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Nr. 4 - Arbeitszeit im Krankenhaus - Dr. Eick & Partner

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<strong>Krankenhaus</strong>-InfoArbeits-, Sozial- und SteuerrechtInformationsdienst der Sozietät <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong> <strong>Nr</strong>. 4 Dezember 2005Aktuelle politische Entwicklungen zur<strong>Arbeitszeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Krankenhaus</strong>ZUSAMMENFASSUNG:Im Koalitionsvertrag zwischenCDU, CSU und SPD vom 11. 11.2005 wurde vereinbart, die zum01.01.2006 auslaufende Übergangsregelungdes <strong>Arbeitszeit</strong>gesetzesum ein Jahr zu verlängern.Die zum Jahreswechsel drohendeunmittelbare Anwendbarkeit des<strong>Arbeitszeit</strong>gesetzes in vielenKrankenhäusern ist somit zuGunsten einer Kontinuität der<strong>Arbeitszeit</strong>gestaltung gewichen.Die Ankündigung <strong>im</strong> Koalitionsvertrag,die zum 01.01.2006 auslaufende Übergangsregelungdes § 25 ArbZG, die denTarifpartnern Zeit für die Anpassungihrer Vereinbarungen an die Vorgabendes EuGH zum Bereitschaftsdienst einräumt,um ein Jahr zu verlängern, entsprichtden <strong>im</strong> ablaufenden Jahr seitensder Deutschen <strong>Krankenhaus</strong>gesellschaftund der Landeskrankenhausgesellschaftengeäußerten Forderungen an diePolitik. Für den Fall der unmittelbarenGeltung des <strong>Arbeitszeit</strong>gesetzes ab dem01.01.2006 war ein am Arbeitsmarkt derzeitnicht zu deckender Personalmehrbedarfmit entsprechenden Mehrkostenfür die Krankenhäuser zu befürchten.Eine eigenständige tarifliche Regelungzur <strong>Arbeitszeit</strong> wurde bislang lediglichauf der Ebene der Kommunen und desBundes durch Verabschiedung des „Tarifvertragsfür den öffentlichen Dienst“(TVöD) geschaffen. Im „BesonderenTeil Krankenhäuser“ (BT-K) sind Regelungenzur Gestaltung der <strong>Arbeitszeit</strong>durch Bereitschaftsdienst enthalten, dieunabhängig von der auslaufenden Übergangsregelungdes § 25 ArbZG Geltungentfalten. Auch für Krankenhäuser, dieden TVöD anwenden, bestand jedochdie Sonderproblematik der Anwendbarkeitder Regelungen des TVöD auf solche<strong>Krankenhaus</strong>ärzte, die Mitglied desMarburger Bundes sind. Der MarburgerBund hatte der Gewerkschaft ver.di dasVerhandlungsmandat entzogen und gefordert,Mitgliedsärzte vorerst <strong>im</strong> BATzu belassen. Nach Vorstellung des MarburgerBundes wäre nach Ablauf derÜbergangsregelung des § 25 ArbZGzum Jahreswechsel das <strong>Arbeitszeit</strong>gesetzauf diese Ärzte anzuwenden gewesen.Die sich hieraus ergebende Rechtsunsicherheitfür die betroffenen Krankenhäuserist durch die Verlängerung derÜbergangsregelung des <strong>Arbeitszeit</strong>gesetzesum ein Jahr beendet. Auf Grundder anstehenden Novellierung der Europäischen<strong>Arbeitszeit</strong>richtlinie, <strong>im</strong> Jahr2006 wird sich die Notwendigkeit derAnpassung des deutschen <strong>Arbeitszeit</strong>gesetzesan die dann novellierte Europäische<strong>Arbeitszeit</strong>richtlinie ergeben.Da die Europäische <strong>Arbeitszeit</strong>richtlinienach derzeitigem Entwurfstand zwischenBereitschaftsdienst und der sogenannten„inaktiven Zeit während desBereitschaftsdienstes“ differenziert, wirdeine Überarbeitung des <strong>Arbeitszeit</strong>gesetzesin Umsetzung dieser Richtliniezu moderateren Regelungen für dieKrankenhäuser führen. Das Damoklesschwertder unmittelbaren Anwendungdes <strong>Arbeitszeit</strong>gesetzes in der derzeitigenFassung ist damit abgewendet.<strong>Dr</strong>. Siegfried Mennemeyer, HammInhaltAktuelle politische Entwicklungenzur <strong>Arbeitszeit</strong> <strong>im</strong><strong>Krankenhaus</strong> S. 1ArbeitsrechtPflicht des <strong>Krankenhaus</strong>trägerszur Einstellungvon AssistenzärztenArbG, Urteil v. 23.09.2004Hinweispflicht des Arbeitgebers überdie Pflicht zur unverzüglichenMeldung als ArbeitssuchenderBAG, Urteil v. 29.09.2005 S. 3Gemeinsamer Betrieb <strong>im</strong> Sinne von§ 1 BetrVG bei an einer Organschaftbeteiligten UnternehmenBAG, Beschluss v. 25.05.2005 S. 4<strong>Krankenhaus</strong>finanzierungsrechtVierjährige Verjährungsfrist vonVergütungsansprüchen zwischen<strong>Krankenhaus</strong> und gesetzlicherKrankenkasseBSG, Urteil v. 12.05.2005 S. 5Vergütungsanspruch beiabgebrochener stationärer <strong>Krankenhaus</strong>behandlungBSG, Urteil v. 17.03.20005 S. 6Sinkende Investitionsfördermittel<strong>im</strong> Jahr 2005 S. 7SteuerrechtImpressumHerausgeber:<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>Sozietät bürgerlichen Rechtsverantwortlich:<strong>Dr</strong>. Siegfried MennemeyerGabriele Comos-AldejohannSchützenstr. 1059071 HammS. 2Umsatzsteuer bei <strong>Krankenhaus</strong>-KooperationenBFH, Urteil v. 18.01.2005 S. 8<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>Sozietät bürgerlichen Rechts – gegründet 1908 von <strong>Dr</strong>. August <strong>Eick</strong>Hamm · Bochum · <strong>Dr</strong>esden · Brandenburg · Erfurt · Rostock · Naumburg · Schwerin www.dr-eick.de


