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volkslied-sammelergebnisse in mahren und schlesien aus dem ...

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104 KAREL VETTERL<br />

<strong>und</strong> Pavlov (Kreis Jihlava), seit 1794 <strong>in</strong> Mräkot<strong>in</strong> <strong>und</strong> zuletzt (seit 1829)<br />

<strong>in</strong> Olsany. In se<strong>in</strong>em Nachlaß befanden sich zahlreiche, meistens anonyme<br />

Kirchenkompositionen <strong>und</strong> alte tschechische Pastorellen 28<br />

nebst e<strong>in</strong>er gereimten<br />

Übersetzung der Rhytmi Patriotici <strong>in</strong>s Tschechische. 29<br />

Czok dürfte<br />

also sowohl musikalisch, als auch literarisch begabt gewesen se<strong>in</strong>, zum Unterschied<br />

von Gallas bevorzugte er aber städtische Gesellschaftslieder, 30<br />

vornehmlich<br />

jene, die auch am Lande beliebt waren <strong>und</strong> später <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Umwandlungen <strong>in</strong> der Volksüberlieferung weiter gelebt haben. Als Beispiel<br />

kann wohl das Liebeslied Kdyby moje milä samy pentle byla (Wenn<br />

me<strong>in</strong>e Geliebte t<strong>aus</strong>end Schleifen hätte) dienen. In Czok's Aufzeichnung besteht<br />

es <strong>aus</strong> sieben redseligen Strophen, <strong>in</strong> der Volksüberlieferung genügte<br />

für die Erfassung des Gr<strong>und</strong>gedankens — Liebe <strong>und</strong> gute Eigenschaften gelten<br />

mehr als Reichtum — e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger Achtzeiler, der dann <strong>in</strong> mannigfachen<br />

Varianten weiterlebte 31<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> vielen gesellschaftlichen Gesangsbüchern<br />

nachgedruckt wurde. E<strong>in</strong> anderesmal handelt es sich vielmehr um e<strong>in</strong>e mechanische<br />

Kürzung (Weglassung e<strong>in</strong>iger Strophen <strong>und</strong> Umstellung der Reihenfolge),<br />

wie z. B. im Lied<br />

Musim se, me dite, tebe zeptat,<br />

zdaliz mne zkoumati jiz chces pfestat.<br />

(Ich muß dich, me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, fragen, ob du schon aufhören willst mich zu<br />

prüfen.) Kollär II (1835), S. 310, setzt dieses Lied mit 12 Strophen unter<br />

die städtischen Gesellschaftsgesänge e<strong>in</strong>. Czok hat nur die ersten 6 Strophen<br />

verzeichnet <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e neue Abschlußstrophe angegliedert. 313<br />

Manchmal, namentlich wo es an Vergleichsbelegen fehlt, s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> Versuchung<br />

das aufgezeichnete Lied für e<strong>in</strong>e eigene Komposition unseres Gewährsmannes<br />

zu halten, bei se<strong>in</strong>er Begabung wäre es nicht <strong>aus</strong>geschlossen,<br />

wie z. B. <strong>in</strong> <strong>dem</strong> Lied Dej znämost, synecku, jak se mäs (<strong>in</strong> der Form e<strong>in</strong>es<br />

Liebesbriefes: Gib mir bekannt, wie es dir geht). Auffallend ist jedoch die<br />

fließend <strong>aus</strong>gewogene Melodie mit häufigen Sek<strong>und</strong>schritten <strong>in</strong> Legatob<strong>in</strong>dungen,<br />

e<strong>in</strong> charakteristisches Merkmal südböhmischer Volksweisen, das<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich auch L. Janäcek bewogen hat, dieses Lied <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Ausgabe<br />

Moravske pisne milostne (Mährische Liebeslieder) unter Nr. 74 aufzunehmen.<br />

(Siehe auch Anm. 18.)<br />

Wie eng das Kunstlied mit <strong>dem</strong> Volkslied verknüpft war, beweist das<br />

nächstfolgende Liebeslied — Gespräch e<strong>in</strong>es Jüngl<strong>in</strong>gs mit <strong>dem</strong> Mond während<br />

e<strong>in</strong>es Ganges zur Geliebten — e<strong>in</strong> typisches Produkt sentimentaler<br />

städtischer Dichtung <strong>aus</strong> der Wende des 18. <strong>und</strong> 19. Jhs. Die ersten zwei<br />

Strophen dieses Liedes haben e<strong>in</strong>en festen Platz im Volksm<strong>und</strong>e e<strong>in</strong>genommen<br />

<strong>und</strong> verpflanzten sich später besonders <strong>in</strong> der Umgebung von Domazlice<br />

(West-Böhmen). 32<br />

Die Melodie hängt wieder überraschend eng mit e<strong>in</strong>em<br />

2 8<br />

2 9<br />

3 0<br />

3 1<br />

31<br />

3 2<br />

Heute im Stadtarchiv zu Tele.<br />

Orig<strong>in</strong>al <strong>in</strong> Late<strong>in</strong> von J. Oliva (1785), Kaplan zu Tele.<br />

Se<strong>in</strong>e Sammlung, datiert „den 29. ten Herbstmonds 819", enthält 17 Lieder weltlichen<br />

Inhalts <strong>und</strong> 4 Hochzeitslieder, darunter 3 mit religiösem Charakter <strong>und</strong> 1 Flugblattlied.<br />

Vgl. Erben, S. 139, Holas I 47, II 60b, 62b, bzw. 307, III 67, IX 18.<br />

a Bei Rittersberg (1825) bloß 3 Strophen mit e<strong>in</strong>er anderen Melodie als bei Czok.<br />

J. J<strong>in</strong>dfich, Chodsky zpevnik (Choden-Gesangsbuch) VIII, Praha 1955, Nr. 224,<br />

Strophe 2 n. 3, Nr. 181, Strophe 4.

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