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Nr. 5 - Dr. Eick & Partner

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Heft 1, 2004 NJW-Spezial 1<br />

Ausgabe 5 / 2007<br />

Mit Auszügen aus der Rubrik „Verkehrsrecht“ in<br />

NJW-Spezial Heft 5/2007<br />

Inhalt<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>: Neuer Standort in<br />

München ............................................................. 1<br />

KURZBEITRAG .............................. 2<br />

Die Abrechnung des Fahrzeugschadens nach<br />

der Rechtsprechung des BGH........................... 2<br />

RECHTSPRECHUNG ............ 3<br />

Höhe der Sachverständigenkosten ................... 3<br />

Welcher Restwert ist maßgeblich? ................... 4<br />

Abwägung: Geschwindigkeit und verschmutzte<br />

Fahrbahn ............................................................ 4<br />

Terminsgebühr bei unbedingten Klageauftrag5<br />

Regulierungsvollmacht des<br />

Haftpflichtversicherers...................................... 5<br />

Aufklärungspflichtverletzung nach Unfall...... 6<br />

Höhe des anrechenbaren Restwertes ............... 6<br />

Alleinhaftung eines Jugendlichen im<br />

Straßenverkehr................................................... 7<br />

GESETZGEBUNG ...................... 7<br />

Versicherungsschutz im Straßenverkehr......... 7<br />

VVG-Reform ...................................................... 7<br />

VORSCHAU......................................... 7<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>: Neuer Standort<br />

in München<br />

Heute mal an erster Stelle nichts Neues vom BGH, sondern<br />

Neues von <strong>Eick</strong>. Wir freuen uns besonders, Ihnen<br />

unsere neue Kollegin Frau Rechtsanwältin <strong>Dr</strong>. Marion<br />

Rath vorstellen zu können, die unser neues Münchener<br />

Büro leitet. Mit Frau <strong>Dr</strong>. Rath, die seit Jahren spezialisiert<br />

im Bereich des Haftpflichtpersonenschadens und im<br />

Medizinrecht arbeitet, gehen wir unseren Weg einer umfassenden<br />

Betreuung unserer Mandanten – der privaten<br />

und kommunalen Versicherungswirtschaft – weiter. Unser<br />

bisheriger jüngster Standort – Bochum – liegt nun<br />

doch nicht so sehr im Süden von Deutschland. Wir haben<br />

uns daher entschieden, auch dort mit einem Praxisstandort<br />

präsent zu sein. Mit Frau Rechtsanwältin <strong>Dr</strong>. Marion<br />

Rath ist eine renommierte und forensisch erfahrene Personenschaden-<br />

und Medizinrechtlerin zu uns gestoßen,<br />

mit der wir unsere bundesweite Vertretung im Personenschaden<br />

weiter ausbauen können. Frau Rath hat vor Ihrer<br />

Anwaltstätigkeit als technische Assistentin in verschiedenen<br />

medizinischen Forschungseinrichtungen gearbeitet.<br />

Die zahlreichen Veröffentlichungen umfassen neben<br />

den juristischen auch die medizinischen Fragestellungen.<br />

Unser Büro wird sich in der Münchener Innenstadt – in<br />

der Herzog-Wilhelm-Str. 26 – befinden. Die baulichen<br />

Arbeiten werden bereits im Juni abgeschlossen sein. Bis<br />

dahin wird die organisatorische Abwicklung über unser<br />

Büro in Bochum (Ansprechpartner dort: <strong>Dr</strong>. Heß; Massenbergstr.<br />

17, 44787 Bochum, Tel. 0234/325 94-0, Fax:<br />

0234/325 94-29; bochum@dr-eick.de) erfolgen. Frau <strong>Dr</strong>.<br />

Rath ist darüber hinaus auch über Ihre Handy-<strong>Nr</strong>.<br />

0176/641 895 94 sowie per email unter muenchen@dreick.de<br />

jederzeit erreichbar.<br />

Zur weiteren Koordination der gemeinsamen Arbeit ist<br />

Frau <strong>Dr</strong>. Rath auch ab Mai Mitglied unseres Redaktionsteams<br />