<strong>Krankenhaus</strong>-Info <strong>Nr</strong>. 4 Seite 2ArbeitsrechtPflicht des <strong>Krankenhaus</strong>trägers zurEinstellung von AssistenzärztenZUSAMMENFASSUNG:Der Chefarzt hat einen einklagbaren Anspruch gegen den <strong>Krankenhaus</strong>trägerauf Zurverfügungstellung der erforderlichen Zahl vonMitarbeitern, wenn er laut Chefarztvertrag verpflichtet ist, für die Einhaltungder <strong>Arbeitszeit</strong>en der ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiterseiner Abteilung zu sorgen.ArbG Wilhelmshaven, Urt. v.23.09.2004 – 2 Ca 212/04 –• Der Sachverhalt:Ein Chefarzt der Anästhesie verklagtedas <strong>Krankenhaus</strong> auf Einstellung zusätzlicherAnästhesieassistenzärzte.Nach seinem Arbeitsvertrag obliegt esdem Chefarzt dafür zu sorgen, dassdie einzel- oder tarifvertraglich vereinbarten<strong>Arbeitszeit</strong>en der ärztlichenund nichtärztlichen Mitarbeiter seinerAbteilung eingehalten werden.Diese Verpflichtung bezieht sichauch auf die Bereitschaftsdienste fürdie Anästhesieassistenzärzte. Zudembestellte das <strong>Krankenhaus</strong> den Chefarztzum <strong>Arbeitszeit</strong>beauftragten fürseine Abteilung.Eine Analyse des Chefarztes ergab,dass bei Berücksichtigung der monatlichmax<strong>im</strong>al zulässigen Bereitschaftsdiensteneben dem leitenden Arztund den vorhandenen 3 Oberärzteninsgesamt 16 Assistenzärzte erforderlichwaren. Vorhanden waren jedochlediglich 13 Assistenzarztstellen, vondenen 4 Stellen unbesetzt waren. Das<strong>Krankenhaus</strong> nahm auch nach Aufforderungdes Chefarztes keine weiterenEinstellungen vor. Der Chefarztsah sich nur in der Lage seine vertraglichenPflichten zu erfüllen,wenn das <strong>Krankenhaus</strong> ihm diedafür erforderlichen personellen Mittelzur Verfügung stelle.• Die Entscheidung:Das Arbeitsgericht Wilhelmshaven hatder Klage des Chefarztes stattgegebenund das <strong>Krankenhaus</strong> verpflichtet,dem Chefarzt zur Erstellung tarifundgesetzeskonformer Dienstplänefür die Anästhesieabteilung und denRettungsdienst des <strong>Krankenhaus</strong>esmindestens 16 Anästhesieassistenzärzte,entsprechend mindestens 14 Vollzeitstellen,zur Verfügung zu stellen.Es stützt sich dabei auf den Anspruchdes Arbeitnehmers, vertragsgemäß beschäftigtzu werden. Der betroffeneChefarzt habe die Möglichkeit, gegendas <strong>Krankenhaus</strong> auf Erfüllung diesesAnspruchs zu klagen, damit ihm dieGelegenheit zu vertragsgemäßer Arbeitgewährt wird. Diese Möglichkeit setzevoraus, dass das <strong>Krankenhaus</strong> ihm dieentsprechenden erforderlichen Mittelzur Verfügung stelle. Dazu gehörennicht nur ein Arbeitsplatz oder sonstigesächliche Arbeitsmittel, sondernauch die personellen Mittel. Das ArbeitsgerichtWilhelmshaven betont,dass der Arbeitgeber dafür sorgenmüsse, dass andere Personen zur Verfügungstehen, wenn ein Arbeitnehmerseine vertragsgemäße Arbeit nurzusammen mit anderen Arbeitnehmernoder deren Mithilfe ausübenkönne.Das <strong>Krankenhaus</strong> wurde mit seinemVorbringen nicht gehört, der Chefarztwolle in die Entscheidungen des<strong>Krankenhaus</strong>es als Unternehmer undArbeitgeber eingreifen, wozu die Einstellungeiner best<strong>im</strong>mten Anzahl vonAssistenzärzten gehöre. Das Arbeitsgerichtbetont, dass sich das <strong>Krankenhaus</strong>dieser Organisationsgewalt - alsAusfluss der unternehmerischen Freiheit- hier durch die Vertragsgestaltungbegeben habe. Als Konsequenzaus dieser selbst gewählten Bindunghabe das <strong>Krankenhaus</strong> die Voraussetzungenfür die vertragsgemäße Arbeitdes Chefarztes zu schaffen.• Konsequenzen für die Praxis:Es handelt sich um ein erstinstanzlichesaber rechtskräftiges Urteil. DerSachverhalt ist von hoher Praxisrelevanz:Regelmäßig finden sich inChefarztverträgen Klauseln, die denChefarzt zur Sorge für die Einhaltungder <strong>Arbeitszeit</strong>en in seiner Abteilungverpflichten (so auch <strong>im</strong>Chefarzt-Vertragsmuster der Deutschen<strong>Krankenhaus</strong>gesellschaft).Auch ergeben sich häufig Situationen,in denen die aktuelle Stellenbesetzungzur korrekten Einhaltungdieser Pflicht zu knapp ist. Angesichtsvon Ärztemangel und auf denKrankenhäusern lastendem ökonomischem<strong>Dr</strong>uck werden Rechtsstreitigkeitendieser Art zukünftig zunehmen.So wurde das Urteil des ArbeitsgerichtsWilhelmshaven von der Ärzteschaftbegrüßt und hat in den einschlägigenFachzeitschriften bereitseine hohe Resonanz erfahren.Für die Krankenhäuser erwächst nebendem nach der BGH-Rechtsprechungunter dem Gesichtspunkt desOrganisationsverschuldens bestehendenHaftungsrisiko bei Beschäftigungeiner zu geringen Anzahl vonÄrzten nunmehr auch unter arbeitsrechtlichenGesichtspunkten <strong>im</strong> Verhältniszum leitenden Abteilungsarztein neuer Streitherd. Zu betonen istjedoch, dass nicht jeder Rechtsstreitzu dieser Problematik mit einem Urteilsspruchwie dem hier vorgestelltenenden muss. Durchaus bestehendeMöglichkeiten zur Verteidigung derPosition des <strong>Krankenhaus</strong>es wurden<strong>im</strong> vorgestellten Verfahren nicht genutztund waren daher auch nichtGegenstand der Beurteilung durchdas Gericht.Gabriele Comos-Aldejohann, Hamm<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>Sozietät bürgerlichen Rechts – gegründet 1908 von <strong>Dr</strong>. August <strong>Eick</strong>Hamm · Bochum · <strong>Dr</strong>esden · Brandenburg · Erfurt · Rostock · Naumburg · Schwerin www.dr-eick.de


