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06-15 Phaenomene - Natürlich

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NATUR<br />

Lichtphänomene<br />

Regenbogen, Halos, Nebensonnen und Farbkränze<br />

gehören am Himmel zu den eindrücklichsten<br />

Phänomenen aus farbigem Licht. Einige dieser<br />

Erscheinungen sind relativ häufig, andere so selten,<br />

dass sie sogar in die Geschichte eingehen.<br />

Text und Fotos: Andreas Walker<br />

Seit jeher machte der Regenbogen<br />

grossen Eindruck auf die Menschen.<br />

Dieser Eindruck war<br />

manchmal so gewaltig, dass man<br />

sich scheute, das Wort «Regenbogen»<br />

direkt auszusprechen. Er hat auch heute<br />

noch etwas Geheimnisvolles und deshalb<br />

ranken sich besonders viele Phantasien<br />

um ihn. Der farbige Himmelsring<br />

verbildlicht ergreifende Schönheit und<br />

Harmonie – besonders dann, wenn er<br />

nach furchterregenden Regenstürmen erscheint.<br />

Farbenspektakel<br />

6 <strong>Natürlich</strong> | 7-2005


Lichtphänomene NATUR<br />

So heisst es im Alten Testament:<br />

«Wenn ich nun Gewölk über der Erde<br />

balle und wenn der Bogen in den Wolken<br />

erscheint, so will ich meines Bundes gedenken,<br />

der zwischen mir und euch und<br />

allen lebenden Wesen besteht, und niemals<br />

mehr soll das Wasser zur Flut werden,<br />

um jegliches Leben zu verderben».<br />

Grosse Regentropfen =<br />

kräftiger Regenbogen<br />

So klar sich der Regenbogen manifestiert,<br />

bleibt er dennoch ungreifbar. Man kann<br />

den Radius des Regenbogens nur mit<br />

Winkelgraden angeben, da der Regenbogen<br />

nur einen scheinbaren Durchmesser<br />

vom Betrachter aus hat. Seine<br />

Grösse ist nicht mit einem Längenmass<br />

zu fassen, da seine Entfernung nicht festgelegt<br />

werden kann.<br />

Je mehr Wassertropfen sich in der<br />

Luft befinden und je grösser diese Tropfen<br />

sind, desto kräftiger erscheint der<br />

Regenbogen. Schauerartige Regenfälle<br />

mit überdurchschnittlich grossen Tropfen<br />

bilden somit die beste Voraussetzung für<br />

einen kräftigen Regenbogen – immer unter<br />

der Voraussetzung, dass eine solche<br />

Regenwand von starkem Sonnenlicht beschienen<br />

wird. Solche Situationen treten<br />

vor allem nach einem abendlichen Gewitter<br />

auf.<br />

Der innere kräftigere Primärregenbogen<br />

weist einen Radius von 40 bis 42<br />

Grad auf und der äussere schwächere<br />

Sekundärregenbogen einen Radius von<br />

51 bis 54 Grad. Das Bild des Regenbogens<br />

wird durch die vom Licht beschienenen<br />

fallenden Regentropfen erzeugt und mit<br />

dem Wandern des Betrachters wandert<br />

auch der Regenbogen.<br />

<strong>Natürlich</strong> | 7-2005 7


Sonne<br />

Haloerscheinungen werden durch Reflexion<br />

und Brechung an Eiskristallen in hohen Eiswolken<br />

(Cirrostratus) verursacht. Nur die<br />

einfachsten Formen der Eiskristalle geben<br />

Anlass zur Haloentstehung, nämlich sechseckige<br />

Platten und Säulen. Es sind diejenigen,<br />

