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Paul C. Martin Ein System, das funktioniert - 1. Teil - - Das ...

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<strong>1.</strong><strong>1.</strong> WORUM ES GEHT<br />

WORUM ES GEHT<br />

Was ist Kapitalismus?<br />

Niemand weiß es. Auch Sie wissen es nicht. Bisher hat noch kein Mensch darauf eine befriedigende Antwort<br />

gegeben. Schauen Sie sich an, was am 4. Mai 1986 in der »Financial Times« gestanden hat:<br />

»Money talks<br />

Hong Kong financial experts adjoined a meeting called to discuss a constitution for the colony — it is<br />

supposed to keep its capitalist system after China takes over in 1997 — when they found none of<br />

them could define capitalism.«<br />

Da gibt es also Experten, Geschäftsleute, die in einem - wie es so schön heißt - »lupenreinen« kapitalistischen<br />

<strong>System</strong> leben. In Hongkong. Nun sollen sie definieren, was <strong>das</strong> ist: »kapitalistisches <strong>System</strong>«. Aber was geschieht?<br />

Sie müssen ihre diesbezüglichen Beratungen abbrechen, weil keiner von ihnen »Kapitalismus« erklären<br />

kann. Vielleicht wird es niemals eine korrekte Verfassung von Hongkong geben, weil es niemand gibt, der<br />

<strong>das</strong> für diese Verfassung vorgeschriebene »kapitalistische <strong>System</strong>« definiert?<br />

<strong>Das</strong> Buch, <strong>das</strong> Sie jetzt in Händen halten, definiert »Kapitalismus«. <strong>Ein</strong> für alle Mal. Und zum ersten Mal.<br />

Es gibt, wie wir sehen werden, einen ganzen Haufen von Büchern, die <strong>das</strong> Wort »Kapitalismus« im Titel führen.<br />

Darin ist dann viel die Rede von »Gewinnstreben« oder »Profitmotiv«, von »privatem Eigentum« und von<br />

»freier Marktwirtschaft«. Sogar »Ausbeuter« treten auf, wie der schwarze Mann im Märchen. <strong>Das</strong> sind alles<br />

nette Sachen und liebe Gestalten. Aber den »Kapitalismus« erklären sie überhaupt nicht. Sie begleiten ihn nur.<br />

Deutschen Studenten wird zur Bewältigung des Themas gern ein kleines Büchlein in die Hand gedrückt, <strong>das</strong><br />

ein lebender deutscher Professor verfasst hat. Er heißt Jürgen Kromphardt, der einen toten deutschen Professor<br />

zitiert. Der heißt Werner Sombart und hat viele Bände verfasst, in denen <strong>das</strong> Wort »Kapitalismus« vorkommt.<br />

An einer Stelle versuchen Sombart/Kromphardt den Kapitalismus mit dem »Erwerbsprinzip« der »Produktionsmitteleigentümer«<br />

zu erklären:<br />

»Die Eigenart des Erwerbsprinzips äußert sich darin, <strong>das</strong>s unter seiner Herrschaft der unmittelbare<br />

Zweck des Wirtschaftens nicht die Bedarfsbefriedigung eines lebendigen Menschen oder einer Vielheit<br />

von Menschen ist (wie es bei allen nichtkapitalistischen Wirtschaftssystemen der Fall ist), sondern<br />

ausschließlich die Vermehrung einer Geldsumme.«<br />

Und die Professoren fahren fort:<br />

»Diese Zwecksetzung ist der Idee des kapitalistischen Wirtschaftssystems immanent; man kann also<br />

die Erzielung von Gewinn (<strong>das</strong> heißt der Vergrößerung einer Anfangssumme durch wirtschaftliche<br />

Tätigkeit) als den objektiven Zweck der kapitalistischen Wirtschaft bezeichnen …« 1<br />

»Erwerbsprinzip« - »Vermehrung einer Geldsumme« - »Erzielung von Gewinn«. Mit solchen Sprüchlein ist die<br />

Welt schnell einverstanden. Sie klingen auch plausibel. Aber es sind Gemeinplätze, eingebettet in eine Menge<br />

Denkfehler und Zirkelschlüsse, wie wir sie immer wieder antreffen, wo von »Kapitalismus« und »Kapitalisten«<br />

die Rede ist. Denn was zeigen uns Sombart und sein Abschreiber Kromphardt? Offenbar eine Mixtur aus König<br />

Mi<strong>das</strong> und Dagobert Duck.<br />

Da soll es tatsächlich Leute geben, die immer weiter Bargeld scheffeln (»Erwerbsprinzip«), obwohl weder sie<br />

selbst noch andere es brauchen (»Bedarfsbefriedigung«). Zum Schluss liegt alles sinnlos herum, die »vermehrte<br />

Geldsumme« alias die »vergrößerte Anfangssumme«. Und <strong>das</strong> war's auch schon. Kapitalismus = Geldvermehrung!<br />

Die wichtigsten Fragen lassen die Professoren offen. Zum Beispiel: Was geschieht mit dem vielen Geld, <strong>das</strong> da<br />

sinnlos angehäuft wird? Wo wird es aufbewahrt? Gibt es Truhen, Silos? Wo stehen sie? Wer bewacht sie? Sind<br />

die Kapitalisten vielleicht Geld-Fetischisten? Kranke Psychopathen, die dauernd Geld anfassen müssen, so wie<br />

die strengen Leder-Freunde <strong>das</strong> schwarze Glatte?<br />

Wo kommt denn <strong>das</strong> Geld überhaupt her? Wer besaß es vor den Kapitalisten? Wie ist <strong>das</strong> mit der »Vergrößerung<br />

der Anfangssumme«: Bei welchen armen Teufeln »verkleinert« sich dann die Anfangssumme? Wenn deren<br />

Anfangssumme gerade so groß war, <strong>das</strong>s sie damit ihren »Bedarf« »befriedigen« konnten - wo sind die<br />

armen Teufel, die jetzt ihren Bedarf nicht mehr befriedigen können? Verreckt? Im Wald? Haben sie sich in ihrer<br />

Scheune erhängt? Oder gibt es irgendwo Massengräber, die wir noch gar nicht gefunden haben?<br />

1 Jürgen Kromphardt, Konzeptionen und Analysen des Kapitalismus – von seiner Entstehung bis zur Gegenwart, Göttingen<br />

1980, Seite 40.<br />

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