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Gesundheit und Fitness für Fussballerinnen - Fifa

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100 YEARS FIFA 1904 - 2004<br />

Fédération Internationale de Football Association<br />

FIFA-Strasse 20 Postfach 8044 Zürich Schweiz<br />

Tel.: +41-(0)43-222 7777 Fax: +41-(0)43-222 7878 www.FIFA.com<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong> <strong>und</strong> <strong>Fitness</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>Fussballerinnen</strong><br />

Ein Leitfaden <strong>für</strong> Spielerinnen <strong>und</strong> Trainer


<strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong> <strong>und</strong> <strong>Fitness</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>Fussballerinnen</strong><br />

Ein Leitfaden <strong>für</strong> Spielerinnen <strong>und</strong> Trainer


2 CONTENT | HEALTH AND FITNESS IN THE FEMALE FOOTBALL PLAYER<br />

HEALTH AND FITNESS IN THE FEMALE FOOTBALL PLAYER | CONTENT 3<br />

Inhalt<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong> <strong>und</strong> <strong>Fitness</strong> <strong>für</strong> <strong>Fussballerinnen</strong><br />

Grusswort des FIFA-Präsidenten 4<br />

Verletzungen bei Frauen – wann <strong>und</strong> warum bin ich gefährdet? 6<br />

Wie beuge ich Verletzungen vor? 12<br />

Knöchelverletzungen <strong>und</strong> wie ich sie vermeide 16<br />

Wie Risse des vorderen Kreuzbandes verhindert werden können 24<br />

Kopfverletzungen <strong>und</strong> wie ich sie vermeide 36<br />

Die richtige Fussballkost – <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong>, <strong>Fitness</strong> <strong>und</strong> Leistung fördern 42<br />

Wie schütze ich meine Knochen? 50<br />

Fragen <strong>und</strong> Antworten zum Frauenfussball 56


4 GRUSSWORT DES FIFA-PRÄSIDENTEN | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | GRUSSWORT DES FIFA-PRÄSIDENTEN<br />

5<br />

Grusswort des FIFA-Präsidenten<br />

Liebe Mitglieder unserer weltweiten Fussballfamilie,<br />

wenn der Frauenfussball auch schon seit über<br />

30 Jahren fest in der Sportwelt verankert ist, so<br />

erfolgte doch nach der ersten von der FIFA veranstalteten<br />

Frauen-Weltmeisterschaft in der Volksrepublik<br />

China im November 1991 ein geradezu<br />

sprunghafter Aufstieg. Heute gibt es gemäss der<br />

letzten Übersicht von Big Count 26 Millionen<br />

Mädchen <strong>und</strong> Frauen, die in 180 Ländern weltweit<br />

Fussball spielen.<br />

Das hohe Spielniveau, die Entwicklung neuer Weltjugendmeisterschaften,<br />

die Etablierung von professionellen<br />

Ligen in zahlreichen Ländern, die<br />

Aus dehnung des Breitenfussballs auf Frauen <strong>und</strong><br />

das stetig wachsende Interesse des Publikums<br />

sind Zeugen des unaufhaltsamen Aufschwungs in<br />

diesem Sportbereich.<br />

Das bedeutet allerdings nicht, dass sich die FIFA<br />

auf ihren Lorbeeren ausruhen kann. Um unserem<br />

Motto „Für das Spiel. Für die Welt.“ gerecht zu<br />

werden, muss die FIFA bei beiden Geschlechtern<br />

<strong>und</strong> auf jedem Spielniveau alle mit dem Spiel in<br />

Zusammenhang stehenden Aspekte einbeziehen.<br />

Nur so kann der Frauenfussball sein beeindru-<br />

Die FIFA muss sich auch um Aspekte<br />

kümmern, die über das eigentliche Spiel<br />

hinausgehen, um sicherzustellen, dass der<br />

Frauenfussball sein imposantes Wachstum<br />

auf wirklich solider Basis fortsetzen kann.<br />

ckendes Wachstum auf einer wirklich breiten <strong>und</strong><br />

soliden Gr<strong>und</strong>lage fortsetzen.<br />

In dieser Hinsicht spielen die medizinischen Aspekte<br />

zweifellos eine herausragende Rolle. Es versteht<br />

sich von selbst, dass dem Frauenfussball in der<br />

medizinischen Forschung <strong>und</strong> Ausbildung dieselbe<br />

Aufmerksamkeit gebührt wie dem Männerfussball.<br />

Darüber hinaus müssen den Mädchen <strong>und</strong> Frauen<br />

im Training <strong>und</strong> zur Vorbeugung von Verletzungen<br />

Informationen <strong>und</strong> Strategien zur Verfügung stehen,<br />

die genau auf ihre besonderen Bedürfnisse<br />

zugeschnitten sind.<br />

Ich hoffe, dass diese Broschüre genau diesen<br />

Anliegen gerecht wird <strong>und</strong> Frauen <strong>und</strong> Mädchen<br />

hilft, ihren Lieblingssport sicher <strong>und</strong> mit ungetrübter<br />

Freude spielen zu können.<br />

Joseph S. Blatter<br />

FIFA-Präsident


Verletzungen bei Frauen –<br />

wann <strong>und</strong> warum bin ich gefährdet?


8 VERLETZUNGEN BEI FRAUEN – WANN UND WARUM BIN ICH GEFÄHRDET? | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | VERLETZUNGEN BEI FRAUEN – WANN UND WARUM BIN ICH GEFÄHRDET? 9<br />

Verletzungen bei Frauen – wann <strong>und</strong> warum bin ich gefährdet?<br />

Der Spass am Fussball kann manchmal dadurch getrübt werden, dass wir jedes Mal,<br />

wenn wir den Platz betreten, die Möglichkeit einer Verletzung in Kauf nehmen müssen.<br />

Der überwiegende Teil der fussballmedizinischen Forschung befasst sich mit Männern, zumeist<br />

Profi s. Die Forschung über Frauen hat demgegenüber noch einen weiten Weg vor sich. Hier<br />

ein kurzer Überblick über das, was wir über Fussballverletzungen von Frauen wissen.<br />

Die wenigsten sind sich dessen bewusst, doch das derzeitige<br />

Wachstum im Fussball weltweit ist vor allem darauf<br />

zurückzuführen, dass mehr <strong>und</strong> mehr Frauen Fussball spielen.<br />

Gemäss Zahlen der FIFA hat der Anteil der Frauen im<br />

Fussball in den letzten zehn Jahren in den USA um 210 %,<br />

in der Schweiz um 250 % <strong>und</strong> in Deutschland um 160 %<br />

zugenommen. Viele andere Länder weisen ein ähnlich<br />

beeindruckendes Wachstum des Frauenfussballs auf.<br />

Die FIFA hat diesem Wachstum Rechnung getragen. Die<br />

erste FIFA Frauen-Weltmeisterschaft fand 1991 in China<br />

statt <strong>und</strong> wird derzeit wie diejenige der Männer im Vier-<br />

Jahres-Rhythmus durchgeführt. Die höchste Zuschauerzahl,<br />

die bisher bei einer Frauen-Sportveranstaltung registriert<br />

wurde, betrug 90 000. Das war beim Finale der<br />

USA gegen China bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft<br />

1999; dieses Spiel wurde weltweit übertragen. Frauenfussball<br />

ist heute eine olympische Disziplin <strong>für</strong> Nationalteams.<br />

Seit 2002 hält die FIFA ausserdem alle zwei Jahre<br />

Weltmeisterschaften <strong>für</strong> U-20-Spielerinnen ab, ab 2008<br />

wird es auch regelmässige Weltmeisterschaften <strong>für</strong> U-17-<br />

Spielerinnen geben.<br />

Diese Entwicklung eröffnet allen Mädchen <strong>und</strong> Frauen die<br />

Möglichkeit, das Spiel zu spielen <strong>und</strong> aktiv an der weltweiten<br />

Fussballgemeinschaft teilzunehmen. Mehr <strong>und</strong> mehr<br />

Frauen geniessen so die gesellschaftlichen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Vorteile des Sports, <strong>und</strong> dies über alle Kulturen<br />

<strong>und</strong> Altersklassen hinweg. Trotz dieser zunehmenden<br />

Bedeutung des Frauenfussballs richtete <strong>und</strong> richtet sich die<br />

Erforschung verschiedenster Aspekte des Spieles vor allem<br />

an Männern aus, nur wenige Studien befassen sich mit<br />

Frauen. Das aber bedeutet, dass die meisten Fortschritte<br />

im Frauenfussball auf Ergebnissen von Untersuchungen<br />

basieren, die Männern galten.<br />

In ähnlicher Weise beruht unser Wissen hinsichtlich Verletzungen<br />

ebenfalls mehrheitlich auf Männern, zumeist Profi -<br />

spielern, bei grossen Turnieren. Die besten Untersuchungen<br />

zu Verletzungen von Frauen konzentrieren sich auf Profi -<br />

oder andere Spitzenspielerinnen. Mit wenigen Ausnahmen<br />

ist die Verletzungsrate bei Frauen allgemein niedriger als<br />

bei Männern. Wir beschränken uns hier auf die FIFA-Forschungsergebnisse,<br />

da die gleichbleibenden Erhebungsmethoden<br />

der Daten den Vergleich zwischen verschiedenen<br />

Turnieren <strong>und</strong> auch mit Männern erleichtern.<br />

Verletzungen bei FIFA-Frauenturnieren<br />

Die FIFA verfügt über Daten von 184 Frauenspielen bei<br />

sieben internationalen Turnieren: die FIFA Frauen-Weltmeisterschaften<br />

1999 <strong>und</strong> 2003, die Olympischen Spiele<br />

2000 <strong>und</strong> 2004 <strong>und</strong> die Jugendweltmeisterschaften<br />

(U-19 2002 <strong>und</strong> 2004; U-20 2006). Insgesamt wurden<br />

348 Verletzungen berichtet, was 2,2 Verletzungen pro<br />

Spiel ausmacht. Bei Männern liegt diese Rate bei 2,7. Die<br />

beiden FIFA Frauen-Weltmeisterschaften hatten die niedrigste<br />

Verletzungsrate (1,5 Verletzungen pro Spiel) <strong>und</strong> die<br />

Jugendweltmeisterschaften die höchste (2,7 Verletzungen<br />

pro Spiel). Warum verletzen sich jüngere Spielerinnen häufi<br />

ger als ältere? Das ist eine gute Frage, denn dieser Trend<br />

zeigt sich auch bei Männern. Möglicherweise sind jüngere<br />

Spielerinnen weniger erfahren auf diesem hohen Niveau,<br />

oder sie spielen engagierter, um aufzufallen <strong>und</strong> eventuell<br />

auch <strong>für</strong> die älteren Teams ausgewählt zu werden.<br />

Nehmen wir also an, wir hätten uns verletzt. Wie schlimm<br />

ist diese Verletzung? Die übliche Weise, die Schwere einer<br />

Verletzung einzuschätzen, ist die Zeit, <strong>für</strong> die eine Spielerin<br />

aussetzen muss. In der Forschung bedeutet ein Ausfall<br />

<strong>für</strong> sieben oder weniger Tage eine leichte Verletzung. Die<br />

FIFA-Daten der grossen internationalen Turniere zeigen,<br />

dass nur die Hälfte der Verletzungen einen Spielausfall<br />

nach sich zieht. 78 % der Verletzungen mit Ausfall können<br />

als leicht bezeichnet werden, <strong>und</strong> viele Spielerinnen<br />

müssen gar nicht aussetzen. Vollständige Bänderrisse <strong>und</strong><br />

Knochenbrüche verursachen die längsten Auszeiten.


10 VERLETZUNGEN BEI FRAUEN – WANN UND WARUM BIN ICH GEFÄHRDET? | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | VERLETZUNGEN BEI FRAUEN – WANN UND WARUM BIN ICH GEFÄHRDET? 11<br />

Kopf 16 %<br />

Obere Extremität 8 %<br />

Unterschenkel 11 %<br />

Wie zu erwarten, betrafen zwei Drittel der Verletzungen<br />

die Beine. Der am zweithäufigsten verletzte Körperteil<br />

war der Kopf mit knapp unter 20 % aller Verletzungen,<br />

gefolgt von Körperstamm <strong>und</strong> Arm. Die Verteilung der<br />

Verletzungen bei Frauen <strong>und</strong> Männern ist ähnlich. Die<br />

Mehrzahl der Verletzungen betreffen wie erwähnt die<br />

Beine, vor allem Knöchel, Knie <strong>und</strong> Oberschenkel. Die<br />

meisten Verletzungen sind Prellungen, Verstauchungen<br />

oder Bänderrisse <strong>und</strong> Muskelzerrungen oder -risse. Die<br />

am häufi gsten auftretende Verletzung überhaupt ist die<br />

Knöchelverstauchung. Nahezu alle Studien zu Verletzungen<br />

bei Fussballspielerinnen unterstreichen die hohe Rate<br />

an Knie- <strong>und</strong> besonders vorderen Kreuzbandverletzungen<br />

(VKB). In dieser Broschüre haben wir den Verletzungen<br />

von Knöchel, Knie <strong>und</strong> Kopf deshalb eigene Kapitel<br />

gewidmet, in denen auf Verletzungen dieser Regionen im<br />

Detail eingegangen wird.<br />

Oberkörper 9 %<br />

Oberschenkel 12 %<br />

Knie 11 %<br />

Knöchel 24 %<br />

Für viele Spielerinnen überraschend, betreffen die Verletzungen<br />

im Zweikampf sowohl die angreifende (45 %) als<br />

auch die Spielerin in Ballbesitz (55 %). Dies im Gegensatz<br />

zu den Männern, wo 26 bis 34 % der verletzten Spieler<br />

die Angreifer sind. Darüber hinaus sind Spielerinnen bei<br />

Angriffen mit Hineingrätschen deutlich mehr, bei Angriffen<br />

von hinten aber weniger gefährdet als Männer.<br />

Zu welchem Zeitpunkt eines Spiels ist das Verletzungsrisiko<br />

am grössten? Zu Beginn der ersten oder der zweiten<br />

Spielhälfte, wenn man unbedingt zu spielen beginnen<br />

möchte? Oder später in einer Halbzeit, wenn wir langsam<br />

müde werden? Die richtige Antwort wäre: jeweils<br />

gegen Ende der beiden Halbzeiten. Die ersten 15 Minuten<br />

jeder Spielhälfte weisen dagegen die niedrigste Ver-<br />

„Nach meiner Erfahrung ist die am<br />

meisten ge<strong>für</strong>chtete Verletzung eine<br />

Kreuzbandverletzung.“<br />

Fran Hilton-Smith, technische Leiterin Frauenfussball<br />

des südafrikanischen Fussballverbandes<br />

letzungsrate auf. Danach werden Verletzungen immer<br />

häufiger. Ein Zusammenhang mit der Spielzeit besteht<br />

<strong>für</strong> Verletzungen allgemein, nicht aber in derselben Weise<br />

<strong>für</strong> die jeweiligen unterschiedlichen Arten von Verletzungen.<br />

Wer lange genug spielt <strong>und</strong> häufiger reist, wird früher<br />

oder später Spiele auf Kunstrasen absolvieren. Es gibt<br />

heftige Diskussionen darüber, ob Verletzungen auf Kunstrasen<br />

seltener oder häufiger sind als auf Naturrasen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der bisherigen Forschung können wir ruhigen<br />

Gewissens sagen: Die Verletzungsrate auf Kunst- <strong>und</strong><br />

Naturrasen ist ähnlich, <strong>und</strong> zwar sowohl im Training als<br />

auch im Spiel.<br />

Was können wir zusammenfassend über<br />

Verletzungen bei Frauen sagen?<br />

1. Die allgemeine Verletzungsrate von Frauen ist niedriger<br />

als diejenige von Männern.<br />

2. Das Verteilungsmuster der Verletzungen ist bei Männern<br />

<strong>und</strong> Frauen mehr oder weniger gleich, aber Frauen<br />

erleiden mehr Kopf- <strong>und</strong> Kniebänderverletzungen als<br />

Männer.<br />

3. Die Verletzungsrate im Spiel ist deutlich höher als im<br />

Training.<br />

4. Bisher konnten Studien keine Unterschiede in den Verletzungen<br />

fi nden, wenn Frauen auf Natur- oder Kunstrasen<br />

spielen.<br />

Abb. 1: Verletzungslokalisation bei Fussballspielerinnen bei FIFA-Turnieren Autor:<br />

Don Kirkendall, PhD<br />

Spiel, Training, Natur- oder Kunstrasen – spielt<br />

das eine Rolle?<br />

Basierend auf folgenden Artikeln:<br />

Gefährliche Situationen im Spiel<br />

– Junge A, Dvorak J (2007) Injuries of Female Football Players<br />

Aus Erfahrung wissen wir, dass die meisten Verletzun-<br />

during Top-level International Tournaments. Br J Sports Med,<br />

Was würden wir sagen, wenn man uns nach den gefährgen<br />

im Spiel auftreten, wenn Einsatz <strong>und</strong> Spieleifer am<br />

41 Suppl. I: i3-i7<br />

lichsten Spielsituationen fragen würde? Vermutlich wür-<br />

grössten sind. Dies wird durch die Forschung bestätigt: – Fuller CW, Dick RW, Corlette J, Schmalz R (2007) Comparison<br />

den wir alle Tackling als ziemlich gefährlich bezeichnen.<br />

Der Vergleich zeigt eine sechs- bis achtmal höhere Ver-<br />

of the incidence, nature and cause of injuries sustained on grass<br />

Die überwiegende Zahl von Verletzungen ist tatsächlich<br />

letzungsrate im Spiel verglichen mit Training. Gr<strong>und</strong>sätz-<br />

and new generation artifi cial turf by male and female football<br />

genau darauf zurückzuführen – Tackling – nur 16 % aller<br />

lich werden die Beine sowohl im Spiel als auch im Trai-<br />

players. Part 1: Match injuries. Br J Sports Med, Suppl. I: i20-i26<br />

Verletzungen geschehen ohne jede Fremdeinwirkung.<br />

ning am häufi gsten verletzt. Manche Verletzungen sind – Tscholl P, O’Riordan D, Fuller CW, Dvorak J, Gutzwiller F,<br />

Nahezu 30 % der durch Tackling bedingten Verletzungen<br />

aber situationsbedingt unterschiedlich häufi g, z. B. gibt<br />

Junge A (2007) Causation of Injuries in Female Football Players<br />

bei Frauen gehen auf ein Foul zurück, bei Männern sind<br />

es im Spiel weit mehr Kopf- <strong>und</strong> Nackenverletzungen als<br />

during Top-level Tournaments. Br J Sports Med, Suppl.: i8-i14<br />

dies die Hälfte aller Verletzungen während des Spiels.<br />

Somit scheint sich also das Muster der Verletzungen bei<br />

Frauen <strong>und</strong> Männern doch deutlich zu unterscheiden.<br />

im Training.


Wie beuge ich Verletzungen vor?