die meistens bei einem Warmfrontaufzug<br />

langsam gewachsen sind, denn bei<br />

schnellem Kristallwachstum werden die<br />

Kristallflächen weniger rein ausgebildet.<br />

Im Gegensatz zum Regenbogen blickt der<br />

Beobachter jetzt direkt zur Lichtquelle und<br />

die Lichtquelle selbst bildet den Mittelpunkt<br />

des Halos, welcher schwach farbig<br />

ist. Ebenso sind im Gegensatz zum<br />

(primären) Regenbogen die Farben umgekehrt<br />

angeordnet, das heisst, das Rot befindet<br />

sich auf der Innenseite des Bogens<br />

und das Blau aussen. Häufig jedoch ist der<br />

Halo fast nur als weisslicher Ring um Sonne<br />

oder Mond erkennbar.<br />

Die häufigste Halo-Art ist ein Ring um die<br />

Sonne (oder den Mond) mit einem 22-Grad-<br />

Radius. Es existieren noch zahlreiche<br />

andere Komponenten, welche jedoch viel<br />

seltener sind.<br />

Manchmal sind auch noch farbige oder<br />

weissliche Bögen, Lichtflächen oder Punkte<br />

am Himmel sichtbar. Besonders bekannt<br />

sind die Nebensonnen, die oft links und<br />

rechts neben der Sonne als helle farbige<br />

Punkte oder Flecken am Himmel<br />

erscheinen.<br />

Sechseckige<br />

Eiskristalle<br />

22°-Halo<br />

Die Entstehung des 22°-Halo<br />

Lichtreflexion:<br />

Bildung von Halos<br />

Unfassbare<br />

Himmelserscheinung<br />

Der Regenbogen ist buchstäblich nicht<br />

fassbar, aber wer sein Geheimnis zu ergründen<br />

vermag, ist reich. Deshalb ist so<br />

oft von Schätzen am Ende des Regenbogens<br />

die Rede. Gold soll man dort finden<br />

oder goldene Regenbogenschüsselchen.<br />

Auch als Brücke ins Jenseits wird<br />

der Regenbogen gern gesehen.<br />

So faszinierend der Regenbogen auf<br />

viele Menschen wirkt, so war er früher<br />

auch mit viel Aberglauben verbunden.<br />

Oft betrachtete man den Regenbogen als<br />

schlechtes Vorzeichen. Man sagte ihm<br />

nach, er ziehe an seinen Enden alles nach<br />

oben, auch Wasser, samt Fischen, für<br />

neue Gewitter. Der zweite schwächere<br />

Sekundärregenbogen mit umgekehrter<br />

Farbabfolge galt als teuflische Nachahmung<br />

des inneren Bogens und unvollständige<br />

Regenbogen wurden gar als<br />

gefährliche Vorboten für sintflutartige<br />

Regenfälle betrachtet.<br />

Ein Regenbogen<br />

im Licht des Mondes<br />

Auch das Mondlicht kann einen Regenbogen<br />

erzeugen. Bei ganz schwachen<br />

Lichtverhältnissen verschwinden jedoch<br />

für unsere Augen die Farben und das entsprechende<br />

Objekt wird nur noch<br />

schwarz-weiss wahrgenommen. Deshalb<br />

erscheint ein vom Mond erzeugter Regenbogen<br />

als weisslicher Ring am Nachthimmel.<br />

Auf einem Farbfilm weist er jedoch<br />

wieder die normalen Farben auf. Das<br />

Phänomen des Mondregenbogens wird in<br />

den folgenden Versen im Stück «Wilhelm<br />

Tell» von Friedrich Schiller geschildert:<br />

Ja wahrlich!<br />

Ein Regenbogen mitten in der Nacht!<br />

Es ist das Licht des Mondes, das ihn bildet.<br />