von „schaden aktuell“. Wir freuen uns auf eine<br />

gemeinsame Zusammenarbeit.<br />

<strong>Dr</strong>. Rainer Heß und <strong>Dr</strong>. Michael Burmann


Seite 2 - Schaden Aktuell Ausgabe 5 / 2007<br />

Kurzbeitrag<br />

Die Abrechnung des Fahrzeugschadens<br />

nach der Rechtsprechung des<br />

BGH<br />

Rechtsanwälte <strong>Dr</strong>. Rainer Heß, LL.M., Bochum<br />

und <strong>Dr</strong>. Michael Burmann, Erfurt<br />

Insbesondere durch die den Landgerichten eingeräumte<br />

Möglichkeit, Revisionen zuzulassen, hat der BGH in<br />

den letzten Jahren Gelegenheit gehabt, in kurzer Zeit<br />

ein Gesamtkonzept zur fiktiven und konkreten Abrechnung<br />

des Sachschadens zu entwickeln. Auch wenn<br />

noch einzelne Fragen offen sind, stellt sich dies als ein<br />

für die Praxis umsetzbares System dar.<br />

I. Grundlagen<br />

Es geht bei der Abrechnung des Fahrzeugschadens um<br />

das Verhältnis des Wiederbeschaffungswerts (WBW), des<br />

Wiederbeschaffungsaufwands (WBA; WBW abzüglich<br />

Restwert) und der Reparaturkosten (RK; der Minderwert<br />

spielte in den BGH-Entscheidungen keine Rolle). Es geht<br />

darum, ob auch unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit<br />

und des Bereicherungsverbots eine Reparatur noch im<br />

Rahmen der Dispositionsbefugnis des Geschädigten liegt.<br />

Ebenfalls ist in der BGH-Rechtsprechung zu differenzieren,<br />

ob der Geschädigte konkret nach tatsächlich aufgewandten<br />

Kosten oder fiktiv nach Gutachten abrechnet.<br />

Diese Unterscheidung wird vom BGH im Übrigen auch<br />

in Bezug auf die Abrechnung der Mehrwertsteuer nach<br />

der gesetzlichen Neuregelung des § 249 II BGB vorgenommen<br />

(vgl. BGH, NJW-Spezial 2005, 352; 2006, 65;<br />

2006, 256; 2006, 304).<br />

II. Reparaturkosten liegen über 130% des Wiederbeschaffungswerts<br />

In diesem Bereich ist es schon durch den BGH in seinem<br />

Urteil vom 15.10.1991 (BGHZ 115, 375) entschieden,<br />

dass die Instandsetzung wirtschaftlich unvernünftig ist.<br />

Der Geschädigte hat keine Dispositionsbefugnis für eine<br />

Reparatur zu Lasten des Schädigers, die Abrechnung erfolgt<br />

somit auf der Basis eines Totalschadens. Ersetzt<br />

wird immer nur der Wiederbeschaffungsaufwand. Der<br />

Geschädigte kann auch nicht seinen Ersatzanspruch auf<br />

130 % oder 100 % beschränken.<br />

III. Reparaturkosten liegen zwischen Wiederbeschaffungswert<br />

und 130 %<br />

Für eine Abrechnung von Reparaturkosten bis zu 30 %<br />

über dem WBW ist eine tatsächlich fachgerecht (wie in<br />

dem Sachverständigengutachten ermittelt) durchgeführte<br />

Reparatur Voraussetzung (BGH, Urteil vom 15.2. 2005<br />

m. Anm. Heß, NZV 2005, 245). Erfüllt die Reparatur<br />

nicht diese Voraussetzungen, wird grundsätzlich nach<br />

Totalschaden (WBA) abgerechnet. Falls die tatsächlichen<br />

Reparaturkosten zwischen WBA und WBW liegen,<br />

spricht einiges dafür, dass dann der BGH diese tatsächlich<br />

entstandenen Kosten auch für gerechtfertigt hält. Der<br />

Geschädigte kann dann konkret in diesem Bereich liegende<br />

und tatsächlich entstandenen Reparaturkosten abrechnen.<br />

Fiktiv wird er nur auf der Basis eines Totalschadens<br />

(WBS) abrechnen können. Die Grenze auch einer<br />

konkreten Abrechnung tatsächlicher Reparaturkosten<br />

wird in jedem Fall aber der WBW sein. Im Übrigen dürfte<br />

es auch erforderlich sein, dass der Geschädigte das<br />

Fahrzeug mindestens sechs weitere Monate behält (Integritätsinteresse).<br />

Da diese so genannte 130%-<br />

Rechtsprechung nur ausnahmsweise trotz eines eigentlich<br />

eingetretenen Totalschadens die Abrechnung auf Basis<br />

tatsächlicher Reparaturkosten zulässt, muss der Geschädigte<br />

das Fahrzeug auch behalten wollen. Eine so genannte<br />

Verkaufsreparatur dürfte in diesem Bereich daher<br />

nicht ausreichen.<br />

Hat der Geschädigte fiktiv nach Gutachten den Wiederbeschaffungsaufwand<br />

abgerechnet, hindert dies eine spätere<br />

konkrete Abrechnung auf der Basis einer durchgeführten<br />

Reparatur und die Nachforderung der (tatsächlich)<br />

höheren Kosten nicht, es sei denn, es ist auf eine<br />

Nachforderung eindeutig verzichtet worden. (BGH, NJW<br />

2007, 67). In der bloßen Abrechnung liegt regelmäßig<br />

kein Verzicht auf Nachforderungen (so auch für eine Abrechnung<br />

nach dem so genannten DAV-Abkommen;<br />

BGH, NJW 2006, 1511).<br />

IV. Reparaturkosten zwischen Wiederbeschaffungswert<br />

und Wiederbeschaffungsaufwand<br />

1. Konkret oder fiktiv ?<br />

In diesem Bereich kann der Geschädigte die tatsächlich<br />

angefallenen Kosten für eine Reparatur immer verlangen.<br />

Auf eine Weiterbenutzung und auf einen Restwert<br />

kommt es nicht an. Der BGH hat in seinem Urteil vom<br />

5.12.2006 (BGH, NJW 2007, 588) den Unterschied zwischen<br />

konkreter und fiktiver Abrechnung klargestellt. Die<br />

Grenze für die Abrechnung nach den konkret entstandenen<br />

Kosten hätte der BGH auch beim Wiederbeschaffungsaufwand<br />

ziehen können. Er hat dies allerdings erst<br />

beim Wiederbeschaffungswert getan. Rechnet der Geschädigte<br />

allerdings fiktiv nach dem Schadensgutachten<br />