<strong>Krankenhaus</strong>-Info <strong>Nr</strong>. 4 Seite 3ArbeitsrechtHinweispflicht des Arbeitgebersüber die Pflicht zur unverzüglichenMeldung als ArbeitssuchenderZUSAMMENFASSUNG:Unterlässt der Arbeitgeber den Hinweis nach § 2 Abs. 2 Satz 2 <strong>Nr</strong>.3SGB III, wonach der Arbeitnehmer vor der Beendigung eines Arbeitsverhältnissesfrühzeitig über seine Verpflichtung zur unverzüglichenMeldung als Arbeitssuchender zu informieren ist, erwächst darauskeine Schadensersatzpflicht gegenüber dem Arbeitnehmer.BAG, Urt. v. 29.09.2005– 8 AZR 571/04 –• Der Sachverhalt:Der Arbeitgeber beschäftigte einenMitarbeiter auf der Grundlage mehrererbefristeter Arbeitsverträge alsLeiharbeitnehmer. Er erteilte dem Arbeitnehmerkeinen Hinweis darauf,dass er sich <strong>im</strong> Hinblick auf dasEnde der Beschäftigung bei derAgentur für Arbeit unverzüglich arbeitssuchendzu melden habe. DerArbeitnehmer meldete sich nach Ablaufdes letzten befristeten Arbeitsvertragsverspätet als arbeitssuchend.Die Agentur für Arbeit kürzte daraufhinseinen Arbeitslosengeldanspruchgem. § 140 SGB III. Mit seinerKlage verlangt der Arbeitnehmervon dem Arbeitgeber Schadensersatzin Höhe des Differenzbetrages.• Die Entscheidung:Das BAG hat die Klage des Arbeitnehmersabgewiesen. Gemäß § 37 bSGB III müssen sich Personen, derenArbeitsverhältnis endet, schon vorder Inanspruchnahme von Leistungenunverzüglich nach Kenntnis desBeendigungszeitpunkts bei der Agenturfür Arbeit arbeitssuchend melden.Eine Verletzung dieser Pflichtführt nach § 140 SGB III zur Minderungdes Anspruchs auf Arbeitslosengeld.Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 <strong>Nr</strong>. 3SGB III soll der Arbeitgeber den Arbeitnehmervor der Beendigung desArbeitsverhältnisses frühzeitig überdie Notwendigkeit eigener Aktivitätenbei der Suche nach einer anderenBeschäftigung sowie über die Verpflichtungunverzüglicher Meldungbei der Agentur für Arbeit informieren.Das BAG betont in seiner Entscheidung,dass diese Informationspflichteine Verbesserung des Zusammenwirkensvon Arbeitgeber, Arbeitnehmerund den Agenturen für Arbeitbezwecke und nicht dem Schutzdes Vermögens des Arbeitnehmersdiene. Der Arbeitgeber werde zurMitwirkung veranlasst, um <strong>im</strong> Sinneder Solidargemeinschaft den Eintrittder Arbeitslosigkeit möglichst zu vermeidenund die Dauer eingetretenerArbeitslosigkeit einzugrenzen. Bei einemVerstoß des Arbeitgebers gegendiese Informationspflicht kann derArbeitnehmer daraus somit keinenAnspruch auf Schadensersatz herleiten.• Konsequenzen für die Praxis:Die Diskussion über die Konsequenzender Verletzung der Informationsobliegenheitdes Arbeitgebers istdurch das höchstrichterliche Urteilnunmehr zu Gunsten des Arbeitgebersentschieden. In der Literaturfanden sich verbreitet St<strong>im</strong>men, diein der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz2 <strong>Nr</strong>. 3 SGB III eine Konkretisierungder Fürsorgepflicht des Arbeitgeberssahen, bei deren Verstoß der Arbeitgeberden dem Arbeitnehmer ausSanktionen nach § 140 SGB III entstehendenSchaden ersetzen muss. Inder Vergangenheit haben jedoch mehrereLandesarbeitsgerichte bereits denbloßen Appellcharakter der Informationsobliegenheitdes § 2 Abs. 2 <strong>Nr</strong>.3 SGB III betont und eine Konkretisierungder arbeitsvertraglichenPflichtenstruktur mit der Folge einerVerlagerung der Arbeitnehmerverantwortungund ihrer Folgen aus § 140SGB III i.V.m. § 37 b SGB III aufden Arbeitgeber verneint. Mit dergleichlautenden Entscheidung desBAG ist die bislang verbliebeneRechtsunsicherheit nunmehr ausgeräumt.<strong>Dr</strong>. Dagmar Keysers@Im Internet finden Sie unterwww.dr-eick.de eine Aufstellungsämtlicher Rechtsanwälteder Sozietät <strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> mit Standortenund Telefonnummern.Gerne stehen wir Ihnen fürAuskünfte zur Verfügung.<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>Sozietät bürgerlichen Rechts – gegründet 1908 von <strong>Dr</strong>. August <strong>Eick</strong>Hamm · Bochum · <strong>Dr</strong>esden · Brandenburg · Erfurt · Rostock · Naumburg · Schwerin www.dr-eick.de