Das ist ein seltsam wunderbares Zeichen!<br />

Es leben viele, die das nicht gesehen.<br />

Er ist doppelt, seht, ein blässrer steht darüber.<br />

Besonders interessant an dieser Schilderung<br />

ist die blasse Farbe des Regenbogens,<br />

welche infolge des schwachen<br />

Lichts und des damit verbundenen<br />

Schwarz-weiss-Sehens entsteht. Zudem<br />

wird mit dem Vers «Er ist doppelt, seht,<br />

ein blässrer steht darüber», ganz klar auf<br />

den Sekundärregenbogen hingewiesen.<br />

Ein Regenbogen am Boden<br />

In seltenen Fällen kann im Morgentau einer<br />

Wiese ein «Taubogen» entstehen. Die<br />

Tautröpfchen wirken auf das Sonnenlicht<br />

wie die fallenden Regentropfen und verursachen<br />

dadurch ebenfalls das Phäno-<br />

8 <strong>Natürlich</strong> | 7-2005


Eine seltene Halokomponente, die im Zenit<br />

des Betrachters erscheint: Wie ein verkehrter<br />

Regenbogen am blauen Himmel entsteht<br />

diese Erscheinung in hohen Eiswolken, deren<br />

Eiskristalle das Licht brechen.<br />

Lichtphänomene NATUR<br />

men des Regenbogens. Ein Taubogen ist<br />

von sehr flüchtiger Natur. Da mit der aufgehenden<br />

Sonne die Tautropfen auf den<br />

Gräsern rasch verdunsten, erscheint dieser<br />

Regenbogen nur gerade kurz nach<br />

Sonnenaufgang.<br />

In Spinnweben zwischen Gräsern<br />

oder Büschen, in denen feine Tautröpfchen<br />

hängen, kann hin und wieder ein<br />

Fragment eines Taubogens gesehen werden,<br />

wenn der Betrachter sich im «richtigen»<br />

Winkel zu den Tröpfchen befindet,<br />

die von der Sonne beschienen werden.<br />

Am besten sieht man diese schwachen<br />

Regenbogenfarben beim langsamen Vorbeigehen<br />

an einem mit Tau behangenen<br />

Spinnennetz. Für einen kurzen Augenblick<br />

leuchtet ein seidiger Schein in gelblich-blauen<br />

Farben auf, der den schwachen<br />

Taubogen anzeigt.<br />

Im Extremfall hat ein Beobachter die<br />

Sonne im Rücken, schaut auf eine Nebelwand<br />

und sieht einen weissen Nebelbogen,<br />

der ungefähr doppelt so breit ist,<br />

wie der gewöhnliche Regenbogen. Da die<br />

Nebeltröpfchen jedoch sehr klein sind,<br />

brechen sie zwar das Licht zu einem<br />

Regenbogen, verursachen jedoch infolge<br />

ihrer geringen Grösse Lichtüberlagerungen.<br />

Aus den Lichtüberlagerungen der<br />

zerlegten Spektralfarben entsteht somit<br />

wieder weisses Licht, welches in der<br />

Form des Nebelbogens erscheint. Manchmal<br />

sind leichte Farben im Nebelbogen<br />

zu erkennen.<br />

Lichtreflexion an Eiskristallen<br />

– Haloerscheinungen<br />

Oft sind Sonne oder Mond von einem<br />

weissen, manchmal sogar leicht farbigen<br />

Ring umgeben. Die Eiskristalle in hohen<br />

Wolken verursachen durch Brechung<br />

und Reflexion des Lichtes die Haloerscheinungen.<br />

Es sind dies farbige oder<br />

weissliche Bogen, Lichtflächen oder<br />

Lichtspiel in Eiskristallwolken: 22-Grad-Halo mit 2 Nebensonnen und Gegenbogen. Oben links im Bild ist noch ein Teil eines 46-Grad-Halos erkennbar.<br />