ab, kommt es darauf an, dass er das Kfz mindestens sechs<br />

Monate weiter nutzt (BGH, NJW 2006, 2179) und es zu<br />

diesem Zweck gegebenenfalls repariert. Noch nicht ausdrücklich<br />

entschieden ist, ob es sich bei dieser Weiterbenutzungsdauer<br />

um eine Fälligkeitsvoraussetzung handelt.<br />

Der Wortlaut der BGH-Entscheidung spricht dafür. Danach<br />

wäre bis zum Ablauf der sechs Monate der Differenzbetrag<br />

zwischen der Abrechnung nach Wiederbeschaffungsaufwand<br />

und -wert noch nicht fällig. Sicher<br />

ist, dass die Qualität der Reparatur keine Rolle spielt,<br />

sondern nur maßgeblich ist, dass der Geschädigte das<br />

Fahrzeug behält und somit den Restwert nicht realisiert<br />

(BGH, NJW 2003, 2085). Auch hier gilt, dass eine Abrechnung<br />

auf der Basis des WBA eine spätere Nachforderung<br />

nach konkreter Reparatur nicht hindert (BGH, NJW<br />

2007, 67).<br />

2. Der Restwert/die 70 % Grenze


Seite 3 - Schaden Aktuell Ausgabe 5 / 2007<br />

Veräußert der Geschädigte das Fahrzeug, realisiert er den<br />

Restwert und sein Schaden ist in entsprechender Höhe<br />

ausgeglichen. Für die Anwendung einer so genannten 70<br />

%-Grenze ist kein Raum (BGH, NJW 2005, 2541). Der<br />

Geschädigte darf hierbei grundsätzlich den erzielten<br />

Restwert zu Grunde legen. Dies gilt auch dann, wenn er<br />

ansonsten fiktiv abrechnet (BGH, NJW 2006, 2320). Der<br />

Schädiger hat die Beweislast dafür (§ 254 BGB), dass auf<br />

dem – maßgeblichen – regionalen Markt (kein Internetmarkt<br />

für Restwertaufkäufer) ein höherer Restwert zu<br />

erzielen war (BGH, NJW 2005, 3134). Allerdings muss<br />

der Geschädigte sich einen ohne besondere Mühen auf<br />

diesem Markt erzielbaren höheren Erlös anrechnen lassen<br />

(BGH, NJW 2005, 357). Macht er hierzu keine Angaben,<br />

gilt der vom Schädiger vorgetragene Erlös als zugestanden<br />

(§ 138 III, IV ZPO; BGH, NJW 2005, 357). Auch<br />

wenn im Totalschadensfall der Geschädigte sein Fahrzeug<br />

weiterbenutzt, ist bei der Totalschadensabrechnung<br />

der von dem Gutachter auf dem regionalen Markt ermittelte<br />

Restwert und nicht von einem Internet-<br />

Restwertangebot auszugehen (BGH, Urteil vom 6.3.2007<br />

– Az. VI ZR 120/06 = NJW 2007, Heft 23, Besprechung<br />

s.u.). Der Geschädigte kann auch auf eine Restwertangabe<br />

des von ihm beauftragten Gutachters grundsätzlich<br />

vertrauen (BGH, NJW 2005, 3134). Erhält er allerdings<br />

vor dem Verkauf ein annahmefähiges und für ihn ohne<br />

jede Mühe realisierbares Restwertangebot, so wird er im<br />

Rahmen der Schadenminderungspflicht grundsätzlich<br />

gehalten sein, den Verkauf dorthin vorzunehmen (BGH,<br />

NJW 2005, 357).<br />

V. Reparaturkosten unter dem Wiederbeschaffungsaufwand<br />

Liegen die Reparaturkosten unter dem Wiederbeschaffungsaufwand,<br />

so ist das Fahrzeug unproblematisch reparaturwürdig.<br />

Der Geschädigte hat die volle Dispositionsbefugnis.<br />

Er kann reparieren und nach den tatsächlichen<br />

Kosten abrechnen. Er kann aber auch ausschließlich fiktiv<br />

nach dem Gutachten abrechnen. Was er mit dem<br />

Schadensersatzbetrag macht, ist ausschließlich seine Sache.<br />

Es besteht kein Anspruch auf Nachweis der Reparatur.<br />

Gem. § 249 II BGB ist bei der fiktiven Abrechnung<br />

aber nur der vom Gutachter ermittelte Nettoreparaturkostenbetrag<br />

zu ersetzen. Die Mehrwertsteuer wird nur ersetzt,<br />

wenn diese konkret angefallen ist.<br />

Auch hier sind natürlich noch Fragen offen. Was gilt,<br />

wenn der Geschädigte fiktiv den Nettobetrag abrechnet<br />

und gleichzeitig auf einen Reparaturteil (Teilreparatur;<br />

Ersatzteilrechnungen) tatsächlich angefallene Mehrwertsteuer<br />

zusätzlich verlangt? Was ist, wenn er gar nicht<br />

repariert, sondern sich einen preiswerteren (günstiger als<br />

die Reparaturkosten) Ersatzwagen anschafft und hierfür<br />

die Mehrwertsteuer verlangt? Ist diese Mischung zwischen<br />

fiktiver und konkreter Abrechnung zulässig (vgl.<br />

BGH, NJW 2006, 2320)?<br />

Zu der Schadensabrechnung des BGH vgl. Greiner, zfs<br />

2006, 63 (Teil 1), zfs 2006, 124 (Teil 2); Wellner, NZV<br />

2006, 504.<br />

NJW-Spezial, Heft 5/2007<br />

Rechtsprechung<br />

Höhe der Sachverständigenkosten<br />

Nach einem Unfall kann grundsätzlich ein in Relation<br />

zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar<br />

gem. § 249 II BGB erstattet verlangt werden.<br />

Es ging bei dieser BGH-Entscheidung nur um Sachverständigenkosten<br />

in Höhe von 363,73 Euro (221,56 Euro<br />

netto Grundgebühr und 92 Euro Nebenkosten). In der<br />

Preisvereinbarung mit dem Gutachter heißt es unter<br />

Punkt A: „Die Grundgebühr richtet sich nach der Schadenshöhe…“.Der<br />

Punkt B, wonach die aufgewendete<br />

Zeit maßgeblich ist, war in der Vereinbarung gestrichen<br />

worden. Das AG gab der Klage statt. Das LG sprach nur<br />

in Höhe von 160 Euro zu. Der BGH hob das Urteil auf<br />

und verwies die Sache zurück.<br />

Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu<br />

den gem. § 249 I BGB zu erstattenden Kosten. Einerseits<br />

kann die Begutachtung zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs<br />

