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Unbefangenheitsübungen - Hundeschule Saus

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H u n d e s c h u l e S a u s<br />

Unbefangenheit<br />

Autor: Prof. Dr. A. <strong>Saus</strong>


Herausgeber:<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

Inh. Stephan <strong>Saus</strong><br />

Fronhoven 54b, 52249 Eschweiler<br />

Tel.: 01578-2842858<br />

Email: stephan@hundeschule-saus.de<br />

Www.hundeschule-saus.de<br />

Autor: Prof. Dr. A. <strong>Saus</strong><br />

Fassung vom: 21.02.2004<br />

Jegliche Vervielfältigung der Texte, auch in Auszügen,<br />

ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung<br />

der Herausgeber gestattet.


<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

(Teil 1)<br />

Die nachfolgend beschriebenen Übungen dienen dazu, den Hund gegenüber<br />

den vielfältigsten täglichen, aber auch ungewöhnlichen Situationen, Zufällen<br />

und Begebenheiten zu größtmöglicher Unbefangenheit zu erziehen. Diese<br />

Grundübungen werden tunlichst im Welpenalter des Hundes ab der 9. Lebenswoche<br />

durchgeführt.<br />

Unsere Erfahrungen haben gezeigt, daß Junghunde, erst recht aber erwachsene<br />

Hunde, die mit solchen Übungen nicht schon im Welpenalter vertraut<br />

gemacht worden sind, z.T. erhebliche Schwierigkeiten haben, obgleich es<br />

sich prinzipiell um harmlose Übungen handelt.<br />

In den Übungen werden bewußt alle Sinnesorgane des Hundes gezielt angesprochen.<br />

Sofern der Hund Unsicherheiten zeigt, werden Hilfen zur Überwindung<br />

der Unsicherheiten beschrieben.<br />

Ein kurzer Hinweis auf die Bedeutung züchterischer Maßnahmen schlägt die<br />

Brücke zwischen Wurflager und Entwicklung des Welpen.<br />

Unbefangenheit gegenüber<br />

Menschen<br />

“In einem gesunden Körper lebt<br />

ein gesunder Geist”<br />

(mens sana in corpore sano)<br />

Die Grundlagen für ein gutes Sozialverhalten<br />

des Hundes werden bereits<br />

vom Züchter durch Wahl der<br />

Zuchttiere und durch die Aufzucht<br />

gelegt; alles weitere liegt in der<br />

Hand des Besitzers.<br />

Eine der fundamentalen Aufgaben<br />

des Welpenbesitzers besteht darin,<br />

seinen Welpen gegenüber allen alltäglichen<br />

Situationen zur weitestgehenden<br />

Unbefangenheit zu erziehen.<br />

Diese Unbefangenheit bezieht sich<br />

nicht nur auf Menschen jeden Alters<br />

und auf Tiere, sondern auch auf<br />

möglichst viele umweltbedingten<br />

Einflüsse und Gegebenheiten jeglicher<br />

Art.<br />

Mit dieser Forderung wird ein Anspruch<br />

erhoben, der letztlich unerfüllbar<br />

bleibt, weil nicht alles vorhersehbar<br />

ist, was dem Hund alles<br />

widerfahren kann.<br />

Deswegen wollen wir uns bei den<br />

folgenden Übungen auf solche beschränken,<br />

die zum einen Alltagscharakter<br />

haben, zum anderen aber<br />

quasi ganze Felder von Möglichkeiten<br />

abdecken können.<br />

Unbefangenheit ergibt sich aus dem<br />

3


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

gesunden Zusammenspiel von Psyche<br />

und Körper des Hundes im<br />

Wechselspiel mit den umweltbedingten<br />

Einflüssen. Daher setzen <strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