<strong>Krankenhaus</strong>-Info <strong>Nr</strong>. 4 Seite 4ArbeitsrechtGemeinsamer Betrieb <strong>im</strong> Sinne von§ 1 BetrVG bei an einer Organschaftbeteiligten UnternehmenZUSAMMENFASSUNG:Das Bestehen einer Organschaft <strong>im</strong> Sinne von § 2 Abs. 2 <strong>Nr</strong>. 2 UStGführt nicht zwingend dazu, dass die an der Organschaft beteiligtenUnternehmen einen gemeinsamen Betrieb <strong>im</strong> Sinne von § 1 BetrVGführen. Die nach dem Umsatzsteuerrecht für eine Organschaft erforderlicheorganisatorische Eingliederung betrifft nur die Unternehmensebene,nicht aber die für den Betriebsbegriff des § 1 BetrVGmaßgebliche betriebliche Ebene.BAG, Beschluss v. 25.05.2005 – 7 ABR38/04 –• Der Sachverhalt:Ein <strong>Krankenhaus</strong> ließ die Reinigungsarbeitenbis März 2002 durch eigenesPersonal sowie durch Fremdfirmendurchführen. Dann gründete das <strong>Krankenhaus</strong>eine Reinigungs-GmbH als100 %ige Tochter des <strong>Krankenhaus</strong>es.Geschäftsführer der Reinigungs-GmbHsind die Geschäftsführer des <strong>Krankenhaus</strong>es.Gegenstand der Gesellschaft istdie Erbringung von Reinigungsleistungenüberwiegend gegenüber dem <strong>Krankenhaus</strong>.Das <strong>Krankenhaus</strong> schloss mitder Reinigungs-GmbH einen Reinigungsvertrag,wonach der GmbH dieentgeltliche Unterhaltsreinigung übertragenwurde. Die Reinigungs-GmbHstellte 18 Reinigungskräfte ein. Sienutzte Büroräume und Einrichtungendes <strong>Krankenhaus</strong>es. Das <strong>Krankenhaus</strong>und die Reinigungs-GmbH bildeteneine Organschaft <strong>im</strong> Sinne von § 2Abs. 2 <strong>Nr</strong>. 2 UStG, wozu sie gegenüberdem zuständigen Finanzamt erklärten,in beiden Gesellschaften sei sichergestellt,dass eine vom Willen des Organträgers(<strong>Krankenhaus</strong>) abweichendeWillensbildung bei der Organtochter(Reinigungs-GmbH) nicht stattfinde.Sowohl die Belegschaft des <strong>Krankenhaus</strong>esals auch die Belegschaft der Reinigungs-GmbHwählten <strong>im</strong> Jahr 2002einen Betriebsrat. Im Jahr 2003 übertrugdie Reinigungs-GmbH die Betriebsleitungsowie die Organisationund das Management der Reinigungsdienstleistungendurch Abschluss einesManagementvertrages auf die Z-GmbH.Die Objektleiterin der Z-GmbH wurdezur Einstellung neuer Mitarbeiter, derErteilung von Abmahnungen und denAusspruch von Kündigungen bevollmächtigt.Der Betriebsrat des <strong>Krankenhaus</strong>esmachte vor dem Arbeitsgerichtgeltend, dass das <strong>Krankenhaus</strong> und dieReinigungs-GmbH einen gemeinsamenBetrieb führen, für dessen betriebsverfassungsrechtlicheAngelegenheiten derBetriebsrat des <strong>Krankenhaus</strong>es zuständigsei.• Die Entscheidung:Das Bundesarbeitsgericht hat den Antragdes Betriebsrats zurückgewiesen.Nach ständiger Rechtsprechung desBAG ist ein Betrieb <strong>im</strong> Sinne desBetrVG eine organisatorische Einheit,innerhalb derer ein Arbeitgeber alleinoder mit seinen Arbeitnehmern mitHilfe technischer und <strong>im</strong>materiellerMittel best<strong>im</strong>mte arbeitstechnischeZwecke fortgesetzt verfolgt. Von einemgemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmenist auszugehen, wenn die ineiner Betriebsstätte vorhandenen materiellenund <strong>im</strong>materiellen Betriebsmittelfür einen einheitlichen arbeitstechnischenZweck zusammengefasst, geordnetund gezielt eingesetzt werdenund der Einsatz der menschlichen Arbeitskraftvon einem einheitlichen Leitungsapparatgesteuert wird. Die einheitlicheLeitung muss sich auf die wesentlichenFunktionen des Arbeitgebersin personellen und sozialen Angelegenheitenerstrecken. Dazu genügteine lediglich unternehmerische Zusammenarbeitnicht. Der Vermutungstatbestanddes § 1 Abs. 2 <strong>Nr</strong>. 1 BetrVGwar <strong>im</strong> vorliegenden Fall nichterfüllt, da weder eine gemeinsameNutzung von Betriebsmitteln noch einAustausch der Arbeitnehmer stattfand.Zudem hat das BAG angenommen,dass auch aus den betrieblichen Gegebenheitennicht auf die Führung einesgemeinsamen Betriebs geschlossen werdenkönne. Entscheidend stellte dasBAG darauf ab, dass der für einen gemeinsamenBetrieb erforderliche einheitlicheLeitungsapparat in mitbest<strong>im</strong>mungsrelevantenAngelegenheitennicht vorhanden sei. Zwar seien dieGeschäftsführer des <strong>Krankenhaus</strong>esgleichzeitig Geschäftsführer der Reinigungs-GmbH,diese Personenidentitätin der Unternehmensleitung könneaber nur ein - wenn auch wesentliches- Indiz für das Bestehen eines einheitlichenLeitungsapparats auch auf betrieblicherEbene sein. Ein zwingenderRückschluss auf eine einheitliche Leitungin personellen und sozialen Angelegenheitenergebe sich daraus jedochnicht. Während Entscheidungenin mitbest<strong>im</strong>mungspflichtigen Angelegenheitenin dem <strong>Krankenhaus</strong> durchden Leiter der dort eingerichteten Personalabteilunggetroffen würden, geschehedies bei der Reinigungs-GmbHauf Grund des Managementvertragesdurch die Objektleiterin der Z-GmbH,allenfalls seien Entscheidungsbefugnisseden Geschäftsführern vorbehalten.Das BAG betont, dass die zwischendem <strong>Krankenhaus</strong> und der Reinigungs-GmbHbestehende steuerrechtlicheOrganschaft nicht zur Folge hat,dass beide Unternehmen einen gemeinsamenBetrieb führen. Nach § 2Abs. 2 <strong>Nr</strong>. 2 UStG besteht eine Organ-<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>Sozietät bürgerlichen Rechts – gegründet 1908 von <strong>Dr</strong>. August <strong>Eick</strong>Hamm · Bochum · <strong>Dr</strong>esden · Brandenburg · Erfurt · Rostock · Naumburg · Schwerin www.dr-eick.de


