Systemische Begabungsförderung – Theoretische Grundlagen und ...
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<strong>Systemische</strong> <strong>Begabungsförderung</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Theoretische</strong> <strong>Gr<strong>und</strong>lagen</strong> <strong>und</strong><br />
praktische Anwendungen<br />
Vortrag bei den 13. ECHA-Österreich Tagen in Linz am 19.04.2012<br />
Bettina Harder, Universität Erlangen-Nürnberg<br />
1 <strong>Theoretische</strong> <strong>Gr<strong>und</strong>lagen</strong> der systemischen <strong>Begabungsförderung</strong><br />
1.1 Traditionelles <strong>und</strong> systemisches Begabungsverständnis<br />
In der Begabungsforschung herrscht zu großen Teilen ein mechanistisches Verständnis von Begabung<br />
<strong>und</strong> Leistungsentwicklung vor (Ziegler & Phillipson, 2012). Diese Auffassung steht in der Tradition von<br />
Galilei <strong>und</strong> Descartes <strong>und</strong> versucht ein Phänomen zu verstehen, indem dieses in Teile zerlegt wird,<br />
deren Effekte bestimmbar sind. Um das Gesamtphänomen zu verstehen werden dann die Teileffekte<br />
kombiniert. Dieses analytische Vorgehen wird oft mit einer Maschinenmetapher übersetzt: Es<br />
werden bestimmte Variablen hinein gesteckt, ein festgelegter Prozess läuft ab <strong>und</strong> generiert einen<br />
Output. Da diese Sichtweise sich lange Zeit, v.a. in der Physik, bewährt hat, ist sie auch heute in der<br />
Begabungsforschung noch sehr populär. Die in der Praxis am gängigsten Moderatorenmodelle wie<br />
das Münchner Begabungsmodell nach Heller (Heller, Perleth, & Lim, 2005) bilden die<br />
Leistungsentwicklung auf diese Weise ab: Begabung, nicht-kognitive Personenfaktoren <strong>und</strong><br />
Umweltfaktoren wirken zusammen auf die Leistungsentwicklung ein.<br />
Die mechanistische Sichtweise weist jedoch einige Probleme auf. Zum einen liefern die<br />
mechanistischen Modelle sehr unkonkrete Aussagen dazu, welche der unzähligen Variablen in <strong>und</strong><br />
außerhalb der Person nun am wichtigsten sind oder wie sie konkret zusammenwirken. Es wird davon<br />
ausgegangen, dass bei Erfüllung der relevanten Bedingungen <strong>–</strong> wobei diese aufgr<strong>und</strong> der<br />
unspezifischen Aussage nicht genau bestimmt werden können <strong>–</strong> automatisch eine positive<br />
Leistungsentwicklung resultiert, sozusagen autokatalytisch, d.h. der maschinelle Prozess läuft dann<br />
ab. Nach diesem Prinzip sind auch viele Fördermaßnahmen konzipiert, die dafür sorgen, dass<br />
begabte Lerner ungehindert weiter lernen können (z.B. Akzeleration, Enrichment).<br />
Effektivitätsstudien zeigen aber, dass die Maßnahmen nur geringe Effekte erzielen: Lipsey <strong>und</strong><br />
Wilson (1993) fanden heraus, dass die Effektivität überbewertet wurde. Unter den verschiedenen<br />
Fördermaßnahmen bildeten Akzelerationsmaßnahmen noch die effektivsten. Eine Studie aus Groß-<br />
Britannien (Comford Boyes, Reid, Brain, & Wilson, 2004) stellte jedoch auch für<br />
Akzelerationsmaßnahmen geringe Effekte fest, stattdessen waren Placebo- <strong>und</strong> Marketing-Effekte<br />
auf die Leistung von Schülern in diesen Programmen nachweisbar. Joan Freeman (1998) kommt zu<br />