eine Mindestreife<br />

des Hundes voraus.<br />

Während sorgfältige Züchter in der<br />

Vergangenheit vielleicht zu wenig<br />

Wert auf ein welpengerechtes Umfeld<br />

bei der Aufzucht gelegt haben,<br />

liegt gegenwärtig das Pendel mehr<br />

auf der Seite des Zuviel und des<br />

Zufrüh, was dem noch in der Wurfkiste<br />

befindlichen Welpen zugemutet<br />

wird. Zu viele und zu früh angelegte<br />

Aktivitäten gehen dann zu lasten der<br />

eigentlichen altersgemäßen Entwicklung<br />

des Welpen, so daß Fehlentwicklungen<br />

ganz anderer Art nicht<br />

auszuschließen sind (Näheres hierzu<br />

siehe Wesensentwicklung des Hundes).<br />

Ein ausgewogenes und der biologischen<br />

Entwicklung des Welpen angepaßtes<br />

Unbefangenheitstraining<br />

muß sehr sorgfältig ausgewählt werden,<br />

weil Überforderung möglicherweise<br />

bleibende Befangenheit, Unterforderung<br />

spätere Hemmung und<br />

Unsicherheit nach sich ziehen kann.<br />

Die Übungen sollen bewußt sowohl<br />

die körperlichen, als auch die seelischen<br />

Veranlagungen des Welpen<br />

ansprechen. Dem entsprechend ist<br />

der Hundeführer gefordert, sich auch<br />

selber Gedanken über die Zusam-<br />

4<br />

menhänge zu machen: In einem gesunden<br />

Körper lebt ein gesunder<br />

Geist. Die körperlichen Veranlagungen<br />

können nur in dem Maße gefördert<br />

werden, wie auch das seelische<br />

Potential des Welpen gefördert wird.<br />

Diese Förderung geht mit der Intensität<br />

der Bindung zwischen Welpen<br />

und Führer einher; je stärker diese<br />

Bindung ist, um so größere Förderung<br />

ist möglich und, umgekehrt, mit<br />

zunehmender Förderung wächst die<br />

Bindung und damit das Potential gezielter<br />

Ausbildung.<br />

Freudiges Anspringen von Personen<br />

- Begrüßung auf hündische<br />

Art<br />

Im Sozialverhalten und im Zusammenleben<br />

mit Menschen gut geförderte<br />

Welpen neigen dazu, ihre häuslichen<br />

Partner (“Rudelmitglieder”),<br />

wann immer sie auftauchen, mit großem<br />

Überschwang zu begrüßen. Bei<br />

allem Wohlwollen dem Hund gegenüber<br />

kann das aus vielen Gründen<br />

äußerst lästig sein. Um richtige Wege<br />

aufzuzeigen, unerwünschtes Verhalten<br />

abzustellen, muß zunächst einmal<br />

festgehalten werden, daß Begrüßungen<br />

seitens des Hundes stets als<br />

Willkommenszeichen zu werten<br />

sind, die ihren Ursprung im Sozialverhalten<br />

des Hundes haben.<br />

Wenn die Hündin im Fortgang der<br />

Entwicklung ihrer Welpen nicht


mehr säugt, verabreicht sie, ebenso<br />

wie der Rüde, den Jungen vorverdautes<br />

Futter; dieses wird vom Alttier<br />

durch Würgen aus dem Schlund freigesetzt.<br />

Um diesen Vorgang zu beschleunigen,<br />

nimmt der Welpe die<br />

Bettelgestik ein (siehe auch: Sprache<br />

des Hundes), d.h. er leckt das Alttier<br />

unter dem Fang und an den Lefzen,<br />

bis dieses das Futter ausgewürgt hat.<br />

Dies geschieht natürlich immer dann,<br />

wenn das Alttier vom Beutezug zurückkehrt,<br />

also “nach Hause”<br />

kommt.<br />

Daher gehört es zum Urverhalten des<br />

Welpen, immer dann, wenn Frauchen<br />

oder Herrchen nach Hause<br />

kommen, diese Bettelgestik an den<br />

Tag zu legen. Folglich springt der<br />

Welpe freudig hoch, auch wenn er<br />

längst nicht mehr in dieser natürlichen<br />

Abhängigkeit steht und sein<br />

Futter aus der Futterschüssel erhält.<br />

Um dieses vom Menschen meist unerwünschte<br />

Verhalten abzustellen,<br />

folgt man am besten den Triebveranlagungen<br />

des Hundes: Bei der Begrüßung<br />

hocken wir uns zum Hund hinunter,<br />

streicheln ihn, begrüßen ihn<br />

ohne Überschwang und halten einen<br />

Futterbrocken bereit.<br />

Sofern es den Begrüßten nicht stört,<br />

läßt er sich vom Hund am Hals<br />

(unter dem “Fang”) lecken; diese<br />

Gestik, die übrigens auch unter erwachsenen,<br />

im Rudel lebenden Hunden<br />

üblich ist, fördert das Rudelverhalten<br />

zwischen Hund und Mensch<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

auf natürlichste Art und Weise.<br />

Wenn die Begrüßung auf hündische<br />

Art stattgefunden hat, ist es dem<br />

Hundeführer unbenommen, die Zeremonie<br />

dadurch zu beenden, daß er<br />

dies seinem Hund, sei es Welpe,<br />

Junghund oder erwachsener Hund,<br />

klar zum Ausdruck bringt durch z.B.<br />

schluß-jetzt. Es ist durchaus hundgerecht,<br />

nach der Begrüßung dieses<br />

Kommando 2. Art dem Hund abzuverlangen.<br />

Der weit verbreitete und selbst in<br />

sog. kynologischen Fachbüchern vertretene<br />

Rat, dem Welpen das Hochspringen<br />

durch einen Fußtritt, durch<br />

Auflaufenlassen auf ein Knie, durch<br />

Hinunterwerfen auf den Boden<br />

u.a.m. abzugewöhnen, ist allenfalls<br />

geeignet, das Vertrauen zwischen<br />

Hundeführer und Hund nachhaltig zu<br />

zerstören, da ein solches Verhalten<br />

im absoluten Gegensatz zum psychischen<br />

Empfinden (sprich: Rudelverhalten)<br />

des Hundes steht.<br />

Urinieren bei Begrüßung<br />

Nicht selten begleiten Hunde, insbesondere<br />

Welpen, ihr Begrüßungszeremoniell<br />

mit Urinieren. Es geschieht,<br />

daß der Welpe sich dabei auf<br />

den Rücken wirft. Dieses Verhalten<br />

kann unterschiedliche Ursachen haben.<br />

Zum einen beobachtet man, daß die<br />

5


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

im Wurf rangniedrigsten Welpen<br />

häufiger dieses Verhalten zeigen als<br />

ranghöhere Wurfgeschwister. Um in<br />

solchen Fällen Abhilfe zu schaffen,<br />

genügt es, daß der Besitzer seinen<br />

Welpen in allen Bereichen zu einem<br />

selbstsicheren Wesen erzieht.<br />

Häufiger aber sind die Fälle, in denen<br />

der Besitzer oder auch äußere<br />

Umstände den Welpen zum Urinieren<br />

veranlassen. Ein Beispiel möge<br />

dies verdeutlichen:<br />

Der Hund hat während der Abwesenheit<br />

seines Führers keine Gelegenheit,<br />

sich außerhalb der Wohnung zu<br />

lösen; schließlich hinterläßt er seine<br />

Notdurft auf einem Teppich, ein<br />

Malheur, das bis dahin noch nie passiert<br />

war.<br />

Als Herrchen nach Hause kommt,<br />

begrüßt ihn sein Hund, wie immer, in<br />

überschwenglicher Freude.<br />

Diese Freude wird sogleich durch ein<br />

Donnerwetter und sogar durch Schläge<br />

von Herrchen getrübt, als dieser<br />

das Ereignis feststellt. Dieses Verhalten<br />

seines Herrn ist aus hündischer<br />

Sicht absolut unverständlich; der<br />

Hund weiß nicht, daß er etwas<br />

“Unrechtes” getan hat.<br />

Fortan reagiert er so, daß er, sobald<br />

Herrchen nach Hause kommt, sich<br />

auf den Rücken wirft (Demutsgeste),<br />

die Rute einzieht, ein Unschuldsgesicht<br />

aufsetzt (Kindchengesicht, siehe:<br />

Körpersprache des Hundes) und<br />

uriniert.<br />

Dieses Verhalten wird in den meisten<br />

6<br />

Fällen von Herrchen so gedeutet, daß<br />

der Hund “ein schlechtes Gewissen<br />

hat”; Herrchen behauptet, daß der<br />

Hund ganz genau weiß, daß er das<br />

nicht darf, und “deswegen legt er<br />

sich auf den Rücken” oder, was dem<br />

prinzipiell gleichkommt, “deswegen<br />

verkriecht er sich schon, wenn ich<br />

nur die Türe aufmache”.<br />

Statt des “Häufchens” könnte auch<br />

ein zerbissener Schuh, ein zerrissenes<br />

Wäschestück, ein vom Hund zerkleinerter<br />

Korb u.a.m. Auslöser für<br />

Herrchens Ärger sein.<br />

Es ist oft schwer, wenn nicht sogar<br />

unmöglich, dem betreffenden Hundehalter<br />

klarzumachen, daß er selbst<br />

Auslöser für das ängstliche Verhalten<br />

seines Hundes ist, weil er den<br />

Hund für etwas gestraft hat, was dieser<br />

nicht zuordnen kann.<br />

Es muß an dieser Stelle betont werden,<br />

daß der Hund hinsichtlich seiner<br />

Handlungen immer in der Gegenwart<br />

lebt; ihn für etwas zu bestrafen, das<br />

bereits der Vergangenheit angehört,<br />

würde bedeuten, daß er Gegenwart,<br />

Vergangenheit und Zukunft zuordnen<br />

kann, eine bisher nur dem<br />

menschlichen Intellekt sicher zuzuschreibende<br />

Fähigkeit.<br />

Sehr sensibel reagierende Hunde machen<br />

gelegentlich auch aus echter<br />

Freude unter sich.


Die selten zu beobachtende Veranlagung,<br />

scheinbar ohne Grund überall<br />

zu urinieren, bedarf zunächst der<br />

ärztlichen Diagnose, ehe Fragen der<br />

haltungsbedingten (psychischen) Ursachen<br />

erörtert werden können.<br />

Haltungsbedingte Fehlentwicklungen<br />

Für Schäden des Welpen und späteren<br />

erwachsenen Hundes, seien sie<br />

körperlicher oder seelischer Art, gibt<br />

es eine ungezählte Fülle von Möglichkeiten.<br />

An dieser Stelle wollen<br />

wir uns auf zwei fundamentale Ursachen<br />

beschränken, weil sie vom<br />

Menschen gemacht und somit vermeidbar<br />

wären.<br />

Warum sondert die Mutterhündin<br />

Welpen aus?<br />

Gelegentlich stellen Züchter fest, daß<br />

die Hündin den einen oder anderen<br />

Welpen gleich nach der Geburt offensichtlich<br />

bewußt daran hindert, an<br />

eine Zitze zu gelangen. Ein so behandelter<br />

Welpe ist dem Hungertod ausgeliefert.<br />

Selbst beim Versuch, durch<br />

menschliches Zutun die Hündin zur<br />

Annahme des von ihr ausgestoßenen<br />

Welpen zu bewegen, läßt diese sich<br />

nicht beirren.<br />

In solchen, zweifellos seltenen Fällen,<br />

tut man gut daran, den verstoßenen<br />

Welpen zu töten, denn die gesunde<br />

Hündin “weiß”, warum sie ihrem<br />

Trieb folgt, und das neugebore-<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

ne Wesen ablehnt.<br />

Nach eigener Erfahrung kann der<br />

Mensch die Gründe für das Verhalten<br />

der Hündin nicht unmittelbar<br />

nachvollziehen, vor allem dann<br />

nicht, wenn der Ausgestoßene keine<br />

für uns direkt sichtbaren Anomalien<br />

aufweist.<br />

Folglich ist der Züchter bestrebt,<br />

auch jenen Welpen vor dem sicheren<br />

Tod zu bewahren, indem er ihn so oft<br />

der Mutter an die Zitze legt, bis diese<br />

ihn akzeptiert, oder, was weit häufiger<br />

geschieht, indem er zur künstlichen<br />

(Flaschen-)Ernährung greift.<br />

Unsere Erfahrungen zeigen, daß<br />

Hunde, die ihre früheste Welpenzeit<br />

(von der Geburt bis zum Ende der 4.<br />

Lebenswoche) nur durch menschliches<br />

Zutun überlebt haben, im Erwachsenenalter<br />

Störungen vieler Art<br />

aufweisen. Dazu gehören gesundheitliche<br />

Probleme, körperliche Anomalien,<br />

Freßunlust, Wachstumsstörungen,<br />

fehlender Betätigungsdrang,<br />

mangelhafter Beute- und Spieltrieb,<br />

gestörtes Sozialverhalten, schwierige<br />

Erziehung und Ausbildung, Wesensschäden<br />

u.a.m.<br />

Warum reagieren Welpen untereinander<br />

aggressiv?<br />

Der Aggressionstrieb ist Teil der genetischen<br />

Veranlagungen des Hundes<br />

und folglich bereits im Welpen vorhanden.<br />

Unter physisch und psy-<br />

7


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

chisch gesund aufwachsenden Welpen<br />

entwickelt er sich ohne Fehlverhalten,<br />

zumal die Mutterhündin, sofern<br />

sie selber gesund und vital ist,<br />

auf ihre Welpen erzieherisch einwirkt.<br />

Dies ist aber nur dort möglich, wo<br />

die Aufzuchtbedingungen hinreichend<br />

erfüllt sind. Fehlen diese Voraussetzungen,<br />

kann es zu tiefgreifenden<br />

und dauerhaften Schäden der<br />

Welpen kommen.<br />

Fehlende Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten<br />

In jüngerer Zeit beobachten wir zunehmend,<br />

daß Welpen im innerartlichen<br />

Spiel an Stelle eines ausgewogenen<br />

Spiels aggressiv aufeinander<br />

reagieren, obwohl sie sich im gleichen<br />

biologischen Alter befinden.<br />

Die häufigste Ursache dafür ist, wie<br />

wir feststellten, in der Aufzucht zu<br />

suchen. Dort, wo den Welpen bis zu<br />

ihrer Abgabe an den Besitzer ungenügende<br />

Betätigungsfelder oder/und<br />

zu wenig Platz zur Verfügung stehen,<br />

haben sie nur die Möglichkeit,<br />

sich mit sich selbst zu beschäftigen.<br />

Dies führt unweigerlich dazu, daß sie<br />

gewissermaßen als Ersatzhandlung<br />

sich gegenseitig bekämpfen.<br />

Derart vorgeprägte Welpen müssen<br />

zunächst mit viel Geduld aber mit<br />

Konsequenz und klarer Führung wie-<br />

8<br />

der sozialisiert werden. Dazu bedarf<br />

eines im Umgang mit Welpen erfahrenen<br />

Ausbilders, der bereits dann in<br />

das innerartliche Spiel der Welpen<br />

eingreift und den betreffenden Hund<br />

z.B. durch kurzen, aber derben Nackengriff<br />

zurechtweist, ehe dieser<br />

seine Aggression tatsächlich ausüben<br />

kann.<br />

Überforderte Hündin<br />

Eine andere Wurzel für die Entfaltung<br />

von innerartlicher Aggression<br />

liegt dann vor, wenn die Hündin mit<br />

der Versorgung ihrer Welpen überfordert<br />

ist. Dies kann sowohl bei zu<br />

großer Wurfzahl, bei mangelhafter<br />

körperlicher Konstitution der Hündin,<br />

bei fehlender menschlicher Zuwendung<br />

gegenüber der Hündin, bei<br />

Absonderung des Wurflagers aus der<br />

für die Hündin gewohnten Umgebung<br />

oder, was häufiger zutrifft,<br />

dann eintreten, wenn die Hündin sich<br />

nicht von ihrer Welpenbetreuung zurückziehen<br />

und Erholung suchen<br />

kann, ohne das Wurflager zu verlassen<br />

Hier kann schon die einfache Maßnahme<br />

helfen, daß die Hündin durch<br />

die Gestaltung des Zwingers die<br />

Möglichkeit erhält, sich außer Reichweite<br />

der Welpen zu begeben, ohne<br />

sie aus den Augen lassen zu müssen.


Schlechte (Erst-)Erlebnisse mit<br />

anderen Hunden -<br />

“Welpenspaziergänge”<br />

Viele Hundebesitzer lassen ihren<br />

Welpen gelegentlich oder regelmäßig<br />

mit Hunden jeglichen Alters spielen.<br />

Besonders drastisch sind in dieser<br />

Hinsicht sog. Welpenspaziergänge,<br />

die selbst in renommierten Fach- und<br />

Vereinsjournalen immer wieder enthusiastisch<br />

beschrieben werden.<br />

Fragt man jedoch Teilnehmer, ob es<br />

keine Auseinandersetzungen innerhalb<br />

der Altersstufen gegeben habe,<br />

heißt die notorische Antwort, “zu<br />

Anfang gab es eine Rangelei, aber<br />

nach kurzer Zeit war alles friedlich”.<br />

Letzteres trifft in der Tat zu: Wenn<br />

die hierarchischen Verhältnisse in<br />

dem gesamten Rudel geklärt sind, -<br />

bis dahin verlaufen natürlich entsprechende<br />

Machtkämpfe,- herrscht Ruhe<br />

so lange, bis der nächste Störenfried<br />

Unruhe stiftet.<br />

Was ist an solchen<br />

“Welpenspaziergängen” auszusetzen?<br />

Der Hund durchläuft, wie jedes Lebewesen,<br />

altersabhängige Entwicklungsphasen<br />

(siehe: Wesensentwicklung<br />

des Hundes). Zur gesunden<br />

(Wesens-) Entwicklung des Hundes<br />

gehört auch die im Anschluß an das<br />

Welpenalter folgende Unsicherheitsphase<br />

mit all ihren Konsequenzen<br />

und die darauf folgende Rüpelphase.<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