<strong>Krankenhaus</strong>-Info <strong>Nr</strong>. 4 Seite 5schaft, wenn eine juristische Personnach dem Gesamtbild der tatsächlichenVerhältnisse finanziell, wirtschaftlichund organisatorisch in dasUnternehmen des Organträgers eingegliedertist. Umsatzsteuerrechtlichwird die Organgesellschaft <strong>im</strong> Verhältniszu dem Organträger als unselbständigbehandelt. Die hierfür erforderlicheorganisatorische Eingliederungbetrifft jedoch lediglich die Unternehmensebene,nicht aber die für den Betriebsbegriffdes § 1 BetrVG maßgeblichebetriebliche Ebene. Da nach derRechtsprechung des BAG auch eineinzelnes Unternehmen mehrereselbständige Betriebe <strong>im</strong> Sinne von §1 BetrVG führen kann, ergibt sichnicht zwingend, dass bei einer Organschaftauch eine einheitliche Organisationauf betrieblicher Ebene, insbesondereein einheitlicher Leitungsapparatin personellen und sozialen Angelegenheiten,besteht. Da die unternehmerischenEntscheidungen der betriebsverfassungsrechtlichenMitbest<strong>im</strong>mungweitgehend entzogen sind,kommt es nicht darauf an, an welcherStelle die maßgeblichen Entscheidungenin wirtschaftlichen Angelegenheitengetroffen werden. Vielmehr ist fürden Betriebsbegriff <strong>im</strong> Sinne von § 1BetrVG das Bestehen einer einheitlichenLeitung in mitbest<strong>im</strong>mungsrelevantenAngelegenheiten maßgebend.• Konsequenzen für die Praxis:In heutiger Zeit überlegen viele Krankenhäuserunter wirtschaftlichen Gesichtspunkteneine Ausgliederung best<strong>im</strong>mterArbeitsbereiche wie Reinigungs-oder Küchendienstleistungen in100 %ige Tochtergesellschaften vorzunehmen.Dabei wird das bisher vom<strong>Krankenhaus</strong> beschäftigte Personal vonder Tochtergesellschaft eingestellt undübernommen. Im einzelnen sind zahlreicheunterschiedliche vertraglicheAusgestaltungen solcher Ausgliederungenmit oder ohne Beteiligung einerdritten Gesellschaft, wie <strong>im</strong> vorliegendenFall, denkbar. Nachdem das BAGdie Rechte betroffener Arbeitnehmer<strong>im</strong> Blick auf die Folgen eines Betriebsübergangsnach § 613a BGB gestärkthatte (vgl. BAG, Urt. v. 22.07.2004 - 8AZR 350/03 -), verdeutlicht es vorliegend,dass die inhaltliche Ausgestaltungder vertraglichen Befugnisse derTochter-GmbH in Bezug auf die Leitungdes Betriebs in mitbest<strong>im</strong>mungsrelevantenAngelegenheiten sehr relevantwerden kann. Mögliche Konsequenzenwie die Zuständigkeit des Betriebsratesbzw. der Mitarbeitervertretungdes <strong>Krankenhaus</strong>es für Angelegenheitender Tochter-GmbH sollten daherbei der Gestaltung der Verträge bedachtwerden. <strong>Dr</strong>. Hubert Menken, Hamm<strong>Krankenhaus</strong>finanzierungsrechtVierjährige Verjährungsfrist von Vergütungsansprüchenzwischen <strong>Krankenhaus</strong>und gesetzlicher KrankenkasseZUSAMMENFASSUNG:Vergütungsansprüche der Krankenhäuser gegenüber den Krankenkassenfür die Behandlung von GKV-Patienten unterliegen ab dem01.01.2000 der vierjährigen Verjährungsfrist des Sozialrechts.BSG, Urt. v. 12.05.2005– B 3 KR 32/04 R –• Der Sachverhalt:Ein <strong>Krankenhaus</strong> klagte gegen eine gesetzlicheKrankenkasse auf Übernahmeder Kosten für die Behandlung einerVersicherten in der Zeit vom 01. biszum 27.10.1998. Die Krankenkasse hattedie Kostenübernahme nur für dieBehandlung bis zum 15.10.1998 erklärt.Soweit die Versicherte über den15.10.1998 hinaus stationär behandeltworden ist, lehnte die Krankenkasse dieKostenübernahme unter Berufung aufeine gutachterliche Stellungnahme desMedizinischen Dienstes der Krankenversicherung(MDK) ab. Am 30. 12.2002 erhob das <strong>Krankenhaus</strong> Klagebe<strong>im</strong> zuständigen Sozialgericht und beriefsich auf die Notwendigkeit der beider Versicherten durchgeführten <strong>Krankenhaus</strong>behandlung.Die beklagteKrankenkasse machte die Verjährungder Forderung geltend.• Die Entscheidung:Das BSG hat seine bisherige Rechtsprechungzur Verjährungsfrist vonVergütungsansprüchen der Krankenhäusergegenüber den Krankenkassenbestätigt (so bereits BSG, Urt. v.17.06.1999 - B 3 KR 6/99 R -). In dervorliegenden Entscheidung hat dasBSG klargestellt, dass die Vergütungsansprücheder <strong>Krankenhaus</strong>betreibergegen die Krankenkassen für die Behandlungvon Kassenpatienten auchin der Zeit ab dem 01.01.2000 der vierjährigenVerjährungsfrist des Sozialrechtsunterliegen. Die zu diesem Zeitpunktin Kraft getretene Änderungdes § 69 SGB V durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz2000 vom22.12.1999 hat insoweit nicht zu einerVeränderung der Rechtslage geführt.Ein Rückgriff auf die Verjährungsvorschriftender §§ 195 ff. BGB kommtnicht in Betracht. Das BSG interpretiertdie Regelung des § 69 Satz 3 SGBV einengend und sieht in der allgemeinenVerweisung auf die Best<strong>im</strong>mungendes BGB keine Einbeziehung derVerjährungsvorschriften, soweit es umdie Vergütungsansprüche der <strong>Krankenhaus</strong>betreibergegen die Krankenkassengeht. Es begründet diese Ansichtu.a. mit dem Sinn und Zweck derNeuregelung des § 69 SGB V, der vor<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>Sozietät bürgerlichen Rechts – gegründet 1908 von <strong>Dr</strong>. August <strong>Eick</strong>Hamm · Bochum · <strong>Dr</strong>esden · Brandenburg · Erfurt · Rostock · Naumburg · Schwerin www.dr-eick.de