<strong>Natürlich</strong> | 7-2005 9


Regentropfen<br />

sekundärer Regenbogen<br />

primärer Regenbogen<br />

42° 51°<br />

Die Entstehung eines Regenbogens<br />

einfallende<br />

Lichtstrahlen<br />

Regentropfen<br />

42°<br />

austretende<br />

Lichtstrahlen<br />

Die Lichtbrechung in einem Regentropfen<br />

Lichtbrechung<br />

erzeugt den Regenbogen<br />

Das Phänomen des Regenbogens ist auf die<br />

Lichtbrechung zurückzuführen. Ähnlich wie<br />

in einem Glasprisma, wird das weisse Licht<br />

durch die Regentropfen in seine Spektralfarben<br />

zerlegt – rot, gelb, grün, blau und<br />

violett. Im Allgemeinen kann ein Regenbogen<br />

beobachtet werden, wenn eine punktförmige<br />

Lichtquelle auf Wassertröpfchen fällt.<br />

Deshalb können mehrere Scheinwerfer auch<br />

mehrere Regenbögen erzeugen.<br />

In der Natur kann der Regenbogen gesehen<br />

werden, wenn fallender Regen oder Gischt<br />

eines Wasserfalls von der Sonne oder dem<br />

Mond beschienen wird. Dabei hat der Beobachter<br />

die Sonne im Rücken und der Mittelpunkt<br />

des Regenbogens entspricht dem<br />

Gegenpunkt der Sonne. Oft können zwei<br />

Regenbogen gleichzeitig gesehen werden –<br />

ein innerer kräftiger Regenbogen (primärer<br />

Regenbogen) und ein äusserer schwächerer<br />

Regenbogen (sekundärer Regenbogen).<br />

Beim primären Regenbogen befindet sich<br />

die rote Farbe aussen und das Blau ist an<br />

der Innenseite. Beim sekundären Regenbogen<br />

sind die Farben umgekehrt angeordnet.<br />

Man kann sich die Farbabfolge gut<br />

merken indem man sich vorstellt, dass sich<br />

die beiden Rotanteile des primären und des<br />

sekundären Bogens einander zukehren.<br />

Foto: Thomas Vogel<br />

Punkte, welche in bestimmten Situationen<br />

am Himmel zu sehen sind.<br />

«Gibt Ring oder Hof sich Sonne und<br />

Mond, bald Regen und Wind uns nicht<br />

verschont.» Eine alte Bauernregel schildert<br />

zutreffend, dass ein solcher Hof<br />

(auch Halo genannt) die Ankunft einer<br />

Warmfront anzeigt. Die warme Luftströmung<br />

gleitet allmählich über die tiefer<br />

liegende Kaltluftmasse auf, wo Feuchtigkeit<br />

zu feinem Eisstaub auskristallisiert.<br />

In diesen sechseckigen Eiskristallen<br />

wird das Sonnenlicht gebrochen und<br />

reflektiert, so dass ein Beobachter auf<br />

dem Boden einen Halo um die Sonne<br />

wahrnimmt.<br />

Offenbar wussten bereits die Babylonier<br />

den Halo als Schlechtwetterzeichen<br />

zu deuten. Auf einem 6000 Jahre<br />

alten babylonischen Tontäfelchen ist in<br />

Keilschrift unter anderem zu lesen:<br />

«Wenn ein Sonnenring die Sonne umgibt,<br />

wird Regen fallen.»<br />

Propheten für Krieg<br />

Die Lichtreflexe am Himmel wurden<br />

früher vom Volksmund nicht immer so<br />

nüchtern ausgelegt und auch nicht nur<br />

als Wetterzeichen betrachtet, denn der<br />

Mensch versuchte früher diese Himmelszeichen<br />

zu deuten und daraus sein<br />

Schicksal abzuleiten.<br />

So galten gerade die Nebensonnen im<br />

Allgemeinen als ungünstiges Vorzeichen,<br />

denn man glaubte, dass drei Sonnen<br />

am Himmel Krieg bedeuteten. Deshalb<br />

machte man die Stellung der grössten<br />

von den dreien aus, um etwas über den<br />

Sieger zu erfahren.<br />

Kombinierte Halophänomene entstehen<br />

dann, wenn gleichzeitig verschiedene<br />

Typen von Eiskristallen vorhanden<br />

sind. Einige prachtvolle und sehr seltene<br />

Halophänomene wurden allgemein bekannt.<br />

So zum Beispiel das Petersburger<br />

Halophänomen von 1794 und das Stockholmer<br />

Phänomen von <strong>15</strong>35, welches<br />

auf einem Bild in der Stockholmer «Storkyrka»<br />

dargestellt ist.<br />

Aureolen und Farbkränze<br />

Häufig erscheinen Sonne und Mond<br />

durch dünne Wolken hindurch von einer<br />

farblosen kreisförmigen Fläche mit einem<br />

leicht gefärbten orangen Rand umgeben.<br />

Dieses Phänomen entsteht durch Beu-<br />

10 <strong>Natürlich</strong> | 7-2005


Wenn die Sonne in eine Wand von Regentropfen<br />

scheint: Das Licht wird gebrochen und es entstehen<br />

durch Lichtbrechung zwei Regenbogen – der<br />

primäre kräftigere und der sekundäre schwächere<br />

Regenbogen mit umgekehrter Farbabfolge.<br />

Lichtphänomene NATUR<br />

Wolkentröpfchen beugen das Licht:<br />

Dadurch wird das Licht in seine Farben zerlegt und es entstehen Farbkränze um die Sonne.<br />

