HARMONICES MUNDI“ - Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
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allgemeinen höhere Beweiskraft als jegliche sinnliche Erfahrung. Der<br />
Gelehrte des Mittelalters verstand Wissenschaft vornehmlich als Erklärungsversuch<br />
mittels aristotelischer Auffassungen ohne Anspruch<br />
auf eine Beschreibung der Wirklichkeit auf Grund sinnlicher Erfahrung,<br />
war doch nach Aristoteles die Wirklichkeit auch durch reines Denken,<br />
durch Logik, zu erkennen.<br />
Vermittelt durch arabische und jüdische Gelehrte wie Averroes (1126–<br />
1198) und Maimonides (1135–1206) hatte Aristoteles im 12. Jh. wieder<br />
Eingang in das Denken des Abendlandes gefunden und war so zum<br />
zentralen Philosophen der christlichen Scholastik (9.–15. Jh.), der vernunftsmäßigen<br />
Begründung christlichen Glaubens, geworden. Der damals<br />
bedeutendste christliche Aristoteleskommentator war der Dominikaner<br />
Albertus Magnus (1193–1280), einer der Wegbereiter modernen<br />
naturphilosophischen Denkens.<br />
Die Wiederentdeckung Platons für das Abendland im 15. Jh. ist hingegen<br />
byzantinischen Gelehrten zu verdanken. Sie war ganz wesentlich<br />
auch das Verdienst des berühmten Philosophen der Renaissance<br />
Marsilio Ficino (1433–1499), der in lateinischer Sprache den ganzen Platon<br />
herausgab, aber auch das ” Corpus Hermeticum“, ein Konvolut religiös-naturphilosophischer<br />
Traktate der Hermetik, zugeschrieben der<br />
im alten Ägypten angesiedelten Kunstfigur des Hermes Trismegistos<br />
(Abb. 15) — dem legendären Begründer der Alchemie — aber verfaßt<br />
<strong>von</strong> verschiedenen Autoren aus dem Umkreis der Gnosis in den ersten<br />
nachchristlichen Jahrhunderten.<br />
Die Zeit Keplers war auch die hohe Zeit der Alchemie, jener spekulativen<br />
Naturerkenntnis, die erst im 17./18. Jh. sukzessive durch die<br />
moderne Chemie und Pharmakologie abgelöst wurde. Noch Newton,<br />
siebzig Jahre nach Kepler, war hoch engagierter Alchemist, der nicht<br />
weniger Zeit der alchemistischen Labortätigkeit und der hermetischen<br />
Philosophie widmete als seinen mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />
Forschungen. —<br />
” Der Alchemist“, so C.G. Jung, projiziert seine Empfindungen, Wün-<br />
”<br />
sche und Erwartungen in den beobachteten alchemistischen Prozeß“,<br />
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