Für frei lebende Caniden hat die Natur<br />

allein schon durch die jahrszeitlich<br />

geregelte Population Vorsorge<br />

getroffen, daß nicht Würfe beliebigen<br />

Alters zeitlich zusammentreffen.<br />

Aber selbst bei unseren domestizierten<br />

Hunden gelten die natürlichen<br />

Regeln: Körperlich und seelisch gesunde<br />

und für diese Aufgabe reife,<br />

d.h. erwachsene Hunde übernehmen<br />

nach der achten Lebenswoche des<br />

Welpen dessen Erziehung; dazu gehört<br />

besonders auch die Einordnung<br />

der pubeszenten Hunde in das Rudel<br />

nötigenfalls mit “rüden” Maßnahmen.<br />

Wenn aber, wie in den hier gemeinten<br />

“Welpenspaziergängen” der Rüpel<br />

keine Korrektur seines Verhaltens<br />

durch einen Leithund, also einen<br />

erwachsenen Rüden erfährt, fühlt<br />

sich der Rüpel in seinem Tun bestärkt;<br />

es ist niemand da, auch nicht<br />

der Mensch, der ihm bei der rüpelhaften<br />

Unterdrückung seiner Artgenossen<br />

Einhalt gebieten würde.<br />

Das Ergebnis zeigt, daß an sich sichere<br />

und unbefangene Welpen nach<br />

einem solchen “Welpenspaziergang”<br />

verstört sind. Entweder konnten sie<br />

das in kürzester Zeit Erlernte zum eigenen<br />

Vorteil nutzen, d.h. ihrerseits<br />

durch aggressives Verhalten ihre Altersgenossen<br />

unterdrücken oder zumindest<br />

abwehren, oder, was weit<br />

häufiger der Fall war, sie erlitten<br />

echte psychische Schäden, die sie<br />

darin blockierten, unbekümmert und<br />

9


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

altersgemäß mit ihren gleichaltrigen<br />

Partnern zu spielen.<br />

Welpentreffen - “Mutter freut sich<br />

auf ihre Kleinen”<br />

Sorgfältige und auf weitere Zucht bedachte<br />

Züchter laden gelegentlich zu<br />

Welpentreffen der von ihnen gezüchteten<br />

Hunde ein. Wenn diese wohlwollende<br />

Absicht mit Sachverstand<br />

begleitet und tatsächlich auf den<br />

Welpen, - sprich: Alter des Hundes<br />

bis zum Ende der 16. Lebenswoche -<br />

begrenzt wird, sind solche Aktivitäten<br />

schon aus Gründen des Erfahrungsaustausches<br />

unter den Besitzern<br />

begrüßenswert.<br />

Die nach Ablauf der Welpenzeit einsetzende<br />

Entwicklung des Hundes<br />

gebietet, daß Treffen älterer Hunde<br />

sehr sorgfältig erwogen und so geplant<br />

sein sollten, daß keiner der teilnehmenden<br />

Hunde nachhaltigen<br />

Schaden erleidet.<br />

Die Mindestvoraussetzungen an<br />

Welpentreffen lassen sich in zwei<br />

Punkte fassen:<br />

Die Mutter der Welpen darf nicht<br />

zu den Welpen hinzugezogen<br />

werden.<br />

Grund: Es entspricht dem Naturell<br />

der Hündin, ihren Wurf unter<br />

strengster Kontrolle zu halten. So<br />

lange die Welpen sich noch in der<br />

Obhut ihrer Mutter befinden, das ist<br />

10<br />

bis zum Ende der 8. Lebenswoche,<br />

ist sie für den Schutz des Nachwuchses<br />

zuständig. Entfernt ein Welpe<br />

sich zu weit vom Lager, zieht das eine<br />

unmittelbare Gefahr für ihn selbst<br />

und für den gesamten Wurf gegenüber<br />

natürlichen Feinden nach sich.<br />

Auch wenn unsere domestizierten<br />

Hunde dieser natürlichen Gefahr<br />

kaum noch ausgesetzt sind, ist das<br />

Schutzverhalten der Hündin genetisch<br />

vorhanden. Daher bestraft sie<br />

auf ihre kompromißlose Art jeden<br />

Welpen, der sich dem Lager (zu lange<br />

und zu weit) entfernt hat.<br />

Dieses Naturell erwacht bei genetisch<br />

gesunden Hündinnen sofort,<br />

wenn sie zum Welpentreffen hinzugezogen<br />

wird. (Leider wird ihr natürlichstes<br />

Verhalten dann oft mißverstanden).<br />

Die von ihr gemaßregelten<br />

Welpen reagieren verschüchtert<br />

und unsicher.<br />

Die Natur gibt der gesunden Hündin<br />

vor, daß ein fremder Welpe, der sein<br />

eigenes Rudel verloren und sich in<br />

ihre Nähe verirrt hat, für ihre eigenen<br />

Nachkommen aus den schon genannten<br />

Gründen eine Gefahr darstellt.<br />

Daher wäre es aus ihrer Sicht durchaus<br />

normal, diesen Welpen zu töten.<br />

Da unsere Hunde domestiziert sind,<br />

müssen die vorher beschriebenen<br />

Verhaltensweisen nicht unbedingt in<br />

dieser krassen Form eintreten; das<br />

darf aber nicht über die Tatsache hin-


wegtäuschen, daß eine gesunde Hündin<br />

keinesfalls genetisches Defizit<br />

hat, wenn sie artgerecht reagiert und<br />

den Welpen hart angeht.<br />

Nähme man zum Welpentreffen aber<br />

einen erwachsenen und ausgeglichenen<br />

Rüden hinzu, was der natürlichen<br />

Entwicklung wild lebender Caniden<br />

durchaus entsprechen würde,<br />

wäre es dessen bevorzugte Aufgabe,<br />

mit den Welpen auf die ihm gemäße<br />

Art umzugehen, was für die Welpen<br />

von größtem Vorteil wäre.<br />

Verlust an bereits erworbener Sicherheit<br />

Das genetisch vorgegebene Potential<br />

für Führungsaufgaben ebenso, wie<br />

für das sich Einfügen in hierarchische<br />

Strukturen ist bereits von Geburt<br />

des Welpen an vorhanden. Für<br />

wenig erfahrene Züchter äußert sich<br />

dies erst zu einem späteren Zeitpunkt,<br />

aber die Welpen sind von Beginn<br />

an entsprechend geprägt, d.h. in<br />

jedem Wurf gibt es Rangstrukturen.<br />

Diese werden bei den hier gemeinten<br />

Welpentreffen, also bei Treffen der<br />

Wurfgeschwister, immer wieder<br />

durchbrechen. Das hat in der Regel<br />

zur Folge, daß Welpen, die durch<br />

sorgfältige Führung ihres neuen Besitzers<br />

bereits eine hohe Selbstsicherheit<br />

gewonnen haben, obgleich sie<br />

im Vergleich zu ihren Geschwistern<br />

rangniedriger waren, diese Sicherheit<br />

plötzlich wieder einbüßen.<br />

Stubenreinheit<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

Erfahrene Züchter haben ihre Welpen<br />

schon vor der Abgabe an den<br />

neuen Besitzer zur Stubenreinheit erzogen.<br />

Sofern dies nicht geschehen ist, gelingt<br />

es in der Regel innerhalb weniger<br />

Wochen, den Welpen stubenrein<br />

zu machen, wenn folgende Prinzipen<br />

befolgt werden:<br />

Immer dann, wenn der Welpe aus<br />

seinem Schlaf erwacht, muß er<br />

sich lösen.<br />

Immer dann, wenn der Welpe gefressen<br />

hat, sollte man ihn zum<br />

Lösen verhelfen.<br />

Immer dann, wenn der Welpe unruhig<br />

wird, sich in Richtung der<br />

Türe begibt, an der Türe kratzt,<br />

jault oder sonstiges auffälliges<br />

Verhalten zeigt, ist mit der Verrichtung<br />

eines Bedürfnisses zu<br />

rechnen.<br />

In diesen Fällen tragen wir den Welpen<br />

ohne Hektik aber zügig nach<br />

draußen an diejenige Stelle, die dem<br />

Hund evtl. bereits vor der Anschaffung<br />

zum Lösen zugedacht war, bzw.<br />

dorthin, wo aus unserer Sicht das Lösen<br />

geschehen darf.<br />

Dann ist Geduld angesagt; der Welpe<br />

wird zunächst dort, wo wir ihn absetzen,<br />

schnuppern, ehe er sein<br />

“Geschäft” verrichtet. Diese Verrichtung<br />

unterstützen wir durch ein ruhig<br />

gesprochenes Lob so-ist-brav.<br />

11


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

Geschickte Hundeführer differenzieren<br />

das “Geschäft”, indem sie ihrem<br />

Hund für Wasserlassen ein anderes<br />

“Kommando” vermitteln, als für das<br />

Absetzen von Kot. Kommando bedeutet<br />

in diesem Falle, daß wir dem<br />

Hund ein unterstützendes Wort für<br />

das jeweilige Tun vermitteln; selbstverständlich<br />

erhält er stets ein ausgiebiges<br />

Lob.<br />

Beispiel:<br />

Der Welpe erwacht aus seinem<br />

Schlaf. Wir nehmen ihn sofort auf<br />

den Arm (siehe: Tragen des Hundes),<br />

bringen ihn an die vorgegebene Stelle<br />

und warten zunächst ab. Schließlich<br />

verrichtet er sein Bedürfnis;<br />

während dessen sagen wir “wasser”,<br />

“brav-so”, bzw. “mach-kot”, “bravso”.<br />

Verrichtet er sein Bedürfnis an einer<br />

uns nicht willkommenen Stelle, versuchen<br />

wir, mittels einer Schaufel<br />

(für Kot) bzw. eines Papiers (für<br />

Wasser) einen Teil des “Geschäftes”<br />

zu sammeln und an die vorgegebene<br />

Stelle zu bringen. Schon bald wird<br />

der Welpe seine Verrichtungen dort<br />

vornehmen, wobei der Geruch unterstützend<br />

wirkt.<br />

Sollte trotz aller Vorsicht das Unglück<br />

passieren, daß der Welpe in die<br />

Wohnung gemacht hat, darf er dafür<br />

keineswegs bestraft werfen, weil er<br />

Strafe in diesem Zusammenhang<br />

12<br />

nicht zuordnen könnte, sondern nur<br />

verunsichert würde.<br />

Noch schlimmer ist die immer noch<br />

geübte Praxis, den Welpen mit der<br />

Schnauze durch das “Geschäft” zu<br />

reiben; solche Praktiken sind absolut<br />

nicht artgerecht und führen immer zu<br />

einem Vertrauensverlust vom Hund<br />

zum Hundeführer.<br />

Richtig ist es, daß wir in solchen Fällen<br />

das “Geschäft” mit einem Stück<br />

Papier aufwischen und dies, wie bereits<br />

beschrieben, auf die vorgegebene<br />

Stelle bringen.<br />

Beseitigung von Geruchsmerkmalen<br />

Dorthin, wo der Welpe erstmals sein<br />

Bedürfnis hinterläßt, zieht es ihn das<br />

nächste mal wieder hin. Daher müssen<br />

Gerüche von betroffenen Teppichen<br />

und Böden sorgfältig entfernt<br />

werden. Es hat sich<br />

gut bewährt, die betreffenden Stellen<br />

zunächst grob, dann durch Aufwischen<br />

mit einer Lauge zu reinigen<br />

und anschließend mit einer verdünnten<br />

Essiglösung zu behandeln.<br />

Anmerkungen<br />

Diese Art der Erziehung zur Stubenreinheit<br />

erfordert seitens des Hundeführers<br />

große Aufmerksamkeit für<br />

seinen Hund. Andererseits lernt er<br />

dabei, Verhaltensweisen seines Hundes<br />

zu verstehen und dem Hund entsprechende<br />

Hilfen zu geben.


