31.10.2013 Aufrufe

Nr. 1 - Dr. Eick & Partner

Nr. 1 - Dr. Eick & Partner

Nr. 1 - Dr. Eick & Partner

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

MED-INFO AKTUELL <strong>Nr</strong>. 1/2002<br />

Informationsdienst der Sozietät <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> im Medizinrecht<br />

Schwerpunkt: Die Reformgesetze<br />

2. Schadensersatzrechtsänderungsgesetz<br />

und Schuldrechtsmodernisierungsgesetz<br />

Inhalt:<br />

Seite<br />

1. 2. Schadensersatzrechtsänderungsgesetz 2<br />

2. Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 4<br />

a) regelmäßige Verjährungsfristen 4<br />

b) Anwendung für den Krankenhausbereich 5<br />

c) Übergangsregeln zur Verjährung 5<br />

3. Für Sie gelesen 6<br />

4. Tips und Hinweise 7<br />

5. <strong>Eick</strong> intern 7<br />

REDAKTION und ANFRAGEN<br />

<strong>Dr</strong>. Karl Otto Bergmann<br />

c/o <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> und <strong>Partner</strong><br />

Schützenstr. 10<br />

59071 Hamm<br />

02381/ 988-480<br />

02381/ 88 97 10<br />

E-Mail: Hamm@dr-eick.de<br />

www.dr-eick.de<br />

MED-INFO AKTUELL 1/2002 Seite 1


MED-INFO AKTUELL <strong>Nr</strong>. 1/2002<br />

Informationsdienst der Sozietät <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> im Medizinrecht<br />

Im ersten Informationsdienst des Jahres 2002 erscheint ein kurzer Überblick über die Reformgesetze,<br />

soweit sie für das Medizinrecht Bedeutung haben. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz<br />

ist bekanntlich zum 01.01.2002 in Kraft getreten und erneuert wesentliche Teile<br />

des BGB. Für das Medizinrecht ist insbesondere die Neuregelung des Verjährungsrechts von<br />

Bedeutung. Vorab erläutern wir kurz die medizinrechtlich relevanten Vorschriften des Entwurfs<br />

des 2. Schadensersatzrechtsänderungsgesetzes.<br />

1. 2. Schadensersatzrechtsänderungsgesetz<br />

Beim 2. Schadensersatzrechtsänderungsgesetz (genauer Zweites Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher<br />

Vorschriften) konnte der ursprünglich geplante Termin zum 01.01.2002<br />

nicht mehr eingehalten werden. Wahrscheinlich und immer sicherer wird ein Inkrafttreten in<br />

der zweiten Hälfte des Jahres 2002.<br />

Die wichtigsten medizinrechtlich relevanten Regelungen dieses Entwurfes sind:<br />

Die Verbesserung der Arzneimittelhaftung durch Beweiserleichterungen sowie durch<br />

Einführung des Auskunftsanspruches,<br />

die Einführung eines allgemeinen Anspruchs auf Schmerzensgeld über die bereits erfaßte<br />

außervertragliche Verschuldenshaftung hinaus, auch für die Gefährdungshaftung<br />

und Vertragshaftung, sowie die Begrenzung dieses Anspruchs bei nicht vorsätzlichen<br />

Verletzungen auf Schäden, die unter Berücksichtigung ihrer Art und Dauer nicht unerheblich<br />

sind,<br />

Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 89 a n.F. für vorsätzlich oder grob<br />

fahrlässig unrichtig erstattete Gutachten,<br />

Das 2. Schadensersatzänderungsgesetz verbessert die Rechtsstellung des Anwenders von<br />

Arzneimitteln. Beim Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte dafür, daß ein Arzneimittel einen<br />

Schaden verursacht haben kann, soll der Betroffene vom pharmazeutischen Unternehmer und<br />

von den Behörden, die für die Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln zuständig sind,<br />

Auskunft verlangen können, um besser seinen Darlegungs- und Beweisanforderungen zu genügen.<br />

Ebenfalls zur Beweiserleichterung für den Betroffenen wird die Beweislast dafür umgekehrt,<br />

daß die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache im Bereich der Entwicklung<br />

oder der Herstellung haben. In den Fällen, in denen das Arzneimittel geeignet ist,<br />

den Schaden zu verursachen, greift eine Kausalitätsvermutung zugunsten des Geschädigten<br />

ein. Die materiellen Voraussetzungen des arzneimittelrechtlichen Schadensersatzanspruchs<br />

bleiben aber unverändert.<br />

MED-INFO AKTUELL 1/2002 Seite 2


MED-INFO AKTUELL <strong>Nr</strong>. 1/2002<br />

Informationsdienst der Sozietät <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> im Medizinrecht<br />

