht rd. ¼ der Unternehmer aus Berlin und Brandenburg die vollständige<br />
Freizügigkeit als große Herausforderung der Branche im Jahr 2011. Auch die von<br />
vielen zur Arbeitsmarktöffnung erwartete Billigkonkurrenz sorgt für erhebliche<br />
Bauchschmerzen. Für gut 71 % der kleinen und mittelständischen Baubetriebe der<br />
Region wird sie das Hauptproblem in 2011 sein. Zudem treibt die Sorge vor<br />
Schwarzarbeit am Bau gut 52 % der Betriebe um.<br />
G. Solarwärme<br />
Das Bundesumweltministerium fördert den Bau von Solarthermieanlagen auf<br />
Mehrfamilienhäusern mit bis 180,00 EUR/qm Kollektorfläche. Seit 15.03.2011<br />
werden auch der Tausch des alten Heizkessels und die Kombination von<br />
Solarthermie mit einer Wärmepumpe oder Biomasseheizung durch eine finanzielle<br />
Prämie belohnt. Nach Ablauf dieses Jahres werden aber die Förderbeträge<br />
reduziert, eine Investition in Solarwärme ist daher im Jahr 2011 besonders attraktiv.<br />
Diesmal stehen wieder einige in der letzten Ausgabe vernachlässigte<br />
Verhaltensempfehlungen an, deren Befolgung die betroffenen Verkehrskreise vor<br />
Schaden bewahren sollten:<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
�<br />
������<br />
a. DIN-Normen sind nicht immer automatisch auch „Stand der Technik“. Bei ihnen<br />
handelt es sich um keine rechtsverbindlichen Vorschriften, sondern um technische<br />
Regeln mit Empfehlungscharakter. Eine DIN-Norm wird erst dann als „Stand der<br />
Technik“ bewertet, wenn sie sich als theoretisch und technisch richtig erwiesen<br />
sowie durch ständige Anwendung praktisch bewährt hat und von einer Mehrzahl<br />
von Fachleuten allgemein anerkannt wurde. So gilt beispielweise die seit Mai 2009<br />
geltende DIN 1946-6 („Lüftungskonzept“) unter Baufachleuten noch nicht als<br />
„Stand der Technik“, weil der Erfahrungszeitraum noch zu kurz ist. Investoren<br />
sollten sich also nicht auf klangvolle Werbebotschaften verlassen, sondern immer<br />
fragen, was wirklich dahinter steckt.<br />
b. Der Schallschutz spielt im Wohnungsbau eine wichtige Rolle und wurde bislang<br />
über die DIN 4109 geregelt. Allerdings entspricht diese nicht mehr den anerkannten<br />
Regeln der Technik. Mit modernen Baustoffen lassen sich wesentlich bessere<br />
Schallschutzwerte erreichen, als sie die DIN 4109 festgelegt hat. Deshalb sollten<br />
sich Käufer eines schlüsselfertigen Hauses oder einer Eigentumswohnung nicht auf<br />
Schallschutz nach DIN einlassen, sondern das technisch Bestmögliche nicht nur<br />
fordern, sondern auch vertraglich festschreiben.<br />
Zu dieser Thematik sollten Sie ein Urteil des u.a. für das Mietrecht zuständigen<br />
Senats des BGH vom 07.07.2010 - VIII ZR 85/09 - kennen, dessen Leitsatz lautet:<br />
„Ohne eine dahingehende vertragliche Regelung hat ein Wohnraummieter<br />
regelmäßig keinen Anspruch auf einen gegenüber den Grenzwerten der zur Zeit<br />
der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Norm erhöhten Schallschutz<br />
(Bestätigung des Senatsurteils vom 06.10.2004 - VIII ZR 355/03).“<br />
Aus erster Hand weiß ich, dass sich der Bausenat des BGH über diese mit ihm<br />
nicht abgestimmte Rechtsauffassung „maßlos“ geärgert hat, weil sie dessen<br />
Schallschutz-Urteile vom 14.06.2007 - VII ZR 45/06 - und insbesondere vom<br />
04.06.2009 - VII ZR 54/07 - ignoriert, nach denen im Wohnungsbau die<br />
Mindestwerte der DIN 4109 keine anerkannten Regeln der Technik (mehr) sind, die<br />
heute üblichen Qualitäts- und Komfortstandards genügen. Da die Errichtung einer<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
������<br />
�<br />
Wohnung ihrer Vermietung üblicherweise vorangeht, sollte auch der<br />
Rechtsprechung des VII. Senats Vorrang gebühren.<br />
c. Architekten, denen bei Planung und Bauleitung Fehler unterlaufen, können sich<br />
nicht automatisch auf ihre Haftpflichtversicherung verlassen, denn der nachstehend<br />
kurz skizzierte Fall ist nicht selten: Ein Architekt hat durch falsche Planung und<br />
Bauleitung einen Mangel verursacht. Der Bauherr verliert das Vertrauen in ihn und<br />