Dies gilt natürlich auch für die<br />

Nacht. Obgleich es hier und da anstrengend<br />

ist, den Hund zu jeder Tages-<br />

und Nachtzeit unter Kontrolle zu<br />

halten, lohnt sich der Einsatz des<br />

Führers, weil der Hund sehr bald<br />

stubenrein sein wird. Erfahrungsgemäß<br />

muß der Welpe zunächst wenigstens<br />

einmal pro Nacht “gassi”.<br />

Wenn der Welpe im Fortgang der<br />

Erziehungsmaßnahmen Zeichen gibt,<br />

daß er “gassi” muß, genügt es, ihm<br />

die Haustüre zu öffnen.<br />

Die Erfahrung zeigt, daß Hunde ihr<br />

Geschäft gerne auch auf Böden machen,<br />

die aus natürlichen Materialien<br />

hergestellt sind, wie z.B. Hanf,<br />

Jute, Sisal usw. Um dies zu vermeiden,<br />

kann man, wo das möglich ist,<br />

diese Materialien bis zur Stubenreinheit<br />

vorübergehend entfernen.<br />

“Gassi” überall?<br />

Auch der erwachsene Hund muß<br />

nicht überall sein Geschäft hinterlassen!<br />

Dort, wo die Örtlichkeiten dies<br />

gebieten, ist es Pflicht des Hundebesitzers,<br />

dafür zu sorgen, daß sein<br />

Hund bestimmte Verhaltensregeln<br />

befolgt.<br />

Die einfachste Möglichkeit, Kot von<br />

Bürgersteigen usw. zu entfernen, besteht<br />

darin, ein im Fachhandel erhältliches<br />

Behältnis zu benutzen, wie<br />

z.B. Beutel, die dann an geeigneter<br />

Stelle entsorgt werden.<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

Des weiteren kann man den Hund<br />

systematisch so erziehen, daß er<br />

nicht auf Gehwegen, sondern seitlich<br />

davon, sei es in der Gosse oder im<br />

Gebüsch, sein Geschäft macht. Auch<br />

Waldwege werden so von Hundekot<br />

freigehalten.<br />

Als Erziehungsmaßnahme bewährt<br />

sich dann die bereits vom Welpenalter<br />

an geübte Praxis, den Hund immer<br />

dann ausgiebig zu loben, wenn<br />

er sich an der von uns akzeptierten<br />

Stelle entleert.<br />

Unbefangenheit gegenüber Berührungen<br />

Zur Pflege des Hundes ebenso wie<br />

für evtl. ärztliche Versorgung und für<br />

Ausstellungswesen usw. ist es erforderlich,<br />

daß der Hund sich (nicht nur<br />

von seinem Führer) an praktisch allen<br />

Körperteilen abtasten läßt, ohne<br />

dadurch in Streß zu geraten. Deshalb<br />

sind Grundübungen der folgenden<br />

Art bereits vom Welpenalter des<br />

Hundes an erforderlich.<br />

Andererseits reagieren insbesondere<br />

unbekümmert aufgewachsene und im<br />

Familienverband lebende Hunde bei<br />

Begegnungen mit ihnen vertrauten<br />

Personen oft überschwenglich und<br />

lästig, indem sie Personen anspringen,<br />

in Schuhe und Hosenbeine oder<br />

wehende Kleiderröcke beißen u.dgl.<br />

In jedem Falle kann ein gezieltes<br />

Training helfen, das jeweils er-<br />

13


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

wünschte Verhalten des Hundes herbeizuführen<br />

und zu fördern.<br />

Kontakt mit Fremdpersonen<br />

Der Welpe bzw. Junghund wird mit<br />

möglichst vielen Menschen zusammengebracht.<br />

Zeigt er einzelnen Personen<br />

gegenüber Befangenheit, wird<br />

bewußt Kontakt mit diesen Personen<br />

hergestellt. Dies kann z.B. mittels<br />

Futterbrocken, die von den betreffenden<br />

Personen bereitgehalten werden,<br />

oder durch gemeinsames Spiel zwischen<br />

Hundeführer, Fremdperson<br />

und Hund oder durch gezielte Gruppenspiele<br />

herbeigeführt werden.<br />

Bei diesen Kontaktaufnahmen macht<br />

die Fremdperson sich klein, d.h. sie<br />

hockt nieder. Dabei ist unbedingt zu<br />

vermeiden, daß die Fremdperson sich<br />

über den Hund beugt, weil dies der<br />

Hund als Dominanzgestik empfinden<br />

und deswegen ausweichen oder unangebrachte<br />

Abwehrreaktionen zeigen<br />

könnte.<br />

Bei unsicheren Hunden sollte die<br />

Fremdperson dem Hund nicht direkt<br />

und frontal in die Augen schauen,<br />

weil dies im Hund Meide- oder Aggressionsverhalten<br />

auslösen könnte.<br />

Gruppenspiele mit Fremdpersonen<br />

Sechs bis acht Personen, zuzüglich<br />

Hundeführer und Hund bilden eine<br />

Spielgruppe. Ziel der nachfolgend<br />

beschriebenen Übungen ist es, dem<br />

14<br />

Hund in den verschiedensten Begegnungen<br />

mit Menschen Unbefangenheit<br />

zu vermitteln.<br />

Beutespiel<br />

Der Hundeführer und Hund sowie<br />

mehrere, dem Hund nicht vertraute<br />

Personen hocken im Kreis und beginnen,<br />

sich gegenseitig eine dem<br />

Hund vertraute Beute, - Beißwulst<br />

oder Bällchen -, zuzuwerfen. Dabei<br />

können die Spielpartner der Beute<br />

auch tierähnliche Laute (keine tiefen<br />

und auf Aggression ausgerichteten<br />

Laute) verleihen.<br />

Es ist darauf zu achten, daß das<br />

Spielzeug sich in Bodennähe befindet,<br />

damit der Hund hinreichend Gelegenheit<br />

bekommt, sich am Spiel zu<br />

beteiligen, d.h. hinter der Beute zu<br />

rennen und sie zu greifen. Er wird<br />

sich bald um die Beute kümmern und<br />

sie der einen oder anderen Person<br />

wegnehmen wollen. Diesem Streben<br />

geben wir nach, indem der Hund die<br />

Beute greifen und gewinnen kann.<br />

In dem Maße, wie der Hund Beutetrieb<br />

zeigt, wird ihm das Gewinnen<br />

erschwert, indem der Spielpartner<br />

me h r o d er we n i ge r st ar ke<br />

“Gegenwehr” zeigt. Jegliche Art von<br />

Aggressionslauten oder Hetzkommandos<br />

sind seitens der Spielpartner<br />

unbedingt zu vermeiden!<br />

Hat der Hund die Beute gewonnen,<br />

wird dies seitens des Spielpartners<br />

mit höchstem Lob bedacht.


In der Regel wird der Hund die Beute<br />

außerhalb des Spielkreises in Sicherheit<br />

bringen wollen und sie deshalb<br />

davontragen. Diese Aktion wird<br />

völlig ignoriert! Statt dessen beginnen<br />

wir mit einem zweiten Beutegegenstand<br />

erneut das Spiel, ohne uns<br />

um den Hund zu kümmern. Dieser<br />

wird sehr bald neugierig und sich<br />

wieder am Spiel beteiligen wollen.<br />

Wenn der Hund im Beuteverhalten<br />

hinreichende Stabilität zeigt, streichelt<br />

der Spielpartner, während der<br />

Hund die Beute hält, in partnerschaftlicher<br />

Weise gelegentlich über<br />

Rücken, Seitenteile und schließlich<br />

über den Kopf des Hundes ohne jede<br />

Art von Aggressions- oder Verteidigungslaute<br />

von sich zu geben.<br />

Kreisspiele<br />

Möglichst viele Personen bilden einen<br />

Kreis von etwa 20 Schritt Durchmesser.<br />

Im Mittelpunkt dieses Kreises<br />

steht der Hundeführer mit seinem<br />

angeleinten, ansonsten aber nicht unter<br />

Kommando stehenden Hund.<br />

Auf Anweisung des Ausbilders geht<br />

die Gruppe im Normalschritt zentral<br />

auf Hundeführer und Hund zu, so<br />

daß der Kreis sich immer enger<br />

schließt, bis schließlich der Hund<br />

und sein Führer eng in der Menschengruppe<br />

stehen.<br />

Anschließend dehnt die Gruppe sich<br />

wieder bis zur vorhergehenden<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