dem Schluss, dass die Fördermaßnahmen lange Zeit für effektiv gehalten wurden, weil die meiste<br />
Evaluationsforschung aus anekdotischen Berichten, Einzelfallstudien <strong>und</strong><br />
Beratungsdokumentierungen ohne Kontrollgruppen besteht.<br />
Eine völlig andere Sichtweise stellt die systemische Perspektive dar, die einige dieser Probleme<br />
überwinden kann. Anstelle von einem mechanischen, einfachen Zusammenwirken, geht die
Systemtheorie von komplexen Interaktionen aus. Betrachtet man menschliches Verhalten, so zeigen<br />
sich vielfältige Wechselwirkungen zwischen sehr unterschiedlichen Variablen. Diese<br />
Vielfachinteraktion findet gleichzeitig statt <strong>und</strong> kann zirkulär zurückwirken auf den Auslöser einer<br />
Reaktion. Eine Lehrkraft könnte beispielsweise die Anregung geben, ein schreibinteressierter Schüler<br />
solle einen Artikel für die Schülerzeitung verfassen. Dies führt beim Schüler vielleicht zur Bildung<br />
eines Zieles, er enwickelt die Bereitschaft, sich für dieses Projekt anzustrengen, verzichtet auf andere<br />
Freizeitaktivitäten, er sucht sich Unterstützung bei seinen Eltern usw. Am Ende liefert er einen Artikel<br />
bei seiner Lehrkraft ab, welcher dieser aufzeigt, welche Fähigkeiten der Schüler hat <strong>und</strong> wie er weiter<br />
gefördert werden kann. Dieses Beispiel zeigt auch, dass Verhalten immer kontextspezifisch ist: unter<br />
anderen Bedingungen, z.B. bei einem Lehrer, zu dem der Schüler ein schlechtes Verhältnis hat, hätte<br />
er vermutlich ein ganz anderes Verhalten gezeigt. Um also das Handeln des Schülers als einen Teil<br />
des Geschehens zu verstehen, muss auch der Kontext berücksichtigt werden. Teile können demnach<br />
nicht isoliert betrachtet werden, sondern nur durch das Verstehen des Ganzen werden die einzelnen<br />
Komponenten verständlich. Daraus resultiert auch, dass Leistung nicht mehr als Produkt einer Person<br />
betrachtet werden kann, sondern als Produkt des Systems aus Person <strong>und</strong> Umwelt.<br />
1.2 Systeme <strong>und</strong> ihre Eigenschaften<br />
Ein System ist eine stabile Konfiguration aus interagierenden Elementen, die als sinngeb<strong>und</strong>ene<br />
Einheit betrachtet werden können. Diese Einheit ist eingebettet in ein größeres Gesamtsystem <strong>und</strong><br />
wird von dessen Eigenschaften <strong>und</strong> Verhalten beeinflusst, das Gesamtsystem stellt die<br />
Rahmenbedingungen für die eingebettete Konfiguration. Gleichzeitig beeinflusst diese Konfiguration<br />
mit ihren Eigenschaften, ihrer Organisation <strong>und</strong> den Wechselwirkungen zwischen ihren<br />
Komponenten das Gesamtsystem. Auf welcher Ebene man Gesamtsystem <strong>und</strong> die zu untersuchende<br />
Konfiguration von Elementen ansiedelt, hängt vom Interesse des Beobachters ab: Es können Systeme<br />
innerhalb des Menschen betrachtet werden (System der Motivationsregulation, endokrines System),<br />
menschliches Verhalten als Resultat eines systemischen Zusammenwirkens verschiedener<br />
psychischer Einheiten <strong>und</strong> Umwelteinflüsse (Aktiotop), oder auch mehrere Menschen in einem<br />
gemeinsamen System (Klassenverb<strong>und</strong>, Familie, Schule, Gesellschaft). Jede Betrachtung greift<br />
spezifische Aspekte heraus <strong>und</strong> vernachlässigt andere Elemente, da es aktuell keine einheitliche<br />
