HARMONICES MUNDI“ - Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
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haben, während der Physiker noch auf der Suche nach einer solchen<br />
ist.<br />
Einer, der da bis vor kurzem eifrig gesucht hat, ist Stephen Hawking<br />
(Abb. 6). Mitte der siebziger Jahre hatte er verkündet, in zehn, spätestens<br />
zwanzig Jahren werde er eine T.O.E. gefunden haben. Vor nicht<br />
allzu langer Zeit sagte er, die 20 Jahre beginnen erst jetzt.<br />
Hawking suchte seine T.O.E. im Rahmen einer Elementarteilchentheorie,<br />
genauer, einer Stringtheorie. Ein String ist eine Saite, wie die Saite<br />
eines Cellos, nur winzig klein. Die Schwingungsanregungen dieser<br />
Saite liefern die Elementarteilchen. Die Strings sind 10 35 mal kürzer als<br />
eine Cello-Saite. Wären sie 10 10 mal kürzer, wären sie so klein wie ein<br />
Atom und man könnte sie mit einem geeigneten Elektronenmikroskop<br />
sehen. Aber sie sind noch 10 25 mal kleiner als ein Atom. Strings sind<br />
nicht nur winzig, sie schwingen auch anders als Cello-Saiten, nicht im<br />
üblichen dreidimensionalen Raum, sondern in einer zehndimensionalen<br />
Raumzeit, wobei die zusätzlichen sechs Raumdimensionen winzig<br />
klein, wie man sagt, kompaktifiziert sind.<br />
Hawkings Bestreben war nicht der erste Versuch, eine T.O.E. zu finden,<br />
wie ein Blick in die Wissenschaftsgeschichte zeigt. So glaubte schon<br />
Heisenberg, vor nunmehr knapp einem halben Jahrhundert, kurz vor<br />
der Formulierung einer T.O.E. zu stehen. In einem Radiointerview (im<br />
Jahre 1958) kündigte er an, daß er zusammen mit Pauli in Kürze eine<br />
Weltformel auf der Grundlage einer Spinortheorie, einer Theorie<br />
der Elementarteilchen, veröffentlichen werde, es müßten nur noch einige<br />
technische Details geklärt werden. Als Pauli <strong>von</strong> dem heisenbergschen<br />
Interview hörte, war er sehr verärgert, hatte er sich innerlich <strong>von</strong><br />
dem gemeinsamen Weltformel-Projekt schon losgesagt, war ihm dessen<br />
prinzipielle Undurchführbarkeit doch bewußt geworden. Seinen<br />
Ärger brachte er unmißverständlich zum Ausdruck, so auch in einem<br />
Brief (Abb. 7), den er an George Gamow, einen bekannten amerikanischen<br />
Elementarteilchentheoretiker russischer Herkunft, sandte. Der<br />
Brief enthält eine Skizze, auf der ein leeres Rechteck zu sehen ist, versehen<br />
mit folgendem Kommentar:<br />
” Das soll der Welt zeigen, daß ich wie Tizian malen kann. Es fehlen nur<br />
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