<strong>Krankenhaus</strong>-Info <strong>Nr</strong>. 4 Seite 6allem klarstellen soll, dass die Rechtsbeziehungender Krankenkassen zuden Leistungserbringern solche öffentlich-rechtlicherNatur sind.Die Berechnung der vierjährigen Verjährungsfristdes Ende Oktober 1998fällig gewordenen Vergütungsanspruchsdes <strong>Krankenhaus</strong>es richtetsich nach § 45 Abs. 2 SGB I i.V.m. §201 BGB a.F.. Die Verjährung beginntam 01.01.1999 und endet am31.12.2002. Durch die Klageerhebungdes <strong>Krankenhaus</strong>es am 30.12.2002wurde die Verjährung daher nach § 45Abs. 2 SGB I i.V.m. § 204 Abs. 1 Ziff.1 BGB n.F. gehemmt, so dass dieKrankenkasse dem Zahlungsanspruchdie Einrede der Verjährung nicht mitErfolg entgegensetzen konnte.• Konsequenzen für die Praxis:Mit dem Urteil des BSG ist die für dieKrankenhäuser bestehende Rechtsunsicherheitin Folge der Rechtsprechungder erstinstanzlichen Gerichte, dienach § 69 SGB V i.V.m. den zivilrechtlichenVerjährungsvorschriften eineVerjährung der Vergütungsansprüchedes <strong>Krankenhaus</strong>es gegen die Krankenkassein zwei Jahren annahmen, soweitsie vor dem 01.01.2002 bzw. in drei Jahren,soweit sie nach dem 01.01.2002entstanden sind, beendet. Besonders erfreulichist, dass nunmehr für sämtlicheAnsprüche unabhängig davon, auswelchem Zeitraum sie herrühren, dieeinheitliche vierjährige Verjährungsfristgilt. Kehrseite dieser Rechtsprechungist, dass auch die Rückforderungsansprücheder Krankenkassen gegenüberden Krankenhäusern bei Überzahlungnunmehr erst nach Ablauf von vierJahren verjähren.Das Urteil bietet Krankenhäusern dieChance noch offenstehende, bereitsausgetragene Forderungen aus demJahr 2001, die von den Krankenkassenunter dem Hinweis auf die eingetreteneVerjährung bisher nicht beglichen wurden,noch in diesem Jahre zu realisieren.<strong>Dr</strong>. Dagmar Keysers, Hamm<strong>Krankenhaus</strong>finanzierungsrechtVergütungsanspruch bei abgebrochenerstationärer <strong>Krankenhaus</strong>behandlungZUSAMMENFASSUNG:Eine vollstationäre <strong>Krankenhaus</strong>behandlung ist auch dann gegeben,wenn sie sich nach dem Behandlungsplan des <strong>Krankenhaus</strong>arztes zeitlichüber mindestens einen Tag und eine Nacht erstrecken soll. Einestationäre Behandlung entfällt nicht, wenn der Patient nach Durchführungeines Eingriffs über Nacht verbleiben sollte, aber auf eigenesBetreiben das <strong>Krankenhaus</strong> noch am selben Tag wieder verlässt oderwenn nicht alle geplanten ärztlichen Maßnahmen durchgeführt wordensind und ein Verbleiben des Versicherten über Nacht deshalb nicht erforderlichwar (sog. abgebrochene stationäre <strong>Krankenhaus</strong>behandlung).BSG, Urt. v. 17.03.2005– B 3 KR 11/04 R –• Der Sachverhalt:Ein Patient erschien nach vorangegangenerPlanung in der Klinik des klagenden<strong>Krankenhaus</strong>es, um eine Reihevon Zähnen unter Vollnarkose operativentfernen zu lassen. Bei der voroperativenUntersuchung stellte sich heraus,dass der Patient an einem arteriellenBluthochdruck litt, so dass er wegendes Operationsrisikos gegen 17.00 Uhrin hausärztliche Behandlung entlassenwurde. Das <strong>Krankenhaus</strong> macht gegenüberder Krankenkasse des Patienteneinen Anspruch auf Zahlung desPflegesatzes wegen stationärer <strong>Krankenhaus</strong>behandlunggeltend. Die Krankenkasseist der Ansicht, dass das <strong>Krankenhaus</strong>nur eine vorstationäre Pauschalebeanspruchen kann. Sie stützt dieseAnsicht auf eine entsprechend lautendeStellungnahme des MedizinischenDienstes der Krankenversicherung(MDK). In erster und zweiter Instanzblieb der Klage des <strong>Krankenhaus</strong>es derErfolg versagt.• Die Entscheidung:Die Revision des <strong>Krankenhaus</strong>es hatteErfolg. Während das erkennende LSGnoch argumentiert hatte, dass das Vorliegenstationärer <strong>Krankenhaus</strong>behandlungsich allein danach richte, ob diestationäre Behandlung tatsächlichdurchgeführt worden sei, zog das BSGandere Kriterien zur Abgrenzung vonvollstationärer, teilstationärer und ambulanter<strong>Krankenhaus</strong>behandlung heran.Das BSG betonte, dass eine Definitionzur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeitennur vom Merkmal dergeplanten Aufenthaltsdauer ausgehenkönne. Eine vollstationäre Behandlung<strong>im</strong> Sinne einer physischen und organisatorischenEingliederung in das spezifischeVersorgungssystem eines <strong>Krankenhaus</strong>esist demnach dann gegeben,wenn sie sich nach dem Behandlungsplandes <strong>Krankenhaus</strong>arztes zeitlichüber mindestens einen Tag und eineNacht erstreckt. Eine vollstationäre Behandlungergibt sich dagegen nicht bereitsaus dem Aufenthalt des Versicherten<strong>im</strong> <strong>Krankenhaus</strong> zur Durchführungeiner Operation, ebenso wenigwie aus der Unterzeichnung eines<strong>Krankenhaus</strong>aufnahmevertrages, derDurchführung einer Vollnarkose odereiner mehrstündigen, intensiven postoperativenÜberwachung <strong>im</strong> <strong>Krankenhaus</strong>.Das BSG führt aus, dass der Behandlungsplanzwar in der Regel zuBeginn der Behandlung vom Kranken-<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>Sozietät bürgerlichen Rechts – gegründet 1908 von <strong>Dr</strong>. August <strong>Eick</strong>Hamm · Bochum · <strong>Dr</strong>esden · Brandenburg · Erfurt · Rostock · Naumburg · Schwerin www.dr-eick.de