Systemtheorie gibt (Ziegler, 2009). Daher ist es vorteilhaft Systeme nicht als reale Gegenstände,<br />
sondern als Modelle der Realität zu betrachten, die mehr oder weniger zweckmäßig für die aktuelle<br />
Fragestellung sind. Im Falle der Begabungsforschung <strong>und</strong> Förderung ist aktuell ein Umschwung hin zu<br />
systemischen Denkansätzen zu verzeichnen, da diese Vorteile bieten hinsichtlich realitistischerer<br />
Theorien <strong>und</strong> der Planung effektiver Fördermaßnahmen (Harder, im Druck).<br />
Lernende handeln innerhalb eines Systems. Sie erwerben Kompetenzen <strong>und</strong> Wissen in Interaktion,<br />
d.h. im Austausch mit ihrer Umwelt. Ziegler (2005) beschreibt dies im Aktiotop-Modell der Begabung,<br />
dem meines Wissens aktuell differenziertesten systemischen Begabungsmodell. Es weist einen klaren<br />
Handlungsfokus auf: Betrachtet wird der Handlungsraum eines Lernenden, sein Aktiotop (vgl. Biotop,<br />
Soziotop), das Aufschluss gibt über die aktuellen Leistungsmöglichkeiten der Person <strong>und</strong><br />
Entwicklungsoptionen aufzeigt. Das System besteht aus Person <strong>und</strong> Umwelt, wobei herausragende<br />
Leistungen als Verdienst dieses Systems, d.h. der Interaktion von Person <strong>und</strong> Umwelt verstanden<br />
werden, nicht als individuelle Leistung. Das Verhalten der Person wird also einerseits durch die<br />
Umwelt mit bestimmt, andererseits durch Variablen in der Person, die in drei funktionale<br />
Subkomponenten gefasst werden: Handlungsrepertoire, Ziele <strong>und</strong> subjektiver Handlungsraum (vgl.<br />
Abbildung 1). Das Handlungsrepertoire stellt die Gesamtheit an verfügbaren Handlungsmöglichkeiten
dar, aus denen je nach Situation Handlungen ausgewählt werden. Die Ziele der Person sind<br />
maßgeblich für die Auswahl einer Handlung aus dem Handlungsrepertoire. Der subjektive<br />
Handlungsraum ist schließlich eine Instanz, in der Umwelt <strong>und</strong> die Möglichkeiten <strong>und</strong> Ziele der<br />
Person repräsentiert sind <strong>und</strong> miteinander abgeglichen werden, um eine für die aktuelle Situation<br />
passende Handlung auszuwählen. An dieser Stelle fließen die Verpflichtung gegenüber<br />
gesellschaftlichen Normen, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, subjektive Einschätzungen der<br />
Situation <strong>und</strong> viele weitere nicht-objektive Aspekte in die Entscheidung mit ein.<br />
Abbildung 1. Das Aktiotop-Modell der Begabung (Ziegler, 2005)<br />
Das Zusammenspiel all dieser in Wechselwirkung stehenden Variablen ist komplex. Für die<br />
<strong>Begabungsförderung</strong> ist jedoch gerade dies der kritische Punkt, besteht doch das Ziel darin, das<br />
gesamte System in die gewünschte Richtung zu entwickeln, d.h. hin zu höheren Kompetenzen <strong>und</strong><br />
herausragender Leistungsfähigkeit. Dabei muss zusätzlich beachtet werden, dass ein Lernender nicht<br />
nur in der Talentdomäne handeln können soll, sondern auch andere Aktiotope, z.B. soziale<br />
Kompetenzen, andere Schulfächer wie Englischkompetenzen oder Sprachkometenzen allgemein,<br />
Alltagskompetenzen wie ges<strong>und</strong>e Ernährung <strong>und</strong> Selbständigkeit, mitentwickelt werden müssen.<br />