erforderlich und zweckmäßig sein. Andererseits<br />

kann die Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung<br />

der Wiederherstellung dienen (BGH, NJW 2005,<br />

356). Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung<br />

Erforderlichen gem. § 249 II BGB, sind<br />

weder der Schädiger noch das Gericht berechtigt, eine<br />

Preiskontrolle durchzuführen (BGH, NJW 2004, 3326).<br />

Der BGH weist dann auf eine Vielzahl von Urteilen von<br />

Instanzgerichten hin, die ein Sachverständigenhonorar im<br />

Verhältnis zur Schadenhöhe als erforderlichen Herstellungsaufwand<br />

bejaht haben. Hiergegen bestehen nach<br />

dem BGH aus schadensrechtlicher Sicht keine Bedenken.<br />

Der Geschädigte kann einen qualifizierten Gutachter beauftragen.<br />

Er kann zwar nur die Kosten erstattet verlangen,<br />

die zur Behebung des Schadens zweckmäßig und<br />

angemessen sind. Hierbei sind aber die Erkenntnis- und<br />

Einflussmöglichkeiten zu beachten. Den Geschädigten<br />

trifft zwar eine Schadenminderungspflicht. Er ist aber<br />

nicht zu einer Marktforschung verpflichtet, um einen<br />

möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu<br />

machen. Die Grundsätze, die der BGH zu der Höhe der<br />

Mietwagenkosten – insbesondere den Unfallersatztarif –<br />

aufgestellt hat, führen nicht zu einer anderen Beurteilung<br />

für die Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten. Hierdurch<br />

wird aber der Geschädigte nicht des Risikos enthoben,<br />

dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen<br />

beauftragt, der sich später im Prozess als zu<br />

teuer erweist (BGH, NJW 2005, 3134). Zur weiteren<br />

Sachverhaltsaufklärung hat der BGH das Verfahren an<br />

das LG zurückverwiesen.<br />

Praxishinweis: Im Mittelpunkt des Streits stand die Frage,<br />

ob die Grundsätze, die der BGH zu dem Unfallersatztarif<br />

entwickelt hat auch für die Sachverständigenkosten<br />

gelten. Dies lehnt der BGH eindeutig auf Grund der unterschiedlichen<br />

Praxis ab. Zum einen ist ein gespaltener<br />

Markt wie bei den Mietwagen in Normal- und Unfallersatztarif<br />

nicht feststellbar. Darüber hinaus zieht der BGH<br />

aus Rechtsprechung und Schrifttum die Erkenntnis, dass


Seite 4 - Schaden Aktuell Ausgabe 5 / 2007<br />

die Abrechnung des Sachverständigen nach der Schadenshöhe<br />

üblich ist.<br />

BGH, Urteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 =NJW 2007,<br />

1450<br />

Welcher Restwert ist maßgeblich?<br />

Benutzt der Geschädigte im Totalschadensfall sein –<br />

fahrbereites – Fahrzeug weiter, so ist bei der fiktiven<br />

Abrechnung nach den Wiederbeschaffungskosten der<br />

Restwert, wie ihn der Sachverständige auf dem regionale<br />

Markt ermittelt hat, zu Grunde zu legen.<br />

Das Fahrzeug des Klägers hatte einen Totalschaden erlitten.<br />

Die Reparaturkosten nach Gutachten betrugen<br />

2511,62 Euro, der Wiederbeschaffungswert 1800 Euro<br />

und der Restwert 500 Euro. Der Kläger benutzte sein<br />

verkehrssicheres Fahrzeug unrepariert weiter. Die Beklagte<br />

unterbreitete unter anderem ein Restwertangebot<br />

einer Firma aus Norddeutschland in Höhe von 1300 Euro.<br />

Diese hätte das Fahrzeug gegen Barzahlung beim<br />

Kläger in Süddeutschland kostenfrei abgeholt. Nach diesem<br />

Angebot rechnete die Beklagte ab. Nachdem die<br />

Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, sprach der<br />

BGH dem Kläger die Differenz zu.<br />

Der Kläger muss sich nach dem BGH zwar trotz der<br />

Weiterbenutzung des Fahrzeuges den Restwert anrechnen<br />

lassen. Dies liegt daran, dass es sich hier um einen Totalschaden<br />

gehandelt hat und der Geschädigte bei der Schadensabrechnung<br />

grundsätzlich den wirtschaftlichsten<br />

Weg gehen muss (subjektbezogene Schadensbetrachtung;<br />

BGH, NJW 2000, 800; NJW 2005, 3134). Den Streit, der<br />

um die Höhe des anzurechnenden Restwertes ging, hat<br />

der BGH zugunsten des Klägers entschieden. Hierzu<br />

wiederholt der BGH seine Rechtsprechung, dass der Geschädigte<br />

grundsätzlich das Fahrzeug zu dem Preis veräußern<br />

kann, den der von ihm eingeschaltete Sachverständige<br />

auf dem regionalen Markt (kein Sondermarkt im<br />

Internet für Restwertaufkäufer) ermittelt hat (BGH, NJW<br />