<strong>Krankenhaus</strong>-Info <strong>Nr</strong>. 4 Seite 7hausarzt getroffen werde, <strong>im</strong> Einzelfallaber auch noch später erfolgen könne.So gehe <strong>im</strong> Falle einer ambulantenOperation, in deren nachoperativemVerlauf eine ständige Beobachtung undweitere Behandlung über die Nachthinweg angezeigt sei, die ambulante ineine vollstationäre <strong>Krankenhaus</strong>behandlungüber. Auf der anderen Seiteentfalle eine stationäre Behandlungnicht, wenn der Patient nach Durchführungeines Eingriffs oder einer sonstigenBehandlungsmaßnahme überNacht verbleiben sollte, aber gegen ärztlichenRat auf eigenes Betreiben das<strong>Krankenhaus</strong> noch am selben Tag wiederverlasse. Das BSG betonte, dass essich auch <strong>im</strong> zu entscheidenden Fallum eine solche abgebrochene stationäreBehandlung handele, die den mit derAufnahme des Versicherten entstandenenpauschalen Vergütungsanspruchfür diesen Tag nicht deshalb entfallenlasse, weil nicht alle geplanten ärztlichenMaßnahmen durchgeführt wordenseien und ein Verbleiben des Versichertenüber Nacht deshalb nicht erforderlichgewesen sei. Das BSG sah den Tatbestandder vollstationären Behandlung<strong>im</strong> Sinne von § 1 Abs. 1 BPflV als erfülltan, so dass das <strong>Krankenhaus</strong> sowohleinen Anspruch auf Zahlung desAbteilungspflegesatzes nach § 13 Abs. 2BPflV als auch des Basispflegesatzesnach § 13 Abs. 3 BPflV habe.• Konsequenzen für die Praxis:Das BSG führt mit dieser Entscheidungseine Rechtsprechung vom04.03.2004 - B 3 KR 4/03 R - fort. Eshat damit wiederholt betont, dass sicheine begonnene stationäre <strong>Krankenhaus</strong>behandlungdurch ihren Abbruchnicht nachträglich in eine bloß vorstationäreMaßnahme verwandelt. Gleichzeitigbetont das BSG, dass sich unterbest<strong>im</strong>mten Voraussetzungen aus einerals ambulant oder vorstationär geplantenMaßnahme eine stationäre <strong>Krankenhaus</strong>behandlungergeben kann,nicht aber umgekehrt. Krankenhäuserkönnen auf Gutachten des MDK gestütztenZahlungskürzungen der Krankenkassenin Fällen abgebrochener stationärer<strong>Krankenhaus</strong>behandlung unterHinweis auf die nunmehr ständigeRechtsprechung des BSG begegnen.Der Versuch von Krankenkassen, durchdie Definition solcher Fälle als vorstationäreBehandlung quasi eine Einzelleistungsvergütungherbeizuführen, istdamit gescheitert.Gabriele Comos-Aldejohann, Hamm<strong>Krankenhaus</strong>finanzierungsrechtSinkende Investitionsfördermittel<strong>im</strong> Jahr 2005ZUSAMMENFASSUNG:Die Absenkung der Investitionsfördermittel für Krankenhäuserum 37,6 % <strong>im</strong> Vergleich zu 1995 gefährdet auf Dauer die Versorgungsqualität<strong>im</strong> <strong>Krankenhaus</strong>. Immer mehr Krankenhäuser können seitJahren kaum Investitionen mehr tätigen.Die Deutsche <strong>Krankenhaus</strong>gesellschaft(DKG) spricht von einer chronischenUnterfinanzierung der Krankenhäuserin Deutschland. Nach einer Untersuchungdes Deutschen <strong>Krankenhaus</strong>instituts(DKI) hat der Investitionsstaumittlerweile ein Volumen von etwa 50Mrd. Euro erreicht. Krankenhäuser geratendadurch oftmals in existentielleSchwierigkeiten. Auf Dauer ist die Versorgungsqualität<strong>im</strong> <strong>Krankenhaus</strong> gefährdet.Vor dem Hintergrund der geltenden gesetzlichenRegelung zur <strong>Krankenhaus</strong>finanzierungist der zunehmend zu beobachtendeRückzug der Bundesländeraus ihrem Versorgungsauftrag nicht zuakzeptieren. Die Krankenhäuser habeneinen Anspruch auf Bereitstellung einesausreichenden Investitionsvolumens,um den medizinischen Standardanbieten und ihren Versorgungsauftragauch zukünftig noch erfüllen zu können.<strong>Dr</strong>. Siegfried Mennemeyer, Hamm<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>MIT TRADITION UNDERFAHRUNGTradition, fachliche Kompetenzund Innovationskraft sind dieStärken, die wir bei der WahrnehmungIhrer Interessen fürSie einsetzen.Wir sind eine dertraditionsreichsten Anwaltssozietätenin Deutschland –gegründet 1908 von <strong>Dr</strong>. jur.August <strong>Eick</strong> in Hamm/Westfalen,fortgeführt durch <strong>Dr</strong>. jur.Ernst <strong>Eick</strong> (bis 1994). Heute arbeitenüber 40 Rechtsanwältein unseren Niederlassungen inHamm, Bochum, <strong>Dr</strong>esden,Erfurt, Brandenburg, Rostock,Naumburg und Schwerin.<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>Sozietät bürgerlichen Rechts – gegründet 1908 von <strong>Dr</strong>. August <strong>Eick</strong>Hamm · Bochum · <strong>Dr</strong>esden · Brandenburg · Erfurt · Rostock · Naumburg · Schwerin www.dr-eick.de


