HARMONICES MUNDI“ - Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
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Astrophysik und der wissenschaftlichen Optik, und mit den ” Rudolfinischen<br />
Tafeln“ schuf er, auf der Grundlage <strong>von</strong> Tycho Brahes Beobachtungsdaten<br />
und umfangreicher eigener Berechnungen, ein <strong>von</strong> Astronomen,<br />
Astrologen und Seefahrern hochgeschätztes Standardwerk der<br />
Planetenbewegungen und -positionen. Kepler lieferte auch wichtige<br />
Beiträge zur reinen Mathematik, so zur Entwicklung der Infinitesimalrechnung<br />
(Berechnung des Volumens <strong>von</strong> Rotationskörpern) und<br />
zum Problem der dichtesten Packung <strong>von</strong> Kugeln. Seine Hypothese, eine<br />
pyramidenförmige Kugelpackung habe die höchstmögliche Dichte,<br />
konnte erst kürzlich, 400 Jahre nach Kepler, computergestützt, bewiesen<br />
werden.<br />
Kepler wurde zum Wegbereiter der Astrophysik, da er — anders als<br />
die Astronomen vor ihm, für die die Bewegung der Himmelskörper ein<br />
rein kinematisches Problem war — die kausale Rolle der Sonne für die<br />
Planetenbewegung erkannte und so die Beschreibung der Planetenbewegung<br />
zu einem physikalischen Problem werden ließ, auch wenn er<br />
die Dynamik dieser Bewegung nicht korrekt erfassen konnte, war ihm<br />
doch die Natur der <strong>von</strong> der Sonne auf die Planeten ausgeübten Kraft<br />
noch nicht bekannt.<br />
Kepler benötigte für die Erklärung der Bewegung auf einer gekrümmten<br />
Bahn eine treibende und eine stabilisierende Kraft, während Newton<br />
später in seinem Werke ” Principia“ zeigte, daß die Gravitationskraft<br />
allein vom Abstand zwischen Sonne und Planeten abhängt, und mit<br />
einer solchen Kraft, zusammen mit seinem Trägheitsgesetz, die Planetenbewegung<br />
korrekt beschrieben werden kann. Damit hatte Newton<br />
gezeigt, daß die Gesetze der Physik in gleicher Weise für irdische und<br />
himmlische Phänomene gelten, was ihn zum Begründer der Astrophysik,<br />
der modernen Astronomie machte.<br />
Die physikalische Natur der gravitativen Kraft wirklich zu erklären<br />
vermochte jedoch weder Kepler noch Newton, was Friedrich<br />
W. J. Schelling (1775–1854) in seinen ” Ideen zu einer Philosophie<br />
der Natur“ (1797) wie folgt beschreibt: ” Lange vor Newton hatte Kepler,<br />
dieser schöpfrische Geist, in poetischen Bildern gesagt, was Newton<br />
nachher prosaischer ausdrückte. Als jener zuvor <strong>von</strong> Sehnsucht, die<br />
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