2005, 357; NJW 2005, 3134). Zwar können besondere<br />

Umstände den Geschädigten dazu anhalten, eine ohne<br />

weiteres günstigere Verwertungsmöglichkeit in Anspruch<br />

zu nehmen. Dies muss aber in engen Grenzen gehalten<br />

werden, weil ansonsten die Ersetzungsbefugnis des Geschädigten,<br />

in welcher Weise er mit dem beschädigten<br />

Fahrzeug verfährt, unterlaufen würde. Durch ein hohes<br />

Restwertangebot eines Restwertaufkäufers könnte der<br />

Geschädigte unter Umständen, obwohl er sein Fahrzeug<br />

behalten will, gezwungen sein, es zu verkaufen, weil er<br />

nicht sicher sein kann, beim Verkauf in eigener Regie<br />

später denselben Preis zu erzielen. Er müsste dann zum<br />

Schadensausgleich eigene Mittel aufwenden, was nicht<br />

dem Leitbild des Schadensersatzes entspricht, in dem der<br />

Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens ist und<br />

selbst bestimmen darf, wie er mit der beschädigten Sache<br />

verfährt (BGH, NJW 2005, 3134). Die Besonderheit des<br />

BGH-Falls liegt darin, dass der Geschädigte sein Fahrzeug<br />

behalten hat. Auch hierauf weist der BGH hin. Der<br />

Streitfall ist nicht vergleichbar mit den Fällen, in denen<br />

der Geschädigte sein Fahrzeug verkauft hat. In diesen<br />

Fällen steht der Restwert fest und es steht fest, in welcher<br />

Höhe der Schaden durch den erzielten Erlös ausgeglichen<br />

ist (BGH, NJW 2005, 357; NJW 2005, 3134). Der Geschädigte<br />

brauche somit nicht den Restwert gemäß dem<br />

Angebot des Restwertaufkäufers (1300 Euro), sondern<br />

nur den vom Sachverständigen ermittelten Restwert von<br />

500 Euro anrechnen zu lassen.<br />

Praxishinweis: Auch dieses Urteil des BGH kam nicht<br />

überraschend. Dass der Schadensabrechnung nur der auf<br />

dem regionalen (nicht Restwertangebote aus dem Internet)<br />

Markt erzielbare Preis zugrunde zu legen ist, hat der<br />

BGH bereits in seinen Urteilen vom 7.12.2004 (BGH,<br />

NJW 2005, 357) und vom 12.7.2005 (BGH, NJW 2005,<br />

3134) deutlich gemacht. Angesichts dieser eindeutigen<br />

Positionierung des BGH kann dahinstehen, ob man von<br />

dieser Rechtsprechung nun überzeugt ist oder nicht. Es<br />

ist aber zu differenzieren, ob der Restwert nur eine Rechengröße<br />

ist, oder ob ein Restwert tatsächlich realisiert<br />

worden ist. Auch hier besagt das Urteil nichts Neues. Der<br />

BGH hat bereits bei seiner Entscheidung vom 7.6.2005,<br />

in der er der so genannten 70 %-Grenze eine Absage erteilt<br />

hat (BGH, NJW 2005, 2541) deutlich gemacht, dass<br />

in Höhe des tatsächlich erzielten Restwerts der Schaden<br />

ausglichen ist. Die Frage des regionalen Markts stellte<br />

sch dabei nicht, sondern nur die Frage, ob der Geschädigte<br />

überobligationsmäßige Anstrengungen unternommen<br />

hat (BGH, NJW 2005, 357). Will der Geschädigte verkaufen,<br />

so ist ein rechtzeitiges und zumutbares Restwertangebot<br />

nach wie vor zu berücksichtigen (§ 254 BGB).<br />

Weigert sich der Geschädigte, den erzielten Preis mitzuteilen<br />

(§ 138 ZPO), so ist das Restwertangebot des Schädigers<br />

zu Grunde zulegen (BGH , NJW 2005, 357; vgl.<br />

auch OLG Düsseldorf = NJOZ 2007, Heft 17, Besprechung<br />

s.u.).<br />

BGH, Urteil vom 6.3.2007 – VI ZR 120/06 =NJW 2007,<br />

Heft 23<br />

Abwägung: Geschwindigkeit und<br />

verschmutzte Fahrbahn<br />

Auch wenn Haftungsabwägungen grundsätzlich Sache<br />

der tatrichterlichen Würdigung sind, unterliegt es der<br />

Prüfung in der Revisionsinstanz, ob eine Feststellung<br />

der für die Abwägung zu Grunde gelegten Tatsachen<br />

durch das Berufungsgericht erfolgt war.<br />

Der Beklagte hatte seine Rinder von der Weide 60 Meter<br />

über eine Kreisstraße bis zu seinem Hof getrieben. Gröbere<br />

Verschmutzungen entfernte er. Es verblieb aber eine<br />

festgefahrene Kleieschicht. In der folgenden Nacht regnete<br />

es nach langer Trockenheit und die Fahrbahn war<br />

spiegelglatt. Noch bei Dunkelheit befuhr die Ehefrau des<br />

Klägers mit 80 km/h das verschmutzte Teilstück, geriet<br />

ins Schleudern und wurde durch den Aufprall gegen einen<br />

Baum tödlich verletzt. Der Beklagte hat 50% des<br />

Sachschadens ersetzt. Das Berufungsurteil, dass diese<br />

Haftungsverteilung für angemessen angesehen hatte, hob<br />

der BGH auf.