beauftragt mit der Sanierung einen anderen Planer. Die Kosten für die baulichen<br />
Arbeiten trägt zwar weitgehend die Versicherung, aber das Honorar des zweiten<br />
Bauleiters muss der erste komplett übernehmen. Die Versicherungen<br />
argumentieren dabei: Die mängelfreie Ausführung des Bauwerks wäre Aufgabe<br />
des ersten Planers gewesen; der zweite erledige nur die Aufgabe des ersten.<br />
Schützen können sich Planer vor solchen unerwarteten Zusatzausgaben nur, wenn<br />
sie von Anfang an ein sog. Selbstbeseitigungsrecht im Vertrag vereinbaren. Geht<br />
dann etwas schief, dürfen sie den Schaden meist kostengünstiger zumindest selbst<br />
beheben.<br />
d. Schulen, Krankenhäuser, Sporthallen und Kulturzentren müssen kontinuierlich<br />
unterhalten, umgebaut und energetisch saniert werden, um heutigen Standards zu<br />
entsprechen. Dabei kann es zu Konflikten mit dem Architekten kommen, der das<br />
Gebäude einst entwarf und nicht selten auf sein Urheberrecht pocht.<br />
Allerdings sind die wenigsten Gebäude tatsächlich urheberrechtlich geschützt.<br />
Voraussetzung für ein Urheberrecht ist nämlich immer, dass sich die Planung des<br />
Architekten deutlich vom Üblichen abhebt und einen Entwurf von eigenständiger<br />
Originalität darstellt. Ist das der Fall, dann hat der Architekt als Urheber gute<br />
Karten: Er kann die Entstellungen „seines„ Werks verbieten und damit<br />
beispielsweise Umbauten verhindern. Das Urheberrecht steht nicht nur dem<br />
Architekten selbst zu, sondern auch seinen Erben, und zwar bis 70 Jahre nach<br />
dem Tod des Urhebers. Kommunen, die sich mit dem Umbau einer Immobilie<br />
tragen, sind also gut beraten, sich rechtzeitig mit dem Architekten oder dessen<br />
Erben ins Benehmen zu setzen.<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
������<br />
�<br />
Nach langer Vorrede erheische ich jetzt Ihre Aufmerksamkeit für die ausgewählten<br />
und sich anschließenden Gerichtsentscheidungen in den unterschiedlichen<br />
Rechtsgebieten des privaten und öffentlichen Baurechts:<br />
I. Bauvertragsrecht<br />
(1) Konkludente Abnahme bei nicht vollendeter Leistungserbringung - Ja<br />
oder Nein?<br />
Mit dieser Frage musste sich der BGH in einem Urteil vom 27.01.2011 (VII ZR<br />
175/09) bei folgendem Sachverhalt auseinandersetzen:<br />
Ein Ingenieur wurde mit der Erstellung einer Planung für die Errichtung einer<br />
Brech- und Siebanlage beauftragt. Nach Fertigstellung übergab er die Unterlagen<br />
an seinen Auftraggeber, der Zahlung des Werklohns ankündigte. Da letztere nicht<br />
erfolgte, klagte der AN den vollen Werklohn ein. Die mit dem Rechtsstreit betraute<br />
Vorinstanz gab dem Klagebegehren statt. Der AG habe die Leistung ohne<br />
Mangelvorbehalt an- und abgenommen.<br />
Der BGH verwarf diese Entscheidung und wies die Klage ab. Er verneinte eine<br />
konkludente Abnahme durch die Entgegennahme der Planungsunterlagen, weil die<br />
Leistung noch nicht vollständig erbracht war, denn wesentliche Planungsleistungen<br />
standen noch aus. Mit dem Abnahmeverlangen wird entsprechend § 12 VOB/B<br />
erklärt, dass die Leistung im Wesentlichen vertragsgerecht erbracht worden sei.<br />
Fehlen wesentliche Vertragsleistungen, führte eine Anwendung der konkludenten<br />
(vorbehaltslosen) Abnahme dazu, dass der AG Mängelansprüche im Hinblick auf §<br />
640 Abs. 2 BGB nicht mehr durchsetzen könnte.<br />
Deshalb lässt auch die Annahme einer Leistung nicht zwingend den Rückschluss<br />
auf eine konkludente Abnahme zu, sofern noch wesentliche Restleistungen<br />
ausstehen. Als Beurteilungsmaßstab ist die Frage zu klären, ob die Gesamtleistung<br />
auch ohne die noch offenen Restleistungen vollständig und mangelfrei verwendet<br />
werden kann. Lässt sich dies nicht bejahen, wirkt auch eine vorbehaltlose<br />
Annahme der Leistung nicht als konkludente Abnahme. Maßgeblich ist das<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
������<br />
�<br />
Verhalten des Auftraggebers und dessen zu Tage tretender Abnahmewille, der bei<br />
fehlenden wesentlichen Restleistungen nicht unterstellt werden kann.<br />