14 WIE BEUGE ICH VERLETZUNGEN VOR? | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | WIE BEUGE ICH VERLETZUNGEN VOR? 15<br />

Wie beuge ich Verletzungen vor?<br />

Wenn wir uns <strong>für</strong> den Fussball entscheiden, denken wir zweifellos zuletzt<br />

an mögliche Verletzungen, die uns auf die Ersatzbank oder sogar zum Aufhören<br />

zwingen könnten.<br />

Viele Sportverletzungen sind Unfälle, die einfach passieren,<br />

andere dagegen folgen einem vorhersagbaren Muster.<br />

Wenn die Umstände einer Verletzung aber vorhersagbar<br />

sind, dann könnte es auch einen Weg geben, sie zu<br />

verhindern. Wenn wir Verletzungen vermeiden, sind wir<br />

gesünder, bleiben auf dem Spielfeld aktiv <strong>und</strong> werden so<br />

besser. Vermeiden wir Verletzungen, steigen unsere Chancen,<br />

uns als Spielerinnen weiterzuentwickeln.<br />

Es gibt unzählige Ratschläge, wie man Verletzungen verhindern<br />

kann. Viele scheinen einleuchtend, doch Mediziner<br />

ziehen es vor, zu prüfen, ob ein Vorbeugungsprogramm<br />

wirksam ist, <strong>und</strong> diese Wirkung zu beweisen. Ärzte<br />

wollen Beweise, nicht etwas, das einfach einleuchtet.<br />

Vorbeugungsprogramme können allgemein sein, das<br />

heisst, sie sind so angelegt, dass sie auf Verletzungen<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich abzielen, oder sie können sich gezielt einer<br />

bestimmten Verletzung widmen. Der Vorgang, um zu<br />

beweisen, dass ein Programm wirkt, ist weitgehend vereinheitlicht.<br />

Zuerst gilt es festzustellen, wie häufig eine<br />

Verletzung auftritt. Als Nächstes wird ermittelt, wie eine<br />

Verletzung geschieht. Als Drittes wird ein Vorbeugungsprogramm<br />

entwickelt <strong>und</strong> in der Praxis umgesetzt. Als<br />

Letztes wird die Verletzungsrate nach Einführen des Programms<br />

ermittelt. Wirkt es, wird die neue Verletzungsrate<br />

unter der zu Beginn ermittelten liegen.<br />

Ein anderes Konzept, um den Ablauf von Verletzungen zu<br />

erforschen, ist die Bestimmung typischer Risikofaktoren <strong>für</strong><br />

eine Verletzung. Dazu muss eine grössere Zahl von Spielerinnen<br />

untersucht werden, anschliessend werden die<br />

Daten der Spielerinnen, die die Verletzung erlitten haben,<br />

genauer untersucht <strong>und</strong> häufig vorkommende Gemeinsamkeiten<br />

als Risikofaktoren angesehen.<br />

Bei allen Vorbeugungsprogrammen ist die Regelmässigkeit<br />

ein Schlüsselfaktor. Das beste Programm wird wenig<br />

Wirkung zeigen, wenn es nur einmal pro Woche, dagegen<br />

weit mehr, wenn es drei- bis fünfmal oder noch häufi ger<br />

pro Woche absolviert wird. Es ist tatsächlich gar nicht so<br />

entscheidend, was genau wir tun, sondern dass wir es<br />

regelmässig tun!<br />

Autor:<br />

Don Kirkendall, PhD<br />

Basierend auf folgendem Artikel:<br />

– van Mechelen W, Hlobil H, Kemper HC (1992) Incidence,<br />

severity, aetiology and prevention of sports injuries. A review<br />

of concepts. Sports Med 14 (2): 82-99<br />

„Frauen verletzen ihre Knie häufiger als Männer. Deshalb<br />

ist Vorbeugung ganz entscheidend, insbesondere, was Koordination,<br />

Kraft <strong>und</strong> Beweglichkeit angeht. Die Vorbeugung von Verletzungen muss<br />

während des ganzen Jahres in das Trainingsprogramm integriert werden.<br />

Hochwertiges Training heisst weniger Belastung <strong>für</strong> den Körper.“<br />

Tina Theune-Meyer, frühere Cheftrainerin des deutschen Frauennationalteams


Knöchelverletzungen<br />

<strong>und</strong> wie ich sie vermeide


18 KNÖCHELVERLETZUNGEN UND WIE ICH SIE VERMEIDE | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | KNÖCHELVERLETZUNGEN UND WIE ICH SIE VERMEIDE 19<br />

Knöchelverletzungen <strong>und</strong> wie ich sie vermeide<br />

Knöchelverstauchungen sind die Verletzungen, die im Fussball am häufi gsten zu einem<br />

Ausfall führen. Konkret heisst das: Die Spielerin kann mehrere Wochen lang weder trainieren<br />

noch spielen. Während viele Verletzungen Unfälle sind, die einfach passieren, folgen Knöchelverstauchungen<br />

einem vorhersagbaren Muster. Wenn wir die erste Verstauchung auch meist<br />

nicht verhindern können, so können wir doch viel tun, um weitere zu vermeiden.<br />

Sind die typischen Umstände einer Verletzung bekannt,<br />

fragen sich Trainer, Spielerinnen <strong>und</strong> Ärzte, ob es damit<br />

nicht auch möglich ist, die Verletzung zu verhindern. Wird<br />

eine Verletzung verhindert, bleibe ich als Spielerin ges<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> kann weiterspielen – <strong>und</strong> damit besser werden. Viele<br />

Forschungsprogramme setzen sich zum Ziel, Knöchelverstauchungen<br />

zu verhindern, doch die Frage ist, ob diese<br />

Programme auch wirksam sind.<br />

Knöchelverstauchungen sind die allgemein häufigsten<br />

Gelenksverletzungen im Sport. Im Fussball machen sie<br />

etwa 15 % aller Verletzungen aus. Bei Spielerinnen amerikanischer<br />

Universitätsteams liegt die allgemeine Verletzungsrate<br />

bei 20 Verletzungen pro 1000 Spielst<strong>und</strong>en.<br />

Von diesen sind ungefähr 3 bis etwas über 4 Verletzungen<br />

pro 1000 Spielst<strong>und</strong>en Knöchelverstauchungen. Diese Verletzungsrate<br />

steigt mit dem Spielniveau: Bei FIFA-Turnieren<br />

liegt die Rate an Knöchelverletzungen bei 10 pro 1000<br />

Spielst<strong>und</strong>en.<br />

Wie kommt es zu Knöchelverstauchungen?<br />

Die häufi gste Verstauchung wird Inversionsverstauchung<br />

genannt. Dabei kommt es beim Umknicken nach aussen zu<br />

einer Verletzung der Bänder am Aussenknöchel. Zumeist<br />

geschieht dies bei Bodenunebenheiten des Spielfeldes <strong>und</strong><br />

beim Treten auf den Fuss einer anderen Spielerin beim<br />

Laufen oder beim Landen. Ein sehr typisches Unfallmuster<br />

im Fussball ist es, wenn eine Gegnerin von der Seite in den<br />

Lauf grätscht, dabei die Innenseite des Beines trifft <strong>und</strong> es<br />

so zum Umknicken bzw. Vertreten des Fusses direkt beim<br />

Zusammenprall oder infolge einer spontanen Ausweichreaktion<br />

auf das Grätschen kommt.<br />

Davon abgesehen konnten folgende Einfl ussfaktoren einer<br />

Knöchelverstauchung ausgemacht werden: die Knöchelkraft,<br />

der Bewegungsumfang, die Haltungskontrolle, die<br />

Propriozeption (unser Stellungssinn, der dem Gehirn sagt,<br />

wo sich unsere Glieder gerade befi nden) <strong>und</strong> frühere Knöchelverletzungen.<br />

Ausmass, Vorhandensein oder Fehlen<br />

dieser Risikofaktoren bestimmen das persönliches Risiko<br />

einer Spielerin, sich den Knöchel zu verstauchen.<br />

Was kann ich tun, um eine Knöchelverstauchung<br />

zu verhindern?<br />

Als Spielerin kann ich alle oben genannten Risikofaktoren<br />

kontrollieren, mit Ausnahme einer früheren Knöchelverstauchung:<br />

Entweder hatte ich eine solche bereits oder<br />

eben nicht. Bei den übrigen Faktoren aber entscheide ich<br />

selbst, ob ich mich ihnen im Training widmen will oder<br />

nicht. Das bedeutet, dass der Erfolg eines Vorbeugungsprogramms<br />

nicht zuletzt von meiner persönlichen Verletzungsvorgeschichte<br />

abhängt.<br />

Eine sehr wichtige gr<strong>und</strong>sätzliche Erkenntnis der meisten<br />

Untersuchungen zu Vorbeugungsprogrammen ist, dass die<br />

Konsequenz, mit der ich die Übungen ausführe, das Risiko<br />

<strong>für</strong> nahezu alle Verletzungen senkt – nicht nur, sondern<br />

einschliesslich der Knöchelverstauchungen. Und nun zu<br />

den wichtigen Einzelheiten bei Knöchelverstauchungen.<br />

Eine häufi g verwendete vorbeugende Massnahme ist die<br />

eine oder andere Art von Knöchelstütze, sei es eine halbstarre<br />

oder eine mit Luft gefüllte Schiene. Taping dagegen<br />

scheint zur Vermeidung von Knöchelverstauchungen nicht<br />

wirksam zu sein, <strong>und</strong> zwar unabhängig von der persönlichen<br />

Vorgeschichte. Ausserdem ist Taping teuer <strong>und</strong> zeitaufwändig.<br />

Der Gebrauch der starren oder luftgefüllten Knöchelstützen<br />

ist dagegen bei Spielerinnen mit einer vorhergehenden Verstauchung<br />

sehr wirksam, umso mehr, wenn diese in derselben<br />

Saison auftrat. Ein wichtiges Forschungsergebnis zur<br />

Vorbeugung ist, dass ein verstauchter Knöchel nach einer<br />

stattgef<strong>und</strong>enen Verletzung <strong>für</strong> einige Monate geschützt<br />

werden sollte. Wenn die meisten Spielerinnen in einer Knö-<br />

„Ich habe meine Knöchel während Spiel <strong>und</strong> Training<br />

immer getapt. Ich wurde auch mehrfach operiert <strong>und</strong> musste oft<br />

Schmerzmittel nehmen, um spielen zu können. Heute mache ich immer<br />

noch Gleichgewichtsübungen auf dem Wackelbrett <strong>und</strong> benutze<br />

manchmal nach dem Spiel noch Coldpacks. Aber vor allem habe ich<br />

mich an den Schmerz gewöhnt <strong>und</strong> gelernt, damit zu leben.“<br />

Prisca Steinegger, 30, Spielführerin des schweizerischen Nationalteams,<br />

die unter wiederholten Knöchelverletzungen leidet


20 KNÖCHELVERLETZUNGEN UND WIE ICH SIE VERMEIDE | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | KNÖCHELVERLETZUNGEN UND WIE ICH SIE VERMEIDE 21<br />

„Als ich meinen Knöchel verletzte, war das eine sehr schwere<br />

Verstauchung. Es ist kaum zu glauben, was ich alles an Balanceübungen<br />

auf dem Wackelbrett, Eisbädern, Beweglichkeits- <strong>und</strong> Stärkungsübungen<br />

mit Bändern <strong>und</strong> Tiefenmassage machte. Ich hob Gewichte, machte<br />

Zehenübungen <strong>und</strong> Wadenstretching. Es hat aber ziemlich lang<br />

gedauert, bis sich mein Knöchel wieder so anfühlte<br />

wie vor der Verletzung.“<br />

Abby Warmbach, 27, Stürmerin des amerikanischen Nationalteams<br />

chelverstauchung auch nur ein lästiges Ärgernis sehen: Es<br />

ist wirklich entscheidend, diesen Knöchel anschliessend zu<br />

schützen, damit er nicht erneut verletzt wird.<br />

Propriozeptives <strong>und</strong> Koordinationstraining mit Knöchelscheiben<br />

haben sich zur Verhinderung erneuter Knöchelverstauchungen<br />

als wirksam erwiesen. Gleichgewichtstraining<br />

<strong>und</strong> propriozeptives Training können auf dem<br />

Boden, auf einem Wackelbrett oder mit Knöchelscheiben<br />

praktiziert werden. Wackelbretter haben eine bewegliche<br />

Plattform, auf der man stehen <strong>und</strong> versuchen muss, sein<br />

Gleichgewicht zu halten (siehe Kasten).<br />

Die Übungen zielen darauf ab, die Kontrolle über die<br />

Bewegungen unserer Gliedmassen <strong>und</strong> unseres Körpers<br />

insgesamt zu verbessern sowie auch unsere Fähigkeit, das<br />

Gleichgewicht zu halten. Auch hier gilt: Der Nutzen eines<br />

propriozeptiven oder Gleichgewichtstrainings ist <strong>für</strong> Spielerinnen<br />

mit einer vorhergehenden Knöchelverstauchung<br />

am grössten.<br />

Kraft <strong>und</strong> Beweglichkeit des Knöchels lassen sich durch<br />

spezielle Methoden wie Widerstands- <strong>und</strong> Flexibilitätstraining<br />

verbessern, aber die Beweise <strong>für</strong> die Wirksamkeit dieser<br />

Massnahmen sind nicht so eindeutig wie diejenigen <strong>für</strong><br />

Knöchelstützen <strong>und</strong> Gleichgewichtstraining.<br />

Was kann ich gewinnen,<br />

wenn ich gezielt vorbeuge?<br />

Wie so oft in der medizinischen Forschung gilt auch <strong>für</strong><br />

die Frage nach der Wirksamkeit einer Behandlung in der<br />

Regel, dass ihr Erfolg von verschiedenen Einfl ussfaktoren<br />

abhängt. Bei Knöchelverstauchungen ist der Effekt eines<br />

Vorbeugungsprogramms vor allem von der persönlichen<br />

Vorgeschichte einer Spielerin hinsichtlich dieser Verletzung<br />

abhängig. Generell können wir wohl nur sehr wenig tun,<br />

um die erste Knöchelverstauchung zu verhindern. Es gibt<br />

jedoch überzeugende Beweise, dass die Verwendung halbstarrer<br />

Orthesen oder einer luftgefüllten Schiene eine weitere<br />

Verstauchung verhindern kann.<br />

Darüber hinaus kann ein zusätzliches Training, das sich auf<br />

Gleichgewicht <strong>und</strong> Stellungssinn konzentriert, bei Spielerinnen<br />

mit einer früheren Verstauchung einiges bewirken.<br />

Wir mögen einen verstauchten Knöchel nur als lästiges<br />

Ärgernis ansehen, aber eine erlittene Verletzung ist <strong>und</strong><br />

bleibt der grösste Risikofaktor <strong>für</strong> eine weitere Verletzung<br />

am selben oder einem anderen Ort. Die Vorbeugungsforschung<br />

besagt zudem, dass eine ungenügend auskurierte<br />

Verletzung eine weitere Verletzung geradezu vorherbestimmt<br />

– <strong>und</strong> diese ist womöglich noch schwerer als die<br />

ursprüngliche. Fazit: Habe ich schon einmal eine Verstauchung<br />

gehabt, tue ich gut daran, auf meinen Arzt zu<br />

hören, der mir wahrscheinlich das Tragen einer Schiene<br />

<strong>für</strong> bis zu sechs Monate empfehlen wird. Sie schützt den<br />

verletzten Knöchel <strong>und</strong> senkt so das Risiko einer erneuten<br />

sowie einer weiteren schwereren Verletzung.<br />

Wackelbrettübungen zur Vorbeugung<br />

von Knöchelverstauchungen<br />

Gr<strong>und</strong>sätze<br />

1. Regelmässige Wackelbrettübungen erst beginnen, wenn<br />

der Arzt es ausdrücklich erlaubt hat.<br />

2. Vor jedem Wackelbretttraining gr<strong>und</strong>sätzlich mit leichtem<br />

Jogging, Dehnen <strong>und</strong> sorgfältigem Durchbewegen<br />

von Rumpf, Lendenwirbelsäule, Hüften, Quadrizeps,<br />

hinteren Oberschenkel- <strong>und</strong> Wadenmuskeln, Achillessehnen,<br />

Unterschenkeln <strong>und</strong> Füssen <strong>für</strong> zehn Minuten<br />

aufwärmen. Beim Ausführen der Wackelbrettübungen<br />

darauf achten, sich gerade zu halten <strong>und</strong> fliessende,<br />

kontrollierte Bewegungen zu machen. In den ersten<br />

Wochen sollte man sich vor allem auf Koordination<br />

<strong>und</strong> Bewegungsablauf konzentrieren <strong>und</strong> nicht darauf,<br />

möglichst viele Wiederholungen zu machen. Nimmt die<br />

Geschicklichkeit allmählich zu, die Bewegungen zunehmend<br />

schneller durchführen, dabei aber immer auf<br />

Gleichgewicht <strong>und</strong> Haltung achten.<br />

3. Die Übungen nur in ausgeruhtem Zustand machen<br />

– nie, wenn man müde ist.<br />

4. Die Ausgangsposition <strong>für</strong> sportliche Aktivitäten jeglicher<br />

Art besteht gr<strong>und</strong>sätzlich immer in einer leichten Knie-<br />

<strong>und</strong> Hüftbeugung. Dementsprechend sollten auch die<br />

Wackelbrettübungen mit leicht gebeugten Knien ausgeführt<br />

werden.<br />

5. Zu Beginn der Übungen des Gleichgewichtsprogramms<br />

zunächst den Körper stabilisieren, indem man bei den<br />

Übungen im Einbeinstand die Zehen des unbelasteten<br />

Fusses hinter sich aufsetzt. Dagegen läuft der Gebrauch<br />

der Hände, um das Gleichgewicht zu halten, dem beabsichtigten<br />

Zweck der Wackelbrettübungen zuwider.<br />

6. Der Schwierigkeitsgrad jeder Gleichgewichtsübung<br />

kann gesteigert werden, wenn man Hanteln in die Hände<br />

nimmt oder die Augen schliesst.


22 KNÖCHELVERLETZUNGEN UND WIE ICH SIE VERMEIDE | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | KNÖCHELVERLETZUNGEN UND WIE ICH SIE VERMEIDE 23<br />

Anfängerübungen<br />

Diese ersten zwei Übungen entwickeln Gleichgewicht <strong>und</strong><br />

Koordination des ganzen Körpers. Gleichzeitig verbessern<br />

sie auch die Haftung <strong>und</strong> Standsicherheit der Füsse <strong>und</strong><br />

Zehen auf dem Brett, was wiederum ermöglicht, zu den<br />

schwierigeren Übungen überzugehen.<br />

1. Gleichgewicht halten im Zweibeinstand bei gleichzeitigem<br />

Balancieren von Seite zu Seite: Einfach <strong>für</strong> 30<br />

Sek<strong>und</strong>en die Position halten, ohne dass die Ränder des<br />

Bretts den Boden berühren.<br />

2. Seit-zu-Seit-Randaufsetzer: Eine Minute lang langsam<br />

<strong>und</strong> bestimmt jeweils mit den Seitenrändern des Bretts<br />

den Boden berühren (linker Rand, dann rechter Rand,<br />

links, rechts etc.). Diese Beweglichkeits- <strong>und</strong> Kräftigungsübung<br />

sollte unter voller Kontrolle ausgeführt<br />

werden, ohne dass das Brett dabei zu rasch von Seite zu<br />

Seite schwingt.<br />

3. Seit-zu-Seit-Randaufsetzer: Eine Minute lang langsam<br />

<strong>und</strong> bestimmt jeweils mit den Seitenrändern des Bretts<br />

den Boden berühren (linker Rand, dann rechter Rand,<br />

links, rechts etc.). Diese Beweglichkeits- <strong>und</strong> Kräftigungsübung<br />

sollte unter voller Kontrolle ausgeführt<br />

werden, ohne dass das Brett dabei zu rasch von Seite zu<br />

Seite schwingt.<br />

Anfängerübungen<br />

4. Vorder-Hinterrand-Aufsetzer: Eine Minute lang langsam<br />

<strong>und</strong> bestimmt jeweils mit dem vorderen <strong>und</strong> hinteren<br />

Rand des Bretts den Boden berühren (Vorderrand, dann<br />

Hinterrand, vorn, hinten etc.). Auch hier wiederum auf<br />

fl iessende, rhythmische Bewegungen achten <strong>und</strong> plötzliche<br />

Ausschwünge des Bretts vermeiden.<br />

Mittlerer Schwierigkeitsgrad<br />

Die Anfängerübungen im Einbeinstand ausführen. Das<br />

kann allerdings zunächst praktisch nicht durchführbar<br />

sein, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Dann einfach<br />

die Grosszehe des anderen, nicht belasteten Fusses hinter<br />

dem Brett auf den Boden setzen. Sobald man sich mit dieser<br />

leichten Hilfestellung sicher fühlt, die Übungen ohne<br />

Aufsetzen der Zehe versuchen.<br />

Übungen <strong>für</strong> Fortgeschrittene<br />

Die folgenden Übungen <strong>für</strong> Fortgeschrittene fördern Koordination,<br />

Balance, Kraft <strong>und</strong> Beweglichkeit der Fuss-, Knöchel-,<br />

Bein-, Hüft- <strong>und</strong> Rumpfmuskulatur. Die Übungen <strong>für</strong><br />

Fortgeschrittene erfordern ein gut ausgebildetes Körpergefühl.<br />

Um sie korrekt durchführen zu können, muss man<br />

sich immer wieder mit ihrem Ablauf auseinandersetzen.<br />

Deshalb sollten sie idealerweise mindestens vier- bis fünfmal<br />

pro Woche absolviert werden.<br />

Abb. 1 <strong>und</strong> 2: Gleichgewicht halten im Zweibeinstand Abb. 3 <strong>und</strong> 4: Seit-zu-Seit-Randaufsetzer<br />

1. Seit-zu-Seit-Randaufsetzer: Einen Fuss in der Mitte<br />

eines Bretts aufsetzen, das in allen Richtungen instabil<br />

ist. Eine Minute lang langsam <strong>und</strong> bestimmt jeweils mit<br />

den Seitenrändern des Bretts den Boden berühren (linker<br />

Rand, dann rechter Rand, links, rechts, etc.). Dabei<br />

jederzeit die Kontrolle behalten <strong>und</strong> schnelle, unkoordinierte<br />

Bewegungen des Bretts vermeiden. Ist die Übung<br />

zunächst noch zu schwierig, zum besseren Halten des<br />

Gleichgewichts die Zehen des anderen Fusses hinter<br />

dem Wackelbrett aufsetzen. Anschliessend mit dem<br />

anderen Fuss wiederholen.<br />

2. Vorder-Hinterrand-Aufsetzer: Die gleiche Übung, jedoch<br />

nun abwechselnd mit dem vorderen <strong>und</strong> hinteren Rand<br />

des Bretts den Boden berühren. Eine Minute lang, dann<br />

mit dem anderen Fuss wiederholen.<br />

3. Randkreise: Den Fuss in der Mitte des Wackelbretts<br />

aufsetzen. Langsam <strong>und</strong> bewusst einen Brettrand aufsetzen<br />

<strong>und</strong> diesen Rand anschliessend im Uhrzeigersinn<br />

auf dem Boden r<strong>und</strong>um bewegen. Die Bewegung<br />

sollte langsam <strong>und</strong> kontrolliert ohne Pause eine Minute<br />

lang ausgeführt werden. Wenn das zu schwierig ist, die<br />

Zehen des anderen Fusses auf den Boden aufsetzen. Mit<br />

dem anderen Fuss wiederholen.<br />

4. Randkreise entgegen dem Uhrzeigersinn: dieselbe Übung<br />

wie zuvor, aber nun entgegen dem Uhrzeigersinn.<br />

Mittl. Schwierigkeitsgrad<br />

Übungen <strong>für</strong> Fortgeschrittene<br />

Abb. 5: Übungen im Einbeinstand Abb. 6, 7 <strong>und</strong> 8: Aufsetzer <strong>und</strong> Randkreise<br />

Autor:<br />

Don Kirkendall, PhD<br />

Basierend auf folgenden Artikeln:<br />

– Fuller CW, Dick RW, Corlette J, Schmalz R (2007) Comparison<br />

of the incidence, nature and cause of injuries sustained on<br />

grass and new generation artifi cial turf by male and female<br />

football players. Part 1: Match injuries. Br J Sports Med, 41<br />

Suppl. I: i20-i26<br />

– Junge A, Dvorak J (2007) Injuries of Female Football Players<br />

during Top-level International Tournaments. Br J Sports Med, 41<br />

Suppl. I: i3-i7<br />

– Verhagen E, van der Beek A, Twisk J, Bouter L, Bahr R, van<br />

Mechelen W (2004) The effect of a proprioceptive balance<br />

board training program for the prevention of ankle sprains: a<br />

prospective controlled trial. Am J Sports Med 32(6):1385-93


Wie Risse des vorderen Kreuzbandes<br />

verhindert werden können


26 WIE RISSE DES VORDEREN KREUZBANDES VERHINDERT WERDEN KÖNNEN | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | WIE RISSE DES VORDEREN KREUZBANDES VERHINDERT WERDEN KÖNNEN 27<br />