Hilfreich ist es daher, einige Merkmale von Systemen (vgl. Ziegler & Stöger, 2009) wie dem Aktiotop<br />
eines Lerners zu kennen, um das Systemverhalten besser einschätzen zu können.<br />
Als erstes Systemmerkmal sei die Äquifinalität genannt. Dies bedeutet, dass aus unterschiedlichen<br />
Ausgangszuständen heraus das gleiche Ziel erreicht werden kann. Entscheidend ist daher auch nicht<br />
eine gegebene Begabung, sondern welche Kompetenzen im Laufe der Lernentwicklung erworben<br />
werden <strong>–</strong> Begabungen können dabei unterstützend wirken, sind jedoch nicht zwingend notwendig.<br />
Ein weiteres wichtiges Merkmal ist die Kontextabhängigkeit. Handlungen sind immer<br />
situationsspezifisch, d.h. abhängig von diversen Umweltmerkmalen sowie dem aktuellen Zustand der<br />
Person. Michel (1971) zeigte beispielsweise, dass Intelligenztestergebnisse um bis zu 40 IQ-Punkte<br />
variieren können je nach Testleiter, wobei zusätzlich tagesspezifische Unterschiede in der<br />
Leistungsfähigkeit, Motivation der Testperson usw. zu berücksichtigen sind. Handlungen wie
eispielsweise bestimmte Lernstrategien können demnach nicht pauschal empfohlen werden,<br />
sondern nur unter Berücksichtigung des Kontextes sinnvoll eingesetzt werden.<br />
Interdependenz beschreibt die Tatsache, dass es innerhalb eines Systems kein isoliertes Ereignis gibt.<br />
Jedes Ereignis, z.B. ein Misserfolg in Form von negativem Feedback aus der Umwelt, wirkt sich auf die<br />
anderen Systemteile aus, wobei wiederum Rückwirkungen auf die auslösende Komponente möglich<br />
sind. Der Misserfolg kann beispielsweise die Ziele des Lerners nach unten korrigieren oder das<br />
Selbstvertrauen (subjektiver Handlungsraum) erschüttern, sodass in Zukunft andere<br />
Handlungsalternativen gewählt werden.<br />
Das Merkmal der Vernetzung besagt, dass die interdependenten Reaktionen im System keineswegs<br />
zufällig erfolgen. Vielmehr findet eine geordnete Reaktion statt, sodass typisches Systemverhalten<br />
bestimmt werden kann. Dies ist dafür verantwortlich, dass sich Ereignisse in einem System häufen,<br />
wie beispielsweise die Schachexpertise der drei Pólgar-Schwestern (Pólgar & Farkas, 1989).<br />
Die Vorstellung linear Abläufe in menschlichem Denken <strong>und</strong> Handeln, d.h. ein kontinuierlicher<br />
Anstieg in einer Variable führt auch zu kontinuierlichen Anstiegen in anderen Variablen, ist weit<br />
verbreitet, entspricht jedoch nicht der Realität. Vielmehr muss von plötzliche Phasenübergängen<br />
ausgegangen werden: Man stelle sich einen Schüler vor, der sich zwischen zwei Leistungskursen<br />
entscheiden muss <strong>und</strong> zunächst beide gleich positiv einschätzt. Bei seinen Recherchen identifiziert er<br />
nun weitere positive <strong>und</strong> negative Aspekte der Leistungskurse. Wenn unter Berücksichtigung dieser<br />
Informationen nun ein Kurs minimal besser bewertet wird als der andere, führt dies noch nicht zu<br />
einer Entscheidung. Hingegen kann eine wichtige Information, wie beispielsweise dass der<br />
favorisierte Lehrer den Kurs übernimmt, den Ausschlag geben <strong>und</strong> somit plötzlich <strong>–</strong> statt nach<br />
linearem Anstieg der Präferenz <strong>–</strong> zu einer Entscheidung führen.<br />