Kreisformation aus.<br />

Auf erneuten Hinweis des Ausbilders<br />

nähert die Gruppe sich jetzt in rascher<br />

Gangart dem Hundeführer und<br />

seinem Hund.<br />

Die gleiche Übung wird in langsamer<br />

Gangart gemacht. Die Reihenfolge<br />

der Gangarten<br />

Normalschritt<br />

Schneller Schritt<br />

Langsamer Stechschritt<br />

ist bei unerfahrenen Hunden einzuhalten,<br />

denn für den Hund ist die zuerst<br />

genannte Gangart diejenige, die<br />

ihn am wenigsten, die zuletzt genannte<br />

diejenige, die ihn am stärksten<br />

belastet.<br />

Sollte der Hund bei der Annäherung<br />

der Menschengruppe Zeichen von<br />

Unsicherheit oder Befangenheit<br />

(Fluchttendenz, Aggressions- oder<br />

Meideverhalten) zeigen, bleibt die<br />

Gruppe auf Anweisung des Ausbilders<br />

sofort stehen.<br />

Der Hundeführer wird aufgefordert,<br />

mit seinem Hund von Person zu Person<br />

zu gehen. Der Hund darf von den<br />

Personen ein Leckerchen bekommen<br />

und unter dem Fang gestreichelt werden,<br />

aber jede Art von Dominanzgestik<br />

(Beugen über den Hund, frontales<br />

Anstarren des Hundes, über den<br />

Kopf streicheln) ist streng zu vermeiden,<br />

weil dadurch die Unsicherheiten<br />

verstärkt würden.<br />

Erst wenn der Hund sich in dieser Situation<br />

als stabil erweist, darf die<br />

Übung fortgesetzt werden.<br />

15


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

Erfahrungsgemäß haben Welpen bei<br />

dieser Übung keinerlei Probleme, im<br />

Gegenteil, sie drängen zu den Personen<br />

hin. Diesem Drang gibt der Hundeführer<br />

nach, ohne die Führleine<br />

freizugeben.<br />

Die Übung wird erst dann beendet,<br />

wenn der Hund sich gegenüber der<br />

Menschengruppe so unbefangen<br />

zeigt, daß diese in allen Gangarten<br />

den Kreis letztlich so eng um Hundeführer<br />

und Hund schließen kann, daß<br />

beide dicht von der Menschengruppe<br />

umringt sind.<br />

Bei anfänglich befangenen Hunden<br />

muß die Übung in mehreren Stufen<br />

sorgfältig aufgebaut werden, ehe das<br />

Ziel erreicht ist.<br />

Zeigen Hunde bei diesen Übungen<br />

Aggressionsverhalten, sind die<br />

Übungen sofort zu stoppen und die<br />

Hunde mittels Futterbrocken mit den<br />

einzelnen Personen zunächst so weit<br />

vertraut zu machen, daß keine Aggressionstendenz<br />

mehr besteht.<br />

Anmerkung<br />

Hundeführer, die glauben, daß bei<br />

diesen Übungen aggressionsfreudige<br />

Hunde besonders “gut” seien, müssen<br />

sich Klarheit darüber verschaffen,<br />

was den Hund zu seinem Verhalten<br />

motiviert; in der Regel ist das<br />

keineswegs ein selbstsicheres und<br />

damit zuverlässiges Schutzverhalten<br />

des Hundes. Der ausgeglichene und<br />

selbstbewußte Hund spürt an vielen<br />

16<br />

Signalen des Gegenüber, ob Aggressionsverhalten<br />

angezeigt ist oder<br />

nicht.<br />

Spirale um Hundeführer und<br />

Hund<br />

Für Hunde, die sich in den vorangegangenen<br />

Übungen stabil gezeigt haben,<br />

können erschwerte Übungen gemacht<br />

werden; hierzu gehört die Spirale<br />

um Hundeführer und Hund.<br />

Die Menschengruppe bildet um Hundeführer<br />

und Hund einen Kreis. Auf<br />

Anweisung des Ausbilders geht die<br />

Gruppe in einer immer enger werdenden<br />

Spirale auf den Kreismittelpunkt<br />

zu, bis Hundeführer und Hund<br />

eng umringt sind.<br />

Danach wird die Spirale im gegenläufigen<br />

Sinne wieder aufgelöst.<br />

Herausrufen des Hundes aus der<br />

Gruppe<br />

Die vorher genannten Kreisspiele<br />

werden dahin gehend fortgesetzt, daß<br />

der Hundeführer sich dann, wenn der<br />

Kreis eng geschlossen ist, auf Anweisung<br />

des Ausbilders aus dem<br />

Kreis begibt und in etwa 20 Schritt<br />

Entfernung stehenbleibt. Während<br />

dessen hält eine Person den Hund an<br />

der Leine und lenkt ihn ab.<br />

Auf Anweisung des Ausbilders ruft<br />

der Hundeführer seinen Hund mit<br />

Namen und dem einmaligen Kommando<br />

hier. Dabei kann er sich hinhocken<br />

und seine Arme weit ausstrecken,<br />

wie das bereits für die hier-


Übung beschrieben wurde.<br />

Der Hund zwängt sich aus der Menschengruppe<br />

hinaus und läuft freudig<br />

zu seinem Führer.<br />

Gelegentlich ist die Bindung des<br />

Hundes zu seinem Führer noch nicht<br />

so gefestigt, daß er spontan zu seinem<br />

Führer drängt; dann hilft der<br />

Ausbilder leicht nach, indem er darauf<br />

achtet, daß keines der Gruppenmitglieder<br />

sich dem Hund in auffälliger<br />

Weise widmet. Er kann zusätzlich<br />

den Hund aus dem Kreis hinaus<br />

in Richtung des Hundeführers führen<br />

und ihn in dem Augenblick freigeben,<br />

wo der Hund seinen Führer<br />

wahrnimmt und zu ihm möchte.<br />

Hereinrufen des Hundes in die<br />

Gruppe.<br />

Im Anschluß an die vorhergehende<br />

Übung begibt der Ausbilder sich zum<br />

Hundeführer und seinem Hund. Er<br />

erteilt dem Hundeführer den Auftrag,<br />

sich geraden Schrittes wieder in die<br />

Gruppe zu begeben. Dort angekommen,<br />

reckt er seine Arme hoch und<br />

ruft seinen Hund mit Namen und<br />

Kommando hier zu sich in die Gruppe.<br />

Sobald der Hund seinem Führer folgen<br />

will, gibt der Ausbilder den<br />

Hund frei. Sollte der Hund sich zögerlich<br />

verhalten, läuft der Ausbilder<br />

zusammen mit dem Hund in Richtung<br />

der Gruppe, bis der Hund seinen<br />

Führer registriert und diesem folgt.<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

Anmerkungen<br />

Je selbstsicherer der Hundeführer<br />

sich in die Gruppe hinein begibt, um<br />

so drangvoller wird ihm sein Hund<br />

folgen. Dies kann übungsmäßig dadurch<br />

unterstützt werden, daß die<br />

den Kreis bildenden Personen den<br />

Kreis sehr eng schließen, und der<br />

Hundeführer sich den Weg in die<br />

Gruppe “per Ellbogen” (gespielte<br />

Robustheit) bahnen muß.<br />

Die gleiche Übung kann für den<br />

Hund dadurch erschwert werden,<br />

daß die dem Hund zunächst stehenden<br />

Gruppenmitglieder sich spontan<br />

zum Hund umdrehen, wenn dieser<br />

sich der Gruppe hinreichend genähert<br />

hat. Dazu gibt der Ausbilder ein<br />

vorher vereinbartes Zeichen.<br />

Spiel mit dem Ausbilder (nur für<br />

Welpen geeignet)<br />

Der Ausbilder legt sich flach auf den<br />

Boden, wobei er sich gegebenenfalls<br />

noch mit einer Decke zudeckt. Anschließend<br />

bilden mehrere Hundeführer<br />

mit ihren nicht angeleinten<br />

Welpen einen Kreis um die liegende<br />

Person. Diese gibt unter leichten Bewegungen<br />

Laute (keine Aggressionslaute!)<br />

von sich. Die Welpen stürzen<br />

sich mehr oder weniger (un-)<br />

befangen auf die Person; diese spielt<br />

mit den Welpen nach eigener Phantasie.<br />

17


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

Anmerkung<br />

Bei unbekümmerten Welpen kann<br />

dieses Spiel sehr robust werden. Der<br />

menschliche Spielpartner darf keinesfalls<br />

ärgerlich oder gar aggressiv<br />

reagieren, wenn Welpen ihn gelegentlich<br />

derb zwicken.<br />

Zahn-, Zahnfleisch- und Mundkontrolle<br />

Während der Hund sitzt, streichen<br />

wir anfangs nur mit dem linken bzw.<br />

rechten Daumen, danach mit mehreren<br />

Fingern entlang den Lefzen und<br />

der Ober- und Unterlippe des Hundes.<br />

Dann lüften wir das vordere Gebiß<br />

des Hundes, indem wir zunächst Unter-<br />

und Oberkiefer des Hundes<br />

gleichzeitig mit beiden Händen locker<br />

umfassen und durch leichten<br />

Druck den Fang des Hundes schließen.<br />

Anschließend schieben wir mit<br />

den Daumen die Unter- und Oberlippe<br />

leicht nach unten bzw. nach oben.<br />

Dadurch werden nicht nur alle Zähne<br />

im vorderen Bereich des Fanges<br />

sichtbar, sondern man kann gleichzeitig<br />

feststellen, von welcher Art<br />

das Gebiß ist (Schere, Zange, Über-<br />

bzw. Vorbiß).<br />

Nach einigem Üben schieben wir mit<br />

den Fingern die Lefzen so weit auseinander,<br />

daß das Zahnfleisch und<br />

das gesamte Gebiß seitlich sichtbar<br />

wird; diese Übungen werden für jede<br />

18<br />

Backenseite des Hundes getrennt<br />

durchgeführt. Während dieser Tätigkeiten<br />

drücken wir mit dem flachen<br />

Daumen bewußt auf beliebige Stellen<br />

des Zahnfleisches und beobachten<br />

dessen Farbveränderungen.<br />

Zur weiteren Mundkontrolle ist es erforderlich,<br />

den Fang des Hundes zu<br />

öffnen. Als Vorübung legen wir eine<br />

Hand flach zunächst nur für die Dauer<br />

von Sekunden, danach mit systematischer<br />

Verlängerung der Zeit in<br />

den Fang des Hundes. Eventuellem<br />

Widerstreben des Hundes begegnen<br />

wir mit Ruhe und gutem Zureden,<br />

nötigenfalls aber auch mit Strenge.<br />

Dieses Training kann durchaus mit<br />

einem Kommando 2. Art, wie z.B.<br />

maul-auf, unterstützt werden. Selbstverständlich<br />

darf auch bei solchen<br />

Übungen das Lob bei Befolgen des<br />

Befehls nicht ausbleiben!<br />

Nach hinlänglichem Training ist es<br />

kein Problem, den Fang des Hundes<br />

mit beiden Händen so weit zu öffnen,<br />

daß die Zähne (bis zu den Molaren<br />

oben und unten) deutlich sichtbar<br />

sind.<br />

Anmerkungen<br />

Übungen zur Zahn-, Zahnfleisch-<br />

und Mundkontrolle müssen im Welpenalter<br />

hinlänglich geübt werden.<br />

Unbefangenheit des Hundeführers<br />

und des Hundes bei solchen Übungen<br />

sichern Gelassenheit des Hundes<br />

sowohl bei Zuchtbewertungen als


auch bei ärztlichen Untersuchungen<br />

und Erste-Hilfe-Maßnahmen.<br />

Messen des Hundes<br />

Vorbemerkungen<br />

Für die nachfolgend beschriebenen<br />

Übungen dienen Gewichts- und Körpermessungen<br />

lediglich als Basis für<br />

eine unbegrenzte Zahl weiterer<br />

Übungen, die jeder Hundebesitzer<br />

nach seinen eigenen Vorstellungen<br />

und Wünschen ausdehnen kann. Wesentliches<br />

Kriterium bleibt in jedem<br />

Falle, daß der Hundeführer lernt,<br />

seinem Hund auf hundgerechte Art<br />

nützliche Fertigkeiten und Verhaltensweisen<br />

zu vermitteln, wobei im<br />

vorliegenden Falle das Ziel aller<br />

Übungen ist, den Hund in jeder Beziehung<br />

zur Unvoreingenommenheit<br />

und zur Aufnahmebereitschaft für<br />

partnerschaftliche Beziehungen zum<br />

Menschen, insbesondere zu seinem<br />

Führer, zu erziehen. Daß dies exemplarisch<br />

an alltäglichen Beispielen<br />

geschieht, soll den praktischen Nutzen<br />

dieser Übungen unterstreichen.<br />

Gewichtskontrolle<br />

Ungeachtet dessen, ob es sich um einen<br />

Rasse- oder Mischlingshund<br />

handelt, sind gelegentliche Gewichtskontrollen<br />

des Hundes schon<br />

aus gesundheitlichen Aspekten empfehlenswert.<br />

Je nach Gewicht des<br />

Hundes wird man dabei unterschied-<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