(2) Beweislast für einen Mangel der Kaufsache nach Durchführung von<br />
Nachbesserungsarbeiten<br />
Der Erwerber eines neuen Audi S4 beanstandete kurz nach Übergabe<br />
verschiedene Mängel, darunter einen Fehler des Motors, der sich in<br />
Zündaussetzern, sporadischem Leistungsverlust und Rütteln des Motors zeige. Die<br />
Beklagte führte mehrfach Nachbesserungsarbeiten durch. Der Kläger behauptete,<br />
der Mangel sei durch die Reparaturversuche nicht beseitigt worden, erklärte den<br />
Rücktritt vom Kaufvertrag und begehrt Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug<br />
gegen Rückgabe des Fahrzeuges. Bei der während des Prozesses erfolgten<br />
Beweiserhebung stellte der Sachverständige den vom Kläger beschriebenen<br />
Mangel fest. Er konnte jedoch nicht angeben, wann dieser erstmalig aufgetreten<br />
war. Das OLG hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht bewiesen habe,<br />
dass der im Prozess festgestellte Fahrzeugmangel auf der erfolglosen<br />
Nachbesserung der Beklagten beruhe und nicht auf eine neue Mängelursache<br />
zurückzuführen sei.<br />
Der BGH hebt das Urteil auf und stellt seiner Entscheidung vom 09.03.2011 (VIII<br />
ZR 266/09) folgenden Leitsatz voran:<br />
„Der Käufer einer Sache genügt seiner Beweislast für das Fehlschlagen der<br />
Nachbesserung durch den Nachweis, dass das von ihm gerügte Mangelsymptom<br />
weiterhin auftritt. Anders ist dies nur, wenn das erneute Auftreten des<br />
Mangelsymptoms möglicherweise auf einer unsachgemäßen Behandlung der<br />
Kaufsache nach deren erneuter Übernahme durch den Käufer beruht.“<br />
Der Käufer ist beweisbelastet dafür, dass ein Mangel bei Übergabe der Kaufsache<br />
vorlag und trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiter vorhanden ist.<br />
Die aus § 363 BGB folgende Beweislastverteilung gilt gleichermaßen, wenn der<br />
Käufer die Kaufsache nach einer erfolglosen Nachbesserung wieder<br />
entgegengenommen hat. In diesem Fall muss er das Fortbestehen des Mangels,<br />
mithin die Erfolglosigkeit des Nachbesserungsversuchs, beweisen. Diesen Beweis<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
������<br />
�<br />
habe der Kläger - so der BGH - geführt. Es kommt nicht darauf an, ob ein<br />
Sachmangel möglicherweise auf eine neue Mangelursache zurückgeführt werden<br />
kann, wenn die Mangelursache allein im Fahrzeug zu suchen ist und nicht auf einer<br />
unsachgemäßen Behandlung beruhen kann, wofür im entschiedenen Fall keine<br />
ernstzunehmenden Anhaltspunkte bestanden.<br />
Für die Frage, ob die auf der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs beruhende<br />
Pflichtverletzung unerheblich ist und deswegen das Rücktrittsrecht des Käufers<br />
ausschließt, ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen. Der somit im<br />
maßgeblichen Zeitpunkt erhebliche Mangel wird nicht dadurch zu einem<br />
geringfügigen i.S. des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB, dass es bei weiteren<br />
Reparaturversuchen möglicherweise gelingt, die Mangelursache zu ermitteln und<br />
den Mangel mit geringem Aufwand zu beheben.<br />
Diese Grundsätze gelten im Baubereich nicht nur für Kaufverträge mit<br />
Montageverpflichtung, sondern für jeden trotz Nachbesserung nicht abgestellten<br />
Werkmangel, sofern der Besteller den Weg des Rücktritts vom Vertrag wählt, was<br />
bei entsprechendem Leistungsfortschritt des Bauwerks eher die Ausnahme sein<br />
dürfte.<br />
(3) Austausch eines Sicherheitseinbehalts gegen Gewährleistungsbürgschaft<br />
„Stellt ein hierzu berechtigter Auftragnehmer eine Gewährleistungsbürgschaft zum<br />
Austausch für einen Sicherungseinbehalt, ist dies dahin auszulegen, dass die<br />
Bürgschaftsstellung unter der auflösenden Bedingung steht, der Auftraggeber<br />
werde seiner Verpflichtung zur effektiven Auszahlung des Bareinbehalts alsbald<br />
nachkommen.“<br />
Mit diesem Leitsatz fasst der IX. Zivilsenat des BGH in einem Urteil vom<br />
10.02.2011 (IX ZR 73/10) die Grundsätze der vom Bausenat entwickelten<br />
Rechtsprechung im nachstehenden Fall zusammen:<br />
Ein VOB/B-Bauvertrag aus dem Jahr 2005 enthält die Regelung, dass der<br />