Wie Risse des vorderen Kreuzbandes verhindert werden können<br />

Risse des vorderen Kreuzbandes treten meistens ohne äusseren Einfl uss in Sportarten auf,<br />

bei denen plötzliches Anhalten, Landen <strong>und</strong> Körperdrehungen häufi g sind – so wie im Fussball.<br />

Spielerinnen erleiden diese Verletzung bis zu zehnmal häufi ger als Spieler. Das heisst jedoch<br />

nicht, dass sie Frauenschicksal wären: Das persönliche Risiko kann nämlich ganz<br />

entscheidend gesenkt werden.<br />

Knieverletzungen sind im Sport allgemein häufi g. Im Fussball<br />

gehören Risse des vorderen Kreuzbandes zu den häufi<br />

gsten Verletzungen überhaupt. Das vordere Kreuzband<br />

(VKB) ist eines der wichtigsten Bänder, um unser Knie zu<br />

stabilisieren. Vereinfacht gesagt verhindert das Band übermässige<br />

Bewegungen des Unterschenkels gegenüber dem<br />

Oberschenkel. Im Gegensatz zu anderen Bändern im Körper<br />

kann das Kreuzband auch gänzlich ohne äussere Krafteinwirkung<br />

verletzt werden. Tatsächlich entstehen 70 %<br />

aller VKB-Verletzungen ohne jeglichen Körperkontakt.<br />

Die restlichen 30 % werden durch Fremdeinwirkung wie<br />

Kontakt mit einer Gegenspielerin, einem Torpfosten oder<br />

anderen Hindernissen auf dem Spielfeld verursacht.<br />

Verletzungen durch Fremdeinwirkung sind kaum vorherzusehen<br />

<strong>und</strong> einzuschätzen <strong>und</strong> lassen uns dementsprechend<br />

wenig Möglichkeiten, sie zu verhindern. Bei den<br />

Verletzungen ohne Körperkontakt dagegen könnte es<br />

helfen, wenn wir ihren typischen Ablauf verstehen, um<br />

ihnen vorbeugen zu können. Typische Verletzungsmuster<br />

im Fussball sind abruptes Abbremsen, ein plötzlicher Richtungswechsel,<br />

das Landen nach einem Sprung mit beinahe<br />

oder ganz gestrecktem Knie <strong>und</strong> Hüfte oder einfach nur<br />

eine Sek<strong>und</strong>e der Unaufmerksamkeit.<br />

Mögliche Einflussfaktoren auf die Häufigkeit von<br />

VKB-Rissen bei Frauen <strong>und</strong> Mädchen<br />

• Zwischen Männern <strong>und</strong> Frauen gibt es zahlreiche Unterschiede<br />

in der Kniearchitektur. Lange Zeit vermutete man,<br />

dass dies eine Erklärung <strong>für</strong> das höhere Risiko von Spielerinnen<br />

sei. Bis heute ist die wissenschaftliche Datenlage<br />

dazu jedoch nicht schlüssig.<br />

• Kniebandagen: Die Wirksamkeit von speziellen Kniebandagen<br />

zur Verhinderung von Selbstverletzungen des VKB<br />

ist nicht bewiesen, <strong>und</strong> ihre Verwendung kann deshalb<br />

nicht empfohlen werden.<br />

• Spieluntergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Schuhe: Bodenunebenheiten können<br />

eine Rolle spielen, wie das Landen oder Treten auf<br />

ein Loch im Gras oder den Fuss einer anderen Spielerin,<br />

aber auch das Bewässern des Platzes.<br />

• Wetter: Kaltes Wetter scheint mit einem niedrigeren Verletzungsrisiko<br />

<strong>für</strong> Knie <strong>und</strong> Knöchel verb<strong>und</strong>en zu sein,<br />

sowohl auf Natur- als auch auf Kunstrasen.<br />

• Hormone: Es gibt derzeit keinen Anhalt <strong>für</strong> eine erhöhte<br />

Verletzungshäufi gkeit in einer bestimmten Phase des<br />

weiblichen Zyklus.<br />

• Muskelkraft <strong>und</strong> -gleichgewicht sind entscheidend, um<br />

unser Knie zu stabilisieren. Im Wesentlichen wirkt der<br />

Muskel, der das Knie streckt, genannt Quadrizeps, dem<br />

VKB entgegen, während die Kniebeuger, auch Hamstrings<br />

<strong>für</strong> die hintere Oberschenkelmuskulatur genannt, wie das<br />

VKB wirken. Diese beiden Muskelgruppen sollten gleich<br />

stark sein, um unser Knie optimal zu stabilisieren. Wenn<br />

die Hamstrings schwach sind oder nicht genau auf den<br />

Quadrizeps abgestimmt reagieren, steigt das Verletzungsrisiko<br />

<strong>für</strong> das VKB. Dasselbe gilt <strong>für</strong> das Landen nach einem<br />

Sprung mit gestreckter Hüfte oder gestrecktem Knie.<br />

Im Durchschnitt bedeutet eine VKB-Verletzung mit nachfolgender<br />

wiederherstellender Operation <strong>und</strong> Rehabilitation<br />

ungefähr sechs bis neun verlorene Wettkampfmonate.<br />

Bei etwa zwei Dritteln der vollständigen VKB-Risse werden<br />

gleichzeitig Meniskus oder Gelenkknorpel geschädigt.<br />

Langfristig können vollständige VKB-Risse zu einem instabilen<br />

Knie <strong>und</strong> frühem Einsetzen einer Gelenksabnutzung<br />

(Arthrose) führen. Eine Arthrose tritt normalerweise erst in<br />

späteren Jahren als Folge des Alterungs- <strong>und</strong> Abnutzungsprozesses<br />

auf. Wird das VKB durch eine Operation wiederhergestellt,<br />

senkt dies das Risiko <strong>für</strong> spätere Verletzungen<br />

<strong>und</strong> Schäden erheblich, kann sie aber leider nicht vollständig<br />

verhindern. Deshalb sollte man einen VKB-Riss am besten<br />

von vornherein vermeiden.<br />

Wie wir unser Kreuzband schützen können<br />

Es gibt verschiedene Programme zur Vorbeugung von<br />

Kreuzbandrissen im Fussball. Sie können schwere VKB-Verletzungen<br />

zu etwa 60 bis 89 % verhindern. Bevor ein solches<br />

Programm seine Schutzwirkung entfalten kann, muss<br />

es allerdings ungefähr sechs bis acht Wochen konsequent<br />

durchgeführt werden. Wir stellen hier das PEP-Programm<br />

(Prevent injury Enhance Performance) der Santa Monica<br />

Orthopaedic and Sports Medicine Research Fo<strong>und</strong>ation vor<br />

(http://www.aclprevent.com/pepprogram.htm).<br />

Dieses Vorbeugungsprogramm besteht aus Aufwärmen,<br />

Dehnen, Stärken, dem so genannten plyometrischen Training<br />

<strong>für</strong> Antrieb <strong>und</strong> Explosivkraft (Spring-, Hüpf- <strong>und</strong><br />

Absprungübungen) <strong>und</strong> fussballtypischen Bewegungsabläufen,<br />

um die Kraft <strong>und</strong> Koordination jener Muskeln zu<br />

fördern, die unser Knie stabilisieren. Es ist sehr wichtig,<br />

diese Übungen korrekt durchzuführen. Deshalb muss einer<br />

guten Haltung, der Vermeidung von übermässigen Seit-zu-<br />

Seit-Bewegungen beim Springen <strong>und</strong> einer weichen Landung<br />

volle Aufmerksamkeit geschenkt werden.<br />

Dieses Programm sollte mindestens zwei- bis dreimal pro<br />

Woche durchgeführt werden <strong>und</strong> nimmt etwa 15 Minuten<br />

in Anspruch. Es passt in jeden normalen Trainingsablauf,<br />

Feld 4 – Beweglichkeit<br />

Pendellauf/Diagonallauf<br />

Feld 3 – Plyometrische Übungen<br />

Seitwärtsspringen, vorwärts-<br />

<strong>und</strong> rückwärtsspringen<br />

Abb. 1: Das PEP-Programm – Feldeinteilung<br />

Feld 5 – Stretching<br />

Nach dem Training<br />

da es das übliche Aufwärmen ersetzt. Zu jeder Übung wird<br />

die ungefähre Zeit angegeben, die darauf jeweils verwandt<br />

werden sollte. Dies soll helfen, das Aufwärmen zügig <strong>und</strong><br />

wirkungsvoll durchzuführen<br />

Das PEP-Programm – Verletzungen<br />

verhindern <strong>und</strong> Leistung verbessern<br />

1. Aufwärmen<br />

Feld 2 – Kraft<br />

Ausfallschritt, hintere Oberschenkelmuskeln,<br />

Zehenstand<br />

Aufwärmen <strong>und</strong> Abkühlen sind in jedem Trainingsprogramm<br />

unverzichtbar. Der Sinn des Aufwärmens ist, deinen<br />

Körper auf die nachfolgenden Übungen vorzubereiten.<br />

Durch das Aufwärmen der Muskeln senkst du dein<br />

Verletzungsrisiko ganz erheblich.<br />

Anmerkung:<br />

Das Feld sollte zehn Minuten vor<br />

dem Aufwärmen entsprechend<br />

vorbereitet werden. Damit ist<br />

ein reibungsloser <strong>und</strong> rascher<br />

Wechsel zwischen den Übungen<br />

gewährleistet.<br />

Feld 1 – Aufwärmen<br />

Jogging, Pendellauf, Rückwärtslauf


28 WIE RISSE DES VORDEREN KREUZBANDES VERHINDERT WERDEN KÖNNEN | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | WIE RISSE DES VORDEREN KREUZBANDES VERHINDERT WERDEN KÖNNEN 29<br />

1A. Trab von Linie zu Linie (Kegel zu Kegel)<br />

Zeit 0–30 Sek<strong>und</strong>en<br />

Ziel Einüben einer guten Lauftechnik: Hüfte, Knie<br />

<strong>und</strong> Knöchel befinden sich in einer Linie, ohne<br />

dass das Knie nach innen einknickt oder die<br />

Füsse zur Seite abweichen.<br />

Anleitung langsamer Trab von einer zur anderen Seitenlinie<br />

1B. Pendellauf (Seite zu Seite)<br />

Zeit 30–60 Sek<strong>und</strong>en<br />

Ziel Bewusster Einsatz der inneren <strong>und</strong> äusseren<br />

Oberschenkelmuskulatur. Vermeiden eines Einknickens<br />

des Knies nach innen. Diese Übung soll<br />

die Laufgeschwindigkeit erhöhen.<br />

Anleitung Startposition mit leicht gebeugtem Knie. Der<br />

rechte Fuss führt den Seitwärtssprung, der linke<br />

Fuss stösst ab. Beim Abstossen darauf achten,<br />

dass Hüfte, Knie <strong>und</strong> Knöchel in einer Linie sind.<br />

Seitenwechsel nach der Hälfte des Spielfeldes.<br />

1C. Rückwärtslauf<br />

Zeit 1.–1,5. Minute<br />

Ziel Fortsetzen des Aufwärmens, bewusster Einsatz<br />

der Hüftstrecker <strong>und</strong> hinteren Oberschenkelmuskeln.<br />

Du landest nur auf deinen Zehenspitzen<br />

<strong>und</strong> hältst das Kniegelenk immer unter<br />

Kontrolle. Achte beim Zurücksetzen des Fusses<br />

darauf, dass dein Knie leicht gebeugt ist.<br />

Anleitung Rückwärtslaufen von einer Seitenlinie zur anderen.<br />

Du landest auf den Zehenspitzen, ohne dass<br />

dein Knie dabei rückwärts gleitet. Bleibe auf den<br />

Zehenspitzen, <strong>und</strong> halte die Knie die ganze Zeit<br />

leicht gebeugt.<br />

2. Dehnen<br />

Es ist ganz wichtig, sich vor dem Dehnen aufzuwärmen:<br />

Dehne niemals einen kalten Muskel! Die hier beschriebenen<br />

Übungen steigern <strong>und</strong> erhalten das Bewegungsausmass,<br />

mindern Gelenksteifi gkeit sowie Muskelschmerzen<br />

nach dem Training <strong>und</strong> reduzieren das Verletzungsrisiko.<br />

Die Gesamtbeweglichkeit <strong>und</strong> Leistung wird verbessert.<br />

• Wärme deine Muskeln vor dem Dehnen durch schnelles<br />

Gehen <strong>für</strong> fünf bis zehn Minuten auf.<br />

• Keine ruckartigen Bewegungen <strong>und</strong> kein Zerren beim<br />

Dehnen. Dehne vorsichtig, bis du eine Spannung spürst,<br />

<strong>und</strong> halte diese Stellung.<br />

• Halte die Dehnung <strong>für</strong> 30 Sek<strong>und</strong>en. Konzentriere dich<br />

beim Dehnen ganz auf die Verlängerung der Muskeln.<br />

• Atme normal. Halte deinen Atem nicht an.<br />

2A. Wadendehnung (30 Sek<strong>und</strong>en x 2 Wiederholungen)<br />

Zeit 1,5.–2,5. Minute<br />

Ziel Dehnung des Wadenmuskels am Unterschenkel<br />

Anleitung Im Stehen das rechte Bein vorstellen. Du beugst<br />

dich nach vorn <strong>und</strong> berührst mit beiden Händen<br />

den Boden (V-Stellung). Dabei hältst du das<br />

rechte Knie leicht gebeugt <strong>und</strong> das linke Knie<br />

gestreckt. Der linke Fuss bleibt mit der ganzen<br />

Sohle am Boden. Vermeide jede ruckartige<br />

Bewegung beim Dehnen. Halte die Spannung<br />

<strong>für</strong> 30 Sek<strong>und</strong>en. Seitenwechsel <strong>und</strong> Wiederholung<br />

mit dem anderen Bein.<br />

2B. Quadrizepsdehnung (30 Sek<strong>und</strong>en x 2 Wiederholungen)<br />

Zeit 2,5.–3,5. Minute<br />

Ziel Dehnung des Quadrizepsmuskels am vorderen<br />

Oberschenkel<br />

Anleitung Du legst deine linke Hand auf die linke Schulter<br />

deiner Partnerin. Fasse mit deiner rechten Hand<br />

deinen rechten Knöchel <strong>und</strong> ziehe die Ferse zum<br />

Gesäss. Das Knie zeigt zum Boden. Halte das<br />

rechte Bein eng am linken Bein <strong>und</strong> vermeide<br />

ein Abweichen des Knies zur Seite. Nicht in der<br />

Taille beugen. Halte die Spannung <strong>für</strong> 30 Sek.,<br />

anschliessend Seitenwechsel.<br />

2C. Dehnung der hinteren Oberschenkelmuskulatur<br />

(30 Sek<strong>und</strong>en x 2 Wiederholungen)<br />

Zeit 3,5.–4,5. Minute<br />

Ziel Dehnung der hinteren Oberschenkelmuskeln<br />

Anleitung Auf dem Boden sitzend streckst du das rechte<br />

Bein nach vorn aus. Nun beugst du dein linkes<br />

Knie <strong>und</strong> legst die linke Fusssohle an die<br />

Innenseite deines rechen Oberschenkels. Jetzt<br />

versuchst du mit geradem Rücken deine Brust<br />

zum rechten Knie zu bringen. Den Rücken dabei<br />

nicht krümmen. Wenn möglich versuchst du<br />

deine Zehen zu fassen <strong>und</strong> zum Oberkörper zu<br />

ziehen. Ruckartige Bewegungen vermeiden.<br />

Halte die Spannung <strong>für</strong> 30 Sek<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> wiederhole<br />

die Übung mit dem anderen Bein.


30 WIE RISSE DES VORDEREN KREUZBANDES VERHINDERT WERDEN KÖNNEN | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | WIE RISSE DES VORDEREN KREUZBANDES VERHINDERT WERDEN KÖNNEN 31<br />

2D. Innenschenkeldehnung (20 Sek<strong>und</strong>en x 3 Wiederholungen)<br />

Zeit 4,5.–5,5. Minute<br />

Ziel In-die-Länge-Ziehen der inneren Oberschenkelmuskeln<br />

(so genannte Adduktoren)<br />

Anleitung Immer noch auf dem Boden sitzend, streckst<br />

du beide Beine gleich weit zur Seite aus. Jetzt<br />

beugst du dich mit geradem Rücken nach vorn<br />

zur Mitte. Du solltest eine Dehnung an der<br />

Innenseite der Oberschenkel spüren. Nun fasst<br />

du mit der rechten Hand zum rechten Fuss. Den<br />

linken Arm über den Kopf bringen <strong>und</strong> nach<br />

rechts dehnen. Die Spannung halten <strong>und</strong> auf<br />

der Gegenseite wiederholen.<br />

„Ich rannte den Flügel hinunter<br />

<strong>und</strong> wollte den Ball abfangen. Als ich<br />

umdrehte, verfing sich mein Fuss irgendwie,<br />

<strong>und</strong> in meinem Knie knallte es ... Manchmal<br />

durchfährt mich der Gedanke, dass es noch<br />

einmal passieren könnte, wenn ich eine<br />

ähnliche Bewegung mache. Ich habe mit<br />

einem Sportpsychologen gearbeitet,<br />

um meine Verletzungsangst<br />

zu überwinden.“<br />

Kelly Smith, 29, Mittelfeldspielerin des englischen<br />

Nationalteams, erlitt eine Kreuzbandverletzung, die sie acht<br />

Monate spielunfähig machte.<br />

2E. Dehnung der Hüftbeuger<br />

(30 Sek<strong>und</strong>en x 2 Wiederholungen)<br />

Zeit 5,5.–6,5. Minute<br />

Ziel In-die-Länge-Ziehen der Hüftbeuger an der<br />

Vorderseite des Oberschenkels.<br />

Anleitung Du machst mit dem rechten Bein einen Ausfallschritt<br />

nach vorn <strong>und</strong> setzt das linke Knie auf<br />

den Boden auf. Nun legst du beide Hände auf<br />

den rechten Oberschenkel <strong>und</strong> beugst dich in der<br />

Hüfte nach vorn. Die Hüften sollten sich in einer<br />

Ebene mit den Schultern befinden. Während du<br />

das Gleichgewicht hältst, fasst du deinen linken<br />

Knöchel <strong>und</strong> ziehst die Ferse zum Gesäss. Halte<br />

die Spannung <strong>für</strong> 30 Sek<strong>und</strong>en <strong>und</strong> wiederhole<br />

die Übung auf der anderen Seite.<br />

3. Stärkung<br />

Dieser Programmteil verbessert die Beinkraft. Durch die<br />

gesteigerte Kraft im Bein wird das Knie stabiler. Hier ist<br />

die richtige Technik von allergrösster Bedeutung. Um Verletzungen<br />

zu vermeiden, ist unbedingt auf eine korrekte<br />

Durchführung der Übungen zu achten.<br />

3A. Ausfallschritte im Gehen (3 Sätze mit je 10 Wiederholungen)<br />

Zeit 6,5.–7,5. Minute<br />

Ziel Kräftigung des Quadrizepsmuskels<br />

Anleitung Du machst einen Ausfallschritt nach vorn mit<br />

dem rechten Bein. Dann stösst du mit dem<br />

rechten Bein ab <strong>und</strong> bringst das linke Bein weit<br />

nach vorn. Das hintere Knie zeigt gerade nach<br />

unten. Achte darauf, dass sich das vordere Knie<br />

genau über dem Knöchel befindet. Kontrolliere<br />

die Bewegung <strong>und</strong> vermeide ein Abweichen des<br />

vorderen Knies nach innen. Du musst die Zehen<br />

sehen können.<br />

3B. Stärkung der hinteren Oberschenkelmuskulatur<br />

(3 Sätze mit je 10 Wiederholungen)<br />

Zeit 7,5.–8,5. Minute<br />

Ziel Stärkung der hinteren Oberschenkelmuskeln<br />

Anleitung Auf dem Boden knien, Hände seitlich hängen<br />

lassen. Deine Partnerin hält dich an den Knöcheln.<br />

Mit geradem Rücken nach vorne beugen,<br />

Hüfte voraus. Deine Knie, Hüfte <strong>und</strong> Schulter<br />

bilden dabei eine Linie. Die Taille gerade halten,<br />

nicht beugen. Du solltest spüren, wie die Muskeln<br />

an deiner Oberschenkelrückseite arbeiten.<br />

Du führst insgesamt 30 Wiederholungen durch.<br />

3C. Zehenstand (30 Wiederholungen pro Bein)<br />

Zeit 8,5.–9,5. Minute<br />

Ziel Diese Übung stärkt den Wadenmuskel <strong>und</strong> verbessert<br />

das Gleichgewicht.<br />

Anleitung Aufrechtstehen, die Arme seitlich hängen<br />

lassen. Du beugst das linke Knie <strong>und</strong> ziehst es<br />

nach oben, dabei hältst du das Gleichgewicht.<br />

Geh mit dem rechten Fuss langsam auf die<br />

Zehen. Es kann helfen, die Arme nach vorne<br />

auszustrecken. Wiederhole diese Bewegung<br />

langsam 30 Mal, <strong>und</strong> wechsle dann die Seite.<br />

Wenn du im Verlauf stärker wirst, ist es empfehlenswert,<br />

mehr Wiederholungen durchzuführen,<br />

um die Wirkung der Übung zu erhalten.<br />

4. Plyometrische Übungen<br />

Diese Übungen helfen, Antrieb, Kraft <strong>und</strong> Schnelligkeit<br />

zu verbessern. Bei der Ausführung musst du ganz besonders<br />

auf die Landung achten: Sie muss sanft sein! Wenn<br />

du nach einem Sprung landest, solltest du dein Gewicht<br />

zunächst mit den Ballen auffangen <strong>und</strong> dann langsam<br />

zur Ferse hin abrollen, wobei das Knie gebeugt <strong>und</strong> die<br />

Hüfte gestreckt sein sollten. Diese Übungen scheinen<br />

einfach, aber es ist entscheidend, dass sie korrekt durchgeführt<br />

werden. Nimm dir genügend Zeit, um diese<br />

Übungen wirklich sicher <strong>und</strong> präzise auszuführen.