gung der Lichtstrahlen durch die Wolkentröpfchen<br />

und wird Aureole genannt.<br />

Das Wort Aureole ist aus dem lateinischen<br />

aureolus abgeleitet und heisst<br />

golden, aus Gold bestehend.<br />

Hin und wieder sind Sonne oder Mond<br />

von farbigen Ringen umgeben, in denen<br />

die Farben Purpur und Grün vorherrschen.<br />

Je nach Grösse der Wolkentröpfchen<br />

verändert sich der Radius der einzelnen<br />

Ringe. Je weiter sie von der Lichtquelle<br />

entfernt sind, desto schwächer<br />

werden sie und je kleiner die Wolkentröpfchen<br />

sind, desto grösser werden die<br />

Kränze. Wenn die Tropfen gleichmässig<br />

gross sind, sind die Kränze schön geformt<br />

und weisen klare Farben auf.<br />

Wolken schillern wie Perlmutt<br />

Die schönsten Farbkränze sieht man vor<br />

allem um den meist ziemlich vollen Mond,<br />

obwohl die Erscheinung rein von der<br />

Wahrscheinlichkeit her weit häufiger um<br />

die Sonne zu beobachten wäre. Das<br />

Sonnenlicht ist aber dermassen grell, dass<br />

die Farbenpracht dieser Kränze in der<br />

blendenden Lichtflut untergeht. Betrachtet<br />

man jedoch die Sonne durch ein<br />

<strong>Natürlich</strong> | 7-2005 11


Fliegendes Schiff über dem Horizont: Ein Beobachter am Strand blickt auf das Meer und sieht das Schiff als Fata Morgana.<br />

Da die Lichtstrahlen gekrümmt werden, erscheint für ihn das Schiff über dem Horizont.<br />