Herausragende Leistungen sind nicht zu erbringen, wenn nicht alle notwendigen Systemteile<br />
ineinandergreifen. Exzellenz in nur einem oder einzelnen Teilbereichen wie dem Handlungsrepertoire<br />
reicht nicht aus, um die Handlungen auch zu zeigen. Gleichzeitig müssen die exzellenten<br />
Handlungsoptionen im subjektiven Handlungsraum als situationsangemessen <strong>und</strong> durchführbar<br />
repräsentiert sein sowie als Ziel formuliert sein <strong>und</strong> die Umwelt sollte dies nicht torpedieren. Dieses<br />
Problem stellt sich etwa bei Mädchen in mathematisch-naturwissenschaftlichen Domänen, wo die<br />
Fähigkeiten durchaus vorhanden sind, jedoch die Ziele, sich in einer solchen Domäne hervorzutun<br />
oder auch das Selbstvertrauen, dies zu können, fehlen. Die Entscheidung fällt somit auf mehreren<br />
Ebenen des Systems.<br />
Systeme zeichnen sich außerdem durch Hysterese aus, d.h. eine Trägheit den aktuellen, eingespielten<br />
Systemzustand zu verlassen. Insbesondere hinsichtlich Interventionen ist dies ein wichtiger Aspekt.<br />
Häufig werden kurzzeitige punktuelle Fördermaßnahmen initialisiert, die ein System kaum aus<br />
seinem Zustand lösen <strong>und</strong> in einen neuen, für die Begabungsentwicklung förderlicheren Zustand<br />
überführen kann.<br />
In diesem Zusammenhang kommt erschwerend die Kompensationstendenz von System hinzu. Eine<br />
Veränderung im System erfolgt normalerweise an einer ausgewählten Stelle, z.B. bei einer Förderung<br />
des Handlungsrepertoires oder einem Motivationstraining (Ziele, evtl. auch Selbstkonzept, d.h.<br />
subjektiver Handlungsraum). Endet diese punktuelle Stimulation wird das System sehr<br />
wahrscheinlich in seinen ursprünglichen, funktionierenden Zustand zurückkehren, anstatt alle
anderen Systemkomponenten auf die eine veränderte Komponente einzustellen. Fördermaßnahmen<br />
müssen daher möglichst auf das ganze System wirken, um einen neuen Zustand zu stabilisieren.<br />
2 Prinzipien der systemischen <strong>Begabungsförderung</strong><br />
2.1 Prinzipien der Systemsteuerung<br />
Aus den oben ausgeführten Systemmerkmalen lassen sich verschiedene Folgerungen für die<br />
Steuerung eines lernenden Systems ziehen (Ziegler & Stöger, 2009).<br />
Aufgr<strong>und</strong> der vielfachen Wechselwirkungen muss ein System dynamisch-interaktiv gesteuer werden.<br />
D.h. die Steuerung muss auf die Reaktionen des Systems wieder reagieren, um weiterhin das Ziel der<br />
Regulierung zu verfolgen. Vorab ist die Entwicklung des Systems unter dem Einfluss der Steuerung<br />
nicht exakt vorhersagbar. Insbesondere zur Überwindung von Hysterese <strong>und</strong><br />
Kompensationstendenzen ist eine längerfristige, ständig angepasste Intervention notwendig.<br />
Eingriffe in ein System sind handlungsfokussiert, d.h. sie verändern Verhaltensweisen im System wie<br />
beispielsweise das Lernverhalten des Schülers. Ein Variablenfokus z.B. auf<br />
Persönlichkeitseigenschaften wie Ängstlichkeit, Intelligenz, oder Leistungsmotiv wie er in anderen<br />
Modellen vorzufinden ist, ist in einem dynamischen System wenig zielführend. Die Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> damit Handlungskompetenz des Systems soll durch die Steuerung erhöht werden. Daher sollte<br />
direkt dieses Element im Fokus der Betrachtung liegen.<br />