32 WIE RISSE DES VORDEREN KREUZBANDES VERHINDERT WERDEN KÖNNEN | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | WIE RISSE DES VORDEREN KREUZBANDES VERHINDERT WERDEN KÖNNEN 33<br />

4A. Seitensprünge über Kegel (20 Wiederholungen)<br />

Zeit 9,5.–10. Minute<br />

Ziel Verbesserung des Antriebs <strong>und</strong> der Kraft durch<br />

bewusste Muskelkontrolle<br />

Anleitung Du stehst rechts von einem etwa 15 cm hohen<br />

Kegel. Springe nach links über den Kegel, wobei<br />

du sanft mit gebeugten Knien auf den Ballen<br />

landest. Wiederhole die Übung, indem du nach<br />

rechts springst.<br />

4B. Vorwärts-Rückwärts-Sprünge über Kegel<br />

(20 Wiederholungen)<br />

Zeit 10.–10,5. Minute<br />

Ziel Verbesserung des Antriebs <strong>und</strong> der Kraft durch<br />

bewusste Muskelkontrolle.<br />

Anleitung Du springst nach vorn über den Kegel, wobei<br />

du mit gebeugten Knien sanft auf den Ballen<br />

landest. Anschliessend springst du mit derselben<br />

Technik rückwärts. Das Knie sollte dabei nicht in<br />

die Streckung zurückgleiten, sondern die ganze<br />

Zeit leicht gebeugt sein. Wiederhole dies 20 Mal.<br />

4C. Einbeinsprung über Kegel (20 Wiederholungen x 2)<br />

Zeit 10,5.–11. Minute<br />

Ziel Verbesserung des Antriebs <strong>und</strong> der Kraft durch<br />

bewusste Muskelkontrolle<br />

Anleitung Auf dem rechten Fuss stehend, springst du nach<br />

vorn über den Kegel, wobei du sanft mit gebeugten<br />

Knien auf den Ballen landest. Anschliessend<br />

springst du mit derselben Technik rückwärts. Das<br />

Knie sollte dabei nicht in die Streckung zurückgleiten,<br />

sondern die ganze Zeit leicht gebeugt<br />

sein. Wiederhole dies 20 Mal. Anschliessend wiederholst<br />

du die Übung mit dem linken Bein. Steigere<br />

die Zahl der Wiederholungen nach Bedarf.<br />

4D. Sprung aus dem Stehen (20 Wiederholungen x 2)<br />

Zeit 11.–11,5. Minute<br />

Ziel Steigerung der Sprunghöhe<br />

Anleitung Du stehst aufrecht <strong>und</strong> lässt die Arme seitlich<br />

hängen. Dann gehst du leicht in die Kniebeuge<br />

<strong>und</strong> stösst dich zum Sprung nach oben ab.<br />

Achte auf die richtige Landetechnik, fang das<br />

Gewicht mit den Ballen auf <strong>und</strong> halte die Knie<br />

leicht gebeugt. Wiederhole dies 20 Mal, <strong>und</strong><br />

wechsle dann die Seite.<br />

4E. Scherensprung (20 Wiederholungen)<br />

Zeit 11,5.–12. Minute<br />

Ziel Erhöhung des Antriebs <strong>und</strong> der Kraft beim<br />

Sprung nach oben<br />

Anleitung Du machst einen Ausfallschritt nach vorn mit<br />

dem rechten Bein. Halte dein Knie genau über<br />

dem Knöchel. Jetzt drückst du dich mit dem<br />

rechten Fuss ab <strong>und</strong> bringst dabei das linke Bein<br />

nach vorn in Ausfallstellung. Achte darauf, dass<br />

das Knie weder nach innen noch nach aussen<br />

abweicht. Es sollte stabil <strong>und</strong> direkt über dem<br />

Knöchel gehalten werden. Denk an die richtige<br />

Landetechnik, fang das Gewicht mit den Ballen<br />

auf, <strong>und</strong> halte die Knie leicht gebeugt. 20 Wiederholungen.<br />

„Ein Kreuzbandriss ist eine verheerende<br />

Verletzung, die <strong>für</strong> eine Spielerin oft das<br />

Ende der Karriere bedeutet, sie aber in<br />

jedem Fall mindestens ein Jahr kostet. Jede<br />

Saison haben wir mindestens ein bis drei<br />

verletzte Spielerinnen, was sich auch<br />

auf die Teamleistung auswirkt.“<br />

April Heinrichs, ehemalige Cheftrainerin<br />

des amerikanischen Nationalteams<br />

5. Typische Bewegungsabläufe<br />

5A. Pendellauf mit Vorwärts-Rückwärts-Lauf<br />

Zeit 12.–13. Minute<br />

Ziel Erhöhung der dynamischen Stabilität des<br />

Knöchel-Knie-Hüft-Komplexes<br />

Anleitung Du startest beim ersten Kegel, sprintest nach<br />

vorn zum zweiten, läufst rückwärts zum dritten,<br />

sprintest wieder nach vorn zum vierten Kegel<br />

(etc.).<br />

5B. Diagonallauf (3 Durchläufe)<br />

Zeit 13.–14. Minute<br />

Ziel Erlernen der richtigen Technik zur Stabilisierung<br />

des äusseren Fusses<br />

Anleitung Du stehst mit dem Gesicht nach vorn <strong>und</strong> läufst<br />

zum ersten Kegel links. Dort stösst du dich mit<br />

dem linken Fuss ab <strong>und</strong> rennst zum zweiten<br />

Kegel. Hier stösst du dich mit dem rechten Fuss<br />

ab <strong>und</strong> läufst weiter zum dritten Kegel. Achte<br />

darauf, dass das äussere Bein nicht nach innen<br />

einknickt. Halte das Knie leicht gebeugt <strong>und</strong><br />

immer direkt über dem Knöchel.


34 WIE RISSE DES VORDEREN KREUZBANDES VERHINDERT WERDEN KÖNNEN | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | WIE RISSE DES VORDEREN KREUZBANDES VERHINDERT WERDEN KÖNNEN 35<br />

5C. Lauf mit angezogenen Knien (40 m)<br />

Zeit 14.–15. Minute<br />

Ziel Erhöhung der Hüftbeweglichkeit beim Beugen,<br />

steigert Antrieb <strong>und</strong> Geschwindigkeit<br />

Anleitung Start von einer Seitenlinie. Du läufst nun zur<br />

anderen Seitenlinie, indem du die Knie zur Brust<br />

ziehst. Dabei ziehst du die Knie so hoch wie möglich.<br />

Lande mit leicht gebeugtem Knie <strong>und</strong> gerader<br />

Hüfte auf den Fussballen. Erhöhe die Distanz,<br />

wenn dir die Übung leichter zu fallen beginnt.<br />

6. Alternative Übungen – Aufwärmen <strong>und</strong><br />

Abkühlen<br />

Es ist sehr wichtig, den Körper abzukühlen. Dieser Programmteil<br />

sollte auf keinen Fall ausgelassen werden.<br />

Er erlaubt den Muskeln, die während des Trainings hart<br />

gearbeitet haben, sich wieder zu dehnen <strong>und</strong> verhindert<br />

spätere Muskelschmerzen. Das Abkühlen sollte etwa zehn<br />

Minuten dauern. Idealerweise beginnt es mit langsamem<br />

Traben, damit sich die Herzfrequenz vor dem Dehnen <strong>und</strong><br />

einigen leichten Kraftübungen wieder normalisieren kann.<br />

Wir empfehlen zwei Kraftübungen (A <strong>und</strong> B). Abschliessend<br />

dehnst du deine hintere Ober- <strong>und</strong> Unterschenkelmuskulatur,<br />

die Oberschenkelinnenseite, den Quadrizeps<br />

<strong>und</strong> die Lendenwirbelsäule wie oben beschrieben. Zusätzlich<br />

zu diesen Gr<strong>und</strong>dehnübungen solltest du die unter<br />

C, D <strong>und</strong> E beschriebenen zusätzlichen Dehnübungen <strong>für</strong><br />

drei oft vergessene Muskelgruppen durchführen. Während<br />

des Abkühlens solltest du immer eine Wasserfl asche<br />

griffbereit haben <strong>und</strong> genügend trinken.<br />

6A. Brücke (30 Wiederholungen x 2)<br />

Ziel Stärkung der äusseren Hüftmuskeln (so genannte<br />

Hüftabduktoren, Hüftbeuger) <strong>und</strong> der<br />

Gesässmuskeln<br />

Anleitung Du liegst mit angezogenen Beinen auf dem<br />

Rücken, Füsse am Boden. Du hebst das Gesäss<br />

vom Boden weg <strong>und</strong> drückst es nach oben. Nun<br />

hebst du das rechte Bein an, wobei die rechte<br />

Hüfte nicht absinken sollte. Anschliessend stellst<br />

du den Fuss wieder auf den Boden <strong>und</strong> hebst das<br />

linke Bein. 30 Wiederholungen pro Seite. Wenn<br />

du stärker wirst, kannst du die Füsse auf einen<br />

Ball stellen <strong>und</strong> die Übung so ausführen.<br />

6B. Bauch: Crunches (30 Wiederholungen x 2)<br />

Ziel Stärkung der Bauchmuskeln<br />

Anleitung Du liegst mit angezogenen Beinen auf dem<br />

Rücken. Jetzt nimmst du die Hände hinter den<br />

Kopf, die Ellbogen zeigen dabei weit nach aussen,<br />

oder kreuze deine Arme über der Brust. Tief einatmen,<br />

beim Ausatmen die Bauchmuskeln zusammenziehen.<br />

30 Wiederholungen. Anschliessend<br />

legst du die Beine zur rechten Seite ab. Langsam<br />

nach oben kommen mit weit gespreizten Ellbogen.<br />

Du solltest deine schrägen Bauchmuskeln an<br />

der Rumpfseite arbeiten spüren. 30 Wiederholungen,<br />

dann die Seite wechseln.<br />

6C. Knie zur Brust, einzeln <strong>und</strong> gemeinsam<br />

(30 Sek<strong>und</strong>en x 2 Wiederholungen)<br />

Ziel In-die-Länge-Ziehen der Muskeln im unteren<br />

Rückenbereich<br />

Anleitung Du liegst auf dem Rücken. Nun bringst du das<br />

rechte Knie zur Brust <strong>und</strong> umfasst es. Dabei hältst<br />

du das linke Bein nach vorne ausgestreckt. Du solltest<br />

die Streckung im unteren Rücken <strong>und</strong> Gesäss<br />

spüren. Halte die Spannung <strong>für</strong> 30 Sek<strong>und</strong>en,<br />

dann wechsle die Seite. Anschliessend bringst du<br />

beide Knie zur Brust. Wenn du dabei Schmerzen<br />

in der Lendenwirbelsäule spürst, solltest du die<br />

Übung abbrechen <strong>und</strong> deinen Trainer informieren.<br />

6D. Gesässmuskeldehnung auf dem Rücken liegend<br />

(30 Sek<strong>und</strong>en x 2 Wiederholungen)<br />

Ziel In-die-Länge-Ziehen des Muskels, der die Hüfte<br />

dreht<br />

Anleitung Du liegst auf dem Rücken mit angezogenen<br />

Beinen. Du verschränkst beide Hände hinter dem<br />

rechten Oberschenkel <strong>und</strong> ziehst das rechte Knie<br />

zur Brust. Du solltest eine Dehnung im Gesäss<br />

links <strong>und</strong> an der Oberschenkelseite spüren. Halte<br />

die Spannung <strong>für</strong> 30 Sek<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> wiederhole<br />

die Übung auf der anderen Seite. Wenn du dabei<br />

Schmerzen im Rücken verspürst, lege beide Beine<br />

langsam ab, <strong>und</strong> informiere deinen Trainer.<br />

6E. Schmetterlingsdehnung im Sitzen<br />

(30 Sek<strong>und</strong>en x 2 Wiederholungen)<br />

Ziel In-die-Länge-Ziehen der Muskeln an der Oberschenkelinnenseite<br />

(so genannte Adduktoren)<br />

Anleitung Im Sitzen ziehst du die Beine so an, dass die<br />

Fusssohlen aneinanderliegen. Dann legst du<br />

beide Ellbogen auf die Knie <strong>und</strong> drückst diese<br />

vorsichtig nach unten. Dabei fühlst du eine<br />

deutliche Dehnung am Innenschenkel. Halte die<br />

Spannung <strong>für</strong> 30 Sek<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> wiederhole die<br />

Übung zwei- bis dreimal.<br />

Autoren:<br />

Dr. Katharina Grimm<br />

Holly Silver, PT<br />

Bert Mandelbaum, MD<br />

Basierend auf folgenden Artikeln:<br />

– Mandelbaum BR, Silvers HJ, Watanabe DS, Knarr JF, Thomas<br />

SD, Griffi n LY, Kirkendall DT, Garrett W Jr. (2005) Effectiveness<br />

of a neuromuscular and proprioceptive training program in<br />

preventing anterior cruciate ligament injuries in female athletes:<br />

2-year follow-up. Am J Sports Med 33:1003–10<br />

– Silvers HJ, Mandelbaum BR (2007) Prevention of Anterior<br />

Cruciate Ligament Injury in the Female Athlete. Br J Sports<br />

Med, 41 Suppl. I: i52-i59


Kopfverletzungen<br />

<strong>und</strong> wie ich sie vermeide


38 KOPFVERLETZUNGEN UND WIE ICH SIE VERMEIDE | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | KOPFVERLETZUNGEN UND WIE ICH SIE VERMEIDE 39<br />

Kopfverletzungen <strong>und</strong> wie ich sie vermeide<br />

Die häufi gste Kopfverletzung im Sport ist eine Prellung, die in ihrer Schwere allerdings erheblich<br />

variiert. Viele Kopfverletzungen im Fussball entstehen durch ungenügende Spieltechnik. Die<br />

Häufi gkeit ihres Auftretens kann durch entsprechende Fertigkeiten, eine optimale medizinische<br />

Versorgung <strong>und</strong> sicherheitsfördernde Spielregeln vermindert werden.<br />

Die häufi gste im Fussball beobachtete Verletzung bei Männern<br />

<strong>und</strong> Frauen ist eine Unterschenkelprellung. Die am<br />

meisten beunruhigenden Verletzungen jedoch, <strong>und</strong> dies<br />

nicht nur im Fussball, sondern in allen Kontaktsportarten,<br />

sind Kopfverletzungen. Das können Prellungen <strong>und</strong> Schürfungen,<br />

Zahn- oder Augenverletzungen (z. B. Netzhautablösungen),<br />

Platzw<strong>und</strong>en, Knochenbrüche oder Gehirnerschütterungen<br />

sein. Die zweifellos am meisten beachtete<br />

Verletzung aber ist die Hirnerschütterung. Warum dies so<br />

ist? Weil eine Hirnerschütterung erhebliche langfristige Folgen<br />

haben kann: Beeinträchtigung des Gedächtnisses <strong>und</strong><br />

der Konzentration, des Planungs- <strong>und</strong> Problemlösungsvermögens<br />

<strong>und</strong> mehr.<br />

Was ist eine Gehirnerschütterung?<br />

Eine Gehirnerschütterung ist ein verletzungsbedingter vorübergehender<br />

Ausfall der normalen Hirnfunktion. Ein Spieler muss nicht<br />

bewusstlos werden, um eine Gehirnerschütterung zu haben. Der<br />

Spieler kann <strong>für</strong> einige Zeit verwirrt oder zeitlich <strong>und</strong> örtlich desorientiert<br />

sein. Andere typische Symptome sind Kopfschmerzen,<br />

Schwindel, Übelkeit, Unsicherheit oder Gleichgewichtsverlust. Die<br />

Hirnerschütterung kann zu schweren Kopfschmerzen oder eben<br />

auch zu Bewusstlosigkeit führen.<br />

Kopfverletzungen sind vorhersehbar. In der Regel treten<br />

sie nahe der Mittellinie auf, wenn Spielerinnen im Spiel<br />

um Kopfbälle, Torschüsse oder lange Pässe etc. kämpfen.<br />

Sie können aber, wenn auch erheblich seltener, ebenso im<br />

Strafraum beim Kampf um Querpässe oder Eckbälle auftreten.<br />

Kopfverletzungen kommen bei Stürmerinnen, Mittelfeldspielerinnen<br />

oder Verteidigerinnen mehr oder weniger<br />

gleich häufi g vor. Torhüterinnen sind besonderen Gefahren<br />

ausgesetzt, wenn sie sich einer anlaufenden Stürmerin<br />

entgegenwerfen oder in der Nähe der Torpfosten agieren.<br />

Die meisten Verletzungen gehen auf Zusammenstösse des<br />

Kopfes mit dem Kopf oder Ellbogen einer anderen Spielerin,<br />

dem Boden oder anderen harten Widerständen wie einem<br />

Fuss, Knie, Torpfosten oder einem Gegenstand in der Nähe<br />

der Auslinie zurück. Gr<strong>und</strong>sätzlich treten Kopfverletzungen<br />

bei Frauen vor allem durch Kopf-zu-Kopf-, bei Männern<br />

durch Kopf-zu-Ellbogenkontakt auf. Deshalb hat das<br />

FIFA-Zentrum <strong>für</strong> medizinische Auswertung <strong>und</strong> Forschung<br />

(F-MARC) dem International Football Association Board<br />

(IFAB) empfohlen, die Spielregeln anzupassen <strong>und</strong> jeden Ellbogenstoss<br />

konsequent mit einer roten Karte zu ahnden.<br />

Eine Hirnerschütterung kann auftreten, wenn der Ball den<br />

Kopf in einem Moment trifft, in dem wir nicht darauf vorbereitet<br />

sind. Dagegen birgt bewusstes Köpfen nur ein geringes<br />

Risiko. Gutes Köpfen ist zweifellos eine anspruchsvolle<br />

Aufgabe. Es erfordert Geschick, Mut, richtiges Timing <strong>und</strong><br />

Entscheiden. Um den Ball zu köpfen, müssen die Nackenmuskeln,<br />

die den Kopf mit dem Rumpf verbinden, angespannt<br />

werden, um ein genügend grosses Gegengewicht<br />

zur Masse des Balles zu schaffen. Darüber hinaus müssen<br />

die eigenen Bewegungen während des Laufens nach<br />

vorn, zur Seite oder rückwärts sowie auch während des<br />

Hochspringens aus dem Ein- oder Zweibeinstand an die<br />

Geschwindigkeit <strong>und</strong> die Richtung des Balles angepasst<br />

<strong>und</strong> gleichzeitig auch die Reaktion der Gegnerin einkalkuliert<br />

werden, um den Ball dann in eine bestimmte Richtung<br />

lenken zu können. Und all dies muss in Bruchteilen einer<br />

Sek<strong>und</strong>e erfolgen. Es gibt Spielerinnen, die sehr geschickt<br />

im Köpfen sind <strong>und</strong> jede Gelegenheit dazu nutzen, während<br />

andere dies wenn immer möglich zu vermeiden suchen.<br />

Kopfverletzungen sind durchaus nicht selten. Nimmt man<br />

alle Untersuchungen zusammen, so betreffen 4 % bis<br />

20 % aller Verletzungen im Fussball den Kopf. R<strong>und</strong> die<br />

Hälfte der Kopfverletzungen sind einfache Verletzungen<br />

wie Prellungen oder Schürfungen. Bei Männern folgen der<br />

Häufi gkeit nach Platzw<strong>und</strong>en, bei Frauen dagegen Hirnerschütterungen.<br />

Bei Männern kommt eine Hirnerschütte-<br />

„Ich hatte eine schwere Gehirnerschütterung, als ich vor einigen Jahren<br />

einen Schlag auf den Kopf erhielt. Ich konnte sechs Monate lang nicht spielen.<br />

Das war sehr schwierig <strong>für</strong> mich, aber ich wusste, dass ich im Interesse meiner<br />