liche Wege einschlagen müssen:<br />

Sehr leichte Hunde werden auf<br />

der Baby- oder Haushaltswaage<br />

gewogen.<br />

Leichte und mittelschwere Hunde<br />

kann man zur Gewichtsmessung<br />

auf den Arm nehmen und durch<br />

Differenzwägung, z.B. auf einer<br />

Personenwaage (Abzug des eigenen<br />

Körpergewichts vom Gesamtgewicht)<br />

das Gewicht des<br />

Hundes bestimmen, sofern die<br />

Wägevorrichtung hinreichend genau<br />

ist.<br />

Für schwere Hunde bedient man<br />

sich der für den veterinärmedizinischen<br />

Bereich entwickelten<br />

Waagen, die der Tierarzt für diesen<br />

Zweck in seiner Praxis bereithält.<br />

In allen Fällen ist aber ein Grundtraining<br />

des Hundes angebracht. Dabei<br />

ist es nicht erforderlich, immer Originalwägungen<br />

zu machen, sondern<br />

die wägespezifischen Merkmale zu<br />

trainieren.<br />

Wir üben “Gewichtskontrolle”<br />

Leichtes Gewicht<br />

So lange der Hund sich im Welpenalter<br />

befindet, gibt es keine gewichtsspezifischen<br />

Probleme. Zur Förderung<br />

der Unbefangenheit des Hundes<br />

legen wir ihn z.B. auf ein Leinentuch<br />

und heben ihn anfangs mittels dieses<br />

Tuches nur für kurze Dauer wenige<br />

19


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

Zentimeter vom Boden hoch.<br />

In dem Maße, wie der Hund sich unbefangen<br />

zeigt, verlängern wir die<br />

Dauer des Tragens und vergrößern<br />

den Abstand zum Boden.<br />

Im Fortgang dieser Übungen schaukeln<br />

wir den Hund seitlich mäßig hin<br />

und her, während er sich in Tragehöhe<br />

vom Boden befindet.<br />

Daran sich anschließende Übungen<br />

sehen z.B. vor, den Hund in eine<br />

kleine Wanne, in eine Schubkarre<br />

oder in eine offene Kiste zu legen.<br />

Anmerkung<br />

Diese Übungen bilden gleichzeitig<br />

eine solide Basis für eine evtl. spätere<br />

Spezialausbildung des Hundes<br />

z.B. als Rettungshund o.dgl. Diese<br />

Übungen werden insbesondere auch<br />

mit Hunden empfohlen, deren Gewicht<br />

im Erwachsenenalter für einen<br />

Menschen zu groß wird, so daß der<br />

Hund z.B. von mehreren Personen<br />

gleichzeitig oder maschinell, z.B. per<br />

Kran, transportiert werden muß.<br />

Betreten einer Plattform<br />

Hunde, deren Endgewicht entsprechend<br />

groß ist, werden schon frühzeitig<br />

an das Betreten von Plattformen<br />

gewöhnt. Dazu eignen sich z.B.<br />

die im Betonbau üblichen Schalbretter,<br />

- ob glatt oder rauh, - die anfangs<br />

flach auf dem Boden, dann auf<br />

(Ziegel-)Steinen vom Boden erhöht<br />

liegen.<br />

20<br />

Um das Betreten solcher Böden auch<br />

gehorsamsmäßig einzuüben, können<br />

wir uns z.B. der bereits beschriebenen<br />

Kommandos rauf/steh/runter bedienen.<br />

Gewicht des Hundes als Nettogewicht<br />

Hunde mittleren Gewichtes lassen<br />

sich dadurch wiegen, daß man sie<br />

trägt und sich mit ihnen auf eine<br />

Waage stellt. Zum direkten Tragen<br />

des Hundes bedienen wir uns zweier<br />

verschiedener Möglichkeiten:<br />

Wir nehmen den Hund auf den<br />

Arm<br />

Wir umfassen den auf dem Boden<br />

stehenden Hund mit der einen Hand<br />

unter dessen Gesäß. Die andere Hand<br />

liegt hinter den Vorderläufen unter<br />

dem Brustkorb. So heben wir den<br />

Hund hoch.<br />

Sicherer ist es, diejenige Hand, die<br />

den Brustbereich trägt, zwischen die<br />

Vorderläufe zu schieben, so daß der<br />

Hund nicht vom Arm herunterspringen<br />

kann.<br />

Falsch wäre es, den Hund statt unter<br />

der Brust unter seinem Hals zu umfassen,<br />

da dies seine Atmung beeinträchtigen<br />

könnte.<br />

Eine Variante zu dieser Übung besteht<br />

darin, den Hund zunächst auf<br />

einen Tisch springen zu lassen, so


daß ein Hochheben des Hundes überflüssig<br />

wird.<br />

Wir nehmen den Hund auf die<br />

Schultern<br />

Schwere Hunde transportiert man<br />

nicht mehr auf dem Arm, sondern<br />

auf den Schultern. Dazu steht der<br />

Hund auf dem Boden, oder besser<br />

auf einem Tisch, und wir schieben<br />

unseren Kopf unter den Leib des<br />

Hundes. Dadurch gelangen Vorder-<br />

und Hinterläufe von selbst beiderseits<br />

unseres Nackens. Mit unseren<br />

Armen umfassen wir die Läufe und<br />

heben den Hund hoch.<br />

Anmerkungen<br />

Jede Art Tragen des Hundes fördert<br />

die Unbefangenheit und das Vertrauen<br />

des Hundes zu seinem Führer.<br />

Für Hunde, die in den Rettungsdienst<br />

gestellt werden sollen, sind solche<br />

Übungen grundlegend.<br />

Es bedarf nur geringer Phantasie des<br />

Hundeführers, in Umkehrung der<br />

eben beschriebenen Übungen seinem<br />

Hund das Tragen von z.B. geeigneten<br />

Rucksäcken zu vermitteln. Da solche<br />

Übungen im Gegensatz zu früheren<br />

Verwendungsarten des Hundes nur<br />

noch für dessen Spezialeinsätze<br />

wichtig sind, wird auf die Beschreibung<br />

des Einübens an dieser Stelle<br />

verzichtet.<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

Tragen des Hundes in einer Tragevorrichtung<br />

Der Spezialeinsatz von Rettungshunden<br />

sieht u.a. vor, daß diese Hunde<br />

mit Tragevorrichtungen transportiert<br />

werden können. Im Prinzip gleicht<br />

diese Vorrichtung einem kräftigen<br />

Tuch, das vier Öffnungen zur Durchführung<br />

der Läufe des Hundes aufweist,<br />

und das mit seitlich angebrachten<br />

Ösen versehen ist, mittels<br />

derer der Hund vom Boden abgehoben<br />

werden kann.<br />

Ungeachtet dessen, ob unser Hund je<br />

zum Rettungshund ausgebildet werden<br />

soll, ist seine rechtzeitige Gewöhnung<br />

an eine vergleichbare Vorrichtung<br />

schon aus Gründen des Unbefangenheitstrainingsempfehlenswert.<br />

Sie kann auch ggf. bei Verletzungen<br />

des Hundes gute Dienste tun.<br />

Eine solche Vorrichtung läßt sich billig<br />

aus einem kräftigen (Jeans-) Stoff<br />

herstellen.<br />

Längenmessungen am Hund<br />

Anmerkungen<br />

Es ist Teil der Unbefangenheitsprüfungen,<br />

besonders aber des Ausstellungswesens,<br />

daß der Hund sich<br />

messen läßt. Üblicherweise geschieht<br />

dies mit dem Körmaß, das im Prinzip<br />

aus drei Latten besteht; eine Latte<br />

wird z.B. vor der Brust, die andere<br />

am Gesäß des Hundes gehalten und<br />

das dazwischen liegende Maß mit<br />

der dritten, in Maßeinheiten unter-<br />

21


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

teilten Latte zur Längenmessung des<br />

Hundes genommen. Damit dies möglichst<br />

exakt machbar ist, wurde das<br />

Körmaß erfunden, wie es jedem Körmeister<br />

geläufig ist.<br />

Bei der Anwendung des Körmaßes<br />

kann der Hund sich bereits durch die<br />

damit verbundene Bewegungseinschränkung<br />

beeindruckt fühlen und<br />

ein ungünstiges Verhalten zeigen.<br />

Daß dieses Verhalten oftmals an besonders<br />

dominanten Hunden auftritt,<br />

verschlechtert unnötigerweise deren<br />

Gesamtbewertung.<br />

Unser “Körmaß”<br />

Wir simulieren das Körmaß, indem<br />

wir es in seine Grundelemente, nämlich<br />

drei Latten, zerlegen: Da es nicht<br />

um echte Längenmessungen geht,<br />

können wir auf jede Maßeinteilung<br />

der Latten verzichten, was letztlich<br />

bedeutet, daß die im normalen Holzhandel<br />

erhältlichen Latten brauchbar<br />

sind. Wir wählen drei Hölzer der ungefähren<br />

Abmessungen 2 cm mal 4<br />

cm, von denen zwei die Länge von<br />

ca. 30 cm und das dritte die Länge<br />

von ca. 60 cm hat.<br />

Unser Training mit dem Hund besteht<br />

darin, ihn mit den Latten vertraut<br />

zu machen. Dies geschieht im<br />

Zuge des Übens zunächst mit nur einer,<br />

dann mit zwei und schließlich<br />

mit allen drei Latten.<br />

Bei sehr voreingenommenen und<br />

22<br />

ängstlichen Hunden halten wir dem<br />

Hund eine Latte zusammen mit einem<br />

Futterbrocken vor den Fang.<br />

Während der Hund den Brocken<br />

nimmt, loben wir ihn ausgiebig.<br />

Nach mehrmaligem Wiederholen lassen<br />

wir die Latte unter dem Fang des<br />

Hundes im Brustbereich auf und ab<br />

gleiten.<br />

Anschließend erweitern wir den<br />

Kontakt mit der Latte, indem wir<br />

Streichelbewegungen über seine<br />

Schultern, danach über den ganzen<br />

Rückenbereich ausdehnen.<br />

Erst, nachdem der Hund systematisch<br />

mittels der einen Latte an praktisch<br />

allen Körperregionen berührt<br />

worden ist und Unbefangenheit zeigt,<br />

nehmen wir die zweite Latte hinzu.<br />

Mit Hilfe beider Latten werden jetzt<br />

Übungen der folgenden Art gemacht:<br />

Die Hölzer umschließen den Brustkorb<br />

des Hundes, indem eine Latte<br />

auf den Widerrist, die andere unter<br />

das Brustbein gelegt wird. Durch<br />

mehr oder weniger sanften Druck simuliert<br />

man den Druck des echten<br />

Körmaßes.<br />

In ähnlicher Weise zwängt man den<br />

Hund zwischen zwei Latten, indem<br />

die eine auf das Gesäß (unter der Rute),<br />

die andere vor die Brust des<br />

Hundes geschoben wird. Bei fortgeschrittenem<br />

Training lassen sich<br />

selbst anfänglich befangene Hunde<br />

problemlos mit den Latten an allen<br />

Körperteilen berühren.