Da sich das System immer unter dem Einfluss des Kontextes befindet, muss dieser bei jedem Eingriff<br />
ins System berücksichtigt werden. Nur so kann eine stimmige <strong>und</strong> effektive Weiterentwicklung des<br />
Systems gelingen, da Handlungen, beispielsweise die Anwendung einer bestimmten Lernstrategie<br />
ohne Berücksichtigung der Aufgabe, sonst ins Leere führen.<br />
Damit sich das System mit all seinen Subkomponenten <strong>und</strong> in seinem Kontext gut entwickeln kann,<br />
ist auf die Koevolution aller Systemteile zu achten. Damit ist gemeint, dass das effektive<br />
Zusammenwirken der Teile weiterhin gewährleistet bleiben muss <strong>–</strong> wenn sich also ein Teilsystem<br />
verändert, z.B. in Form von neuen Zielsetzungen bei einem Jugendlichen, müssen auch die anderen<br />
Systemkomponenten mit entwickelt werden, um den Anstoß nicht zu neutralisieren oder gar das<br />
System zu destabilisieren. Denkbar wäre hier fehlende Unterstützung durch das soziale Umfeld des<br />
Jugendlichen bei der Verfolgung des neuen Ziels.<br />
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass einem System permanent Energie zugeführt werden muss, was<br />
im Prinzip der Allostase ausgedrückt ist. Am Beispiel des menschlichen Körpers ist dies leicht<br />
einsichtig: Ohne Energiezufuhr in Form von Nährstoffen sind wir nicht überlebensfähig, da das<br />
System zur Aufrechterhaltung seiner Funktionen auf diese Energie angewiesen ist. Bei einem<br />
Aktiotop verhält es sich genauso: Um die Funktionen, d.h. Handlungskompetenz zu erhalten, müssen<br />
die Fähigkeien trainiert werden, um neue Kompetenzen aufzubauen, müssen zusätzliche<br />
energieaufwändige Anstrengungen unternommen werden.<br />
Aus dem letzten Aspekt ergibt sich direkt die Ressourcenorientierung der Systemsteuerung. Die<br />
notwendigen Aufwendungen für Lernprozesse lassen sich differenzierter fassen als in reine<br />
Energiezufuhr. Das lernende System muss auf vielfältige Ressourcen zurückgreifen können, die
Lernprozesse erst ermöglichen <strong>und</strong> unterstützen. Auf diese wird im nächsten Abschnitt detailliert<br />
eingegangen.<br />
Insgesamt läuft die Steuerung eines Systems auf die Konstruktion eines Lernpfades hinaus. Der<br />
Lernpfad ist ein auf die Kontextbedingungen zugeschnittener, umfassend geplanter Entwicklungsweg<br />
auf dem die notwendigen Ressourcen permanent zugefüht werden, damit der Lernende seine<br />
Handlungskompetenz entsprechend dem Ziel des Lernpfades ausbauen kann <strong>und</strong> auch die<br />
assoziierten Systemteile sich ko-evolutiv mitentwickeln können.<br />
2.2 Ressourcenorientierte Förderung: Relevanz von Lern- <strong>und</strong><br />
Bildungskapital<br />
Voraussetzung für jegliche Veränderung in einem System ist das Vorhandensein der notwendigen<br />
Ressourcen. Ziegler <strong>und</strong> Stöger (2011) unterscheiden interne <strong>und</strong> externe Ressourcen <strong>und</strong><br />
bezeichnen diese als Lern- <strong>und</strong> Bildungskapital. Der Begriff Kapital impliziert, dass diese Ressourcen<br />
geschaffen werden müssen, wachsen aber auch negative Werte annehmen können <strong>und</strong> dass sie<br />
bedingt ineinander überführt werden können. Als Differenzierung der beiden Kapitalarten haben sich<br />