<strong>Krankenhaus</strong>-Info <strong>Nr</strong>. 4 Seite 8SteuerrechtUmsatzsteuer bei<strong>Krankenhaus</strong>-KooperationenZUSAMMENFASSUNG:Die Personalgestellung durch ein <strong>Krankenhaus</strong> an eine Arztpraxiskann ein mit dem Betrieb des <strong>Krankenhaus</strong>es eng verbundener Umsatzsein.Voraussetzung dafür ist, dass die Personalgestellung für dieärztliche Versorgung der <strong>Krankenhaus</strong>patienten unerlässlich ist.BFH, Urt. v. 18.01.2005- V R 35/02 -• Der Sachverhalt:Ein <strong>Krankenhaus</strong> gab seine Abteilungfür Röntgendiagnostik, Strahlentherapieund Nuklearmedizin <strong>im</strong> Jahre1992 zugunsten einer Gemeinschaftspraxisauf. Die Praxis erwarbdie Geräte und übernahm als Arbeitgeberindas bisher in dieser Abteilungbeschäftigte Personal. Soweit die Mitarbeiternicht von der Gemeinschaftspraxisübernommen werdenwollten, überließ das <strong>Krankenhaus</strong>diese der Gemeinschaftspraxis <strong>im</strong>Wege der Personalgestellung gegenZahlung der vom <strong>Krankenhaus</strong> fürdieses Personal tatsächlich verausgabtenPersonalkosten zzgl. eines Zuschlagsfür den Verwaltungsaufwand.Die Einzelheiten wurden in einemKooperationsvertrag zwischen dem<strong>Krankenhaus</strong> und der Gemeinschaftspraxisgeregelt. Die Gemeinschaftspraxisübernahm gegenüberdem <strong>Krankenhaus</strong> die Untersuchungenseiner Patienten. Bei den von derPraxis gegenüber dem <strong>Krankenhaus</strong>erbrachten Leistungen handelte essich ausschließlich um steuerbefreiteUmsätze nach § 4 <strong>Nr</strong>. 14 UStG. Das<strong>Krankenhaus</strong> behandelte die Personalgestellungan die Gemeinschaftspraxisnach § 4 <strong>Nr</strong>. 16 UStG steuerfrei. Daszuständige Finanzamt vertrat die Ansicht,die Personalgestellung sei steuerpflichtig,und setzte entsprechend dieUmsatzsteuervorauszahlungen unddie Umsatzsteuer fest.• Die Entscheidung:Der BFH stellte fest, dass die Personalgestellungdurch ein <strong>Krankenhaus</strong>an eine Arztpraxis ein mit dem Betriebdes <strong>Krankenhaus</strong>es eng verbundenerUmsatz sein kann, wenn diePersonalgestellung für die ärztlicheVersorgung der <strong>Krankenhaus</strong>patientenunerlässlich ist. Dies sei auch so inden Umsatzsteuer-Richtlinien anerkannt.In Ausnahmefällen könne einmit dem Betrieb des <strong>Krankenhaus</strong>eseng verbundener Umsatz sogar dannvorliegen, wenn die Arztpraxis nichtnur die <strong>Krankenhaus</strong>patienten sondernauch andere Patienten versorge.Das Vorliegen eines Ausnahmefalls seiunter Gesamtwürdigung aller Umständedes Einzelfalls zu beurteilen. DasGericht betont, dass Steuerbefreiungsvorschriftengrundsätzlich eng auszulegensind. Es beruft sich jedoch aufdie Rechtsprechung des EuGH, wonachbei dem Begriff der mit <strong>Krankenhaus</strong>behandlungoder ärztlichenHeilbehandlung eng verbundenenUmsätze in Art. 13 Teil A Abs. 1Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWGkeine besonders enge Auslegung erforderlichsei. Durch die Befreiung dereng mit der <strong>Krankenhaus</strong>behandlungoder ärztlichen Heilbehandlung verbundenenUmsätze solle gewährleistetwerden, dass der Zugang zu solchenBehandlungen nicht durch höhereKosten versperrt werde. Dies mussnach Ansicht des BFH auch für § 4<strong>Nr</strong>. 16 UStG gelten. Im vorliegendenFall sei die Personalgestellung für dieradiologische Behandlung der <strong>Krankenhaus</strong>patientenunerlässlich gewesen.Die Personalgestellung sei nichterfolgt, um dem <strong>Krankenhaus</strong> zusätzlicheTätigkeiten als Personalvermittlungsunternehmenzu verschaffen,sondern um eine weitere sinnvolle Beschäftigungder <strong>im</strong> <strong>Krankenhaus</strong>selbst nicht mehr gebrauchten Mitarbeiterder ehemaligen Abteilung zu ermöglichen.• Konsequenzen für die Praxis:Die Fortführung radiologischer Abteilungenin Krankenhäusern durchniedergelassene Radiologen unterÜbernahme des Personals, des Inventars,der Räume und auch der Geräteist heute an der Tagesordnung. SinnvolleKooperationen wurden in derVergangenheit jedoch oft durch unklarebzw. nachhinkende steuerlicheBehandlung erschwert. So wurden dieUmsatzsteuer-Richtlinien in den vergangenenJahren häufig geändert, wobeieine enge Auslegung des Begriffsder „eng verbundenen Umsätze“ vorherrschte.Die vorliegende Entscheidungdes BFH schafft hier erfreulicheKlarheit. Problematisch ist indiesem Zusammenhang, dass die entgeltlicheNutzungsüberlassung vonmedizinischen Großgeräten nach wievor von der Steuerfreiheit ausgenommenist.<strong>Dr</strong>. Siegfried Mennemeyer, HammHammSchützenstraße 1059071 HammTel. (02381) 9883Fax (02381) 889710hamm@dr-eick.de<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>Sozietät bürgerlichen Rechts – gegründet 1908 von <strong>Dr</strong>. August <strong>Eick</strong>www.dr-eick.deBochumMassenbergerstr. 1744787 BochumTel. (0234) 325940Fax (0234) 3259429bochum@dr-eick.de<strong>Dr</strong>esdenEisenstuckstraße 4601069 <strong>Dr</strong>esdenTel. (0351) 436220Fax (0351) 4362227dresden@dr-eick.deSchwerinRudolf-Breitscheid-Str. 419053 SchwerinTel. 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