Karriere eine Auszeit nehmen musste. Die Ärzte sagten, ich solle gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

möglichst wenig tun, <strong>und</strong> daran habe ich mich gehalten. Als ich dann<br />

zurückkam, hat es einige Zeit gedauert, bis ich wieder in Form war.“<br />

Lori Chalupny, 23, Mittelfeldspielerin des amerikanischen Nationalteams<br />

rung erst an vierter Stelle der häufi gsten Verletzungen. In<br />

einigen Studien liegt die Rate der Hirnerschütterungen bei<br />

Frauen nahezu zweieinhalb Mal höher als jene bei Männern.<br />

Warum dies so ist? Frauen scheinen sich bei Zusammenstössen<br />

anders zu verhalten, was sich darauf auswirken<br />

könnte, wie gut sie mit der Krafteinwirkung auf den<br />

Kopf umgehen können.<br />

Es gibt zwei wichtige Punkte, die jede Aktive kennen sollte:<br />

erstens, wie man überhaupt erkennt, dass eine Gehirnerschütterung<br />

aufgetreten ist, <strong>und</strong> zweitens, wann einer<br />

Spielerin erlaubt werden darf, wieder zu spielen. Der erste<br />

entscheidende Punkt ist das Erkennen der Verletzung. Eine<br />

weitverbreitete Annahme ist, dass es bei einer Gehirnerschütterung<br />

immer zum Bewusstseinsverlust kommt,<br />

was allerdings nicht wahr ist. Medizinische Definitionen<br />

der Gehirnerschütterung besagen, dass es dabei zu einer<br />

schnell auftretenden kurzzeitigen Beeinträchtigung der<br />

Gehirnfunktion kommt. Ein Zusammenstoss, gar nicht<br />

einmal unbedingt mit dem Kopf, kann zu einer solchen<br />

Beeinträchtigung führen. Wenn also zwei Spielerinnen mit<br />

den Köpfen zusammenstossen <strong>und</strong> eine sich anschliessend<br />

vorüberbeugt, ihren Kopf hält <strong>und</strong> das Geschehen um sich<br />

herum nicht mehr wahrnimmt, ist die Chance gross, dass<br />

bei ihr eine derartige kurzzeitige Minderung ihrer normalen<br />

Gehirnfunktion besteht.<br />

Im Zweifel kein Einsatz<br />

Es ist also ganz entscheidend, überhaupt zu erkennen,<br />

dass eine Spielerin verletzt wurde, damit sie aus dem Spiel


40 KOPFVERLETZUNGEN UND WIE ICH SIE VERMEIDE | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | KOPFVERLETZUNGEN UND WIE ICH SIE VERMEIDE 41<br />

Anzeichen (von anderen beobachtet) Symptome (von der Spielerin berichtet)<br />

Spielerin scheint benommen Kopfschmerz<br />

vor sich hinstarrender, unbeteiligter Gesichtsausdruck Übelkeit oder Erbrechen<br />

Verwirrung, Fehler auf dem Spielfeld Gleichgewichtsstörungen, Schwindel<br />

desorientiert zu Spiel, Position, Spielstand verschwommenes oder doppeltes Sehen<br />

unangemessene oder stark schwankende Stimmungslage leicht irritierbar<br />

verminderte Koordination, unbeholfen fühlt sich benommen, benebelt, neben sich stehend<br />

verlangsamte oder falsche Antworten veränderter Schlafrhythmus (Dauer, Einsetzen, Qualität)<br />

Bewusstseinsverlust kann sich schlecht konzentrieren oder Aufmerksamkeit auf etwas richten<br />

Veränderung im Verhalten oder der Persönlichkeit gereizt, gefühlsbetont, traurig<br />

kann sich nicht an Geschehen vor dem Ereignis erinnern Gedächtnisstörungen<br />

kann sich nicht an Geschehen nach dem Ereignis erinnern Konzentrations- <strong>und</strong> Erinnerungsstörungen<br />

fühlt sich müde, kraftlos fühlt sich müde, antriebslos<br />

Tabelle 1: Mögliche Anzeichen <strong>und</strong> Symptome nach einer Gehirnerschütterung<br />

genommen <strong>und</strong> beurteilt werden kann. Wenn es auch<br />

zahlreiche Empfehlungen gibt, wann einer Spielerin wieder<br />

erlaubt werden darf zu spielen, so ist es immer noch<br />

das Sicherste, sie so lange vom Spielfeld fernzuhalten, bis<br />

ihr eine medizinische Fachperson die Spielerlaubnis erteilt.<br />

In der Regel sind weder der Trainer noch die Spielerin<br />

selbst in der Lage, diese Entscheidung auf dem Spielfeld<br />

zu treffen, so dass die beste Empfehlung ist, beim geringsten<br />

Zweifel nicht zu spielen. Auch nicht alle Mediziner<br />

sind ausreichend gerüstet, um eine Gehirnerschütterung<br />

korrekt beurteilen <strong>und</strong> behandeln zu können, so dass sich<br />

Teams einen Neurologen suchen sollten, der mit Hirnerschütterungen<br />

im Sport vertraut ist.<br />

„Meine schlimmste Gehirnerschütterung erlitt ich bei einem Hallenwettbewerb.<br />

Ich wurde gefoult <strong>und</strong> fiel direkt auf meinen Hinterkopf. Ich hatte sofort starke<br />

Kopfschmerzen <strong>und</strong> Übelkeit, die über zwei Wochen anhielten. Danach habe ich das Köpfen<br />

<strong>für</strong> eine Weile vermieden <strong>und</strong> war vorsichtiger im Zweikampf.“<br />

Vanessa Bernauer, 19, Mittelfeldspielerin des schweizerischen Nationalteams, die bereits mehrere Kopfverletzungen <strong>und</strong><br />

Hirnerschütterungen hatte. Nach dem beschriebenen Zwischenfall musste sie <strong>für</strong> zwei Wochen absolute Ruhe halten.<br />

Ein Problem ist, dass man eine Gehirnerschütterung nicht<br />

sehen kann. Ein verstauchter Knöchel oder ein Knochenbruch<br />

ist meist offensichtlich. Mit einer Muskelzerrung<br />

kann man nicht spielen. Aber eine Hirnerschütterung? Ich<br />

mag im Spiel einen Schlag abbekommen haben, mich ein<br />

bisschen merkwürdig fühlen, aber trotzdem das Gefühl<br />

haben, weiterspielen zu können. Das allerdings dürfte gar<br />

keine gute Idee sein ...<br />

Die Entscheidung sollte davon abhängen, was die Spielerin<br />

selbst sagt <strong>und</strong> was Trainer, Eltern, Lehrer oder Fre<strong>und</strong>e<br />

beobachtet haben. Nicht alle Anzeichen sind unmittelbar an<br />

der Seitenauslinie erkennbar, <strong>und</strong> ausserdem kann sich die<br />

Situation im Laufe der Zeit ändern. Einige Probleme können<br />

auch erst einige St<strong>und</strong>en oder gar Tage nach der Verletzung<br />

berichtet werden oder sichtbar sein (siehe Tabelle 1).<br />

Je mehr wir über Gehirnerschütterungen wissen, umso<br />

mehr zögern wir, eine Spielerin wieder spielen zu lassen,<br />

solange sie noch irgendwelche Anzeichen, Symptome oder<br />

Einschränkungen zeigt. Hat eine Spielerin noch Probleme,<br />

kann ein weiterer Schlag auf den Kopf die Erholungsphase<br />

verlängern <strong>und</strong> zu mehr <strong>und</strong> länger andauernden Symptomen<br />

sowie stärkeren Beschwerden führen.<br />

Die Erholungsphase ist von Spielerin zu Spielerin sehr<br />

unterschiedlich <strong>und</strong> kann von einigen Minuten bis zu<br />

Monaten oder gar länger anhalten <strong>und</strong> alle Aspekte des<br />

täglichen Lebens in Mitleidenschaft ziehen. Einige Forschungsergebnisse<br />

deuten darauf hin, dass Frauen nach<br />

einer Kopfverletzung längere Erholungszeiten brauchen<br />

als Männer. Es gibt jedoch immer noch viel zu lernen über<br />

diese komplizierte Verletzung.<br />

Nimm eine Kopfverletzung niemals auf die<br />

leichte Schulter. Kein Spiel ist so wichtig!<br />

Autor:<br />

Don Kirkendall, PhD<br />

Basierend auf folgenden Artikeln:<br />

– Aubry M, Cantu R, Dvorak J, Graf-Baumann T, Johnston K, Kelly<br />

J, Lovell M, McCrory P, Meeuwisse W, Schamasch P; Concussion<br />

in Sport Group (2002) Summary and agreement statement<br />

of the First International Conference on Concussion in Sport,<br />

Vienna 2001. Recommendations for the improvement of safety<br />

and health of athletes who may suffer concussive injuries.<br />

Simultaneous publication in Br J Sports Med 36(1): 6-10 and<br />

Clin J Sport Med 12(1): 6-11<br />

– Dvorak J, McCrory P, Kirkendall DT Head injuries in the female<br />

football player: incidence, mechanisms, risk factors and<br />

management. British Journal of Sports Medicine 41(Suppl 1): 44-46<br />

– McCrory P, Johnston K , Meeuwisse W, Aubry M , Cantu<br />

R, Dvorak J, Graf-Baumann T, Kelly J, Lovell M, Schamasch<br />

P (2005) Summary and agreement statement of the 2nd International. Conference on Concussion in Sport, Prague<br />

2004. Simultaneous publications in Br J Sports Med 39:196–<br />

204 and in Clin J Sport Med Mar;15(2): 48-55.


Die richtige Fussballkost – <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong>,<br />

<strong>Fitness</strong> <strong>und</strong> Leistung fördern


44 DIE RICHTIGE FUSSBALLKOST – GESUNDHEIT, FITNESS UND LEISTUNG FÖRDERN | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | DIE RICHTIGE FUSSBALLKOST – GESUNDHEIT, FITNESS UND LEISTUNG FÖRDERN 45<br />

Die richtige Fussballkost – <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong>, <strong>Fitness</strong> <strong>und</strong> Leistung fördern<br />

Wenn talentierte, motivierte <strong>und</strong> gut trainierte Spielerinnen aufeinandertreffen, liegen Sieg<br />

<strong>und</strong> Niederlage dicht beieinander. Auf Kleinigkeiten zu achten, kann hier den entscheidenden<br />

Unterschied bewirken. Nach dem Training ist der die Leistung am stärksten beeinfl ussende Faktor<br />

die Ernährung. Ich muss jedoch kein Experte sein, um davon profi tieren zu können.<br />

Es ist weder notwendig, alle Mahlzeiten genauestens<br />

zu planen, noch sich mit speziellen Diätprodukten oder<br />

Nahrungsergänzungsmitteln zu versorgen. Wenn ich <strong>für</strong><br />

Abwechslung offen bin, gern neue Nahrungsmittel <strong>und</strong><br />

Rezepte sowie verschiedene Zubereitungen bestimmter<br />

Produkte ausprobiere <strong>und</strong> alle Farben des Regenbogens<br />

kombiniere, versorge ich meinen Körper mit allem, was er<br />

<strong>für</strong> eine hervorragende Leistung braucht.<br />

Es verw<strong>und</strong>ert wahrscheinlich nicht, dass es zwar reichlich<br />

Informationen über die Ernährung <strong>und</strong> den Flüssigkeitshaushalt<br />

von Fussballspielern gibt, man nach denselben <strong>für</strong> Spielerinnen<br />

jedoch lange suchen muss. Dementsprechend werden<br />

die <strong>für</strong> Spieler entwickelten Richtlinien zu Ernährung <strong>und</strong><br />

Flüssigkeitszufuhr in gleicher Weise auf Spielerinnen angewandt.<br />

Dies ist zwar oft, aber durchaus nicht immer angemessen.<br />

Die Ernährungsbedürfnisse einer Spitzenspielerin,<br />

die während einer langen Saison an fast allen Wochentagen<br />

trainiert <strong>und</strong> mehr als einmal pro Woche ein Wettkampfspiel<br />

hat, unterscheiden sich natürlich von denen eines Mädchens<br />

oder einer Frau, die ein- bis zweimal pro Woche nur zum<br />

Spass spielt. Die Gr<strong>und</strong>regeln ihrer Ernährung sind <strong>und</strong> bleiben<br />

jedoch dieselben <strong>und</strong> zielen darauf ab, ihre <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong>,<br />

<strong>Fitness</strong> <strong>und</strong> Spielleistung zu optimieren.<br />

Die Vorteile einer richtigen Ernährung in<br />

Stichworten<br />

• optimaler Nutzen des Trainingsprogramms<br />

• bessere Erholung während <strong>und</strong> nach Training <strong>und</strong> Spiel<br />

• Erreichen <strong>und</strong> Halten eines idealen Körpergewichtes<br />

<strong>und</strong> Körperbaus<br />

• geringeres Risiko von Verletzungen <strong>und</strong> Krankheit<br />

• Gewissheit, gut auf ein Spiel vorbereitet zu sein<br />

• höhere Konstanz beim Erreichen von Bestleistungen im<br />

Spiel<br />

• Freude am Essen – allein <strong>und</strong> in Gesellschaft<br />

Energiebedarf <strong>und</strong> Körperfett<br />

Typischerweise verbraucht eine Spielerin von 60 kg während<br />

eines Spiels ungefähr 1100 kcal. Schwerere Spielerinnen<br />

benötigen mehr, leichtere weniger, aber der Verbrauch<br />

hängt auch vom eigenen Einsatz <strong>und</strong> dem Spieltempo ab<br />

<strong>und</strong> variiert zudem individuell.<br />

Der Energiebedarf bemisst sich aber nicht nur an den Trainings-<br />

<strong>und</strong> Spielanforderungen, sondern auch an der täglichen<br />

körperlichen Aktivität neben dem Fussball. Natürlich<br />

brauche ich weniger Energie, wenn ich nur selten trainiere,<br />

die Trainingseinheiten kurz <strong>und</strong> einfach sind sowie während<br />

inaktiver Phasen, etwa ausserhalb der Saison oder<br />

wenn ich verletzt bin.<br />

Wer allerdings einmal oder mehrmals pro Woche spielt<br />

<strong>und</strong> an den meisten Tagen der Woche trainiert, muss<br />

unbedingt genügend essen, um dem Energiebedarf von<br />

Training <strong>und</strong> Spiel gerecht zu werden <strong>und</strong> einer chronischen<br />

Ermüdung vorzubeugen, die zu Leistungsabfall führt<br />

<strong>und</strong> Verletzungen begünstigt.<br />

Gut aussehen <strong>und</strong> gut spielen<br />

Ehrgeizige Spielerinnen müssen genügend Nahrung zu<br />

sich nehmen, um ihren Körper mit ausreichend Energie<br />

<strong>für</strong> Training, Wettkampf <strong>und</strong> ihre täglichen Aktivitäten zu<br />

versorgen. Der wichtigste Energiespeicher unseres Körpers<br />

ist sein Fett, hier wird überschüssige Energie <strong>für</strong> Notzeiten<br />

„Wir empfehlen unseren Spielerinnen, die benötigten Nährstoffe aus einer<br />

ausgewogenen Ernährung zu beziehen. Dennoch können manchmal Ergänzungsmittel<br />

benötigt werden, wenn man im Ausland spielt, wo eine angemessene Ernährung nicht<br />

immer möglich ist. Die Reinheit von Ergänzungsmitteln ist aber nie zu 100 % sicher,<br />

so dass dann immer das Risiko eines positiven Dopingtests besteht.“<br />

Helen Tunstall, verantwortlich <strong>für</strong> das Vorbeugen von Verletzungen beim neuseeländischen Fussballverband<br />

vorrätig gehalten. Die Leistung wird dann am besten sein,<br />

wenn der Körperfettanteil im optimalen Bereich liegt – der<br />

aber ist individuell unterschiedlich.<br />

Gleichzeitig möchten moderne Frauen aber auch dem gültigen<br />

Schönheitsideal entsprechen – was heute schlicht bedeutet,<br />

so dünn wie möglich zu sein. Es ist erwiesen, dass sich<br />

einige Spielerinnen in einem bedenklichen Energiegleichgewicht<br />

befi nden <strong>und</strong> ihr niedriges Gewicht durch permanente<br />

Einschränkung ihrer Energieaufnahme halten. Jede Spielerin<br />

muss sich deshalb entscheiden: Will ich so schlank wie möglich<br />

sein, oder will ich gut spielen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong> bleiben?<br />

Wir können anhaltende Energiedefi zite nicht ohne Schaden<br />

<strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong> <strong>und</strong> Leistung tolerieren. Eine zu niedrige<br />

Energiezufuhr verzögert die Erholung nach körperlicher<br />

Anstrengung, beeinträchtigt die Reaktion unseres Körpers<br />

auf Trainingsreize, sein Immunsystem <strong>und</strong> die Fortpflanzungsfähigkeit.<br />

Jede Veränderung im normalen Rhythmus<br />

der Monatsblutungen ist ein ernstzunehmendes Warnzeichen.<br />

In diesem Fall muss dringend ein Arzt aufgesucht<br />

werden, damit irreversible Knochenschäden vermieden<br />

werden (s. unten).<br />

Körperfett abbauen<br />

Das kann manchmal schwierig sein – hier hilft die fachmännische<br />

Unterstützung durch einen Arzt, Ernährungsexperten<br />

oder anderes geschultes <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong>spersonal. Vor<br />

allem ist eine Gewichtsabnahme aber vielleicht auch gar<br />

nicht notwendig. Wenn sie es ist, sollte sie vernünftig <strong>und</strong><br />

schrittweise erfolgen. Dies ist ein mittelfristiges Ziel, nicht<br />

etwas, das innerhalb einer Woche erreicht werden kann.<br />

Das Gr<strong>und</strong>prinzip ist einfach: Der Energieverbrauch sollte<br />

höher sein als die Energieaufnahme. Aber es wäre ein<br />

Fehler, die Energieaufnahme zu sehr einzuschränken: Eine<br />

zu niedrige Zufuhr macht nur müde in Training <strong>und</strong> Alltag,<br />

gleichzeitig fährt der Körper seinen Energieverbrauch<br />

generell zurück. Dadurch aber wird die Gewichtsabnahme<br />

behindert statt gefördert.<br />

Wer tatsächlich abnehmen muss, sollte es mit Folgendem<br />

versuchen:<br />

• Bei Mahlzeiten lieber kleinere Portionen wählen, als<br />

Mahlzeiten ganz ausfallen lassen.<br />

• Zwischenmahlzeiten sorgfältig aussuchen, um genügend<br />

Brennstoff <strong>für</strong> das Training zu haben. Lieber einen Teil<br />

der Mahlzeit <strong>für</strong> später aufheben, statt zusätzlich etwas<br />

zu essen.<br />

• Genügend Kohlenhydrate essen, um <strong>für</strong> das Training<br />

ausreichend mit Brennstoff versorgt zu sein.<br />

• Bei der Nahrungsmittelwahl <strong>und</strong> beim Zubereiten von<br />

Mahlzeiten zu fettarmen Varianten greifen.<br />

• Wenig oder keinen Alkohol trinken – Alkohol ist kein<br />

notwendiger Nahrungsbestandteil.<br />

• Das Sättigungsgefühl von Zwischen- <strong>und</strong> Mahlzeiten<br />

kann durch viel Salat <strong>und</strong> Gemüse <strong>und</strong> hohen Ballaststoffgehalt<br />

erhöht werden.<br />

Kohlenhydrate<br />

Unser Körper speichert Kohlenhydrate in der Leber <strong>und</strong> den<br />

Muskeln. Dieser Vorrat stellt unseren wichtigsten Brennstoff<br />

<strong>für</strong> Training <strong>und</strong> Spiel dar. Für männliche Spieler wird eine<br />

tägliche Kohlenhydrataufnahme von 5–12 g/kg Körpergewicht<br />

empfohlen, Spielerinnen aber nehmen in der Regel<br />

viel weniger zu sich. Bei US-Nationalspielerinnen unter<br />

21 wurde eine durchschnittliche Aufnahme von 4,7 g/kg<br />

pro Tag festgestellt, wobei einige Spielerinnen extrem<br />

niedrige Werte zeigten. Während die meisten Frauen mit<br />

Werten in dieser Grössenordnung gut zurechtkommen<br />

dürften, könnten jene am unteren Ende der Skala von<br />

einer Erhöhung durchaus profi tieren, ohne dass sie damit<br />

ihre übliche Energiemenge überschreiten müssten. Eine<br />

Einschränkung der Kohlenhydrataufnahme hat weitergehende<br />

Wirkungen als nur eine Leistungsminderung.