dunkles Glas oder als Spiegelbild in einer<br />

stillen Wasseroberfläche zum Beispiel<br />

einer Pfütze, werden die Farben wieder<br />

sichtbar. In dünnen Wolken können<br />

manchmal purpurrote und grüne Farben<br />

entstehen, ähnlich wie auf einer Perlmuttoberfläche.<br />

Diese Farben entstehen ebenfalls<br />

durch Beugung von Licht an Wolkentröpfchen,<br />

die nicht alle gleich gross sind.<br />

Fata Morganas<br />

Wenn die Sonnenstrahlung den Boden extrem<br />

aufheizt, entstehen über dem Boden<br />

mehrere Luftschichten mit verschiedenen<br />

Temperaturen und verschiedenen Dichten.<br />

Dadurch werden die Lichtstrahlen umgelenkt.<br />

Dies führt zu Spiegelungen und damit<br />

zur Wahrnehmung von Gegenständen an<br />

Orten, wo sie in Wirklichkeit gar nicht vorhanden<br />

sind. Der Beobachter sieht eine Fata<br />

Morgana. In der Wüste werden durch dieses<br />

Phänomen oft Palmen oder Dünen an Orten<br />

Gespiegeltes Objekt<br />

Original<br />

Das Prinzip der Luftspiegelung<br />

Auch in den Bauernregeln werden<br />

Farbkränze und Halos erwähnt. So heisst<br />

es: «Ist der Ring nahe Sonne oder Mond,<br />

uns der Regen verschont, ist der Ring aber<br />

weit, hat er Regen im Geleit.» Der «weite<br />

Ring» beschreibt einen Halo, während<br />

beim «nahen Ring» die Farbkränze gemeint<br />

sind, die manchmal auch mit dem<br />

Begriff «Hof» bezeichnet werden.<br />

sichtbar, wo gar keine sind. Sie werden von<br />

irgend einem Ort unter dem Horizont als<br />

Zerrbild in der flirrend heissen Luft an einem<br />

anderen Ort sichtbar.<br />

Die gleichen Effekte können manchmal auch<br />

in polaren Regionen über dem Meerwasser<br />

beobachtet werden. Über Seen ist dieses<br />

Phänomen ebenfalls hin und wieder zu beobachten.<br />

Im Hochsommer werden bei uns<br />

auch Luftspiegelungen von verzerrten Autos<br />

über dem erhitzten Asphalt sichtbar.<br />

Glorie und Brockengespenst<br />

Steht ein Wanderer auf einem Gebirgsgrat,<br />

sodass er die Sonne im Rücken hat<br />

und sein Schatten auf eine Nebelwand<br />

fällt, entstehen farbige Ringe um den<br />

Schatten des Kopfes – eine Glorie. Diese<br />

Gebilde sehen ähnlich aus wie die Farbkränze.<br />

Da der projizierte Schatten meist<br />

übergross und geisterhaft auf die Nebelwand<br />

projiziert wird, ist diese Erscheinung<br />

auch unter dem Namen Brockengespenst<br />

bekannt. Es hat seinen Namen<br />

vom 1142 Meter hohen «Brocken», einem<br />

Berg im Harz in Deutschland. Er war<br />

der Sage nach der Versammlungsort der<br />

Hexen. An vielen Tagen im Jahr herrscht<br />

hier dicker Nebel. Die Erscheinung des<br />

Brockengespenstes hat man vermutlich<br />

auf diesem Berg zum ersten Mal bewusst<br />

wahrgenommen und dokumentiert.<br />

Auch diese Erscheinungen entstehen<br />

durch Lichtbeugung. Wie bei den Farbkränzen<br />

wird hier am Gegenpunkt der<br />

Sonne das reflektierte Licht in den Wolkentröpfchen<br />

in seine Farbkomponenten<br />

zerlegt.<br />

Eine Glorie kann ebenfalls vom Flugzeug<br />

oder Gleitschirm aus beobachtet<br />

werden. Sie erscheint auf einer Wolkenschicht<br />

mit regelmässigen Wolkentröpfchen<br />

und in ihrem Zentrum liegt der<br />

Flugzeug- oder Gleitschirmschatten.<br />

Das Aussehen der Farben von Glorien<br />

und Farbkränzen sind dem Schillern<br />

von Seifenblasen oder von Ölflecken auf<br />

Wasser verwandt. Manchmal sind nur<br />

Fragmente solcher Erscheinungen zu<br />

sehen, die vorwiegend in grünen und rosa<br />

12 <strong>Natürlich</strong> | 7-2005


Lichtphänomene NATUR<br />

Farbtönen schillern und als irisierende<br />

Wolken sichtbar werden.<br />

Himmelsblau<br />

und Dämmerungsfarben<br />

An einem Sommertag im Hochgebirge erscheint<br />

uns der Himmel blau und unendlich.<br />

Doch der Schein trügt – und zwar<br />

ganz gewaltig! Von Unendlichkeit kann<br />

keine Rede sein, denn verglichen mit der<br />

Grösse der Erde ist die Atmosphärenschicht,<br />

in der das Wetter stattfindet,<br />

dünner als eine Eierschale. Und doch<br />