Auftragnehmer dazu berechtigt ist, die vom Auftraggeber für die Absicherung von<br />
Mängelansprüchen einbehaltene Sicherheit von 5% der Endabrechnungssumme<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
�������<br />
�<br />
durch eine andere Sicherheit i.S. des § 17 VOB/B, insbesondere eine Bürgschaft,<br />
abzulösen. Von diesem Ablösungsrecht macht der AN durch Übersendung einer<br />
Bürgschaft mit gleichzeitiger Aufforderung, der AG solle den Einbehalt auszahlen,<br />
Gebrauch. Wie ist die Rechtslage, wenn der AG gleichwohl den Einbehalt nicht<br />
auszahlt?<br />
In diesem Fall kann der AN vom AG verlangen, alle Rechte aus der Bürgschaft<br />
aufzugeben, das Erlöschen der Bürgschaftsverpflichtung herbeizuführen und die<br />
Bürgschaftsurkunde an den AN zurückzugeben. Letzterer hat die Bürgschaft<br />
nämlich unter einer auflösenden Bedingung gestellt. Nur unter dieser<br />
Voraussetzung ist es für ihn sinnvoll, sein Austauschrecht in Anspruch zu nehmen.<br />
Hingegen darf das Austauschrecht nicht dazu führen, den AN auf einen<br />
Rechtsstreit über die Pflicht zur Barauszahlung oder die Berechtigung einer<br />
Aufrechnung zu verweisen. Schließlich wendet er Avalzinsen nur deshalb auf, weil<br />
er zur Verstärkung seiner Liquidität sofort Bargeld erhalten will. Darüber ist sich der<br />
AG auch im Klaren, so dass er diese Bedingung mit der Vereinbarung des<br />
Austauschrechts akzeptiert.<br />
Zahlt der AG gleichwohl die Barsicherheit nicht alsbald aus, tritt die auflösende<br />
Bedingung ein, unter der die Bürgschaft gestellt wurde. Der AN kann die<br />
Bürgschaftsurkunde herausverlangen, ohne dass dem ein Zurückbehaltungsrecht<br />
des AG entgegensteht. Das Austauschrecht ist ein vertragliches Gestaltungsrecht<br />
des AN. Deshalb steht es nicht im Belieben des AG, ob er die Bürgschaft<br />
annehmen oder den Einbehalt verwerten will, weil der Sicherungsfall bereits<br />
eingetreten sei. Enthält der Bauvertrag keine ausdrückliche Vereinbarung über den<br />
Sicherungsfall, ist sie dahin auszulegen, dass ein Sicherungsfall erst vorliegt, wenn<br />
dem AG ein auf Geldzahlung gerichteter Gewährleistungsanspruch zusteht.<br />
Demnach darf ein AG die Bürgschaft nicht zurückweisen, wenn bei deren Vorlage<br />
der Bürgschaft ein Anspruch auf Geldzahlung noch nicht entstanden ist.<br />
Gleichwohl hat diese Rechtsprechung an Bedeutung verloren, denn die<br />
dargestellten Grundsätze gelten nur dann, wenn ein durch Bürgschaft ablösbarer<br />
Sicherheitseinbehalt vereinbart ist, nicht aber dann, wenn nach dem Vertrag der<br />
AN eine Bürgschaft zu stellen hat, diese also als einziges Sicherungsmittel<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
�������<br />
�<br />
vereinbart ist und der AG lediglich deshalb, weil die Bürgschaft nicht gestellt wird,<br />
einen Einbehalt vornehmen darf.<br />
(4) Fälligkeit der Gewährleistungsbürgschaft<br />
Der Auftragnehmer verlangt vom Auftraggeber die Herausgabe einer Bürgschaft,<br />
die gem. dem zugrunde liegenden Bauvertrag zur Sicherheit "während der<br />
Gewährleistungszeit" gestellt wurde. Ferner sah der Bauvertrag die Stellung einer<br />
Vertragserfüllungsbürgschaft vor. Eine Abnahme ist bislang noch nicht erfolgt. Der<br />
AG behauptet, dass die Werkleistung des AN wegen erheblicher Mängel auch nicht<br />
abnahmefähig sei. Ist der Herausgabeanspruch begründet?<br />
Das OLG Karlsruhe bejaht diese Frage in seinem Urteil vom 14.12.2010 (4 U<br />
18/09), weil die Bürgschaft ohne Rechtsgrund i.S. des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB<br />
gestellt worden ist. In den Leitsätzen heißt es hierzu:<br />
„a. Vereinbaren die Partner eines Bauvertrages eine Sicherheitsleistung durch<br />
"Bankbürgschaft", so entspricht die Bürgschaft eines Versicherungsunternehmens<br />
in der Regel nicht der vertraglichen Vereinbarung.<br />
b. Soll bei einem Bauvertrag eine Sicherheit "während der Gewährleistungszeit"<br />
gestellt werden, so wird diese Sicherheit - wenn nichts Abweichendes vereinbart<br />
wird - erst mit der Abnahme fällig. Eine frühere Fälligkeit der<br />