46 DIE RICHTIGE FUSSBALLKOST – GESUNDHEIT, FITNESS UND LEISTUNG FÖRDERN | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | DIE RICHTIGE FUSSBALLKOST – GESUNDHEIT, FITNESS UND LEISTUNG FÖRDERN 47<br />

Bei Spielern beeinträchtigt eine ungenügende Kohlenhydratzufuhr<br />

an den Tagen vor einem Spiel die Laufl eistung,<br />

insbesondere die Sprintgeschwindigkeit während der zweiten<br />

Halbzeit. Es gibt keinen Gr<strong>und</strong> anzunehmen, dies sei<br />

bei Frauen anders. Es scheint deshalb ratsam, da<strong>für</strong> zu sorgen,<br />

dass die Kohlenhydratspeicher in den Muskeln nach<br />

jedem Training oder Spiel aufgefüllt werden. Übrigens können<br />

Frauen genauso wie Männer ihre Muskelspeicher auch<br />

gezielt über das normale Mass hin füllen – vorausgesetzt,<br />

sie essen genug Kohlenhydrate. Der grösste Fehler, den ich<br />

machen kann, ist, in den 1–6 St<strong>und</strong>en vor der Anstrengung<br />

zu wenig Kohlenhydrate zu essen – das heisst weniger als<br />

1 g pro Kilogramm Körpergewicht – <strong>und</strong> dann auch währenddessen<br />

keine Kohlenhydrate zu mir zu nehmen. Ein so<br />

geringer Kohlenhydratvorrat reicht nicht aus, um die Leistung<br />

während des Spiels zu erhalten. Wer seine Leistung<br />

optimieren will, isst während dieser 6 St<strong>und</strong>en vor dem<br />

Spiel 1–4 g Kohlenhydrate pro Kilo Körpergewicht.<br />

Eiweiss<br />

Eine ausreichende Eiweissaufnahme ist entscheidend <strong>für</strong><br />

Muskelwachstum <strong>und</strong> -wiederherstellung, ein ges<strong>und</strong>es<br />

Immunsystem <strong>und</strong> eine ganze Palette anderer Körperfunktionen.<br />

Dies betrifft insbesondere die so genannten<br />

essentiellen Aminosäuren, dies sind Eiweissbausteine, die<br />

unser Körper nicht selbst herstellen kann.<br />

Die empfohlene Eiweissmenge <strong>für</strong> Frauen <strong>und</strong> Männer ist<br />

etwa 0,8 g/kg/Tag, was mit einer ganz normalen Ernährung<br />

leicht zu erreichen ist. Auch die üblicherweise <strong>für</strong><br />

Fussballspieler empfohlene Menge von 1,4–1,7 g/kg/Tag<br />

ist mit einer typischen westlichen Ernährung kaum zu verfehlen,<br />

vorausgesetzt, man deckt seinen Energiebedarf<br />

ausreichend. Selbst eine Spielerin von 55–60 kg, die nur<br />

2200 kcal pro Tag zu sich nimmt, von denen 10–15 % aus<br />

Eiweiss stammen, wird damit bereits 55–82 g/Tag oder<br />

1–1,5 g/kg/Tag aufnehmen. Nichtsdestotrotz könnten solche<br />

Frauen, die ihre Nahrungsaufnahme stark reduzieren<br />

<strong>und</strong> ihre Lebensmittelauswahl einschränken, dennoch<br />

Gefahr laufen, ungenügend mit Eiweiss versorgt zu sein.<br />

Was den Trainingseffekt angeht, so scheint es, als ob nicht<br />

nur die Menge des Eiweisses, sondern auch der Zeitpunkt<br />

<strong>und</strong> die gleichzeitige Aufnahme oder das Fehlen weiterer<br />

Nährstoffe die Anpassung an den Trainingsreiz mitbestimmen.<br />

Durch Training werden Änderungen der Struktur <strong>und</strong><br />

Funktion unserer Muskeln angestrebt, die so die Leistung verbessern.<br />

Art <strong>und</strong> Ausmass dieser Anpassungsreaktion hängen<br />

von der Art des Reizes <strong>und</strong> der Trainingsbelastung ab.<br />

Lange Zeit nahm man an, dass die Ernährung vor allem<br />

die körperliche Erholung beeinflusst. Heute weiss man,<br />

dass richtige Ernährung dieselben Anpassungsreaktionen<br />

bei niedrigerer Trainingsbelastung erreichen kann. Dies ist<br />

<strong>für</strong> Trainer wichtig, denn es bedeutet, dass mehr Zeit <strong>und</strong><br />

Energie auf das Techniktraining verwandt werden kann<br />

<strong>und</strong> das Risiko chronischer Ermüdung <strong>und</strong> von Verletzungen<br />

gesenkt wird. Praktisch bedeutet dies, dass das Training<br />

wirksamer ist, wenn ich vor oder direkt danach eine<br />

kleine Menge Eiweiss zu mir nehme. Bestens geeignet<br />

da<strong>für</strong> sind ein belegtes Brot mit Käse, Schinken, Thunfi sch<br />

oder Ähnlichem oder auch ein Eiweissriegel.<br />

Wie viel <strong>und</strong> wann muss ich trinken?<br />

Die Flüssigkeitsaufnahme geniesst den Ruf eines erwiesenen<br />

– <strong>und</strong> erlaubten – Mittels zur Leistungssteigerung.<br />

Ein Wassermangel beeinfl usst Geschicklichkeit, Ausdauer,<br />

Arbeitsleistung <strong>und</strong> Entscheidungsfähigkeit ungünstig. Die<br />

„Das Wichtigste sind Wasser <strong>und</strong> eine<br />

optimale Kombination von Kohlenhydraten<br />

<strong>und</strong> Eiweiss. Ich muss unbedingt darauf achten,<br />

genug zu essen, besonders am Abend vor<br />

einem Spiel. Und ich muss in meiner<br />

Ernährung sehr konsequent sein.“<br />

Shannon Boxx, 30, Mittelfeldspielerin<br />

des amerikanischen Nationalteams<br />

Leistung beginnt zu leiden, wenn der durch Schweissverlust<br />

bedingte Gewichtsverlust 1–2 % des vor der Anstrengung<br />

bestehenden Körpergewichtes überschreitet. Aber<br />

wie schaffe ich es, zur richtigen Zeit das richtige Getränk<br />

in der richtigen Menge zu trinken?<br />

Dazu muss ich meine persönliche Trinkstrategie entwickeln.<br />

Ich kann meinen Flüssigkeitshaushalt selbst überwachen,<br />

indem ich auf Urinmenge <strong>und</strong> -farbe achte <strong>und</strong> darauf,<br />

wie häufi g ich Wasser lassen muss. Die Empfehlungen<br />

unten stellen eine Richtschnur dar, aber es ist wichtig, sie<br />

auf die eigene Person fein abzustimmen, um die persönliche<br />

Siegesformel zu fi nden. Allerdings sollten solche Pläne<br />

<strong>für</strong> die Flüssigkeits- <strong>und</strong> Energieaufnahme – wie neue<br />

Schuhe – nie während wichtiger Wettkämpfe ausprobiert<br />

werden. Stattdessen sollte ich sie im Alltag testen <strong>und</strong> so<br />

herausfi nden, was mir am besten bekommt.<br />

Am Tag vor einem Wettkampf muss ich zu den Mahlzeiten<br />

genügend trinken, um sicherzustellen, dass ich ausreichend<br />

mit Flüssigkeit versorgt bin. Ausserdem empfi ehlt es sich,<br />

auch während der St<strong>und</strong>en vor dem Spiel weiter Wasser<br />

oder kohlenhydrathaltige Getränke zu trinken. Bei Hitze<br />

sollten in den 60–90 Minuten vor dem Spiel etwa 500 ml<br />

Flüssigkeit getrunken werden. So erlaube ich meinem Körper,<br />

überfl üssige Flüssigkeitsmengen noch vor Spielbeginn<br />

auszuscheiden.<br />

Wann brauche ich mehr als Wasser?<br />

Ist der Schweissverlust gering, besteht wenig Gr<strong>und</strong>,<br />

während des Trainings oder Spiels zu trinken – anschliessend<br />

Wasser zu trinken genügt in diesem Fall. Sind grosse<br />

Schweissverluste absehbar, wie bei Spielen oder hartem Training<br />

in grosser Hitze, ist es wichtig, sich bereits vorher mit<br />

genügend Flüssigkeit zu versorgen. In diesen Fällen kann es<br />

besser sein, Getränke mit Kohlenhydrat- <strong>und</strong> Elektrolytzusatz<br />

statt reines Wasser zu trinken. Während eines Spiels kann ich<br />

beim Aufwärmen, in der Halbzeitpause <strong>und</strong> während Spielpausen<br />

trinken. Im Training sollte der Trainer je nach Wetter<br />

<strong>und</strong> Belastungsintensität Trinkpausen vorsehen.<br />

Eine vollständige Entleerung ihrer Brennstoffspeicher kann<br />

besonders <strong>für</strong> Spielerinnen, die aufgr<strong>und</strong> ihrer Position<br />

oder ihres persönlichen Spielstils viel laufen, zum Problem<br />

werden. Spielerinnen, die ihre Flüssigkeits- <strong>und</strong> Brennstoffaufnahme<br />

optimal abstimmen, werden nicht nur in<br />

der zweiten Halbzeit weiter <strong>und</strong> schneller laufen, sondern<br />

auch ihre Geschicklichkeit <strong>und</strong> ihr Urteilsvermögen erhalten,<br />

während sie sonst schon ermüden würden. Kommerzielle<br />

Sportgetränke mit einem Kohlenhydratgehalt von<br />

4–8 % (4–8 g/100 ml) stillen den Kohlenhydrat- <strong>und</strong> Flüssigkeitsbedarf<br />

gleichzeitig.<br />

Flüssigkeitsspeicher wieder auffüllen<br />

Die Erholung nach Training oder Spiel gehört zur Vorbereitung<br />

auf die nächste Anstrengung, <strong>und</strong> der Ersatz der<br />

Schweissverluste ist ein ganz wichtiger Teil dieses Prozesses.<br />

Sowohl das mit dem Schweiss verlorene Wasser<br />

als auch Salz müssen ersetzt werden. Für jedes verlorene<br />

Kilogramm Gewicht sollten wir etwa 1,2–1,5 Liter Flüssigkeit<br />

trinken. Wenn ich nicht gleichzeitig esse, sollte das<br />

Getränk Natrium, das hauptsächlich im Schweiss verlorene<br />

Salz, enthalten. Sportgetränke mit Elektrolyten sind<br />

hilfreich, aber Nahrungsmittel können das benötigte Salz<br />

ebenso liefern. Vorsicht ist bei Salztabletten geboten, sie<br />

können mehr schaden als nutzen.<br />

Einige Spielerinnen versuchen, ihren Schweissverlust mit<br />

Flüssigkeit auszugleichen, <strong>und</strong> nehmen dadurch während<br />

eines Trainings sogar zu. Die Idee ist aber, nur gerade so<br />

viel zu trinken, dass der Gewichtsverlust nicht mehr als<br />

1–2 % des Ausgangsgewichtes beträgt – also eben nicht<br />

genauso viel, wie man verliert. Um ein Gefühl <strong>für</strong> den<br />

eigenen Schweissverlust zu bekommen, lohnt es sich, Folgendes<br />

auszuprobieren:<br />

• Wiege dich vor <strong>und</strong> nach einer Anstrengung von mindestens<br />

einer St<strong>und</strong>e, die den Bedingungen im Spiel<br />

oder hartem Training ähnelt. Bestimme dein Gewicht<br />

(kg) jeweils nur wenig bekleidet <strong>und</strong> barfuss.<br />

• Trockne dich nach der Belastung mit einem Handtuch<br />

ab <strong>und</strong> wiege dich sobald als möglich (innerhalb von 10<br />

Minuten).<br />

• Notiere die Flüssigkeitsmenge, die du während der Belastung<br />

getrunken hast (Liter).<br />

Schweissverlust (Liter) = Körpergewicht vor Belastung (kg)<br />

– Körpergewicht nach Belastung (kg)<br />

+ Flüssigkeitsaufnahme während Belastung (l)


48 DIE RICHTIGE FUSSBALLKOST – GESUNDHEIT, FITNESS UND LEISTUNG FÖRDERN | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | DIE RICHTIGE FUSSBALLKOST – GESUNDHEIT, FITNESS UND LEISTUNG FÖRDERN 49<br />

Klein, aber von grosser Bedeutung<br />

Die Nahrung muss auch genügend so genannte Mikronährstoffe<br />

enthalten (im Vergleich zu den Makronährstoffen<br />

Fett, Kohlenhydrate, Eiweiss), die <strong>für</strong> eine normale<br />

Körperfunktion unerlässlich sind. Ein Mangel ist im Allgemeinen<br />

selten, solange ich ausgewogen <strong>und</strong> ausserdem<br />

genug esse, um meinen Energiebedarf zu decken. Das<br />

Risiko eines Mangels steigt allerdings mit jeder Kosteinschränkung,<br />

wie z. B. bei Vegetariern oder Vermeidung<br />

von Milchprodukten.<br />

Eisen<br />

Eisen ist ein wichtiger Bestandteil des Hämoglobins, des<br />

Blutfarbstoffes in den roten Blutzellen, die Sauerstoff aus<br />

den Lungen zum Körpergewebe befördern. Ein niedriger<br />

Hämoglobingehalt kann zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> zu Müdigkeit führen. Frauen benötigen<br />

mehr Eisen, da sie mit der Regelblutung Blut verlieren<br />

<strong>und</strong> kleinere Mengen essen. Deshalb ist ein Eisenmangel<br />

unter Frauen häufig, aber er ist geradezu erschreckend<br />

häufi g bei Sportlerinnen. Von den Spielerinnen der schwedischen<br />

Nationalmannschaft wiesen 59 % vor der FIFA<br />

Frauen-Weltmeisterschaft einen Eisenmangel auf. Beinahe<br />

eine von drei Spielerinnen litt aufgr<strong>und</strong> ihres Eisenmangels<br />

unter einer Anämie, einem Mangel an roten Blutzellen.<br />

Eisenreiches Essen hilft, einem Eisenmangel vorzubeugen:<br />

• 3–5 mittlere Portionen roten Fleisches pro Woche<br />

• mit Eisen angereicherte Nahrungsmittel wie Frühstücksfl<br />

ocken<br />

• Kombination von pflanzlichen <strong>und</strong> nichtfleischlichen<br />

Eisenquellen (z. B. Hülsenfrüchte, Getreide, Eier, grünes<br />

Blattgemüse) mit Nahrungsmitteln, die die Eisenaufnahme<br />

in den Körper fördern (z. B. Vitamin C). Beispiele <strong>für</strong><br />

geschickte Kombinationen: Fruchtsaft oder Obst mit<br />

Frühstücksfl ocken, Chili con carne (Fleisch mit Bohnen)<br />

• Nahrungsmittel meiden, die die Eisenaufnahme behindern,<br />

wie Ballaststoffe <strong>und</strong> Tanninsäure (z. B. in Tee)<br />

Nicht empfehlenswert ist hingegen der routinemässige<br />

Gebrauch von Eisentabletten, sie können in der Tat mehr<br />

schaden als nützen. Ein Arzt wird womöglich eine Behandlung<br />

mit Eisen verordnen, wenn die Blutresultate einen<br />

durch Eisenmangel bedingten Blutmangel zeigen. Eine solche<br />

Behandlung muss durch den Arzt überwacht werden<br />

<strong>und</strong> benötigt Monate, um wirken zu können.<br />

Kalzium<br />

Der Grossteil des Kalziums unseres Körpers ist in den<br />

Knochen gespeichert <strong>und</strong> bestimmt die Knochendichte<br />

<strong>und</strong> -masse. Um die <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong> meiner Knochen zu<br />

schützen – <strong>und</strong> das ist sehr ernst zu nehmen – muss ich<br />

genügend Kalzium in Verbindung mit Vitamin D zu mir<br />

nehmen. Im Kapitel „Wie schütze ich meine Knochen?“<br />

ist zu erfahren, wie eine genügende Kalziumaufnahme<br />

sichergestellt wird.<br />

Vorsicht bei Nahrungsergänzungsmitteln<br />

Wenn Nahrungsergänzungsmittel im Fussball auch weit<br />

verbreitet sind, so haben sie doch nur geringen Einfl<br />

uss auf die Leistung. Obwohl viele Hersteller von ihren<br />

Nahrungsergänzungen behaupten, dass sie Körperfett<br />

ab- <strong>und</strong> stärkere Muskeln aufbauen oder die Erholung<br />

beschleunigen können, ist es in Wirklichkeit so, dass viele<br />

Produkte entweder auf der Liste der verbotenen Substanzen<br />

stehen oder ges<strong>und</strong>heitsschädlich sind – oder<br />

sogar beides.<br />

„In einer idealen Welt sollte man keine<br />

Ergänzungsmittel benötigen <strong>und</strong> alle<br />

Nährstoffe aus einer hochwertigen <strong>und</strong><br />

ausreichenden Ernährung beziehen können ...“<br />

Dawn Scott, Sportwissenschaftler, englischer Fussballverband<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich besteht beim Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln<br />

ein erhebliches Risiko <strong>für</strong> einen positiven<br />

Dopingtest. Oft werden die kritischen Inhaltsstoffe,<br />

die einen positiven Test nach sich ziehen können, auf<br />

dem Produkt gar nicht deklariert. Leider ist dies keine<br />

Entschuldigung: Gemäss des Welt-Anti-Doping-Kodex<br />

ist jede Spielerin selbst da<strong>für</strong> verantwortlich, was sie<br />

isst <strong>und</strong> trinkt. Deshalb sollten alle Nahrungsergänzungen<br />

von einem Arzt geprüft werden. Besteht auch nur<br />

der geringste Zweifel, sollten wir sie nicht nehmen. Es<br />

ist auch wichtig zu wissen, dass der Gebrauch von Nahrungsergänzungen<br />

niemals eine schlechte Nahrungsmittelwahl<br />

ausgleichen kann.<br />

Tipps <strong>für</strong> vielseitiges <strong>und</strong><br />

nährstoffreiches Essen<br />

• Offen sein <strong>für</strong> neue Nahrungsmittel <strong>und</strong> Rezepte<br />

• Bevorzugt bei saisongerechten Nahrungsmitteln zugreifen<br />

• Alle Sorten der verschiedenen Nahrungsmittel ausprobieren<br />

• Verschiedene Nahrungsmittel in einer Mahlzeit kombinieren<br />

• Sorgfältig abwägen, bevor eine Nahrungsmittelgruppe<br />

vom Speiseplan gestrichen wird<br />

• Früchte <strong>und</strong> Gemüse zu jeder Mahlzeit geniessen. Die<br />

intensive Farbe vieler Früchte <strong>und</strong> Gemüse ist ein Zeichen<br />

ihres hohen Gehaltes <strong>und</strong> Vitaminen <strong>und</strong> Antioxidantien.<br />

Ideal ist es, wenn ich jeden Tag Früchte <strong>und</strong> Gemüse in<br />

allen Farben des Regenbogens esse, indem ich aus jeder<br />

der folgenden Kategorien auswähle:<br />

– Weiss: z. B. Blumenkohl, Bananen, Zwiebeln, Kartoffeln<br />

– Grün: z. B. Brokkoli, Spinat, Salat, grüne Äpfel, Trauben<br />

– Blau/violett: z. B. Blaubeeren, Pfl aumen, blaue Trauben,<br />

Rosinen<br />

– Orange/gelb: z. B. Karotten, Aprikosen, Pfi rsiche, Orangen,<br />

Melonen, Mangos<br />

– Rot: z. B. Tomaten, Wassermelonen, Kirschen,<br />

Beeren, rote Äpfel, rote Paprika<br />

Autorin:<br />

Dr. Katharina Grimm<br />

Basierend auf folgenden Artikeln:<br />

– Consensus statement: Nutrition for football: The FIFA/F-MARC<br />

consensus conference. J Sports Sci 2006, 24(7): 663-664<br />

– Maughan RJ, Shirreffs SM (2007) Nutrition and hydration<br />

concerns of the female football player. Br J Sports Med, 41<br />

Suppl. I: i60-i63<br />

– Rosenbloom CA, Loucks AB, Ekblom B (2006) Special<br />

populations: the female player and the youth player. J Sports<br />

Sci 24(7): 783-93


Wie schütze ich meine Knochen?


52 WIE SCHÜTZE ICH MEINE KNOCHEN? | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | WIE SCHÜTZE ICH MEINE KNOCHEN? 53<br />

Wie schütze ich meine Knochen?<br />

Bei Osteoporose werden die Knochen schwach <strong>und</strong> im wahrsten Sinne des Wortes<br />

zerbrechlich. Häufi g als „Alte-Frauen-Krankheit“ abgetan, betrifft sie heute mehr <strong>und</strong><br />

mehr junge Sportlerinnen: Osteoporose behindert erst ihre Karriere <strong>und</strong> später ihr Leben.<br />

Wir können unsere Knochen jedoch schützen <strong>und</strong> sie stark <strong>und</strong> ges<strong>und</strong> erhalten.<br />

Osteoporose bedeutet wörtlich „poröser Knochen“. Bei<br />

dieser Krankheit ist sowohl die Dichte als auch die Qualität<br />

des Knochens vermindert. Unbehandelt schreitet die Osteoporose<br />

mit den Jahren immer weiter fort, bis irgendwann<br />

ein Knochen bricht. Bis zu diesem ersten Knochenbruch<br />

geht dieser Knochenschw<strong>und</strong> jedoch typischerweise still<br />

<strong>und</strong> schmerzlos ohne irgendwelche Warnzeichen vor sich.<br />

Da osteoporotische Knochen so schwach <strong>und</strong> zerbrechlich<br />

sind, kann ein solcher Bruch bereits durch minimale Belastungen<br />

wie Vornüberbeugen, die-Sporttasche-Hochheben<br />

oder Husten verursacht werden. Bei jungen Sportlerinnen<br />

können auch wiederholte Ermüdungsbrüche ein Hinweis<br />

auf geschwächte Knochen sein.<br />

Wie stellt der Arzt eine Osteoporose fest?<br />

Die entscheidende Methode, um den Knochenzustand festzustellen,<br />

heisst Densitometrie oder kurz DEXA (<strong>für</strong> Dual Energy X-ray<br />

Absorptiometry). Dabei wird die Knochendichte der Wirbelsäule<br />

oder des Oberschenkelknochens gemessen, die dann mit dem so<br />

genannten T-Score angegeben wird. Dieser T-Score wird mit der<br />

durchschnittlichen Knochendichte von Frauen desselben Alters<br />

verglichen. Eine normale Knochendichte ist im Vergleich zu diesem<br />

Durchschnitt definitionsgemäss grösser als –1. Das American<br />

College of Sport Medicine (ACSM) verwendet die Bezeichnung<br />

„niedrige Knochendichte” <strong>für</strong> Sportlerinnen mit einem T-Score<br />

zwischen –1,0 <strong>und</strong> –2,0. Für Werte gleich oder unter –2 empfiehlt<br />

das ACSM die Bezeichnung „Osteoporose”, um das erhöhte<br />

Bruchrisiko zum Ausdruck zu bringen.<br />

Die Knochendichte hängt vom Mineralgehalt der Knochen<br />

ab. Der Knochenmineralgehalt ist abhängig von Alter,<br />

Geschlecht <strong>und</strong> Rasse. Ausserdem spielt Vererbung eine<br />

grosse Rolle. Das wichtigste Mineral in dieser Hinsicht ist<br />

Kalzium. Der grösste Teil des Kalziums unseres Körpers ist<br />

in den Knochen gespeichert, wo es die Knochendichte <strong>und</strong><br />

-masse bestimmt. Die Menge an in den Knochen eingelagertem<br />

Kalzium erreicht im jungen Erwachsenenalter ihr<br />

Maximum. Wer das Erwachsenenalter mit einer niedrigen<br />

maximalen Knochenmasse erreicht oder später grössere<br />

Verluste erleidet, ist gefährdet, Osteoporose zu bekommen.<br />

Während wir an unseren Erbanlagen, Alter oder Geschlecht<br />

nichts ändern können, können wir andere Faktoren, die<br />

den Mineralgehalt unserer Knochen bestimmen, sehr wohl<br />

beeinfl ussen. Dies betrifft unseren Lebensstil wie Rauchen<br />

<strong>und</strong> Alkoholkonsum, körperliche Aktivität <strong>und</strong> Ernährung.<br />