bildet gerade diese vergleichsweise dünne<br />

Schicht aus Luft einen lebenswichtigen<br />

Faktor für alles Leben auf der Erde. Ohne<br />

Atmosphäre könnten wir nicht atmen<br />

und ohne Atmosphäre gäbe es kein Wetter.<br />

Unsere Lufthülle besteht vor allem<br />

aus Stickstoff, Sauerstoff und Wasserdampf.<br />

Derjenige Teil der Erdatmosphäre,<br />

in dem das Wetter stattfindet, reicht in<br />

den gemässigten Breiten bis in etwa 10<br />

Kilometer Höhe. Am Äquator reicht diese<br />

Schicht bis in etwa 16 und an den Polen<br />

bis in etwa 8 Kilometer Höhe.<br />

Die Farben unseres Himmels variieren<br />

je nach Sonnenstand, Bewölkung<br />

und Staubgehalt unserer Lufthülle. Zu<br />

Recht wird unsere Erde blauer Planet<br />

genannt, denn diese Farbe ist vom Weltraum<br />

aus gesehen auf unserem Planeten<br />

ganz klar dominant. Verantwortlich dafür<br />

ist die Erdatmosphäre, welche das kurzwellige<br />

Blaulicht am stärksten streut.<br />

Unser Himmel ist blau. Zumindest<br />

wenn die Sonne hoch steht und deshalb<br />

gerade auf diese Atmosphärenschicht trifft<br />

und wenn die Luft rein ist, das heisst,<br />

wenn wenig Staubteilchen vorhanden<br />

sind. Je grösser die Schichtdicke der Atmosphäre<br />

ist, die ein Sonnenstrahl zu durchwandern<br />

hat, desto grösser wird der Rotanteil<br />

der Himmelsfarbe. Das kommt beim<br />

Sonnenauf- und Untergang und den Dämmerungsfarben<br />

zum Ausdruck. Je nach<br />

Zustand der Atmosphäre sind unzählige<br />

Farbvariationen möglich. Wenn das Sonnenlicht<br />

durch unsere Atmosphäre dringt,<br />

wird es durch die Luftmoleküle und die<br />

Staubteilchen gestreut. Das kurzwellige<br />

blaue Licht wird dabei stärker gestreut als<br />

das langwellige rote Licht. Da der Weltraum<br />

schwarz ist, sehen wir die Erdatmosphäre,<br />

also unseren Himmel in einem<br />

blauen Farbton leuchten. Bei sinkendem<br />

Sonnenstand legen die Sonnenstrahlen<br />

einen immer längeren Weg durch die Erdatmosphäre<br />

zurück. Die Lichtstreuung<br />

wird dabei immer stärker und erfasst auch<br />

die langwelligen Lichtstrahlen. Es entstehen<br />

die Himmelsfarben Blau, (Grün),<br />

Gelb, Orange und bei Sonnenuntergang<br />

schliesslich rot.<br />

Befinden sich sehr grosse Teilchen<br />

wie Wolkentröpfchen oder Eiskristalle in<br />

der Luft, streut und reflektiert das alle<br />

Farbanteile des Lichtes. Der Himmel<br />

erscheint weiss. Deshalb erscheinen die<br />

Wolken meistens in einem weissen oder<br />

grauen Farbton.<br />

Wenn die Luft sehr staubhaltig ist und<br />

die Staubteilchen gross sind, erscheint<br />

der Himmel oftmals grau oder braun.<br />

Vor Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang erscheinen am Himmel die Dämmerungsfarben.<br />

Foto: Thomas Vogel<br />

<strong>Natürlich</strong> | 7-2005 13


Aureole, Farbkränze, Glorie, irisierende Wolken<br />

Fällt ein Lichtstrahl durch einen schmalen einer Wand. Eine aus gleich grossen Tröpfchen<br />

Spalt und wird das Licht hinter dem Spalt bestehende, nicht allzu dichte Wolke hat die<br />

auf einen Schirm projiziert, entstehen mehrere<br />

helle und dunkle Streifen die mit zuneh-<br />

Tropfen, nur dass die Menge des gebeugten<br />

gleiche Beugungswirkung wie ein einzelner<br />

mender Entfernung vom Zentrum immer und überlagerten Lichtes grösser ist. In der<br />

schwächer werden. Es findet eine Beugung Natur führen die Wolkentröpfchen zu Beugungserscheinungen,<br />

besonders dann, wenn<br />

des Lichtes statt. Da langwelliges Licht (rot)<br />

stärker gebeugt wird als kurzwelliges Licht sie alle eine bestimmte Grösse haben und<br />

(blau), entsteht ein Beugungsmuster für jede gleichmässig verteilt sind. Daraus entstehen<br />

Farbe, also wieder eine Zerlegung des Lichtes<br />

in seine Farbkomponenten.<br />

um Sonne oder Mond, irisierende Wolken<br />

Erscheinungen wie die Aureole und Farbkränze<br />

Ein Wassertröpfchen hat eine ähnliche<br />

meistens im Bereich um Sonne oder Mond<br />

Beugungswirkung wie eine runde Öffnung in sowie die Glorie im Gegenpunkt der Sonne.<br />

