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Paul C. Martin Ein System, das funktioniert - 1. Teil - - Das ...

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DEFINITIONEN<br />

<strong>Ein</strong> Beispiel macht <strong>das</strong> klar:<br />

<strong>Ein</strong> Couturier stellt Ballkleider her. Er finanziert die Kosten vor (Löhne, Stoffe), und er kalkuliert die Vorfinanzierungskosten<br />

und seinen Gewinn ein. Die Damen sind verrückt nach den Kleidern und überziehen ihre Konten,<br />

um dranzukommen: ein klassischer debitistischer Prozess mit Zusatzverschuldung.<br />

Die Ball-Saison ist zu Ende. Die Damen können die rauschenden Roben nicht mehr sehen. Sie verkaufen die<br />

Dinger in Second-Hand-Shops: kein Kaufen mehr, sondern ein Tauschen!<br />

Der Second-Hand-Shop muss die Dinger reinigen und aufarbeiten lassen, will Lohnkosten hereinbekommen<br />

und Gewinne machen: <strong>Ein</strong> paar Mädels kommen vorbei und kaufen die Kleider, um als Punker zum Karneval<br />

nach Rio zu jetten: Sie holen sich Geld von ihren Konten, eine neue Runde Kaufen hat begonnen.<br />

Kaufen ist also immer angesagt, wenn bis zum Anbieten des betreffenden Gegenstandes vorfinanzierte Kosten<br />

gelaufen sind, die inklusive Vorfinanzierungskosten und Risiko-Prämie nur hereinkommen können, wenn<br />

die Käufer sich ihrerseits verschulden.<br />

Alles andere ist Tauschen.<br />

Diese Unterscheidung ist deshalb wichtig, weil <strong>das</strong> eigentliche Problem der Ökonomie, wie wir gesehen haben,<br />

die Zeit ist. Im Interesse der Verkäufer muss es also liegen, möglichst zügig zu verkaufen, d. h. die verauslagten<br />

Kosten möglichst fix wieder einzufangen. Je schneller <strong>das</strong> geht, desto geringer sind die Vorfinanzierungskosten<br />

usw., und desto leichter ist es auch, einen Käufer zu finden.<br />

Der Kapitalismus ist dann am besten in Schuss, wenn alles »weggeht wie warme Semmeln«. Dann ist die erforderliche<br />

Neuverschuldung möglichst niedrig, es entfallen umständliche Werbe- und Marketing-Maßnahmen.<br />

Sobald aber die <strong>Ein</strong>kommen (= Produktionskosten der am Markt erscheinenden neu produzierten Gegenstände)<br />

erst noch lange Umwege machen, treibt <strong>das</strong> die Vorfinanzierungskosten hoch, was wiederum die Kunden<br />

immer ekelhafter macht und die Lage der verschuldeten Kapitalisten immer auswegloser.<br />

Dieser Effekt zeigt sich deutlich bei sogenannten »Sachwert-Haussen«. In den Schlussphasen einer Inflation<br />

(auf die wir noch ausführlich kommen) steigen die Preise für produzierte und bereits einmal »verkaufte« Gegenstände<br />

immer weiter. Selbst Sachen wie Gold und Grund und Boden werden immer teurer. Viel von der<br />

Kaufkraft, die aus der vorfinanzierten Produktion stammt und die eigentlich schleunigst in die Fabriken zurückkehren<br />

sollte, dreht erst noch ein paar Runden am Gold- oder Immobilienmarkt.<br />

Dadurch wird die Zeit, die normalerweise bis zur Rückkehr dieser Kaufkraft vergeht, erheblich »länger«: Die<br />

Kosten für Zeitablauf steigen.<br />

Damit haben wir ganz nebenbei eine Erklärung für <strong>das</strong> Phänomen gefunden, <strong>das</strong>s in einer Inflation nicht nur<br />

die Preise, sondern auch die Zinsen steigen. Die Zinsen steigen sogar noch erheblich weiter an, wenn weitere<br />

Kredite aufgenommen werden, um sich an einer Sachwert-Hausse zu beteiligen.<br />

Aus dem »produzierenden« Unternehmer ist dann der »Spekulant« geworden, eine besonders hässliche<br />

Form des Homo capitalisticus, der »Baulöwe«, »Immobilien-Hai«, der »Gold-Guru«.<br />

Wie wir unten bei der Analyse des Blow-offs sehen werden, verhalten sich aber Sachwert- (wie natürlich auch<br />

Börsen-) Spekulanten absolut rational, wenn sie sich verschulden, um sich an einer Hausse zu beteiligen. Sie<br />

sind genauso »sozial« wie alle anderen, die sich im debitistischen <strong>System</strong> aufhalten, ob Kapitalisten oder Arbeiter.<br />

<strong>Das</strong> Problem beim Blow-off, also einer durch laufende zusätzliche Beleihung eines Gegenstandes zum Zwecke<br />

weiterer Nachfrage nach diesem Gegenstand (und nicht etwa zum Zwecke des <strong>Ein</strong>satzes dieses Gegenstandes<br />

für die Produktion – als »Kapital« beispielsweise) hervorgerufenen Hausse in einem Tausch- (nicht Kauf-)Gut,<br />

liegt im unausweichlichen Zusammenbruch dieser Hausse.<br />

Gleichzeitig entzieht eine solche Hausse dem produzierenden, »normalen« Sektor »Mittel«, weil sie die in<br />

den Kreislauf gebrachte Kaufkraft auf zeitverzehrende und ergo zinstreibende Umwege schickt.<br />

Wo immer Haussen und Blow-offs auftreten, ist <strong>das</strong> kapitalistische <strong>System</strong>, dessen »Zweck« nur die möglichst<br />

zügige, von der Kundschaft akzeptierte Produktion darstellt, im Innersten faul.<br />

Der Kapitalismus steuert dann unausweichlich auf eine große Krise zu.<br />

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