Gewährleistungsbürgschaft ergibt sich in diesem Fall auch nicht aus § 17 Abs. 7<br />
Satz 1 VOB/B.“<br />
Mit „Gewährleistung“ werden üblicherweise Ansprüche des AG bezeichnet, die<br />
geltend gemacht werden können, wenn das Erfüllungsstadium eines<br />
Werkvertrages mit der Abnahme geendet hat. Der Begriff "Gewährleistungszeit"<br />
beschreibt daher üblicherweise die Zeit von der Abnahme bis zum Ablauf der<br />
Verjährungsfrist, deren Beginn an die Abnahme anknüpft (§ 634a Abs. 2 BGB).<br />
Hingegen dient eine Erfüllungsbürgschaft der Sicherung des AG für den Zeitraum<br />
des Erfüllungsstadiums, also bis zur Abnahme (§ 17 Abs. 8 Nr. 1 S. 1 VOB/B).<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
�������<br />
�<br />
Eine Gewährleistungsbürgschaft kann daher begrifflich nur solche Ansprüche<br />
sichern, die nach der Abnahme entstanden sind. Durch eine genaue Formulierung<br />
beim Text der Sicherungsabrede können Auslegungsschwierigkeiten, ob die<br />
Bürgschaft Vertragserfüllungs- oder Gewährleistungsansprüche sichern soll,<br />
vermieden werden.<br />
II. Architektenrecht<br />
(1) Konkludenter Vertragsschluss bei Verwendung der<br />
Architektenleistungen?<br />
„Macht ein Bauherr von Planungsleistungen eines Architekten, mit dem er zuvor<br />
ergebnislos Vertragsverhandlungen geführt hatte, dadurch Gebrauch, dass er<br />
diese für die Bauantragstellung verwendet, liegt darin nicht die Annahme eines<br />
Antrags auf Abschluss eines Architektenvertrags.“<br />
So liest sich der fragwürdige Leitsatz eines Urteils des OLG Celle vom 02.03.2011<br />
(14 U 140/10) bei folgendem Sachverhalt:<br />
Ein Architekt verlangt mit der Behauptung, für den Beklagten eine<br />
Ausstellungshalle geplant zu haben, Honorar für die Leistungsphasen 1 - 3. Er<br />
hatte diesem fünf Entwürfe zur Verfügung gestellt, aus denen sich der Beklagte<br />
einen ausgesucht und um weitere Ausarbeitung gebeten hatte. Der Kläger hatte<br />
danach zwei weitere Entwürfe erstellt, der Beklagte sich für eine Version<br />
entschieden, die der Kläger wiederum in einem "Animationsplan" ausgestaltete. Die<br />
Gespräche erstreckten sich auf den Zeitraum Anfang Februar bis Ende März 2007.<br />
Danach kam es zu keinem weiteren Kontakt. Ende 2008 stellte der Kläger fest,<br />
dass der Beklagte eine Ausstellungshalle errichtete. Er behauptet, der Beklagte<br />
habe seine Pläne verwertet.<br />
Anders als das Landgericht verneint das OLG den Abschluss eines<br />
Architektenvertrages. Macht ein Architekt Honoraransprüche geltend, ohne mit dem<br />
Auftraggeber eine ausdrückliche Vergütungsvereinbarung getroffen zu haben,<br />
muss er die Umstände beweisen, nach denen die Erbringung der<br />
Architektenleistungen nur gegen Vergütung zu erwarten war. Hinreichende<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
�������<br />
�<br />
Anhaltspunkte für einen ausdrücklichen oder konkludenten Vertragsschluss lägen<br />
nicht vor. Die Abgrenzung zwischen einer vertraglosen und damit honorarfreien<br />
Leistung des Architekten, die dem Ziel dient, letztlich den Auftrag für das gesamte<br />
Projekt zu erhalten, und einer vertraglichen und demnach vergütungspflichtigen<br />
Tätigkeit ist eine Frage des Einzelfalls. Aus dem Tätigwerden des Architekten allein<br />
könne noch nicht der Vertragsschluss hergeleitet werden. Maßgeblich sei, ob die<br />
Leistungen mit rechtsgeschäftlichem Bindungswillen zugesagt und erbracht<br />
wurden. Auch im Bereich der Entwurfsplanung können noch Leistungen im<br />
Akquisitionsinteresse erbracht werden. Ein Vertragsschluss lasse sich auch nicht<br />
damit begründen, dass die Pläne beim Bau der Halle verwendet wurden. Vielmehr<br />
stelle sich mit Abbruch des Kontakts der Parteien im März 2007 die Tätigkeit des<br />
Architekten bei objektiver Betrachtung als beendet dar. Ein nachwirkender<br />
Rechtsbindungswille sei nicht erkennbar.<br />
Die Entscheidung des OLG überzeugt weder im Ergebnis noch in der Begründung.<br />
Zu Recht wird hiergegen eingewandt, dass sich der Bauherr nicht auf seinen<br />
entgegenstehenden Willen berufen darf, weil er sich durch die Verwendung der<br />