Loch<br />

Bildschirm<br />

Das Prinzip der Beugung<br />

Lichtphänomene NATUR<br />

Wirklichkeit gar nicht vorhanden sind. In<br />

der Wüste werden durch dieses Phänomen<br />

oft Palmen oder Dünen von irgend<br />

einem Ort unter dem Horizont als Zerrbild<br />

in der flirrend heissen Luft an einem<br />

ganz anderen Ort sichtbar.<br />

Hinter dem geheimnisvollen Namen<br />

Fata Morgana verbirgt sich die keltische<br />

Zauberin Morgain; er ist nicht, wie viele<br />

glauben, ein Begriff aus dem Orientalischen.<br />

In der Artus-Sage führt die Fee<br />

Morgain den König in ihr Reich – in<br />

die «Anderswelt». Im «Parzival» heisst<br />

dieses Land Feimurgan, der «Raum hinter<br />

den Dingen». Die Figur der Morgain<br />

oder Morgane ist der Schlüssel zur Erklärung<br />

zahlreicher Trugbilder, die viele<br />

Jahrhunderte lang in der Literatur und<br />

im Volksglauben auftauchten.<br />

■<br />

Geheimnisvolle<br />

Fata-Morgana<br />

Die sinkende Sonne wird immer röter<br />

und gleichzeitig wird ihre runde Form zu<br />

einem Oval gestaucht, als würde man in<br />

einen Zerrspiegel schauen. Diese Verformung<br />

des Sonnenbildes wird durch den<br />

langen Weg ihrer Strahlen durch verschiedene<br />

Luftschichten verursacht.<br />

Zahlreiche Luftschichten von unterschiedlichen<br />

Temperaturen und damit<br />

unterschiedlichen Dichten lenken die<br />

Sonnenstrahlen von ihrem geradlinigen<br />

Weg ab und gaukeln dem Betrachter<br />

während des Sonnenauf- und Untergangs<br />

ein Fremdbild unseres Muttersterns vor.<br />

Am häufigsten ist dieses Phänomen in<br />

den heissen Wüstengebieten oder über<br />

den Polarmeeren zu beobachten.<br />

Diese bizarre Naturerscheinung –<br />

Luftspiegelung oder Fata Morgana genannt<br />

– kann im Extremfall zu Spiegelungen<br />

und damit zur Wahrnehmung von<br />

Gegenständen an Orten führen, wo sie in<br />

Andreas Walker ist promovierter Meteorologe,<br />

Buchautor, Fotograf, Wissenschaftsjournalist<br />

und besitzt eine Bildagentur mit über 50 000<br />

selbst aufgenommenen Farbbdias über Naturund<br />

Wetterphänomene. www.meteobild.ch<br />

Von ihm erschienen folgende Bücher:<br />

1997: Zeichen am Himmel, Wolkenbilder und<br />

Wetterphänomene richtig verstehen,<br />

Birkhäuserverlag, Basel<br />

1999: Sonnenfinsternisse und andere faszinierende<br />

Erscheinungen am Himmel,<br />

Birkhäuserverlag, Basel<br />

2003: Himmelszauber über der Schweiz:<br />

Mondo-Verlag, Vevey 2003: Ciel de Suisse –<br />

Phénomènes merveilleux, Editions Mondo, Vevey<br />

Wenn weisses Licht farbig wird:<br />

Beim Regenbogen wird das Licht in die Spektralfarben<br />

rot, gelb, grün, blau und violett zerlegt.<br />

Oft sind Sonne oder Mond von einen weissen, manchmal sogar leicht<br />

farbigen Ring umgeben, der in hohen Eiswolken erscheint. Ein solcher<br />

Halo gilt seit je als Zeichen eines kommenden Wetterumschlages, da er<br />

fast immer bei der Ankunft einer Warmfront auftritt.<br />

<strong>Natürlich</strong> | 7-2005 <strong>15</strong>

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