Seite 5 - Schaden Aktuell Ausgabe 5 / 2007<br />

Zwar müsse sich der Kläger die Mitverursachung des<br />

Unfalls durch seine Ehefrau im Rahmen der Erhöhung<br />

der Betriebsgefahr anrechnen lassen (BGH, VersR 1981,<br />

354). Die Abwägung des LG beruht aber auf einer unvollständigen<br />

Tatsachenfeststellung. Es ist keine Feststellung<br />

dazu getroffen worden, weshalb die Ehefrau sich an<br />

dieser Stelle auf die besondere Glätte hätte einstellen<br />

müssen. Dass eine Fahrbahnverschmutzung auf kleineren<br />

Straßen im ländlichen Bereich nicht unüblich sei und dies<br />

der Ehefrau bei gehöriger Aufmerksamkeit auch hätte<br />

bewusst sein müssen, reicht für die Annahme einer unfallbedingten<br />

Mitverursachung durch überhöhte Geschwindigkeit<br />

nicht aus. Zwar darf ein Fahrer nur so<br />

schnell fahren, dass er sein Fahrzeug ständig beherrscht<br />

(§ 3 I 1 StVO). Die Geschwindigkeit war auch objektiv<br />

zu hoch, dafür, dass die Fahrerin aber mit der glatten<br />

Kleieschicht habe rechnen können und müssen, reichen<br />

die Feststellungen des LG aber nicht aus. Eine Kenntnis<br />

der Fahrerin ist nicht festgestellt; insbesondere steht nicht<br />

fest, dass die Kleieschicht bei Dunkelheit im Scheinwerferlicht<br />

zu sehen war. Das Einstellen der Unfallörtlichkeit<br />

als „gefährliche Stelle“ in die Abwägung wird durch die<br />

Feststellungen ebenfalls nicht getragen. Dass die Straße<br />

„eher schmal“ war, reicht dafür nicht aus, auch hat der<br />

Sachverständige im Ermittlungsverfahren eine Kurvengrenzgeschwindigkeit<br />

bei unverunreinigter Fahrbahn von<br />

ca. 127 km/h ermittelt. Da die Feststellungen des LG<br />

nicht die hälftige Haftungsabwägung tragen, ist das Verfahren<br />

zurückverwiesen worden.<br />

Praxishinweis: Grundsätzlich sind Haftungsabwägungen<br />

Sache des Tatrichters. Der BGH prüft nur, ob alle Umstände<br />

für diese Abwägung vollständig und richtig berücksichtigt<br />

worden sind und das Berufungsgericht zulässige<br />

Erwägungen angestellt hat (BGH, NJW 2006, 896).<br />

Aber auch dieser nur eingeschränkten Überprüfung in der<br />

Revisionsinstanz fiel das LG-Urteil „zum Opfer“. Die<br />

Abwägung des LG, dass die Haftung hälftig zu verteilen<br />

sei, weil die Fahrerin nur „deutlich unter 80 km/h hätte<br />

fahren dürfen“, war nicht mit dem Unfallablauf und insbesondere<br />

der Unfallörtlichkeit unterlegt. Allein die Tatsache,<br />

dass es zum Unfall gekommen ist, reichte dem<br />

BGH insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich nur<br />

um eine Verschmutzung an dieser Stelle gehandelt hat,<br />

nicht aus. Kann der Beklagte nun im weiteren Prozessverlauf<br />

keine Punkte aufzeigen, nach der die Fahrerin<br />

konkret mit einer Verschmutzung an dieser noch weiter<br />

aufzuklärenden Unfallörtlichkeit, mit einer solchen Gefahr<br />

rechnen musste, dürfte es zu einer für den Kläger<br />

günstigeren Quotierung kommen. Die Betriebsgefahr<br />

wird bleiben und dürfte auch nicht zurücktreten, so dass<br />

eine Quote im Bereich von 75 % zu 25 % realistisch sein<br />

dürfte.<br />

BGH, Urteil vom 23.1.2007 – VI ZR 146/06 = NJW-RR<br />

2007, Heft 10<br />

Terminsgebühr bei unbedingten Klageauftrag<br />

Hat der Anwalt bereits einen unbedingten Klageauftrag<br />

erhalten, kann eine Terminsgebühr auch dann entste-<br />

hen, wenn der Rechtsstreit oder das Verfahren noch<br />

nicht anhängig sind.<br />

Der Beklagte beauftragte seine Rechtsanwälte – die Kläger<br />

– nach einem erfolglosen Aufforderungsschreiben mit<br />

der Einreichung einer Klage gegen seinen damaligen Arbeitgeber.<br />

Danach kam es zu Gesprächen mit dem Arbeitgeber,<br />

die – bevor eine Klage eingereicht wurde – zu<br />

einer Einigung führten. Der BGH bestätigt das Urteil des<br />

LG, das eine Terminsgebühr zugesprochen hat. <strong>Nr</strong>. 3104<br />

VV RVG setzt nicht voraus, dass der Anspruch, der Gegenstand<br />

der Besprechung ist, bereits bei Gericht anhängig<br />

gemacht worden ist. Nach Absatz 3 der Vorbemerkung<br />

3 zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zu § 2 II<br />

RVG entsteht die Terminsgebühr (u.a.) durch die Mitwirkung<br />

an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder<br />

Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Dass bereits<br />

eine Klage an- oder rechtshängig ist, wird dabei nicht<br />

vorausgesetzt. „Erledigt“ wird ein laufendes Verfahren;<br />

„vermeiden“ lässt sich demgegenüber nur ein Verfahren,<br />

das noch nicht begonnen hat. Der BGH begründet diese<br />

Auffassung auch mit der Gesetzgebungsgeschichte und<br />

dem Sinn und Zweck des RVG. Zur Entlastung der Gerichte<br />

wollte der Gesetzgeber mit dem RVG außergerichtliche<br />

Erledigungen durch Schaffung gebührenrechtlicher<br />

Anreize für die Anwaltschaft fördern. Voraussetzung<br />

der Terminsgebühr ist daher nicht erst die<br />

Einreichung der Klage, sondern der unbedingte<br />

Klageauftrag.<br />

BGH, Urteil vom 8.2.2007 – IX ZR 215/05 = NJW-RR<br />

2007, Heft 10<br />

Regulierungsvollmacht des Haftpflichtversicherers<br />

Der Haftpflichtversicherer ist uneingeschränkt (auch in<br />

Bezug auf einen Selbstbehalt und über die Deckungssumme<br />

hinaus) zu Verhandlungen mit dem Geschädigten<br />

bevollmächtigt. Anerkenntnisse unterbrechen daher<br />

im vollen Umfang die Verjährung.<br />

Der (Berufs-) Haftpflichtversicherer des Beklagten hat<br />

im Rahmen der Korrespondenz mit dem Kläger die geltend<br />

gemachten Ansprüche unter Abzug des Selbstbehalts<br />

des Beklagten bezahlt. Der BGH bestätigt seine ständige<br />

Rechtsprechung, dass darin ein die Verjährung unterbrechendes<br />

(altes Verjährungsrecht) Anerkenntnis liegt<br />

(BGH, NJW-RR 1994, 373). Zur Regulierungsvollmacht<br />

des Versicherers heißt es in den AHB:<br />

„Der Versicherer gilt als bevollmächtigt, alle zur Beilegung<br />

oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden<br />

Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers<br />

abzugeben.“<br />

Wenn der Versicherer von dieser unbeschränkten Verhandlungsvollmacht<br />

nur einen eingeschränkten Gebrauch<br />

machen will, muss er dies dem Verhandlungspartner<br />

deutlich erkennbar machen (BGH, NJW-RR 1989, 278).<br />

Dieser soll sich auf das Wort des Versicherers verlassen<br />

können, ohne prüfen zu müssen, ob der Versicherer unter


Seite 6 - Schaden Aktuell Ausgabe 5 / 2007<br />

Umständen im Verhältnis zu seinem Versicherungsnehmer,<br />

dem Schädiger, gegenüber teilweise leistungsfrei ist<br />

(BGH, NJW-RR 2004, 109). Die Vollmacht in den AHB<br />

enthält keinerlei Einschränkung. Der Versicherer kann<br />

„alle ihm“ zweckmäßig erscheinenden Erklärungen abgeben.<br />

An der in einer früheren Entscheidung (BGH,<br />

NJW 1958, 1590) geäußerten Auffassung, dass die Regulierungsvollmacht<br />

nicht weiter reicht als die Regulierungspflicht,<br />

hält der BGH ausdrücklich nicht fest. Damit<br />

ist das – ohne Einschränkung – durch Zahlung erfolgte<br />

Anerkenntnis des Versicherers umfassender als seine<br />

Leistungspflicht im Verhältnis zu seinem Versicherungsnehmer<br />

gewesen und umfasst auch den von diesem zu<br />

tragenden Selbstbehalt und deckt auch eine Überschreitung<br />

der Deckungssumme.<br />

Praxishinweis: Zwar handelt es sich um ein Urteil des<br />

IV. BGH-Senates zur Allgemeinen Haftpflicht. Die<br />

Grundsätze sind aber auch auf die Regulierungsvollmacht<br />

des Kfz-Haftpflichtversicherers zu übertragen.<br />

Dies ist auch in dem Urteil des BGH vom 07.10.2003<br />

entschieden worden (BGH, NJW-RR 2004, 109). Die<br />

Vollmacht ist grundsätzlich unbeschränkt. Der Ermessensspielraum<br />

des Versicherers ist somit sehr weit. Wenn<br />

der Versicherer von der unbeschränkten Verhandlungsvollmacht<br />

nur einen eingeschränkten Gebrauch machen<br />

will, muss er dies erkennbar machen. Die Regulierungsvollmacht<br />

geht auch über die Deckungssumme hinaus.<br />

Da sie mit dem Direktanspruch des § 3 PflVG korrespondiert,<br />

gilt sie auch dann, wenn und soweit der Versicherer<br />

im Innenverhältnis gegenüber seinem Versicherungsnehmer<br />

(dem Schädiger) leistungsfrei geworden ist<br />

(vgl. Heß/Höke in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Hdb.,<br />