Unsere Hormone spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.<br />

Hormone <strong>und</strong> Knochen<br />

Die weiblichen Geschlechtshormone beeinflussen den<br />

Kalziumspiegel bei Frauen <strong>und</strong> sind ein wichtiger Faktor<br />

<strong>für</strong> Knochenbildung <strong>und</strong> -umbau während ihres ganzen<br />

Lebens. Es ist bekannt, dass Frauen mit spät einsetzenden<br />

<strong>und</strong> früh aufhörenden Monatsblutungen ein höheres<br />

Risiko <strong>für</strong> Osteoporose haben. Tatsächlich kann aber jede<br />

Veränderung des normalen Menstruationszyklus einen<br />

direkten oder indirekten Einfluss auf die Knochendichte<br />

ausüben <strong>und</strong> ein Risiko <strong>für</strong> Knochenbrüche bedeuten.<br />

Aktive Sportlerinnen haben häufig unregelmässige oder<br />

sogar keine Monatsblutungen. Eine solche durch körperliche<br />

Anstrengung bedingte Menstruationsstörung geht auf<br />

einen Östrogenabfall zurück, dem den weiblichen Zyklus<br />

steuernden Hormon, <strong>und</strong> kann <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong> <strong>und</strong> Leistung<br />

erheblich beeinträchtigen. Die Häufi gkeitsangaben einer<br />

solchen Menstruationsstörung bei Sportlerinnen liegen<br />

zwischen 6 <strong>und</strong> 79 %. Die Häufigkeit hängt davon ab,<br />

wie der jeweilige Untersucher eine Menstruationsstörung<br />

defi niert, aber auch vom jeweiligen Sport <strong>und</strong> dem Wettkampfniveau.<br />

So hat sich zum Beispiel gezeigt, dass dieses<br />

Phänomen im Fussball <strong>und</strong> im Handball erheblich seltener<br />

auftritt als bei Frauen, die Ausdauersport oder Disziplinen,<br />

wo das Aussehen besonders wichtig ist, wie Gymnastik<br />

oder Tanz, betreiben.<br />

Ein völliges Ausbleiben der Blutungen heisst Amenorrhoe<br />

<strong>und</strong> stellt die extremste Form einer Menstruationsstörung<br />

dar. Sie zeichnet sich durch niedrige Spiegel der weiblichen<br />

Geschlechtshormone aus <strong>und</strong> kann <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong> <strong>und</strong><br />

Fruchtbarkeit erheblich schaden. Auch wenn uns das Ausbleiben<br />

regelmässiger Blutungen manchmal geradezu willkommen<br />

erscheinen mag, so handelt es sich dabei doch<br />

um eine sehr ernste Situation <strong>und</strong> bedeutet, dass unsere<br />

Knochen einen irreversiblen Schaden nehmen.<br />

Es gibt verschiedene Einflussfaktoren, die den Hormonhaushalt<br />

durcheinanderbringen <strong>und</strong> zu Menstruationsstörungen<br />

führen können, dazu gehören eine negative<br />

Energiebilanz, abnormale Essgewohnheiten, die Intensität<br />

von Spiel <strong>und</strong> Training, Körpergewicht <strong>und</strong> -bau sowie alle<br />

Arten von körperlichem oder seelischem Stress. Die Reaktion<br />

der Fortpflanzungsorgane einer Frau auf Sport <strong>und</strong><br />

ernährungsbedingte Faktoren ist sehr individuell.<br />

Ermüdungsbrüche<br />

Während der Knochenschw<strong>und</strong> in der Regel über lange<br />

Zeit unbemerkt bleibt, kann ein Ermüdungsbruch ein Warnzeichen<br />

sein. Vereinfacht kann man sagen: je niedriger die<br />

Knochenmasse, desto grösser das Risiko <strong>für</strong> einen Ermüdungsbruch.<br />

Dieser tritt auf, wenn der Knochen wiederholte<br />

mechanische Belastungen nicht aushalten kann – so wie<br />

sie unsere Beine im Fussball praktisch permanent aushalten<br />

müssen. Dabei verspüre ich einen örtlich begrenzten<br />

Spontan- <strong>und</strong> Druckschmerz im betroffenen Bereich.<br />

<strong>Fussballerinnen</strong> <strong>und</strong> Frauen allgemein erleiden häufiger<br />

Ermüdungsbrüche als Fussballer bzw. Männer. Darüber<br />

hinaus treten Ermüdungsbrüche bei Spielerinnen mit<br />

Menstruationsstörungen häufi ger auf. Bei einem völligen<br />

Ausbleiben der Regel ist das Risiko <strong>für</strong> einen Ermüdungsbruch<br />

zwei- bis dreimal höher. Die Gefahr von Ermüdungsbrüchen<br />

steigt, wenn eine Spielerin ihre Kalorienzufuhr<br />

einschränkt, Milchprodukte mit normalem Fettgehalt meidet,<br />

Diätprodukte konsumiert, unter Essstörungen leidet<br />

<strong>und</strong> ein niedriges Körpergewicht hat.<br />

„Wir sind uns des Problems der Osteoporose bewusst <strong>und</strong> bestärken<br />

unsere Spielerinnen immer wieder, auf eine kalziumreiche Ernährung zu<br />

achten <strong>und</strong> jegliche Änderung ihres Menstruationszyklus sofort zu melden.<br />

Wir raten ihnen von Alkohol, übermässigem Salzkonsum, Koffein <strong>und</strong><br />

Rauchen ab, um das Risiko <strong>für</strong> Osteoporose <strong>und</strong> andere<br />

Krankheiten zu senken.“<br />

Helen Tunstall, verantwortlich <strong>für</strong> das Vorbeugen von Verletzungen<br />

beim neuseeländischen Fussballverband


54 WIE SCHÜTZE ICH MEINE KNOCHEN? | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | WIE SCHÜTZE ICH MEINE KNOCHEN? 55<br />

Wie schütze ich meine Knochen?<br />

Wie erwähnt, ist der Knochenschw<strong>und</strong> ein schleichender<br />

Prozess, den ich meistens erst bemerke, wenn eine damit<br />

im Zusammenhang stehende Verletzung auftritt, wie ein<br />

Ermüdungsbruch. Dennoch kann ich Osteoporose vorbeugen<br />

<strong>und</strong> viel zum Schutz meiner Knochen tun:<br />

1. Menstruationszyklus beobachten<br />

Wie oben erklärt, bedeutet jede Unterbrechung regelmässiger<br />

Blutungen ein Risiko <strong>für</strong> bleibende Knochenschäden.<br />

Jede Spielerin sollte dies als ernstes Warnzeichen verstehen<br />

<strong>und</strong> sofort handeln. Bei einer Amenorrhoe ist es ganz<br />

entscheidend, bereits im ersten Jahr einzuschreiten, da der<br />

Knochenverlust zu Beginn am stärksten ist. Deshalb ist es<br />

von höchster Wichtigkeit, dass ich so schnell wie möglich<br />

einen Arzt aufsuche, sobald es zu unregelmässigen oder<br />

gar ausbleibenden Regelblutungen kommt.<br />

Es hat sich erwiesen, dass die Verschreibung hormonhaltiger<br />

Verhütungspillen nicht nur den Zyklus normalisiert,<br />

sondern bei Sportlerinnen mit Menstruationsstörungen<br />

möglicherweise auch die Knochendichte erhöhen kann.<br />

2. Körperliche Betätigung<br />

Eine mechanische Belastung der Knochen fördert die Bildung<br />

neuen Knochens. Deshalb kann körperliche Aktivität<br />

mit Gewichtsbelastung vor Knochenverlust schützen, sie<br />

kann ihn ausserdem – wenn schon bestehend – verlangsamen<br />

oder eventuell sogar aufhalten. Die gute Nachricht<br />

ist, dass Fussballtraining die Knochenmasse der unteren<br />

Extremitäten erhöht <strong>und</strong> so das Risiko einer späteren Osteoporose<br />

mindern kann. In einer Studie mit norwegischen<br />

Sportlerinnen wiesen Fuss- <strong>und</strong> Handballspielerinnen höhere<br />

Knochendichtewerte auf als Ausdauersportlerinnen <strong>und</strong><br />

Frauen, die sich nicht sportlich betätigen. Man nimmt an,<br />

dass die mechanische Belastung beim Fussballspielen da<strong>für</strong><br />

der Hauptgr<strong>und</strong> ist.<br />

3. Energiebedarf stillen<br />

Als Spielerin sollte ich länger dauernde Perioden mit unzureichender<br />

Energieverfügbarkeit vermeiden, da sie meinen<br />

Knochen ernstlich schaden können. Was bedeutet das?<br />

Nehme ich weniger als 30 kcal pro Kilogramm meiner<br />

fettfreien Körpermasse zu mir, dann ist dies eine unzureichende<br />

Energieverfügbarkeit. Ich kann meine fettfreie Körpermasse<br />

(FFM) berechnen, indem ich von meinem Körpergewicht<br />

etwa 20 % <strong>für</strong> den normalen Körperfettanteil<br />

bei Frauen abziehe. Wer eine ausreichende Energiezufuhr<br />

sicherstellen will, muss die Energie, die beim Training <strong>und</strong><br />

im Spiel verbraucht wird, berücksichtigen.<br />

Beispiel einer unzureichenden Energieverfügbarkeit<br />

60 kg schwere Frau mit 20 % Körperfett = 48 kg fettfreie<br />

Körpermasse (FFM)<br />

Tägliche Energieaufnahme beträgt 1800 kcal (7560 kJ)<br />

Verbrauch durch körperliche Anstrengung (1 Std./Tag) = 500 kcal<br />

(2100 kJ)<br />

Verfügbare Energie = 1800–500 = 1300 kcal (5460 kJ)<br />

Verfügbare Energie = 1300/48 oder 27 kcal/kg FFM (113 kJ per kg FFM)<br />

4. Genügend Kalzium zu sich nehmen<br />

Um unsere Knochen zu schützen, müssen wir genügend Kalzium,<br />

aber auch Vitamin D zu uns nehmen. Dieses Vitamin<br />

kann auch unter Sonneneinstrahlung in der Haut gebildet<br />

werden. Nichtsdestotrotz kann eine sehr schlanke Spielerin<br />

durch zu geringe Kalziumzufuhr gefährdet sein, umso<br />

mehr, wenn sie unter einer Amenorrhoe leidet.<br />

Milchprodukte sind die beste Quelle <strong>für</strong> Kalzium. Wer sich<br />

wegen des Fettgehaltes Sorgen macht, kann zu den fettreduzierten<br />

Varianten greifen, die ein idealer Weg sind,<br />

um den Kalziumbedarf zu stillen. Man sollte versuchen,<br />

jeden Tag mindestens drei Portionen Milchprodukte zu<br />

sich zu nehmen – z. B. 200 ml fettarme Milch, 30 g Käse<br />

oder einen 200-ml-Becher fettarmer Joghurt. Kalziumangereicherte<br />

Sojaprodukte sind ebenfalls geeignet – z. B.<br />

Sojamilch, Sojajoghurt. Schwangere oder Stillende brauchen<br />

ein bis zwei Portionen mehr. Mit Gräten gegessener<br />

Fisch (z. B. Dosenfi sch wie Lachs oder Sardinen) <strong>und</strong> grünes<br />

Blattgemüse (z. B. Brokkoli, Spinat) sind weitere gute<br />

Quellen <strong>für</strong> zusätzliches Kalzium aus unserer Nahrung.<br />

Dabei ist es wichtig zu wissen, dass es keinen Anhalt gibt,<br />

wonach eine Kalziumeinnahme den Knochenverlust bei<br />

Frauen mit ausbleibenden Regelblutungen verhindern<br />

könnte. Dies bedeutet: Wie viel Kalzium auch immer meine<br />

tägliche Kost enthält, es wird einen Hormonmangel niemals<br />

ausgleichen können. Deshalb: Wenn die Regelblutung unregelmässig<br />

ist, sollten wir dringend einen Arzt aufsuchen.<br />

Autorin:<br />

Dr. Katharina Grimm<br />

Basierend auf folgenden Artikeln:<br />

– Warden SJ, Creaby MW, Bryant A L, Crossley KM (2007)<br />

Stress fracture risk factors in female football players and their<br />

clinical implications. Br J Sports Med, 41 Suppl. I: i38-i43<br />

– S<strong>und</strong>got-Borgen J, Torstveit MK (2007) The female football<br />

player, disordered eating, menstrual function and bone health.<br />

Br J Sports Med, 41 Suppl.I: i68-i72<br />

„In meiner Erfahrung gab es in den letzten acht Jahren nur einige wenige<br />

Ermüdungsbrüche, alle am Fuss <strong>und</strong> Unterschenkel <strong>und</strong> alle mit wiederholter<br />

Krafteinwirkung verb<strong>und</strong>en, ohne Anzeichen einer Osteoporose. In unserer<br />

medizinischen Betreuung der Spielerinnen spielt die Vorbeugung von<br />

Verletzungen eine entscheidende Rolle. Dies beinhaltet die sorgfältige<br />

Überwachung von Trainingsbelastung, Menstruation <strong>und</strong> Ernährung.“<br />

Helen Tunstall, verantwortlich <strong>für</strong> das Vorbeugen von Verletzungen<br />

beim neuseeländischen Fussballverband


Fragen <strong>und</strong> Antworten<br />

zum Frauenfussball


58 FRAGEN UND ANTWORTEN ZUM FRAUENFUSSBALL | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | FRAGEN UND ANTWORTEN ZUM FRAUENFUSSBALL 59<br />

Fragen <strong>und</strong> Antworten zum Frauenfussball<br />

Gibt es typische „Frauenverletzungen” im Fussball?<br />

Es gibt kaum typisch „weibliche” Verletzungen, sieht man<br />

einmal von der beträchtlich höheren Rate von vorderen<br />

Kreuzbandverletzungen in den Kontaktsportarten wie<br />

Fussball, Handball <strong>und</strong> Basketball ab. Im Fussball scheinen<br />

Frauen ansonsten generell nicht anfälliger <strong>für</strong> Verletzungen<br />

als Männer. Die weiblichen Fortpfl anzungsorgane<br />

sind vor Verletzungen weit besser geschützt als die männlichen.<br />

Brustverletzungen, die eine Sorge sein könnten,<br />

sind selbst in Kontaktsportarten extrem selten. Dennoch<br />

gibt es bezüglich der Art der Verletzungen im Fussball einige<br />

Unterschiede. Insbesondere scheinen Frauen häufi ger<br />

Knöchelverstauchungen, Kniebandverletzungen <strong>und</strong> Hirnerschütterungen<br />

zu erleiden als Männer. Risse des vorderen<br />

Kreuzbandes im Knie sind ein besonderes Problem, sie<br />

können im Fussball bei Frauen bis zu zehnmal öfter als bei<br />

Männern auftreten. Die Gründe <strong>für</strong> diese höhere Rate sind<br />

nicht ganz klar (siehe Kapitel über Vermeidung von vorderen<br />

Kreuzbandverletzungen).<br />

Können Frauen während der Menstruation<br />

spielen?<br />

Es gibt überhaupt keinen Gr<strong>und</strong>, warum ich während der<br />

Periode nicht Sport treiben könnte. Alle Sportarten sind<br />

möglich, so natürlich auch Fussball. Tatsächlich kann körperliche<br />

Aktivität während der Blutung zu Schmerzen führende<br />

Krämpfe <strong>und</strong> Spasmen lindern <strong>und</strong> auch die typischen<br />

Beschwerden vor der Periode vermindern.<br />

In einer Studie zeigte sich zudem, dass mehr als 80 % der<br />

Frauen während der Periode normale oder bessere Leistungen<br />

erzielen. Die übrigen Frauen blieben unter ihrem<br />

normalen Leistungsstandard zurück. Gleichzeitig gibt es<br />

immer wieder Frauen, die gerade während ihrer Blutung<br />

persönliche Bestleistungen verzeichnen. Letztlich bedeutet<br />

dies, dass mein Körper auf die Menstruation völlig anders<br />

reagieren kann als der meiner Teamkameradinnen. Einige<br />

Spielerinnen haben Probleme, andere nicht. Deshalb ist<br />

mein persönliches Wohlbefinden oder eben Unwohlsein<br />

der alles entscheidende Faktor, wenn es um die Dauer <strong>und</strong><br />

Intensität des Trainings geht.<br />

Was ist die beste Empfängnisverhütung<br />

<strong>für</strong> <strong>Fussballerinnen</strong>?<br />

Ganz unabhängig von ihrer körperlichen Aktivität hat jede<br />

Frau andere Bedürfnisse <strong>und</strong> Erwartungen an ihre Verhütungsmethode,<br />

<strong>und</strong> diese persönlichen Faktoren können<br />

einige Methoden von vornherein ausschliessen. Zusätzlich<br />

sind weitere Punkte zu beachten, wie der Lebensstil (Rauchen!)<br />

<strong>und</strong> Krankheiten wie Diabetes (hoher Blutzucker)<br />

oder in der Vergangenheit aufgetretene Thrombosen (Bildung<br />

von Blutgerinnseln). Dementsprechend kann es die<br />

eine Methode, die <strong>für</strong> jede Spielerin zu jeder Zeit ideal ist,<br />

nicht geben. Die Wahl der Verhütungsmethode ist sehr<br />

individuell, <strong>und</strong> die Tatsache, dass eine Frau Fussball spielt,<br />

ist immer nur ein Faktor bei dieser Entscheidungsfi ndung.<br />

Abgesehen von der im Vergleich zu anderen Methoden<br />

besonders zuverlässigen <strong>und</strong> jederzeit reversiblen Wirkung<br />

von Verhütungspillen gibt es einige weitere Aspekte ihres<br />

Gebrauchs, die von Spielerinnen als Vorteil gesehen werden<br />

können:<br />

• Minderung von Beschwerden <strong>und</strong> Schmerzen vor der<br />

Periode<br />

• geringerer Blutverlust<br />

• Besserung von Blutungsunregelmässigkeiten<br />

• Möglichkeit, den Blutungszeitpunkt zu bestimmen<br />

Zudem vermag die Pille Spannungsgefühle in der Brust zu<br />

mildern <strong>und</strong> Aknesymptome zu bessern.<br />

Seit ihrer Einführung in den 60er-Jahren wurde der Hormongehalt<br />

von Verhütungspillen stetig reduziert. Als Folge<br />

davon haben auch die unerwünschten Nebenwirkungen<br />

abgenommen. Jede Pille hat bestimmte Eigenschaften, die<br />

von ihrem jeweiligen Gehalt an weiblichen Geschlechtshormonen<br />

(Östrogen <strong>und</strong> Progestin) oder einer eventuellen<br />

männlichen Hormonwirkung abhängen. Jede Frau reagiert<br />

auf die verschiedenen Bestandteile unterschiedlich, <strong>und</strong><br />

manchmal treffen bestimmte Gr<strong>und</strong>regeln einfach nicht<br />

zu. Wenn die Häufigkeit von Nebenwirkungen der Pille<br />

auch erheblich gesenkt werden konnte, so leiden manche<br />

Frauen dennoch nach wir vor unter bestimmten. Während<br />

der ersten drei Monate einer neuen Verhütungspille kann<br />

eine ganze Reihe von Nebenwirkungen auftreten (z. B.<br />

Spannungsgefühl in der Brust, Kopfschmerzen, Erbrechen,<br />

Übelkeit, Blutungsstörungen). Mit der Zeit werden diese<br />

in der Regel nachlassen. Daher sollte jede Verhütungspille<br />

mindestens <strong>für</strong> zwei bis drei Monate getestet werden.<br />

Bei allen Frauen, bei denen eine Pilleneinnahme erwogen<br />

wird, muss sorgfältig die Familiengeschichte erhoben werden,<br />

um festzustellen, ob gehäuft Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

auftreten (z. B. Hirnschlag bei Eltern im Alter unter<br />

45, Herzinfarkt der Mutter, durch Blutgerinnsel verursachte<br />

Krankheiten).<br />

Es gibt Implantate, die in den Oberarm eingepfl anzt werden<br />

<strong>und</strong> dann drei Jahre lang Hormone ins Blut abgeben.<br />

Beim Fussball muss man dabei berücksichtigen, dass ein<br />

Schlag oder Schuss gegen den Oberarm zu einem Bluterguss<br />

in dem Gebiet um das Implantat führen kann.<br />

Daneben gibt es auch östrogenfreie Methoden, die in die<br />

Gebärmutter eingesetzt werden <strong>und</strong> eine langfristige Verhütung<br />

bieten. Sie eignen sich besonders <strong>für</strong> Frauen, die<br />

bereits Kinder geboren haben. Eine andere Methode ist<br />

ein fl exibler Ring, der einmal im Monat in die Scheide eingesetzt<br />

wird <strong>und</strong> langsam niedrige Dosen an Hormonen<br />

freisetzt <strong>und</strong> so eine Schwangerschaft verhindert.<br />

Alle Methoden einschliesslich der natürlichen haben im<br />

Einzelfall ihre Vor- <strong>und</strong> Nachteile. Eine individuelle Beratung<br />

durch den Arzt ist entscheidend, um herauszufi nden,<br />

was zu einem bestimmten Zeitpunkt die beste Methode<br />

<strong>für</strong> mich – als Frau <strong>und</strong> als Fussballspielerin – ist.<br />