Planung zu diesem in Widerspruch gesetzt hat.<br />
(2) Architektenhaftung trotz erteilter Hinweise<br />
Ein Architekt plant für seinen Bauherrn zunächst einen eingeschossigen Anbau.<br />
Aufgrund der Unterschreitung der Grenzabstände holt der Bauherr hierfür die<br />
Zustimmung seines Nachbarn ein. Das Bauvorhaben wird aber nicht verwirklicht.<br />
Vielmehr lässt der Bauherr den Architekten einen zweigeschossigen Anbau planen.<br />
Im Rahmen einer Besprechung bei der Baubehörde weist der Planer seinen<br />
Bauherrn auf das Erfordernis einer neuen Nachbarzustimmung hin. Der Bauherr<br />
will davon nichts wissen, sondern lässt den Anbau nach Vorlage der trotz fehlender<br />
Nachbarzustimmung erteilten Baugenehmigung ausführen. Nach Rücknahme der<br />
Baugenehmigung und Erteilung der Abrissverfügung klagt der Bauherr auf<br />
Feststellung, dass der Architekt den entstandenen Schaden zu tragen hat.<br />
Unter Berufung auf seine bisherige Rechtsprechung verneint der BGH in einem<br />
Urteil vom 10.02.2011 (VII ZR 8/10) die Frage, ob sich der Architekt auf eine<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
�������<br />
�<br />
vertragliche Übernahme des Genehmigungsrisikos der Planung durch den<br />
Bauherrn berufen kann und stellt im Leitsatz der Entscheidung erneut fest:<br />
„Ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet,<br />
schuldet als Werkerfolg grundsätzlich eine dauerhaft genehmigungsfähige<br />
Planung. Etwas anderes gilt dann, wenn der Auftraggeber das Risiko der<br />
Genehmigungsfähigkeit der Planung aufgrund vertraglicher Vereinbarung<br />
übernimmt.“<br />
Letzteres sieht der BGH als nicht gegeben an. Allein die Tatsache, dass der<br />
Bauherr gewusst habe, dass eine Nachbarzustimmung wegen Überschreitung der<br />
Grenzabstände erforderlich sei, beinhalte noch keine Risikoübernahme der<br />
Realisierbarkeit der Planung. Vielmehr sei der Architekt verpflichtet zu prüfen, ob<br />
die Nachbarzustimmung notwendig ist. Er müsse diese zwar nicht selbst einholen,<br />
sei jedoch verpflichtet, die Entscheidung des Auftraggebers darüber<br />
herbeizuführen, ob sie eingeholt wird. Erst wenn sich herausstelle, dass die<br />
Zustimmung notwendig sei, jedoch vom Bauherrn nicht eingeholt werde, verdichte<br />
sich die Frage, ob letzterer bereit sei, die Planung seiner Bauabsicht trotz des<br />
Risikos, dass die Baugenehmigung versagt werde oder durch einen<br />
Nachbarwiderspruch zu Fall gebracht werde, weiterzubetreiben.<br />
Fazit: Die Leistung des Architekten ist und bleibt mangelhaft, wenn die<br />
Baugenehmigung zunächst erteilt, jedoch später wegen Drittwiderspruchs<br />
aufgehoben wird, sofern für diesen Fall nicht eine ausdrückliche<br />
Haftungsfreistellung durch den Bauherrn erfolgt. Zu erwähnen ist allerdings, dass<br />
der BGH im konkreten Fall ein Mitverschulden des Auftraggebers bejaht hat.<br />
III. Vergaberecht<br />
(1) VOB/A 2006 oder 2009: Wann beginnt ein Vergabeverfahren?<br />
Ein öffentlicher Auftrageber gab im Februar des Jahres 2010 eine Vorinformation<br />
über eine beabsichtigte Auftragserteilung europaweit bekannt. Sodann wurde im<br />
Juni des gleichen Jahres im Offenen Verfahren die Erbringung von Bauleistungen<br />
europaweit ausgeschrieben. Die im Hinblick auf die beabsichtigte<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
�������<br />
�<br />
Zuschlagserteilung angerufene Vergabekammer hatte im Rahmen ihrer<br />
Entscheidung u.a. auch darüber zu befinden, ob die VOB/A in der Fassung von<br />
2009 oder 2006 Anwendung findet.<br />
In einem Beschluss vom 12.11.2010 (Verg 21/10) entscheidet sich das OLG<br />
München für die Anwendbarkeit der Vorschriften der VOB/A 2009. Die am<br />
11.06.2010 mit Inkrafttreten der VgV wirksam gewordenen Vorschriften der VOB/A<br />
2009 fänden gem. der Übergangsvorschrift des § 23 VgV dann Anwendung, wenn<br />
ein Vergabeverfahren nach Inkrafttreten der VgV (2010) "begonnen" worden sei.<br />
Der Beginn eines Vergabeverfahrens sei zwar nicht legaldefiniert, jedoch bestehe<br />
in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit dahingehend, dass sog.<br />
