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Nr. 4 - Arbeitszeit im Krankenhaus - Dr. Eick & Partner

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<strong>Krankenhaus</strong>-Info <strong>Nr</strong>. 4 Seite 2ArbeitsrechtPflicht des <strong>Krankenhaus</strong>trägers zurEinstellung von AssistenzärztenZUSAMMENFASSUNG:Der Chefarzt hat einen einklagbaren Anspruch gegen den <strong>Krankenhaus</strong>trägerauf Zurverfügungstellung der erforderlichen Zahl vonMitarbeitern, wenn er laut Chefarztvertrag verpflichtet ist, für die Einhaltungder <strong>Arbeitszeit</strong>en der ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiterseiner Abteilung zu sorgen.ArbG Wilhelmshaven, Urt. v.23.09.2004 – 2 Ca 212/04 –• Der Sachverhalt:Ein Chefarzt der Anästhesie verklagtedas <strong>Krankenhaus</strong> auf Einstellung zusätzlicherAnästhesieassistenzärzte.Nach seinem Arbeitsvertrag obliegt esdem Chefarzt dafür zu sorgen, dassdie einzel- oder tarifvertraglich vereinbarten<strong>Arbeitszeit</strong>en der ärztlichenund nichtärztlichen Mitarbeiter seinerAbteilung eingehalten werden.Diese Verpflichtung bezieht sichauch auf die Bereitschaftsdienste fürdie Anästhesieassistenzärzte. Zudembestellte das <strong>Krankenhaus</strong> den Chefarztzum <strong>Arbeitszeit</strong>beauftragten fürseine Abteilung.Eine Analyse des Chefarztes ergab,dass bei Berücksichtigung der monatlichmax<strong>im</strong>al zulässigen Bereitschaftsdiensteneben dem leitenden Arztund den vorhandenen 3 Oberärzteninsgesamt 16 Assistenzärzte erforderlichwaren. Vorhanden waren jedochlediglich 13 Assistenzarztstellen, vondenen 4 Stellen unbesetzt waren. Das<strong>Krankenhaus</strong> nahm auch nach Aufforderungdes Chefarztes keine weiterenEinstellungen vor. Der Chefarztsah sich nur in der Lage seine vertraglichenPflichten zu erfüllen,wenn das <strong>Krankenhaus</strong> ihm diedafür erforderlichen personellen Mittelzur Verfügung stelle.• Die Entscheidung:Das Arbeitsgericht Wilhelmshaven hatder Klage des Chefarztes stattgegebenund das <strong>Krankenhaus</strong> verpflichtet,dem Chefarzt zur Erstellung tarifundgesetzeskonformer Dienstplänefür die Anästhesieabteilung und denRettungsdienst des <strong>Krankenhaus</strong>esmindestens 16 Anästhesieassistenzärzte,entsprechend mindestens 14 Vollzeitstellen,zur Verfügung zu stellen.Es stützt sich dabei auf den Anspruchdes Arbeitnehmers, vertragsgemäß beschäftigtzu werden. Der betroffeneChefarzt habe die Möglichkeit, gegendas <strong>Krankenhaus</strong> auf Erfüllung diesesAnspruchs zu klagen, damit ihm dieGelegenheit zu vertragsgemäßer Arbeitgewährt wird. Diese Möglichkeit setzevoraus, dass das <strong>Krankenhaus</strong> ihm dieentsprechenden erforderlichen Mittelzur Verfügung stelle. Dazu gehörennicht nur ein Arbeitsplatz oder sonstigesächliche Arbeitsmittel, sondernauch die personellen Mittel. Das ArbeitsgerichtWilhelmshaven betont,dass der Arbeitgeber dafür sorgenmüsse, dass andere Personen zur Verfügungstehen, wenn ein Arbeitnehmerseine vertragsgemäße Arbeit nurzusammen mit anderen Arbeitnehmernoder deren Mithilfe ausübenkönne.Das <strong>Krankenhaus</strong> wurde mit seinemVorbringen nicht gehört, der Chefarztwolle in die Entscheidungen des<strong>Krankenhaus</strong>es als Unternehmer undArbeitgeber eingreifen, wozu die Einstellungeiner best<strong>im</strong>mten Anzahl vonAssistenzärzten gehöre. Das Arbeitsgerichtbetont, dass sich das <strong>Krankenhaus</strong>dieser Organisationsgewalt - alsAusfluss der unternehmerischen Freiheit- hier durch die Vertragsgestaltungbegeben habe. Als Konsequenzaus dieser selbst gewählten Bindunghabe das <strong>Krankenhaus</strong> die Voraussetzungenfür die vertragsgemäße Arbeitdes Chefarztes zu schaffen.• Konsequenzen für die Praxis:Es handelt sich um ein erstinstanzlichesaber rechtskräftiges Urteil. DerSachverhalt ist von hoher Praxisrelevanz:Regelmäßig finden sich inChefarztverträgen Klauseln, die denChefarzt zur Sorge für die Einhaltungder <strong>Arbeitszeit</strong>en in seiner Abteilungverpflichten (so auch <strong>im</strong>Chefarzt-Vertragsmuster der Deutschen<strong>Krankenhaus</strong>gesellschaft).Auch ergeben sich häufig Situationen,in denen die aktuelle Stellenbesetzungzur korrekten Einhaltungdieser Pflicht zu knapp ist. Angesichtsvon Ärztemangel und auf denKrankenhäusern lastendem ökonomischem<strong>Dr</strong>uck werden Rechtsstreitigkeitendieser Art zukünftig zunehmen.So wurde das Urteil des ArbeitsgerichtsWilhelmshaven von der Ärzteschaftbegrüßt und hat in den einschlägigenFachzeitschriften bereitseine hohe Resonanz erfahren.Für die Krankenhäuser erwächst nebendem nach der BGH-Rechtsprechungunter dem Gesichtspunkt desOrganisationsverschuldens bestehendenHaftungsrisiko bei Beschäftigungeiner zu geringen Anzahl vonÄrzten nunmehr auch unter arbeitsrechtlichenGesichtspunkten <strong>im</strong> Verhältniszum leitenden Abteilungsarztein neuer Streitherd. Zu betonen istjedoch, dass nicht jeder Rechtsstreitzu dieser Problematik mit einem Urteilsspruchwie dem hier vorgestelltenenden muss. Durchaus bestehendeMöglichkeiten zur Verteidigung derPosition des <strong>Krankenhaus</strong>es wurden<strong>im</strong> vorgestellten Verfahren nicht genutztund waren daher auch nichtGegenstand der Beurteilung durchdas Gericht.Gabriele Comos-Aldejohann, Hamm<strong>Dr</strong>. <strong>Eick</strong> & <strong>Partner</strong>Sozietät bürgerlichen Rechts – gegründet 1908 von <strong>Dr</strong>. August <strong>Eick</strong>Hamm · Bochum · <strong>Dr</strong>esden · Brandenburg · Erfurt · Rostock · Naumburg · Schwerin www.dr-eick.de

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