Danach ist die abschließende Übung<br />

nur noch Formsache und Geschicklichkeit<br />

des Hundeführers. Dieser<br />

nimmt zwischen die Finger der einen<br />

Hand die Lange und eine kurze Latte<br />

so, daß beide sich zu einem T kreuzen.<br />

Mit der anderen Hand, führt er<br />

die zweite kurze Latte so entlang der<br />

langen Latte, daß sie zusammen mit<br />

den beiden anderen Hölzern ein U<br />

bildet. Durch geschickte Manipulation<br />

werden die Körperteile des Hundes<br />

zwischen die Schenkel des U wie<br />

i n e i n e m S c h r a u b s t o c k<br />

“eingeklemmt”. Diese Übung ist der<br />

Anwendung eines echten Körmaßes<br />

vergleichbar.<br />

Bei dem unbefangenen Hund läßt<br />

sich am Ende der Übung jedes Körperteil,<br />

sei es Brust, Bauch, Kopf<br />

oder auch Beine in das “Körmaß”<br />

nehmen.<br />

Messen des Umfangs<br />

Üblicherweise wird die Brusttiefe<br />

des Hundes mit einem Bandmaß gemessen.<br />

Vergleichbar dem Vorgehen<br />

beim Längenmessen gewöhnen wir<br />

den Hund zunächst durch systematisches<br />

Umlegen eines Bandes, z.B.<br />

der Führleine, eines Gürtels oder eines<br />

echten (aus Textil gefertigten)<br />

Bandmaßes an den Kontakt mit dem<br />

Gegenstand. Mit zunehmender Unbefangenheit<br />

des Hundes “messen”<br />

wir rundweg alles, was sich mittels<br />

unseres Maßbandes messen läßt.<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

Anmerkungen<br />

Bei den Übungen ist darauf zu achten,<br />

daß der Hund die Meßgeräte<br />

nicht als Spielzeuge erhält oder sie<br />

zum Anlaß für Aggressionsverhalten<br />

nimmt. Bei Auftreten solchen Fehlverhaltens<br />

müssen die Anfangsübungen<br />

mit besonderer Sorgfalt, ohne jeden<br />

Zwang und mit großer Geduld<br />

und Ruhe durchgeführt werden. Dabei<br />

sind Futterbrocken als Lob für<br />

jede positive Reaktion des Hundes<br />

immer sehr hilfreich, da sie dem<br />

Hund helfen, Streß abzubauen. Jede<br />

gelungene Übung, auch der kleinste<br />

Teilerfolg muß ausgiebig, aber ohne<br />

Hektik und Überschwang gelobt werden.<br />

Arztbesuch<br />

Arztbesuche mit dem Hund sollten in<br />

jedem Falle zu den Grundübungen<br />

gehören. Im allgemeinen dient der<br />

Impftermin zur ersten Kontaktaufnahme<br />

mit einem Tierarzt. Wenn<br />

möglich, sind gelegentliche Arztbesuche<br />

ohne aktuellen Anlaß, wenn<br />

auch nur für sehr kurze Dauer, anzuraten,<br />

um dem Hund positive Erfahrungen<br />

zu vermitteln.<br />

Erste-Hilfe-Spiele<br />

leg-dich-hin (Kommando 2. Art)<br />

Es ist für die Körperpflege des Hundes,<br />

besonders aber auch für Erste-<br />

23


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

Hilfe-Maßnahmen am Hund nützlich,<br />

dem Hund weitere Fertigkeiten<br />

zu vermitteln.<br />

Soll er sich z.B. auf eine Seite legen,<br />

empfiehlt sich das Kommando (2.<br />

Art) leg-dich-hin.<br />

Um die nachfolgenden Ausführungen<br />

zu vereinfachen, diene zunächst<br />

der kleinwüchsige Hund als Beispiel:<br />

Der Hund steht auf dem Fußboden.<br />

Wir treten mit Blickrichtung quer zur<br />

Rückenlinie des Hundes dicht an seine<br />

Flanke, so daß die Flanke des<br />

Hundes unsere Beine berührt. Dann<br />

beugen wir uns über den Hund und<br />

legen die Hände auf die von uns abgewandte<br />

Flanke des Hundes. So, als<br />

wollten wir aus dieser Position die<br />

Hände zu unseren Fußspitzen führen,<br />

beugen wir uns weiter vor und greifen<br />

links und rechts gleichzeitig die<br />

unserem Körper zugewandten Läufe<br />

(Vorder- und Hinterlauf).<br />

Aus dieser Position heben wir den<br />

Hund an den Läufen hoch und lassen<br />

seinen Körper behutsam an unseren<br />

Beinen entlang auf den Boden gleiten.<br />

Dadurch gelangt er automatisch<br />

in Seitenlage.<br />

Durch gefühlvollen Druck, verbunden<br />

mit langgezogenem Streicheln<br />

und dem ruhig gesprochenen Kommando<br />

leg-dich-hin, und der Bestätigung<br />

so-ist-brav halten wir den Hund<br />

kurze Zeit in dieser Lage, ehe er wieder<br />

aufstehen darf.<br />

24<br />

Zum Konditionieren werden die<br />

Übungen entsprechend wiederholt.<br />

Bei großwüchsigen und körperlich<br />

schweren Hunden verfährt man, was<br />

das Ansetzen der Griffe betrifft, völlig<br />

gleichartig, nur mit dem Unterschied,<br />

daß die vorher genannten<br />

Griffe jetzt gleichzeitig von zwei<br />

Personen am Hund vorgenommen<br />

werden.<br />

In der Ausgangsposition befinden<br />

beide Personen sich auf der gleichen<br />

Seite des Hundes.<br />

Man geht so vor, daß eine Person in<br />

Höhe der Schulter des Hundes, die<br />

andere im Bereich seiner Oberschenkel<br />

steht. Beide Personen beugen<br />

sich über den Hund. Dann greifen<br />

beide gleichzeitig mit nur einer Hand<br />

den Vorder- bzw. Hinterlauf des<br />

Hundes; die jeweils noch freie Hand<br />

stützt den betreffenden Körperteil<br />

des Hundes, während dieser in Seitenlage<br />

zu Boden gleitet.<br />

Anmerkung<br />

Die vorgenannten Übungen an großwüchsigen<br />

Hunden sollten tunlichst<br />

in deren Welpen- und Junghundalter<br />

hinreichend trainiert werden.<br />

Umwickeln von Gliedmaßen und<br />

Körperteilen des Hundes (ohne<br />

Kommando)<br />

Erste Hilfe am Hund ist Teil gesonderter<br />

Ausführungen. Um im Ernst-


fall Hilfsmaßnahmen am Hund möglichst<br />

rasch und mit geringstmöglicher<br />

psychischer und physischer Belastung<br />

für den Hund durchführen zu<br />

können, sind Übungen der folgenden<br />

Art mit dem gesunden Hund sehr<br />

hilfreich.<br />

Der Hund befindet sich in Seitenlage<br />

(Kommando 2. Art: leg-dich<br />

-hin). Wir umwickeln einen Lauf<br />

für eine kurze Zeit (ca. 0,5 Minuten)<br />

mit einer etwa 50 cm langen<br />

Mullbinde.<br />

Zur Simulation der Versorgung<br />

von Ballen- oder Fußverletzungen<br />

werden zwischen die Zehen<br />

des Hundes kleine Wattebäusche<br />

eingelegt; anschließend legen wir<br />

für kurze Zeit einen Mullverband<br />

an oder ziehen einen Socken über<br />

den Fuß.<br />

Wir üben “Zubinden” des Fanges<br />

Nach schmerzhaften Verletzungen<br />

reagieren viele Hunde aggressiv,<br />

wenn man an ihnen Erste-Hilfe-<br />

Maßnahmen durchführen will. Entgegen<br />

der vorgefaßten Meinung<br />

zahlreicher Hundebesitzer, die glauben,<br />

ihr Hund tue dem Besitzer so etwas<br />

nicht, wendet sich die Aggression<br />

des Hundes in solchen Fällen in<br />

der Regel gegen alles, was ihm zu<br />

nahe kommt. Deshalb ist Schutz, -<br />

sei er auch nur vorsorglich -, jeder<br />

Hilfsperson gegenüber einem mögli-<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