Wichtig im 2. Schadensersatzrechtsänderungsgesetz sind für den Bereich des Arzthaftungsprozesses<br />

auch die Vorschläge zur Neuregelung des Schmerzensgeldes. Das Schmerzensgeld<br />

gemäß § 847 BGB soll Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens<br />

ausgleichen, d.h. einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, so daß nur der immaterielle<br />

Schaden ersetzt wird. Nach dem Entwurf des neuen § 253 BGB wird ein Anspruch auf<br />

Schmerzensgeld bei Verletzung der Rechtsgüter Körper, Gesundheit, Freiheit und sexuelle<br />

Selbstbestimmung eingeführt, der nicht mehr auf die bisherigen deliktischen Verschuldenshaftungsfälle<br />

beschränkt ist, sondern der auch für die Gefährdungshaftung und die Vertragshaftung<br />

gilt. Bei der Neuregelung des § 253 BGB würde der § 847 BGB, der bisher das<br />

Schmerzensgeld regelt, ersatzlos entfallen. Diese Ausweitung des Schmerzensgeldes auch<br />

bei Fällen einer verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung sowie der Vertragshaftung<br />

stellt eine erhebliche Erweiterung der Haftungstatbestände für ein Schmerzensgeld<br />

dar.<br />

Der Patient wird also in Zukunft den Schmerzensgeldanspruch gegen den Krankenhausträger<br />

als Vertragspartner – ohne Entlastungsmöglichkeit nach § 831 BGB – geltend machen.<br />

Hinzu kommt, daß in der Rechtsprechung die Tendenz zu beobachten ist, bei schweren Verletzungen<br />

wesentlich höhere Kapitalbeträge auszuurteilen. Hier verweisen wir auf die höchsten<br />

in der Fachliteratur zitierten Urteile wie z.B. das Urteil des OLG Koblenz im Rahmen<br />

eines PKH-Beschlusses (OLG Koblenz, Beschl. v. 29.11.1995, ADAC-Schmerzensgeldtabelle<br />

19.2401, 20.2690) in Höhe von 700.000,00 DM für eine komplette hohe Querschnittslähmung<br />

unterhalb C 2 mit vollständiger Atemlähmung bei einem 6-jährigen Mädchen<br />

und das Urteil des LG München I vom 29.03.2001 über die Höhe eines Schmerzensgeldes<br />

von ca. 1.000.000,00 DM, aufgeteilt in einen Kapitalbetrag von 750.000,00 DM und eine monatliche<br />

Schmerzensgeldrente in Höhe von 1.500,00 DM nach erheblichen Unfallverletzungen<br />

wie z.B. Querschnittslähmung und einer völligen Zerstörung der Persönlichkeit (LG<br />

München I, Urteil vom 29.03. 2001 – 19 O 8647/00 – ZfS 2001, 356 = NZV 2001, 263). Diese<br />

Tendenz greifen Obergerichte auf und erhöhen in zunehmenden Maße in Schwerstschadensfällen<br />

das Schmerzensgeld wie z.B. in Geburtsschadensfällen. Zusätzlich wird in diesen<br />

Schwerstschadensfällen vermehrt eine Schmerzensgeldrente zugesprochen.<br />

Eine wichtige Erneuerung für das Arzthaftungsrecht wäre die Einschränkung des neuen § 253<br />

Abs. 2 <strong>Nr</strong>. 2 BGB. Danach kann eine billige Entschädigung in Geld wegen eines Schadens,<br />

der nicht Vermögensschaden ist, nur gefordert werden, wenn der „Schaden unter Berücksichtigung<br />

seiner Art und Dauer nicht unerheblich ist“. Danach müssen Schwere und Dauer des<br />

Schadens eine Erheblichkeitsschwelle überschreiten, so daß Bagatellverletzungen, die nur<br />

vorübergehend auf das Allgemeinbefinden einwirken (Kopfschmerzen, Weichteilverletzungen,<br />

Schürf- und Schnittwunden, leichtere Verletzungen des Bewegungsapparates wie Stau-<br />