2004, § 29 Rdnr. 34).<br />

BGH, Urteil vom 11.10.2006 – IV ZR 329/05 = NJW<br />

2007, 69<br />

Aufklärungspflichtverletzung nach<br />

Unfall<br />

Die Kenntnis der nach einem Versicherungsfall mitzuteilenden<br />

Umstände muss der Versicherer beweisen. Gelingt<br />

dies, wird Vorsatz vermutet. Für nachträglichen<br />

Verlust (Amnesie) trägt der Versicherungsnehmer die<br />

Beweislast.<br />

Der Kläger begehrt die Kaskoentschädigung aus einem<br />

Unfallschaden. Das Fahrzeug kam ohne Fremdeinwirkung<br />

nachts von der Straße ab und überschlug sich. Ein<br />

Zeuge half kurz nach dem Unfall den Kläger beim Aussteigen.<br />

Dieser hatte Schürf- und Schnittwunden, sowie<br />

ein Schädel-Hirn-Trauma geringen Grades erlitten. Eine<br />

entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,7 ‰. Er<br />

behauptete, dass er unangeschnallt auf dem Beifahrersitz<br />

gesessen habe und sich an das Unfallgeschehen sowie die<br />

Person des Fahrers wegen der Kopfverletzung nicht erinnern<br />

könne. Dies gab er auch so der Versicherung an. Die<br />

Versicherung lehnte unter anderem wegen Verletzung der<br />

Aufklärungsobliegenheit eine Leistung ab und behielt,<br />

weil der Kläger Angaben zum Unfall und zum Fahrer<br />

verweigert habe, in allen Instanzen Recht.<br />

Den Streit, wer die Beweislast für die Kenntnis der mitzuteilenden<br />

Umstände trägt, hat der BGH nun entschieden.<br />

Mit dem OLG Hamm (NJW-RR 1995, 286; a.A.<br />

OLG Oldenburg, zfs 1995, 381) geht der Versicherungssenat<br />

davon aus, dass ein Versicherungsnehmer nur das<br />

anzeigen könne, was ihm auch bekannt sei. Deshalb gehört<br />

die Kenntnis, der nach Eintritt des Versicherungsfalls<br />

mitzuteilenden Umstände zum objektiven Tatbestand<br />

der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, den<br />

der Versicherer zu beweisen hat. Die gesetzliche Vorsatzvermutung<br />

des § 6 III VVG (§ 7 Abs. 5 IV AKB) macht<br />

nur vor dem Hintergrund Sinn, dass die Kenntnis des<br />

Versicherungsnehmers feststeht, er die erforderliche Mitteilung<br />

aber unterlässt. Diese Kenntnis liegt bei dem Kläger<br />

aber vor. Er hat die Vorgänge als Beifahrer bis zu<br />

dem Unfall bei unstreitig noch ungetrübten Bewusstsein<br />

miterlebt. Damit liegen die objektiven Voraussetzungen<br />

für eine Aufklärungspflichtverletzung vor. Die sich daran<br />

anknüpfende Vorsatzvermutung (§ 6 III VVG) hat der<br />

Kläger nicht widerlegt. Die Behauptung, wegen einer<br />

retrogenen Amnesie die Kenntnis verloren zu haben, ist<br />

zwar schlüssig. Den Kläger trifft hierfür aber (Rechtsgedanke<br />

des § 827 1 BGB) die volle Beweislast. Diesen<br />

Beweis konnte er aber nicht führen. Der in der Berufungsinstanz<br />

gehörte Sachverständige konnte weder bestätigen<br />

noch ausschließen, dass es bei dem Kläger durch<br />

das Schädelhirntrauma zu einer Beeinträchtigung des<br />

Gedächtnisses gekommen ist. Zweifel gehen zu Lasten<br />

des beweispflichtigen Klägers, so dass seine Klage keinen<br />

Erfolg hatte.<br />

Praxishinweis: Es überzeugt, dass dem Versicherungsnehmer<br />

nicht die Beweislast dafür auferlegt wird, dass er<br />

keine Kenntnis hatte. Ebenso überzeugend ist es aber<br />

auch, ihm den Nachweis des Wegfalls der Kenntnis zuzuweisen.<br />

Dass das OLG (zumindest) von einem non<br />

liquet ausgegangen ist, mag zusätzlich auch dadurch beeinflusst<br />

worden sein, dass ohnehin ernsthafte Zweifel an<br />

der Version des betrunkenen Klägers bestanden (vgl.<br />

auch Heß/Höke in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Hdb.,<br />

2004, § 29 Rdnr. 234).<br />

BGH, Urteil vom 13.12.2006 – IV ZR 252/05 = NJW<br />

2007, 1126<br />

Höhe des anrechenbaren Restwertes<br />

Der Geschädigte, der sein beschädigtes Fahrzeug verkauft,<br />

realisiert den Restwert und muss sich diesen anrechnen<br />

lassen. Äußert er sich trotz Hinweis des Gerichts<br />

nicht zum Erlös, gilt die Behauptung des Schädigers<br />

als zugestanden.<br />

Der Streit beim OLG Düsseldorf ging über die Höhe des<br />

anzurechnenden Restwerts. Der Gutachter gab einen<br />

Restwert von 8500 Euro an. Die beklagte Versicherung<br />

hatte ein Restwertangebot einer Firma in Höhe von<br />

12.836,20 Euro übermittelt. Unstreitig hat der Kläger<br />

sein Fahrzeug unrepariert verkauft. Trotz ausdrücklichen<br />

Hinweises auf die Folgen des Schweigens hat der Kläger<br />

den Veräußerungserlös aber nicht mitgeteilt. Damit galt<br />

gem. §§ 138 III und IV ZPO die Behauptung der Beklag-


Seite 7 - Schaden Aktuell Ausgabe 5 / 2007<br />

ten über den mindestens in Höhe des Restwertangebots<br />

als zugestanden und die Klage wurde abgewiesen.<br />

Praxishinweis: Das Urteil entspricht der BGH-<br />

Rechtsprechung. Sagt der Geschädigte nichts über den<br />

tatsächlich erzielten Restwert, so ist das Restwertangebot<br />

des Versicherers zu Grunde zu legen (BGH, NJW 2005,<br />

357). Dies ist die prozessuale Konsequenz aus den §§<br />

138 Abs. III und IV ZPO. Der tatsächlich erzielte Restwert<br />

ist dem Geschädigten bestens bekannt. Sagt er trotz<br />

Aufforderung hierzu nichts, gilt das Vorbringen des<br />

Schädigers hierzu als zugestanden. In Höhe des erzielten<br />

Restwerts ist dem Kläger kein Schaden entstanden.<br />

OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.1.2007 – 1 U 102/06 =<br />