chen Hundebiß erforderlich.<br />

Obgleich Erste-Hilfe-Maßnahmen<br />

am Hund gesondert behandelt werden,<br />

gilt auch hier, wie bereits früher<br />

erwähnt, daß ein gutes Training für<br />

Hundeführer und Hund helfen kann,<br />

Ernstfällen sicher zu begegnen.<br />

Vorübungen (vgl. auch: Messen<br />

des Umfangs)<br />

Es ist Teil von Zuchtveranstaltungen,<br />

daß am Hund nicht nur Längenmessungen,<br />

sondern auch Messungen des<br />

Brustumfangs vorgenommen werden.<br />

Dies geschieht mit einem normalen<br />

Bandmaß aus Leinen.<br />

Die Unbefangenheit gegenüber diesen<br />

Messungen üben wir, indem wir<br />

dem Hund ein z.B. zurechtgeschnittenes<br />

Gurtband für Jalousien um den<br />

Leib legen; im Zuge der Übungen<br />

wird dieses Band so eng gezogen,<br />

wie es bei Originalmessungen erforderlich<br />

ist.<br />

Die Übungen werden nicht nur am<br />

Leib, sondern an praktisch allen Körperteilen<br />

des Hundes vollzogen, also<br />

auch an seinem Fang. Da der Hund<br />

Einengungen am Fang als besonders<br />

belastend empfindet, wird er sich gegen<br />

diese Maßnahme sträuben. Dies<br />

überspielen wir mit Lob, nachfolgendem<br />

Futterbrocken und durch gezielte<br />

Variation der Übungsdauer.<br />

An Stelle des vorgenannten Gurtes<br />

wählen wir für die gleichen Übungen<br />

25


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

auch z.B. ein Handtuch, einen<br />

Schal, eine Krawatte, ein Kopftuch<br />

o.dgl.<br />

Die Originalübung: Zubinden des<br />

Fanges<br />

Nach genügendem Training führen<br />

wir die Originalübung durch. Dazu<br />

befindet sich der Hund in einer für<br />

ihn angenehmen Position, z.B. im<br />

sitz.<br />

Wir treten vor den Hund und legen<br />

ihm ein Band, - am besten ein Stück<br />

einer normalen Mullbinde -, unter<br />

den Fang und verknoten es mit einem<br />

einfachen (nicht zweifachen)<br />

Knoten über dem Fang. Dann führen<br />

wir die Enden jeweils links bzw.<br />

rechts wieder unter den Fang, wo<br />

diese Enden sich dann zwangsweise<br />

kreuzen. Danach verknoten wir beide<br />

Enden zweifach hinter dem Kopf<br />

des Hundes.<br />

Je nach Training wird das Band baldigst<br />

wieder gelöst. Um den Hund<br />

von jeglichem Streß zu befreien, ist<br />

ein möglichst tolles Spiel, z.B. ein<br />

intensives Beutespiel, angebracht.<br />

Unbefangenheit gegenüber<br />

Geräuschen<br />

Anmerkungen<br />

Einschlägige Spielwarengeschäfte<br />

bieten besonders zu Karnevalszeiten<br />

eine Fülle von unterschiedlichsten<br />

einfachen und billigen Instrumenten<br />

an, die für unser Geräuschetraining<br />

26<br />

brauchbar sind. Aber auch die im<br />

Alltag auftretenden Geräuschkulissen<br />

eignen sich oftmals in hervorragender<br />

Weise, um unseren Hund in<br />

jeder Beziehung gegenüber Geräuschen<br />

zu stabilisieren.<br />

Einige Hinweise sollen zudem helfen,<br />

auf einfachste Art wirkungsvolle<br />

Geräte selbst herzustellen.<br />

Geräuschkulissen in der Wurfkiste?<br />

Viele Züchter sind der Meinung,<br />

daß man den Welpen bereits in der<br />

Wurfkiste mit verschiedensten Geräuschen<br />

konfrontieren solle. Dazu<br />

bietet der Fachhandel sogar für diesen<br />

Zweck präparierte Tonbänder<br />

an.<br />

Zu solchem “Training” ist sehr kritisch<br />

zu bemerken, daß es für die<br />

Umwelterfahrung des Hundes ausgesprochen<br />

schädlich ist, ihn mit<br />

künstlichen Geräuschen, gleich welcher<br />

Art, zu berieseln. Das Ergebnis<br />

ist in mehrfacher Hinsicht negativ:<br />

Die Erfahrung eines Geräusches ohne<br />

die Möglichkeit, auch die Geräuschquelle<br />

kennenzulernen,<br />

stumpft den Hund in seiner Sensibilität<br />

ab.<br />

Unsere Erfahrungen zeigen, daß in<br />

solchen Fällen die spätere Konfrontation<br />

des Hundes mit den tatsächlichen<br />

Schallquellen zu großer Verunsicherung<br />

führt, die nur durch


systematisches Üben überwunden<br />

werden kann.<br />

Im anderen Falle verbindet der<br />

Hund mit dem spezifischen Geräusch<br />

keinerlei Handlungsbedarf,<br />

d.h. er versucht nicht einmal, einer<br />

Gefahr auszuweichen, die sich mit<br />

dem betreffenden Geräusch verbindet.<br />

Wird er in einer solchen Situation<br />

zusätzlich verletzt, kann dies zur<br />

unüberwindlichen Unsicherheit gegenüber<br />

diesem Geräusch führen.<br />

Ziel einer echten Förderung der Unbefangenheit<br />

eines Hundes besteht<br />

aber gerade und besonders darin,<br />

ihn seine Umwelt mit den damit<br />

verbundenen Realitäten, sprich Risiken<br />

ebenso wie Harmlosem, erfahren<br />

zu lassen.<br />

Dies gilt in besonderem Maße für<br />

Hunde, die einmal als Gebrauchs-,<br />

Rettungs-, Blindenführ-, Lawinenhund<br />

usw. ausgebildet werden sollen.<br />

Ob künstliche Geräuschquellen in<br />

der Wurfkiste auch zu Sensibiltätsstörungen<br />

(z.B. Abstumpfen in<br />

der Wahrnehmung feinster Signale<br />

der Wurfgeschwister, der Mutterhündin,<br />

des Züchters usw.) führen,<br />

liegt zwar nahe, kann aber aus eigener<br />

Erfahrung nicht hinreichend belegt<br />

werden, da Geräuschkulissen<br />

nie verwendet wurden.<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

Wurfkette als Hilfsmittel zur Hundeerziehung?<br />

Im vorliegenden Zusammenhang<br />

darf der Hinweis auf den Gebrauch<br />

von Wurfketten als Erziehungsinstrument<br />

nicht fehlen. Derjenige<br />

Hund, der mittels der Wurfkette<br />

nachhaltig gemaßregelt worden ist,<br />

verbindet bereits mit dem klirrenden<br />

Geräusch einer Kette größte Unsicherheit.<br />

Anmerkung<br />

Richtige Erziehungsmaßnahmen des<br />

Hundes bedürfen nicht antiquierter<br />

Methoden, wie z.B. der Wurfkette.<br />

Knall<br />

Es sollte Teil eines jeden Trainings<br />

mit Hunden sein, ihre Knallsicherheit<br />

zu festigen. Ausführliche Anleitungen<br />

befinden sich in einem gesonderten<br />

Kapitel (s. Infoheft 6/98).<br />

Hupen<br />

Man führt den Hund in die Nähe eines<br />

parkenden Autos. In angemessener<br />

Entfernung gibt eine Hilfsperson<br />

Hupsignale. Bei Unbefangenheit des<br />

Hundes bleibt der Führer mit seinem<br />

Hund während des Hupens in<br />

kurzer Distanz zum Auto.<br />

Nach hinreichendem Training wird<br />

die gleiche Übung bei laufendem<br />

Motor durchgeführt (Achtung: We-<br />

27


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

gen der giftigen Gase den Hund<br />

nicht in die Nähe des Auspuffs führen!).<br />

Zusätzliche Geräusche werden<br />

durch derbes Zuschlagen der Autotüren<br />

hervorgerufen. Der stabile<br />

Hund verhält sich in allen genannten<br />

Situationen gelassen.<br />

Überqueren von Straßen<br />

Auch das Überqueren von Straßen<br />

bedarf des Trainings. Selbst wenn<br />

der Hund sich noch im Welpenalter<br />

befindet, gibt der Hundeführer ihm<br />

vor dem Überqueren von Straßen<br />

ein Haltesignal. Dies könnte ein sitz<br />

-Kommando (siehe: Kommando<br />

erster Art) oder ein anderes Signal,<br />

z.B. warte-noch sein. In jedem Falle<br />

ist der Hund an der Leine zu führen,<br />

bis das betreffende Signals abgesichert<br />

ist!<br />

Trompeten u.a.<br />

Die in Spielzeugläden (oder zu Karnevalszeiten<br />

in einschlägigen Geschäften)<br />

erhältlichen Geräte zur Erzeugung<br />

unterschiedlichster Geräusche<br />

eignen sich hervorragend, um<br />

dem Hund Gelassenheit gegenüber<br />

verschiedensten Klangbildern zu<br />

vermitteln.<br />

Rasseln<br />

Die üblicherweise aus Holz gefertigten<br />

Rasseln erzeugen ein für den<br />

28<br />

Hund sehr unangenehmes und beeindruckendes<br />

Geräusch. Wenn wir<br />

den Hund daran gewöhnen wollen,<br />

ist anzuraten, zu Beginn der Übungen<br />

die Rassel nicht in voller Stärke,<br />

sondern dosiert zunächst nur mit<br />

wenigen Umdrehungen und dann<br />

allmählich steigernd erst mit rascher<br />

Drehzahl zu betätigen.<br />

Blecherne Geräusche<br />

erzeugen wir einfach dadurch, daß<br />

wir eine grobgliedrige (Kuh-)Kette<br />

in z.B. eine Schubkarre oder in einen<br />

blechernen Eimer gleiten lassen.<br />

Je länger die Kette ist, um so<br />

andauernder ertönt das Geräusch.<br />

Der Hund wird zum Training an das<br />

betreffende Gerät herangeführt, so<br />

daß er direkten Kontakt zur Geräuschquelle<br />

herstellen und sich von<br />

der Harmlosigkeit von Geräusch<br />

und der Geräuschquelle vergewissern<br />

kann.<br />

Welche Geräusche belasten den<br />

Hund besonders?<br />

Erfahrungsgemäß läßt sich hinsichtlich<br />

der Belastbarkeit des Hundes<br />

gegenüber den hier beschriebenen<br />

Geräuschen folgende Steigerung<br />

feststellen: Mehrtonhupen (wie sie<br />

mit Karnevalsinstrumenten erzeugt<br />

werden können), Trompeten, Rasseln,<br />

Steine in Blechdosen, Zahnrasseln<br />

aus Holz, Pistolenknall.


Anmerkungen<br />

Ein sehr intensives Geräusch erhält<br />

man, wenn Steine in einer leeren<br />

Konservendose mehr oder weniger<br />

kräftig hin und her geschüttelt werden.<br />

Ein solches Instrument läßt<br />

sich folgendermaßen sehr einfach<br />

herstellen: In eine leere 0,5-<br />

Literdose gibt man einige grobe<br />

(Schotter-)Steine. Darüber wird eine<br />

leere 1-Literdose gestülpt, in deren<br />

oberen Rand vorher einige Löcher<br />

gebohrt wurden. Zieht man anschließend<br />

durch diese Löcher radial<br />

eine Schnur, verhindert diese,<br />

daß die kleinere Dose mit den Steinen<br />

aus der größeren herausfallen<br />

kann. Dieses Instrument ist sehr robust;<br />

man kann es beliebig auf den<br />

Boden werfen oder heftig schütteln.<br />

Bei Geräuschetraining ist darauf zu<br />

achten, daß der Ausbilder (oder eine<br />

Hilfsperson) zu Beginn jeder<br />

Übung den Hund sehr sorgfältig beobachtet.<br />

Zeigt dieser sich beeindruckt,<br />

muß er behutsam mit dem<br />

Gegenstand und dem damit verbundenen<br />

Geräusch vertraut gemacht<br />

werden. Hierzu gibt es einige<br />

grundlegende Verhaltensregeln:<br />

Der Hund lernt den Gegenstand zunächst<br />

ohne Erzeugung eines Geräusches<br />

kennen.<br />

Die Erzeugung des Geräusches geschieht<br />

anfangs nicht in voller Stärke.<br />

<strong>Hundeschule</strong> <strong>Saus</strong><br />

Der Geräuschgegenstand flieht vor<br />

dem Hund, indem der Gegenstand<br />

stets vom Hund weg bewegt wird.<br />

Der Ausbilder macht sich klein und<br />

zeigt sich dem Hund nie frontal. Zudem<br />

bewegt er das Instrument so,<br />

daß nur dieses die Aufmerksamkeit<br />

des Hundes erweckt. Dadurch wird<br />

vermieden, daß der Hund betreffende<br />

Geräusche mit Personen verbindet;<br />

anderenfalls könnten gerade<br />

unsichere Hunde in ein defensives -<br />

und damit äußerst unerwünschtes -<br />

Aggressionsverhalten verfallen.<br />

In dem Maße, wie sich der Hund gegenüber<br />

dem Instrument als sicher<br />

erweist, wird er es von sich aus als<br />

eine Beute betrachten, die es zu verfolgen<br />

und zu fangen gilt. Wenn ein<br />

Hund unbeeindruckt von dem jeweiligen<br />

Geräusch das Instrument zu<br />

seiner Beute macht und es sogar davonträgt,<br />

ist das Ziel der Übung voll<br />

und ganz erreicht.<br />

Das Davontragen der Beute gilt ungeachtet<br />

des Materials der “Beute”,<br />

also auch für Blechdosen; es besteht<br />

für den Hund, - das gilt auch für<br />

Welpen -, keinerlei Gefahr, auch<br />

nicht für sein Gebiß, weil er nur in<br />

dem Maße greift, wie es zum Transport<br />

des Instrumentes nötig ist. Dennoch<br />

wird das Instrument unmittelbar,<br />

nachdem der Hund es hat fallen<br />

lassen, entfernt.<br />

Bei Instrumenten aus Kunststoff ist<br />

wegen der Brüchigkeit dieses Werk-<br />

29


<strong>Unbefangenheitsübungen</strong><br />

stoffes sehr sorgfältig zu verfahren,<br />

damit der Hund das Material nicht<br />

zerbeißt.<br />

A. <strong>Saus</strong><br />

30

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