MED-INFO AKTUELL 1/2002 Seite 3


MED-INFO AKTUELL <strong>Nr</strong>. 1/2002<br />

Informationsdienst der Sozietät <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> im Medizinrecht<br />

chungen oder Zerrungen im Bereich des Krankenhauses verstärkte Übelkeit nach einer Narkose,<br />

Wundschmerz, Befindlichkeitsstörungen) nicht mehr schmerzensgeldfähig wären.<br />

Bei vorsätzlicher Schädigung gilt die Erheblichkeitsschwelle nicht (§ 253 Abs. 2 <strong>Nr</strong>. 1 n.F.).<br />

In einem solchen Fall kann wegen der Genugtuungsfunktion auch bei Bagatellverletzungen<br />

Schmerzensgeld verlangt werden. Ungeklärt erscheint uns hier der Fall der sogenannten eigenmächtigen<br />

Heilbehandlung zu sein. Die ärztliche Heilbehandlung ist im Falle unwirksamer<br />

oder fehlender Patientenaufklärung eine rechtswidrige vorsätzliche Körperverletzung.<br />

Wertungsmäßig steht sie aber der fahrlässigen Fehlbehandlung gleich. Nach unserer Auffassung<br />

müßte auch hier die Erheblichkeitsschwelle des § 253 BGB n.F. eingreifen.<br />

FAZIT:<br />

Die Änderungen des 2. Schadensersatzrechtsänderungsgesetzes werden sich unterschiedlich<br />

auf den Arzthaftungsprozeß einwirken. Bagatellfälle werden in Zukunft abnehmen.<br />

Die Schmerzensgeldhöhe wird generell z.B. im Hochrisikobereich ansteigen.<br />

Der vertragliche Schmerzensgeldanspruch entlastet – auch psychologisch – den Arzt<br />

und belastet den Krankenhausträger.<br />

2. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz:<br />

Die Auswirkungen des neuen Verjährungsrechts auf den Krankenhausbereich.<br />

Das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts ist am 01.01.2002 in Kraft getreten. Neben<br />

den zahlreichen Änderungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist eine vollständigen<br />

Neuordnung des Verjährungsrechts erfolgt, welche sowohl für haftungsrechtliche Ansprüche<br />

aus Krankenhausbehandlungsverträgen als auch für Zahlungs- und Rückforderungsansprüche<br />

zwischen Krankenhaus und Krankenkassen von Bedeutung ist:<br />

(a) regelmäßige Verjährungsfristen<br />

Nach § 195 BGB. beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Diese Verjährung gilt<br />

für vertragliche und gesetzliche Ansprüche. Hier sind z.B. Ansprüche aus Vertragsverletzung,<br />

aus Geschäftsführung ohne Auftrag, aus ungerechtfertigter Bereicherung und aus unerlaubter<br />

Handlung genannt. Diese Regelverjährungsfrist von 3 Jahren gilt jedoch nur dann, wenn nicht<br />

im Gesetz etwas anderes ausdrücklich geregelt ist. Auch der Beginn der Verjährungsfrist hat<br />

MED-INFO AKTUELL 1/2002 Seite 4


MED-INFO AKTUELL <strong>Nr</strong>. 1/2002<br />

Informationsdienst der Sozietät <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> im Medizinrecht<br />

sich dergestalt geändert, daß die Frist erst mit dem Schluß des Jahres beginnt, in dem der Anspruch<br />

entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen sowie<br />

der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen<br />

müssen. Damit kann, da es nunmehr nicht nur auf das Entstehen des Anspruchs, sondern auch<br />

auf das subjektive Kennenmüssen ankommt, erst Jahre nach Entstehung des Anspruchs die<br />

Verjährungsfrist zu laufen beginnen. Damit die dreijährige Verjährung durch die neue Regelung<br />

nicht bis zum St. Nimmerleinstag hinausgeschoben wird, verjähren gemäß § 199 Abs. 2<br />

BGB Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit<br />

oder der Freiheit beruhen, ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder<br />

grob fahrlässige Unkenntnis – wie bisher – in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der<br />

Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.<br />

Gemäß § 199 Abs. 3 BGB verjähren sonstige Ansprüche<br />

ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 10 Jahren von<br />

ihrer Entstehung an und<br />

ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis<br />

in 30 Jahren von Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder den sonstigen,<br />

den Schaden auslösenden Ereignis an.<br />

(b) Anwendung für den Krankenhausbereich<br />

Nach dem 01.01.2002 entstandene Zahlungsansprüche der Krankenhäuser gegenüber den<br />