Dabei gilt, dass völlig unabhängig von der gewählten Verhütungsmethode<br />

der Gebrauch von Kondomen selbstverständlich<br />

sein sollte, wenn ich einen neuen oder einmaligen<br />

Partner habe oder jemanden, den ich nicht besonders<br />

gut kenne. Damit schütze ich mich nicht nur vor einer<br />

Ansteckung mit HIV, sondern auch vor Hepatitis <strong>und</strong> anderen<br />

sexuell übertragenen Krankheiten.<br />

Nehme ich durch die Einnahme der Pille zu?<br />

Der Glaube, dass die Einnahme der Pille (orale Kontrazeptiva)<br />

zur Gewichtszunahme führt, ist weit verbreitet. Die wissenschaftliche<br />

Datenlage bestätigt dies jedoch nicht. Eine<br />

kürzliche Analyse so genannter randomisiert kontrollierter<br />

Untersuchungen (dem „Goldstandard“ der medizinischen<br />

Forschung) fand keinen wissenschaftlichen Beweis da<strong>für</strong>,<br />

dass orale Kontrazeptiva zu einer Gewichtszunahme führen.<br />

Von früheren Studien zur Pille wissen wir, dass die<br />

Gewichtszunahme tatsächlich ein Problem war, <strong>und</strong> zwar<br />

sowohl durch Wassereinlagerung als auch durch Fettansammlung.<br />

Diese Pillen der ersten Generation hatten<br />

allerdings verglichen mit modernen Pillen einen wesentlich<br />

höheren Hormongehalt. Es ist bekannt, dass Östrogen<br />

in hohen Dosen zur Gewichtszunahme führt. Je mehr<br />

Östrogen eine Pille enthält, desto grösser ist die Neigung<br />

zur Gewichtszunahme. Nimmt man aber eine Pille mit der<br />

niedrigsten möglichen Dosierung an Östrogen, so wird<br />

dies allenfalls zu minimaler Gewichtszunahme <strong>und</strong> Wassereinlagerung<br />

führen.<br />

Zudem muss man sich Folgendes klar machen: Wenn<br />

5–10 % der Frauen, die die Pille nehmen, eine Gewichtszunahme<br />

beklagen, beträgt der Anteil an Frauen, die ohne<br />

Einnahme der Pille zunehmen, ebenfalls 5–10 %. Mit anderen<br />

Worten: Die Gewichtszunahme ist rein zufällig <strong>und</strong> nicht<br />

ursächlich durch die Pille bedingt.<br />

Ist das Manipulieren des Zyklus nach Spielplan<br />

schädlich?<br />

Als Spielerin, die viel reist <strong>und</strong> spielt, werde ich des Öfteren<br />

den Wunsch haben, meine Periode hinauszuschieben,<br />

weil dies angenehmer <strong>und</strong> bequemer ist. Relativ einfach<br />

kann dies mit einer so genannten einphasigen Pille<br />

erreicht werden, bei der der Hormongehalt während des<br />

ganzen Einnahmezyklus gleichbleibt. Nach den ersten drei<br />

Wochen Einnahme der hormonaktiven Pille lässt man dazu<br />

die Woche mit Plazebopillen aus <strong>und</strong> nimmt stattdessen


60 FRAGEN UND ANTWORTEN ZUM FRAUENFUSSBALL | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | FRAGEN UND ANTWORTEN ZUM FRAUENFUSSBALL 61<br />

unmittelbar die hormonaktiven Pillen der nächsten Phase<br />

ein. Das wird zu einer Blutung nach sechs Wochen führen.<br />

Bei einer dreiphasigen Pille, bei der drei unterschiedliche<br />

Hormondosen den „natürlichen” Zyklus imitieren sollen,<br />

ist das Überspringen einer Periode auf diese Art allerdings<br />

nicht empfehlenswert.<br />

Es gibt ausserdem Drei-Monats-Pillen, bei denen die aktive<br />

Phase 84 Tage dauert, gefolgt von einer Woche inaktiver<br />

Pillen. Die Menstruation tritt dabei in Woche 13 auf, was<br />

bedeutet, dass es nur viermal pro Jahr zu einer Periodenblutung<br />

kommt.<br />

Nimmt man keine Verhütungspille ein, so gibt es die Möglichkeit<br />

einer Progestogen enthaltenden Pille, die in den<br />

drei Tagen vor der fälligen Periode jeweils dreimal täglich<br />

eingenommen werden muss, <strong>und</strong> anschliessend so lange,<br />

wie man die Periode verschieben möchte. Wenn diese Pille<br />

abgesetzt wird, kommt es wie gewöhnlich zur Blutung.<br />

Ein Hinausschieben der Periode <strong>und</strong> die Einnahme langwirksamer<br />

Verhütungspillen wird häufig praktiziert <strong>und</strong><br />

auch von Ärzten empfohlen. Dennoch ist zu sagen, dass<br />

die langfristigen Folgen einer solchen dauernden Praxis<br />

bislang unbekannt sind. Während die akuten Nebenwirkungen<br />

der Dauerpille jenen der normalen Pille ähnlich<br />

sind, bestehen noch viele offene Fragen, z. B. was den Einfl<br />

uss einer dauernden Hormoneinnahme auf den Reifeprozess<br />

eines Mädchens angeht.<br />

Was bedeutet „Female Athlete Triad”?<br />

Dieser Begriff bezeichnet die Kombination aus Essstörung,<br />

Amenorrhoe (Ausbleiben der Periodenblutung) <strong>und</strong> Osteoporose<br />

(Knochenschw<strong>und</strong> <strong>und</strong> ungenügende -neubildung)<br />

als einem bei Sportlerinnen bekannten Phänomen.<br />

Dabei kann die Betroffene an einem, zwei oder allen drei<br />

Merkmalen leiden. Die Female Athlete Triad wird häufi g in<br />

Sportarten beobachtet , bei denen schlank sein zwingend<br />

ist, wie Gymnastik oder Ballett. Doch auch im Fussball ist<br />

eine zunehmende Fokussierung auf Figurfragen zu beobachten.<br />

Als Fussballspielerin auf hohem Niveau, die sehr<br />

hart trainiert, bin ich deshalb durchaus gefährdet: Der<br />

Fussball kann <strong>für</strong> mich so wichtig werden, dass ich nahezu<br />

alles tun würde, um meine Leistung zu verbessern.<br />

Doch anders als häufi g angenommen führt ein Gewichtsverlust<br />

nicht zwangsläufig zu einer Leistungssteigerung.<br />

Ganz im Gegenteil können andauernde Energiedefizite<br />

ohne Schaden <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heit</strong> <strong>und</strong> Leistung nämlich gar<br />

nicht durchgestanden werden. Unzureichende Energiezufuhr<br />

kann nicht nur die Erholung meines Körpers nach<br />

Anstrengung verzögern <strong>und</strong> seine Anpassungsreaktion auf<br />

Trainingsreize einschränken, sondern auch das Immunsystem<br />

<strong>und</strong> die Fortpfl anzungsfähigkeit beeinträchtigen. Langfristig<br />

können die Knochen irreversiblen Schaden erleiden.<br />

Ist ein Ausbleiben der Periode gefährlich?<br />

Ein völliges Ausbleiben der monatlichen Blutung nennt<br />

man Amenorrhoe. Eine Amenorrhoe wird durch niedrige<br />

Blutspiegel des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen<br />

verursacht <strong>und</strong> kann Folge intensiven Trainings bei gleichzeitig<br />

geringer Energiezufuhr sein. Wenn manche Spielerinnen<br />

ihre Monatsblutung auch als unnütze Belästigung<br />

ansehen mögen <strong>und</strong> ihr Ausbleiben sogar begrüssen, so<br />

ist es in der Tat gefährlich, mehrere blutungsfreie Monate<br />

einfach als belanglos abzutun. Kurzfristig kann es zu<br />

Muskelschwäche, Ermüdungsbrüchen der Knochen <strong>und</strong><br />

verminderter Leistungsfähigkeit kommen. Langfristig sind<br />

Knochenschw<strong>und</strong> <strong>und</strong> ein irreversibler Schaden der Fortpfl<br />

anzungsorgane zu be<strong>für</strong>chten. Deshalb ist es ganz entscheidend,<br />

umgehend einen Arzt aufzusuchen.<br />

Hat Fussball einen Einfluss auf die<br />

Empfängnisfähigkeit?<br />

„Ich habe bis zum siebten Monat mit dem Ball gearbeitet. Ich hatte<br />

eigentlich nie Angst, mich zu verletzen oder einen Ball abzubekommen.<br />

Allerdings war ich immer in Sorge, dass meine Herzfrequenz zu weit<br />

ansteigt, deshalb habe ich vor allem darauf geachtet. Ich hatte eine sehr<br />

gute, problemlose Schwangerschaft, da<strong>für</strong> sehr lang dauernde Wehen<br />

<strong>und</strong> eine schwierige Geburt. Danach lief alles bestens. Ich habe<br />

Rylie sechseinhalb Monate lang gestillt.“<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich sind Bewegung <strong>und</strong> Fruchtbarkeit eng verknüpft.<br />

Sowohl zu wenig als auch zu viel Bewegung können<br />

die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Dies vor allem deshalb,<br />

weil Bewegung den Körperfettanteil beeinfl usst, der<br />

wiederum bei der Östrogenproduktion eine Rolle spielt.<br />

Östrogen ist das Geschlechtshormon, das den weiblichen<br />

Zyklus reguliert. Körperliche Aktivität in Massen erhöht<br />

die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden. Ausserdem<br />

haben Frauen, die regelmässig Sport treiben, zumeist eine<br />

leichtere Schwangerschaft <strong>und</strong> Geburt.<br />

Trainiere ich jedoch so viel, dass meine Periode unregelmässig<br />

wird oder gar ganz ausbleibt, werde ich<br />

wahrscheinlich nicht schwanger, da mein Körper seine<br />

Eisprungtätigkeit vorübergehend einstellt. Wie bereits<br />

Christie Rampone, 32, Verteidigerin, kehrte nur 112 Tage nach der Geburt<br />

ins US-Nationalteam zurück<br />

erwähnt, sollte ich deshalb gr<strong>und</strong>sätzlich sofort einen Arzt<br />

aufsuchen, wenn die Periode ausbleibt.<br />

Können schwangere Frauen trainieren <strong>und</strong><br />

spielen?<br />

Generell ist die Meinung, dass die positiven Wirkungen<br />

sportlicher Betätigung während der Schwangerschaft die<br />

möglichen Risiken klar überwiegen. Frauen, die Sport treiben,<br />

kontrollieren ihr Gewicht leichter <strong>und</strong> haben während<br />

Schwangerschaft <strong>und</strong> Geburt weniger Komplikationen.<br />

Studien haben gezeigt, dass ges<strong>und</strong>e Frauen mit normaler<br />

Schwangerschaft moderate <strong>Fitness</strong>programme absolvieren<br />

<strong>und</strong> so ihre körperliche <strong>Fitness</strong> ohne Schaden <strong>für</strong> ihr Baby<br />

erhalten können. Bewegung kann zur Vorbeugung von<br />

durch die Schwangerschaft ausgelösten Krankheiten wie<br />

Diabetes, Bluthochdruck, Krampfadern <strong>und</strong> depressiver<br />

Verstimmung beitragen.<br />

Obwohl allgemeine Bewegungsprogramme während der<br />

Schwangerschaft recht ausgiebig untersucht wurden,<br />

weiss man über Fussball im Speziellen nur wenig. Es gibt<br />

keine Berichte über Schäden oder gar Tod des Ungeborenen<br />

im Zusammenhang mit Unfällen oder körperlichem<br />

Kontakt während sportlicher Aktivitäten. Dessen ungeachtet<br />

empfehlen die meisten Geburtshelfer in der Regel,<br />

keine Sportarten auszuüben, die ein Risiko <strong>für</strong> Stolpern,<br />

Fallen oder Schläge <strong>und</strong> Stösse gegen den Unterleib bergen.<br />

All dies kann zu Plazentaschäden führen <strong>und</strong> letztlich<br />

die Blutversorgung des Ungeborenen stören, zu möglicherweise<br />

fatalen Folgen führen <strong>und</strong> ein erhebliches, im<br />

schlimmsten Fall lebensbedrohliches Risiko <strong>für</strong> die Mutter<br />

darstellen. Während der späten Schwangerschaft wird<br />

auch von stärkerem Auf <strong>und</strong> Ab wie beim Laufen <strong>und</strong><br />

Springen abgeraten.


62 FRAGEN UND ANTWORTEN ZUM FRAUENFUSSBALL | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN | FRAGEN UND ANTWORTEN ZUM FRAUENFUSSBALL 63<br />

Als Topspielerin möchte ich mein intensives Training<br />

wahrscheinlich auch während der Schwangerschaft fortsetzen.<br />

Bis heute gibt es jedoch keine Richtlinien <strong>für</strong> die<br />

empfohlene Trainingsaktivität von Hochleistungssportlerinnen.<br />

Es scheint, dass ges<strong>und</strong>e Frauen <strong>und</strong> Babys kurze,<br />

intensive Anstrengungen sowie längere Ausdauerübungen<br />

<strong>und</strong> wahrscheinlich auch andauerndes umfangreicheres<br />

Training tolerieren. Allerdings ist die wissenschaftliche<br />

Datenlage zu Training <strong>und</strong> Leistung auf maximalem<br />

Niveau spärlich <strong>und</strong> widersprüchlich. Die sichere obere<br />

Grenze körperlicher Aktivität während der Schwangerschaft<br />

ist unbekannt. Deshalb gehen die allgemeinen<br />

Empfehlungen der Experten dahin, die beschriebenen<br />

Anstrengungen zu meiden, um nicht einen spontanen<br />

Abort zu riskieren.<br />

Allgemeine Empfehlungen zum Training während<br />

der Schwangerschaft<br />

Während der Schwangerschaft steigt die Ruhefrequenz<br />

des Herzens an, während die maximale Herzfrequenz<br />

sinkt. Dies bedeutet, dass die Herzfrequenz zur Überwachung<br />

weniger genau ist: Sie wird die Anstrengungsintensität<br />

bei niedriger Belastung über- <strong>und</strong> bei hoher Belastung<br />

unterschätzen. Deshalb wurden die Zielzonen <strong>für</strong> die Herzfrequenz<br />

schwangerer Frauen angepasst.<br />

Angepasste Zielherzfrequenz <strong>für</strong> Training<br />

während der Schwangerschaft<br />

Alter der Spielerin Zielherzfrequenz (Schläge pro Minute)<br />

< 20 140–155<br />

20–29 135–150<br />

30–39 130–145<br />

> 40 125–140<br />

Anstrengendes Training in heissem <strong>und</strong> feuchtem Klima ist<br />

zu vermeiden. Vor, während <strong>und</strong> nach dem Training unbedingt<br />

genügend trinken. Nach dem Training schrittweise<br />

Abkühlen, um plötzliche Schwankungen in der Blutversorgung<br />

der Plazenta zu vermeiden. Einige Übungen sind <strong>für</strong><br />

schwangere Frauen nicht geeignet: So sollten z. B. Squats<br />

<strong>und</strong> Bauchübungen insbesondere im zweiten <strong>und</strong> dritten<br />

Trimester vermieden werden.<br />

Es ist wichtig, dass jede Frau nach ausgiebiger Beratung<br />

durch ihren Arzt <strong>für</strong> sich selbst entscheidet, ob <strong>und</strong> wie<br />

intensiv sie während ihrer Schwangerschaft trainieren will.<br />

Diese Entscheidung hängt vom Stadium <strong>und</strong> dem Verlauf<br />

der Schwangerschaft sowie der Verfassung des Kindes ab.<br />

Eine Elitespielerin sollte von einem Geburtshelfer betreut<br />

werden, der mit dem Einfluss maximaler Belastung auf<br />

schwangere Mütter <strong>und</strong> ihre Babys vertraut ist.<br />

Können stillende Mütter Fussball spielen?<br />

Mässige sportliche Betätigung während des Stillens beeinträchtigt<br />

weder die Menge noch die Zusammensetzung<br />

der Muttermilch oder das Gedeihen des Kindes. Nach<br />

maximaler Trainingsintensität kann der Milchsäuregehalt<br />

der Muttermilch erhöht sein. Es ist unklar, ob dieser vorübergehende<br />

Anstieg die Milch weniger wohlschmeckend<br />

<strong>für</strong> das Baby macht. Wenn ein Baby nach einem Training<br />

oder Spiel nicht gut trinkt, kann man versuchen, das Stillen<br />

um eine St<strong>und</strong>e hinauszuschieben, oder aber die Milch<br />

vor dem Training abpumpen.<br />

Gibt es Unterschiede zwischen Männern <strong>und</strong><br />

Frauen in Bezug auf das Ausmass körperlichen<br />

Trainings, mit dem sie zurechtkommen?<br />

Diese Frage hängt von Alter <strong>und</strong> Wettbewerbsniveau ab. Vor<br />

der Pubertät werden die Spieler auf ähnlichem Niveau trainieren,<br />

so dass es nur geringe Unterschiede zwischen dem<br />

Training von Mädchen <strong>und</strong> Jungen gibt. Nach der Pubertät<br />

erlauben Wachstum <strong>und</strong> Entwicklung den Männern, in jeder<br />

Sportart härter <strong>und</strong> länger als Frauen zu trainieren.<br />

„Ich habe zwei Wochen nach der Entbindung wieder zu trainieren<br />

begonnen <strong>und</strong> nach fünf Wochen wieder gespielt. Das Stillen erwies<br />

sich allerdings als schwierig, einerseits wegen der Milchsäurebildung <strong>und</strong><br />

andererseits wegen der starken zeitlichen Beanspruchung durch Training<br />

<strong>und</strong> Spiel. Letztlich habe ich nach acht Wochen abgestillt.“<br />

Martina Voss, frühere deutsche Nationalspielerin<br />

„Ich habe unter Kontrolle meines Arztes bis zum Ende des vierten<br />

Monats gespielt. Ich hatte eigentlich nie Angst, aber meine Gegner hatten<br />

sie, wenn sie erfuhren, dass ich schwanger war. Es war auch <strong>für</strong> meinen<br />

Trainer <strong>und</strong> die Betreuer schwierig, denn sie wussten nicht, ob sie mich<br />

spielen lassen sollten. Als ich <strong>für</strong> das Nationalteam spielte, geschah das<br />

auf meine Verantwortung, <strong>und</strong> ich verzichtete auf alle<br />

Versicherungsleistungen im Falle eines Ereignisses.“<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich können Frauen nicht in derselben absoluten<br />

Intensität wie Männer trainieren. Sie können jedoch<br />

im Verhältnis in derselben Intensität trainieren, nämlich<br />

bei etwa 70–75 % ihrer maximalen Kapazität, was<br />

einem langsameren Rhythmus als dem der Männer entspricht.<br />

Die absolute Intensität in Metern pro Sek<strong>und</strong>e<br />

oder Minuten pro Meile ist dabei jedoch geringer als bei<br />

Männern. Würde eine Frau versuchen, genauso schnell<br />

wie ein Mann zu laufen, so würde sie dieses Tempo nicht<br />

so lange durchhalten wie er. Biologische Unterschiede<br />

bei Frauen beeinflussen ihre Ausdauerleistung, Kraft,<br />

Geschwindigkeit, Antrieb <strong>und</strong> einige andere Faktoren.<br />

.<br />

Martina Voss, frühere deutsche Nationalspielerin<br />

Autorin:<br />

Dr. Katharina Grimm<br />

Wissenschaftliche Beratung:<br />

Professor Dr. Thomas Rabe (Deutschland)


IMPRESSUM | GESUNDHEIT UND FITNESS FÜR FUSSBALLERINNEN<br />

Impressum<br />

Offizielle Publikation der<br />

Fédération Internationale de Football Association (FIFA)<br />

Herausgeberin<br />

Fédération Internationale de Football Association<br />

Präsident Generalsekretär<br />

Joseph S. Blatter Jérôme Valcke<br />

Vorsitzender der sportmedizinischen Kommission<br />

Michel D’Hooghe, MD<br />

FIFA-Strasse 20 Postfach 8044 Zürich Schweiz<br />

Tel.: +41-(0)43-222 7777 Fax: +41-(0)43-222 7878 www.FIFA.com<br />

Redaktion <strong>und</strong> Produktion<br />

FIFA Medical Assessment and Research Centre (F-MARC)<br />

Fotos<br />

Action Images (Seite 20, 50+51), Associated Press (Seite 10, 12+13, 15, 40, 42+43),<br />

dreamstime (Seite 48), FIFA (Seite 5, 22–23, 28–35, 60), fotolia (Seite 47, 52), Foto-net (Seite 63),<br />

FotoSearch (Seite 59, 60), Getty Images Germany (Seite 8+9), Getty Images Switzerland (Titel),<br />

International Sports Images (Seite 16+17, 36+37), Imago Sportfotodienst GmbH (Seite 19, 39, 41),<br />

iStock International Inc. (Seite 46, 49, 55), medizinfoto.de (Seite 54), ozone images (Seite 6+7, 24+25),<br />

StockFood GmbH (Seite 45), Witters (Seite 56+57)<br />

Inhalt<br />

Diese Broschüre wurde von Katharina Grimm, MD, <strong>und</strong> Donald Kirkendall, PhD, verfasst, basierend auf den Originalartikeln in<br />

der Beilage zum British Journal of Sports Medicine im August 2007, herausgegeben von Jiri Dvorak, MD, Astrid Junge, PhD,<br />

Colin Fuller, PhD, <strong>und</strong> Paul McCrory, PhD.<br />

Übersetzung<br />

Dr. Katharina Grimm<br />

Graphisches Konzept / Layout<br />

Sven Müller Design, D-82319 Leutstetten<br />

Druck<br />

rva Druck <strong>und</strong> Medien AG, Altstätten, Schweiz<br />

Der Nachdruck von Artikeln – auch auszugsweise – ist nur mit Genehmigung der Herausgeber erlaubt <strong>und</strong> unter Quellenangabe<br />

(Copyright: FIFA) zu veröffentlichen.<br />

Der Nachdruck von Fotos ist mit den einzelnen Bildagenturen zu klären.<br />

Das FIFA-Signet ist ein eingetragenes Warenzeichen.

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