Vorbereitungshandlungen zur Vergabe noch nicht dem Begriff des<br />
Vergabeverfahrens im Rechtssinne zuzurechnen seien. Erforderlich wäre vielmehr<br />
eine nach außen erkennbare Handlung der Vergabestelle im Hinblick auf die<br />
Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens, welches erkennbar zu einem<br />
konkreten Vertragsabschluss führen soll. Im Hinblick auf europaweite Vergaben sei<br />
dieser Wille erst dann erkennbar, wenn die Absendung der<br />
Vergabebekanntmachung an das EU-Amtsblatt erfolge (so auch der Leitsatz der<br />
Entscheidung). Eine bloße Vorinformation über eine beabsichtigte Auftragsvergabe<br />
stelle demgegenüber noch keine konkrete Entäußerung der Vergabestelle dar,<br />
nunmehr einen Vertragsschluss herbeiführen zu wollen.<br />
Dem ist ohne Einschränkungen beizupflichten.<br />
(2) Geheimwettbewerb bei konzernverbundenen Unternehmen?<br />
Im Rahmen einer Ausschreibung von Rabattverträgen durch mehrere<br />
Betriebskrankenkassen beteiligten sich zwei konzernverbundene<br />
Pharmaunternehmen. Die Ausschreibung sah vor, dass pro Los der Zuschlag an<br />
drei Bieter erteilt werden sollte. Ein dritter Bieter rügte die Konzernverbundenheit<br />
und unterstellte, dass in dieser Konstellation eine Absprache zwischen den<br />
konzernverbundenen Unternehmen stattgefunden haben müsse, deren Nachweis<br />
ihm jedoch als Außenstehendem nicht gelingen könne. Aufgrund der hohen<br />
Wahrscheinlichkeit einer Absprache sei hier die Wettbewerbswidrigkeit bereits zu<br />
unterstellen, so dass beide Bieter ausgeschlossen werden müssten.<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
�<br />
�������<br />
Das OLG Düsseldorf sieht im konkreten Fall nach Beweisaufnahme durch<br />
Befragung der Mitarbeiter keine nachweisliche Verletzung des Geheimwettbewerbs<br />
und schließt sich der Entscheidung der Vergabekammer Bund insoweit an, die den<br />
Antrag des Drittbieters zurückgewiesen hat. Ein Verstoß gegen den<br />
Geheimwettbewerb müsse entsprechend der Entscheidung des EuGH vom<br />
19.05.2009 (Rs. C-538/07) auf gesicherten Erkenntnissen beruhen, um die beiden<br />
betreffenden Bieter ausschließen zu können. Allerdings habe sich hier die<br />
Einhaltung des Geheimwettbewerbs erst im Zuge der Beweisaufnahme vor dem<br />
OLG bestätigt. Dies sei grundsätzlich zu spät, da bereits der Vergabestelle die<br />
dezidierte Prüfung eines etwaigen Verstoßes gegen den Geheimwettbewerb<br />
obliege. Dabei sei allein aus der Konzernverbundenheit heraus bereits zu<br />
unterstellen, dass Schnittstellen im Bereich der Angebotslegung bestehen könnten,<br />
die zu Verstößen gegen den Geheimhaltungswettbewerb führen. Diese<br />
"widerlegbare" Vermutung müssten die betroffenen Unternehmen ausräumen, sie<br />
treffe insoweit eine Obliegenheit. Sofern dem Bieter bekannt sei, dass sich ein<br />
weiteres Konzernunternehmen ebenfalls an der Ausschreibung beteilige, müsse<br />
dieser Nachweis unaufgefordert bereits mit Angebotsabgabe erfolgen.<br />
Damit verschärft der Vergabesenat die Darlegungslast auf Seiten<br />
konzernverbundener Unternehmen erheblich. Offen blieb, wie weit diese<br />
Aufklärungspflicht tatsächlich geht. Eine Mitarbeiterbefragung, wie sie das OLG<br />
vornahm, dürfte der Vergabestelle verwehrt sein.<br />
IV. Öffentliches Baurecht<br />
(1) Erschließungsverträge mit kommunalen Eigengesellschaften<br />
Zu nachstehendem Sachverhalt hat das Bundesverwaltungsgericht in einem<br />
Urteil vom 01.12.2010 (9 C 8.09) deutliche Worte gefunden:<br />
Die Gemeinde hat die Erschließung eines Baugebiets vertraglich auf eine GmbH<br />
übertragen. Die Erschließung soll durch die GmbH erfolgen, die hierzu<br />
entsprechende privatrechtliche Verträge mit den Grundstückskäufern schloss. Die<br />
einzige Gesellschafterin der Erschließungsgesellschaft ist jedoch die Gemeinde<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
�������<br />
�<br />
selbst; es handelt sich um eine kommunale Eigengesellschaft. Die Gemeinde hat<br />
sich auch umfangreiche Selbstvornahmerechte vorbehalten. Einige<br />