Krankenkassen bzw. Rückforderungsansprüche der Krankenkassen gegenüber dem Krankenhäuser<br />

unterliegen künftig der Regelverjährung von 3 Jahren, § 69 Satz 3 SGB V i.V.m.<br />

§ 195 BGB. Diese dreijährige Verjährungsfrist gilt für Zahlungsansprüche des Krankenhauses<br />

gegenüber Selbstzahlern.<br />

Bei Kooperationsverhältnissen zwischen Krankenhäusern und Angestellten oder niedergelassenen<br />

Ärzten (z.B. Nutzungsentgelt für Nebentätigkeiten der Chefärzte, Konsiliararztverträge<br />

u.v.m.) gilt ebenfalls für wechselseitige Ansprüche die dreijährige Verjährungsfrist.<br />

Es bleibt weiterhin dabei, daß Patienten gegen den Krankenhausträger Schadensersatzansprüche<br />

wegen Behandlungsfehlern mit einer weiterhin geltenden maximalen Verjährungszeit<br />

von 30 Jahren geltend machen können. Aus diesem Grunde bleibt es bei unserer Empfehlung,<br />

die Krankenunterlagen für 30 Jahre gemessen an der letzten Behandlung des Patienten<br />

aufzubewahren, d.h. zu archivieren.<br />

Wichtig ist in diesem Bereich auch die neue Hemmungsvorschrift der Verjährung nach<br />

§ 203 BGB. Für den Fall, daß die Parteien Verhandlungen über einen Anspruch z.B. aus<br />

MED-INFO AKTUELL 1/2002 Seite 5


MED-INFO AKTUELL <strong>Nr</strong>. 1/2002<br />

Informationsdienst der Sozietät <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> im Medizinrecht<br />

streitigen Behandlungsfehlern führen. Die Verjährung ist so lange gehemmt, bis der eine oder<br />

andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Dabei wird durch die Hemmung<br />

der Verjährung lediglich der Lauf der bisherigen Verjährungsfrist angehalten, bis der<br />

Hemmungsgrund entfallen ist. Anschließend läuft der noch nicht abgelaufene Teil der Verjährungsfrist.<br />

Bei einem endgültigen Scheitern der Verhandlungen, tritt die Verjährung jedoch<br />

frühestens 3 Monate nach dem Ende der Hemmung ein, § 203 Satz 2 BGB n.F.<br />

(c) Übergangsregeln zur Verjährung<br />

Es gilt der Grundsatz, daß die neuen Verjährungsregeln für alle Ansprüche gelten, die am<br />

01.01.2002 bestehen und noch nicht verjährt sind. Es sind jedoch die folgenden Ausnahmen<br />

zu beachten:<br />

Bis zum 01.01.2002 regeln sich Beginn, Hemmung, Ablaufhemmung und Unterbrechung<br />

(jetzt Neubeginn der Verjährung) nach altem Recht.<br />

Ist die neue Verjährungsfrist länger als die alte Verjährungsfrist, gilt die alte Verjährungsfrist<br />

weiter.<br />

Ist die neue Verjährungfrist kürzer als die alte Verjährungsfrist<br />

• läuft grundsätzlich die neue Frist ab 01.01.2002,<br />

• es sei denn, das Ende der alten Frist liegt vor dem Ende der neuen Frist, dann gilt<br />

die alte Frist.<br />

3. Für Sie gelesen:<br />

Aktuelle Rechtsprechung und Literatur:<br />

Zur Aufklärung über Behandlungsalternativen<br />

OLG Nürnberg – 5 U 2333/00 – MedR 2001, 577<br />

Das OLG Nürnberg befaßt sich einmal mehr mit der Aufklärungspflicht bei Behandlungsalternativen,<br />

hier der Therapie einer Oberarmkopffraktur. Zur Behandlung einer Oberarmfraktur<br />

kommen eine konservative Behandlung oder eine operative Behandlung in Betracht. Auch im<br />

Fall des OLG Nürnberg wurde die Oberarmkopffraktur des Klägers konservativ mit Anlegung<br />

eines Gilchrist-Verbandes therapiert. Bei dem Kläger kam es zu einer eingeschränkten Beweglichkeit<br />

des Armes, er leidet noch heute unter starken Schmerzen. Das OLG Nürnberg<br />

stellte zutreffend heraus, daß die konservative Behandlungsmethode keinen Eingriff in die<br />

körperliche Unversehrtheit darstellt, sondern auf die Selbstheilung der Verletzung bzw. des<br />