NJOZ 2007, Heft 17<br />

Alleinhaftung eines Jugendlichen im<br />

Straßenverkehr<br />

Auch nach Änderung des § 828 BGB zum 1.8.2002<br />

kann eine Abwägung zwischen dem Verschuldensbeitrag<br />

eines Jugendlichen und der Betriebsgefahr eines<br />

Kfz dazu führen, dass diese völlig zurücktritt.<br />

Der zum Unfallzeitpunkt zwölft Jahre alte Kläger hat<br />

beim Einbiegen mit seinem Fahrrad mit hoher Geschwindigkeit<br />

die Kurve geschnitten, geriet ganz auf die<br />

– aus seiner Sicht – linke Fahrbahnhälfte und stieß mit<br />

dem dort fahrenden Beklagten zusammen. Nach den<br />

Feststellungen war der Unfall für den Beklagten – auch<br />

bei einer niedrigeren Geschwindigkeit – nicht vermeidbar.<br />

Dem Kläger trifft an dem Unfall ein grobes Eigenverschulden.<br />

§ 828 BGB kommt ihm hierbei nicht zugute,<br />

da danach lediglich Kinder bis zu zehn Jahren privilegiert<br />

sind. Gegenüber einem grob fahrlässigen Verhalten<br />

tritt daher regelmäßig die reine, nicht erhöhte Betriebsgefahr<br />

zurück. Auch die Neuregelung des § 7 StVG ändert<br />

hieran nichts. Durch § 7 II StVG („höhere Gewalt“) soll<br />

verhindert werden, dass sich Kraftfahrer von der Betriebsgefahr<br />

befreien können und so die Neuregelung des<br />

§ 828 II BGB nicht zum Tragen kommt. Dieser Gedanke<br />

greift hier nicht ein und auch ein zwölfjähriger Junge<br />

weiß, dass man nicht mit hoher Geschwindigkeit in eine<br />

nicht einsehbare Kurve auf die Gegenfahrbahn einbiegen<br />

darf. Auch wenn das Mitverschulden eines Jugendlichen<br />

in der Regel geringer als das entsprechende Mitverschulden<br />

eines Erwachsenen zu bewerten ist, führt die Abwägung<br />

des OLG Nürnberg im vorliegenden Fall dazu, dass<br />

die Betriebsgefahr vollständig zurücktritt und die Klage<br />

abgewiesen wird.<br />

Praxishinweis: Diese für die Praxis wichtige Urteil ist<br />

rechtkräftig. Der BGH hat in seinem Beschluss, mit dem<br />

er die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat,<br />

deutlich darauf hingewiesen, dass durch die Änderung<br />

des § 828 BGB die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten<br />

von Verkehrsteilnehmern ab dem zehnten Lebensjahr<br />

nicht geringer sind als bei der bisherigen Rechtslage<br />

(BGH, NZV 2005, 139; 2005, 460). Die Abwägung dahin,<br />

dass der Jugendliche alleine haftet, ist daher nach<br />

wie vor im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungs-<br />

spielraums möglich (Vgl. dazu auch Heß/Jahnke, Das<br />

neue Schadensrecht, 2002, S. 50 ff.; Lemcke, zfs 2002,<br />

318; Heß/Buller, zfs 2003, 218).<br />

OLG Nürnberg, Urteil vom 14.7.2005 – 13 U 901/05 =<br />

NZV 2007, 205;BGH, Beschluss vom 30.5.2006 – VI ZR<br />

184/05 = NZV 2007, 207<br />

Gesetzgebung<br />

Versicherungsschutz im Straßenverkehr<br />

Die Bundesregierung hat am 28.3.2007 den Entwurf eines<br />

Zweiten Gesetzes zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes<br />

und anderer versicherungsrechtlicher Vorschriften<br />

beschlossen. Danach soll der Versicherungsschutz<br />

im Straßenverkehr verbessert und mehr<br />

Transparenz bei der Kfz-Haftpflichtversicherung erreicht<br />

werden. Eine Vorstellung der wichtigsten geplanten Änderungen<br />

ist auf der Homepage des Bundesjustizministeriums<br />

unter www.bmj.de zu finden.<br />

VVG-Reform<br />

Zu der geplanten Reform des Versicherungsvertragsrechts<br />

(BT-<strong>Dr</strong>. 16/3945) fand am 28.3.2007 eine Anhörung<br />

im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags<br />

statt, in der die Reform grundsätzlich begrüßt worden ist.<br />

Dies gilt auch für den Deutschen Anwaltsverein, dessen<br />

Versicherungsausschuss im März zu diesem Entwurf<br />

Stellung genommen hat. Die Stellungnahme kann auf der<br />

Homepage des DAV unter www.anwaltverein.de nachgelesen<br />

werden.<br />

Es ist somit davon auszugehen, dass diese Reform am<br />

1.1.2008 in Kraft tritt.<br />

Vorschau<br />

1. Der XII. Senat des BGH hat seine Rechtsprechung zu<br />

den Aufklärungspflichten weiter ausgeführt. Insbesondere<br />

haftet der Vermieter dem Mieter aus culpa in contrahendo<br />

auf Schadensersatz, wenn die Mitarbeiter der Autovermietung<br />

wider besseres Wissen zusichern, es gäbe<br />

mit der Regulierung der Mietwagenkosten keine Probleme.<br />

Insoweit rundet die Rechtsprechung des XII. Senates,<br />

die umfangreiche Rechtsprechung des VI. Senates zu<br />

den Mietwagenkosten ab.<br />

BGH, Versäumnisurteil vom 10.1.2007 – XII ZR 72/04 –<br />

demnächst in NJW 2007, 1447


Seite 8 - Schaden Aktuell Ausgabe 5 / 2007<br />

2. Der IV. Senat hat in einem Urteil vom 28.2.2007 entscheiden,<br />

dass die Nichtangabe eines Schutzbriefes bei<br />

Abschluss einer Unfallversicherung nicht automatisch<br />

eine arglistige Täuschung des Versicherers darstellt.<br />

BGH, Urteil vom 28.2.2007 – IV ZR 331/05 = BeckRS<br />

2007, 06018<br />

3. Zur Repräsentantenhaftung beschränkt sich die Zurechnung,<br />

wenn dem <strong>Dr</strong>itten von dem Versicherungsnehmer<br />

nur ein begrenzter Geschäftsbereich übertragen<br />

wurde, auf diesen Bereich.<br />

BGH, Urteil vom 14.3.2007 – IV ZR 102/03 = BeckRS<br />

2007, 06296<br />

4. Zur Berufsunfähigkeitsversicherung hat der BGH in<br />

seinem Urteil vom 7.3.2007 ausgeführt,dass die sog.<br />

Beamtenklausel explizit vereinbart werden muss.<br />

BGH, Urteil vom 07.3.2007 – IV ZR 133/06 = BeckRS<br />

2007, 05784<br />

5. Zu der Verwertung von Zeugenaussagen hat der VI.<br />

Senat ausgeführt, dass die Unfallschilderung eines Zeugen<br />

gegenüber dem Haftpflichtversicherer eines der Unfallbeteiligten<br />

nicht im Wege des Zeugenbeweises, wohl<br />

aber im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden<br />

kann.<br />

BGH, Urteil vom 13.2.2007 – VI ZR 58/06 = BeckRS<br />

2007,05785<br />

Redaktion:<br />

Rechtsanwälte<br />

<strong>Dr</strong>. Rainer Heß, LL.M.<br />

<strong>Dr</strong>. Michael Burmann<br />

und<br />

<strong>Dr</strong>. Marion Rath<br />

Massenbergstr. 17<br />

44787 Bochum<br />

Tel.: 0234 / 325 94-0<br />

Fax: 0234 / 325 94-29<br />

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Herzog-Wilhelm-Str. 26<br />

80331 München<br />

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