Grundstückskäufer verlangen nun ihre geleisteten Abschlagszahlungen für die<br />
Erschließung von der GmbH zurück, da der Erschließungsvertrag wegen der<br />
"Identität" von Gemeinde und Erschließungsunternehmer sowie des Vorbehalts von<br />
Selbstvornahmerechten der Gemeinde nichtig sei.<br />
Dem schließt sich das BVerwG vollumfänglich an und formuliert in den Leitsätzen<br />
seiner Entscheidung:<br />
„a. Ein Erschließungsvertrag ist nichtig, wenn die Gemeinde ihre kommunale<br />
Eigengesellschaft als Erschließungsunternehmen beauftragt.<br />
b. Ein umfangreiches Recht zur Selbstvornahme der Gemeinde in einem<br />
Erschließungsvertrag steht einer Übertragung im Sinne des § 124 Abs. 1 BauGB<br />
entgegen. Ein entsprechender Vertrag ist auch aus diesem Grunde nichtig.“<br />
Dieses Ergebnis entspricht dem „gesunden Menschenverstand“, obgleich sich nicht<br />
alle Gerichte davon leiten lassen, manchmal aber auch nicht dürfen.<br />
Erschließungsverträge sind daher stets sorgfältig dahingehend zu prüfen, ob die<br />
Erschließung wirksam übertragen wurde und wenn ja, ob der<br />
Erschließungsunternehmer tatsächlich „Dritter“ i.S. des § 124 BauGB ist. Die<br />
Wirksamkeit des Erschließungsvertrages hat erhebliche finanzielle Auswirkungen<br />
für die Beteiligten. Das Risiko eines unwirksamen Erschließungsvertrags trägt nach<br />
der Rechtsprechung des OLG Jena grundsätzlich das private<br />
Erschließungsunternehmen.<br />
V. Bauversicherungsrecht (unbesetzt)<br />
VI. Bauprozessrecht<br />
Kostenfalle im selbständigen Beweisverfahren<br />
Zur Klärung behaupteter Mängel an der vom Antragsgegner eingebauten<br />
Heizungsanlage leitet der Antragsteller vor dem Landgericht das selbständige<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
�������<br />
�<br />
Beweisverfahren ein. Aufgrund dann wechselseitig gestellter Ablehnungsanträge<br />
gegen den Sachverständigen und den Richter verzögert sich das Verfahren. Als<br />
schließlich im Bereich der Fußbodenheizung noch ein Wasserschaden auftritt, lässt<br />
der Antragsteller sofort umfassend reparieren. Bevor es zu abschließender<br />
Bestätigung des gerichtlichen Sachverständigen kommt, teilt der Antragsteller dem<br />
Gericht mit, dass jetzt „ein Fall sachlicher Erledigung“ vorliege. Der Antragsgegner<br />
stellt daraufhin den Antrag, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens<br />
aufzuerlegen, dem das Gericht stattgibt. Die sofortige Beschwerde hat keinen<br />
Erfolg.<br />
Die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde weist der Bausenat des BGH in einem<br />
Beschluss vom 24.02.2011 (VII ZB 20/09) mit folgendem Leitsatz zurück:<br />
„Eine im selbständigen Beweisverfahren unzulässige einseitige<br />
Erledigungserklärung des Antragstellers ist regelmäßig in eine Antragsrücknahme<br />
mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO umzudeuten.“<br />
Dies führte dazu, dass der Antragsteller die gesamten Kosten des Verfahrens zu<br />
tragen hatte.<br />
Die Ausführungen des BGH entsprechen der ganz überwiegenden<br />
Rechtsauffassung in Rechtsprechung und Literatur. Wieder zeigt sich: Die<br />
Mängelbeseitigung vor Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens kann zur<br />
Kostenfalle werden. Der umsichtige Antragsteller und erst recht sein<br />
Verfahrensbevollmächtigter dürfen eine gerichtliche Beweissicherung nicht<br />
vorschnell einleiten, zumal auch für eine analoge Anwendung des § 91 a ZPO im<br />
selbständigen Beweisverfahren kein Raum ist.<br />
Das juristische Auffangnetz liegt im materiell-rechtlichen<br />
Kostenerstattungsanspruch. Es funktioniert allerdings nur dann, wenn der<br />
Antragsgegner mit der Beseitigung des Mangels in nachweisbarem Verzug war/ist.<br />
Wenn Sie dazu mehr wissen wollen, fragen Sie die Baurechtler von <strong>SES</strong>.<br />
�<br />
�
�<br />
�<br />
�������<br />
�<br />
Sie haben es trotz vermuteter Ermüdungserscheinungen wieder einmal geschafft,<br />
denn ich bin am Ende. Genießen Sie den Wonnemonat Mai und bleiben uns<br />
gewogen.<br />
Mit besten Grüßen<br />
Ihr<br />
<strong>Eulitz</strong>, Rechtsanwalt<br />
�<br />