Körpers, gegebenenfalls begleitet von bewahrenden und unterstützenden Maßnahmen setzt.<br />

Ist die operative Versorgung eines Bruches medizinisch nicht geboten, weil eine Operation<br />

bei gleicher Gefahr hinsichtlich des vorliegenden Ergebnisses angesichts des Alters des Klä-<br />

MED-INFO AKTUELL 1/2002 Seite 6


MED-INFO AKTUELL <strong>Nr</strong>. 1/2002<br />

Informationsdienst der Sozietät <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> im Medizinrecht<br />

gers eher risikoreicher gewesen wäre und somit nicht unterschiedliche Risiken gegeneinander<br />

abzuwägen waren, muß der Arzt auch nicht auf die Behandlungsalternative einer Operation<br />

hinweisen. In diesen Fällen erübrigt sich daher auch die Frage, ob die Heilungsphase bei der<br />

operativen Methode kürzer und die Schadensbelastung dementsprechend geringer gewesen<br />

wäre. Eine Aufklärung über die Behandlungsalternative konservativ/operativ hat somit nicht<br />

zu erfolgen.<br />

Behandlungsfehler und Aufklärungspflichtverletzung bei einer Hysterektomie<br />

OLG Hamm, Urteil vom 14.06.2000 – 3 U 244/99 – VersR 2001, 461<br />

In dieser Entscheidung ging es wie oft im Bereich gynäkologischer Operationen um die haftungsträchtige<br />

Operation der Hysterektomie. Immer wieder kommt es bei dieser Operation zu<br />

Komplikationen der intraoperativen Verletzung eines Organs wie z.B. Blase, Harnleiter. Der<br />

Sachverständige führte aus, daß keine medizinische Indikation für die Hysterektomie vorgelegen<br />

habe. Es hätten bei der Klägerin allenfalls die klinischen Symptome von Rückenschmerzen<br />

und Blutungsstörungen vorgelegen, die eine vaginale Hysterektomie dem Grunde<br />

nach indiziert hätten. Jedoch mache weder eine leichte Gebärmuttersenkung noch die Größe<br />

der Gebärmutter ohne klinische Beschwerden oder Insuffizienz der Gebärmuttersenkung eine<br />

Uterusentfernung notwendig. Der Umfang der Diagnostik müsse sich am jeweiligen Krankheitsbild<br />

orientieren. Auch müßten Verdachtsdiagnosen in gebotenem Umfang abgeklärt werden.<br />

In dem vorliegenden Fall war eine solche Abklärung nicht erfolgt. Die klinischen Beschwerden<br />

(Rückenschmerzen und Blutungsstörungen) hätten abgeklärt werden müssen. Es<br />

hätte nahegelegen, die Ursache der Rückenbeschwerden primär in einer Wirbelsäulenerkrankung<br />

zu sehen und zunächst eine orthopädische Untersuchung zu veranlassen. Auch die Ursache<br />

der Blutungen habe zunächst abgeklärt werden müssen. Da die Klägerin in diesem Fall<br />

auch nicht über die primär bestehende Möglichkeit einer Abrasio aufgeklärt worden war, lagen<br />

Behandlungs- und Aufklärungsfehler vor. Der 3. Senat des OLG Hamm sprach ein<br />

Schmerzensgeld in einer Höhe von 20.000,00 DM zu.<br />

Stegers/Hansis/Alberts/Scheuch, Der Sacherständigenbeweis im Arzthaftungsrecht,<br />

C.F. Müller Verlag, Heidelberg, 2002 ISBN 2-8114-0802<br />

Die Neuerscheinung – einer der Autoren ist unser Sozius RA <strong>Dr</strong>. Alberts – richtet sich an<br />

Haftungsjuristen und Sachverständige. Mit vielen Beispielen, Checklisten, Muster eines Gutachtenauftrags<br />

und eines Gutachtens wird das Beweisrecht in den drei Instanzen transparent<br />

gemacht. Viele praktische Vorschläge könnten Eingang in die Aufarbeitung von Medizinhaftpflichtschäden<br />

finden. Auch die Richtlinien der Bundesausschüsse und das Verzeichnis der<br />

AWMF Leitlinien sind abgedruckt.<br />

Das neue Buch ist für die Prozeßpraxis unverzichtbar.<br />

MED-INFO AKTUELL 1/2002 Seite 7


MED-INFO AKTUELL <strong>Nr</strong>. 1/2002<br />

Informationsdienst der Sozietät <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> im Medizinrecht<br />

4. TIPS und HINWEISE:<br />

a) Haftungsfalle<br />

Das neue Verjährungrecht schafft für Regreßforderungen im Gesamtschuldverhältnis eine<br />

neue Haftungsfalle. Konnte man bisher beim Gesamtschuldner-Regreß auf die 30-Jahresfrist<br />

vertrauen, ist nunmehr grundsätzlich die kürzere 3-jährige Frist zu beachten. Hier bietet sich<br />

die gemäß § 202 Abs. 2 BGB zulässige Vereinbarung der Verlängerung der Verjährungsfrist<br />

auf 30 Jahre an.<br />

Außerdem ist unbedingt zu beachten, daß, soweit titulierte Ansprüche künftig fällig werdende<br />

regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, also z.B. Mehrbedarfsrenten, an die<br />

Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß § 197 Abs.<br />

2 BGB tritt.<br />

b) Der 01. März 2002 wird in die Geschichte der Krankenhauspolitik eingehen. Der<br />

Bundesrat stimmte an diesem Tag dem Fallpauschalengesetz zu. Die DRG-Einführung wird<br />

auch in Zukunft ein eminent bedeutsames Politikum bleiben, zumal in der nächsten Legislaturperiode<br />

ohnehin noch die Rahmenbedingungen für die Zeit nach der Einführungsphase des<br />

Fallpauschalengesetzes festgelegt werden müssen. Die Zeitschrift „Das Krankenhaus“ beschäftigt<br />

sich im Märzheft 2002 in mehreren Beiträgen mit dem neuen Gesetz.<br />

Mit dem Thema DRG und Haftung hat sich bereits die Arbeitsgemeinschaft Rechtsanwälte im<br />

Medizinrecht e.V. auf dem Kölner Symposium im November 2001 beschäftigt, der Tagungsband<br />

wird in Kürze erscheinen.<br />

5. <strong>Eick</strong> intern<br />

Seit dem 18. März 2002 ist der 7. Standort der Kanzlei <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> und <strong>Partner</strong> in Bochum eröffnet<br />

worden. In Bochum wird das Büro unter der Regie von <strong>Dr</strong>. Rainer Heß geführt. Das Anwaltsteam<br />

wird durch die Rechtsanwälte Hermann Lemcke, Helga Arendt, <strong>Dr</strong>. Alexander<br />

Fritze und Christoph Hugemann verstärkt. Rechtsanwalt Hugemann war zuvor bei der KV<br />

Westfalen-Lippe und einer arztrechtlich ausgerichteten Anwaltspraxis tätig und wird auch das<br />

Medizinrecht betreuen. Die Kanzlei befindet sich in der<br />

Arndtstraße 26, 44787 Bochum,<br />

Telefon: 0234/325940,<br />

e-mail: bochum@dr-eick.de.<br />

MED-INFO AKTUELL 1/2002 Seite 8


MED-INFO AKTUELL <strong>Nr</strong>. 1/2002<br />

Informationsdienst der Sozietät <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> im Medizinrecht<br />

Rechtsanwalt <strong>Dr</strong>. Karl Otto Bergmann hat auf der Frühjahrstagung der Rechtsanwälte Medizinrecht<br />

im DAV die aktuelle Rechtsprechung zum Krankenhaushaftungsrecht für das Berichtsjahr<br />

2001 dargestellt. Herr <strong>Dr</strong>. Martin Alberts hat im Rahmen der Frühjahrstagung der<br />

Rechtsanwälte Medizinrecht im DAV einen Vortrag über die haftungsrechtlichen Gesichtspunkte<br />

des vielzitierten Urteils des EuGH zur Bereitschaftszeit am 08.03.2002 gehalten. Das<br />

EuGH-Urteil ist bereits von den Arbeitsgerichten Gotha und Trier aufgenommen worden.<br />

Frau Rechtsanwältin Iris Karthaus wird im März und April jeweils über die Haftungssituation<br />

in der Intensivpflege und das Risikomanagement im Bildungsinstitut des St. Elisabeth Krankenhauses<br />

berichten.<br />

Vorschau auf<br />

MED-INFO AKTUELL 2/2002<br />

● Arbeitszeitgesetz und Arzthaftung<br />

● Auswirkungen der ZPO-Reform<br />

MED-INFO AKTUELL 1/2002 Seite 9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!