je fünf Formen bewährt.<br />
Das Lernkapital untergliedern Ziegler <strong>und</strong> Stöger in organismisches, attentatives, aktionales, telisches<br />
<strong>und</strong> episodisches Lernkapital. Organismisches Kapital bezeichnet die körperlichen <strong>und</strong> geistigen<br />
Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, um sich mit der Talentdomäne beschäftigen zu können<br />
(Konzentrationsfähigkeit, Auffassungsgabe, Körperbau für bestimmte Sportarten). Attentatives<br />
Lernkapital bezeichnet die aufwendbare Aufmerksamkeit für die Domäne. Diese kann beispielsweise<br />
durch Verpflichtungen des alltäglichen Lebens stark eingeschränkt sein: Wenn ein talentierter<br />
Sportler viel Zeit für die Erfüllung schulischer Aufgaben <strong>und</strong> häuslicher Pflichten aufwenden muss,<br />
kann er sich weniger auf das Sporttraining fokussieren. Mit aktionalem Lernkapital sind die bereits<br />
verfügbaren Handlungsoptionen gemeint. Bereits vorhandene Kompetenzen wie beispielsweise die<br />
Beherrschung verschiedener Lernstrategien können für die Weiterentwicklung in einer<br />
Leistungsdomäne eingesetzt werden. Telisches Lernkapital bezeichnet die Verfügbarkeit von Zielen in<br />
der Talentdomäne. Um eine Entwicklung zu höherem Leistungsniveau aufrecht erhalten zu können,<br />
müssen immer wieder neue Ziele gesetzt werden. Die Auswahlmöglichkeiten müssen dem Lernenden<br />
bekannt sein <strong>und</strong> er sollte einschätzen können, ob diese für ihn passend wären. Wenn ein<br />
Oberstufenschüler z.B. keine Berufsbilder im Zusammenhang mit seinem Interessensgebiet<br />
Geschichte kennt, wird er diese Domäne evtl. aus Ermangelung von Zielen, also möglichen<br />
Entwicklungswegen, nicht mit einem Studium weiterverfolgen. Episodisches Lernkapital stellt<br />
schließlich eine Kombination aus verfügbaren Handlungsoptionen, verfolgten Zielen <strong>und</strong> spezifischen<br />
Umweltanforderungen dar: Es bezeichnet die Verfügbarkeit von Standardprozeduren für<br />
domänenspezfische, typische Situation oder Probleme. Für gewisse Episoden steht somit bei<br />
vorhandenem episodischem Lernkapital eine vorgefertigte Vorgehensweise zur Verfügung, die es der<br />
Person erlaubt, schnell <strong>und</strong> effektiv zu agieren.<br />
Beim Bildungskapital, den Umweltressourcen, unterscheiden Ziegler <strong>und</strong> Stöger ebenfalls fünf Arten:<br />
didaktisches, infrastrukturelles, soziales, ökonomisches <strong>und</strong> kulturelles Bildungskapital. Mit<br />
didaktischem Bildungskapital ist die Instruktionsqualität der Lernumwelt gemeint. Für eine<br />
erfolgreiche Begabungsentwicklung sind gute Lehrer oder Mentoren notwendig, die mit effektiven<br />
Lehr- <strong>und</strong> Trainingsmethoden arbeiten. Zudem muss ist eine reichhaltige Infrastruktur in der<br />
Talentdomäne notwendig, um Kompetenzen aufbauen zu können (infrastrukturelles Bildungskapital).
Für sportliche Betätigung sind die entsprechenden Anlagen notwendig sowie Vereine mit Trainern<br />
<strong>und</strong> ggf. Mitspielern. Im akademischen Bereich sind Bildungseinrichtungen wie Bibliotheken,<br />
Museen, Universitäten, Akademien etc. von Vorteil. Soziales Kapital bezeichnet die Unterstützung<br />
der Kompetenzentwicklung durch das soziale Umfeld des Lernenden. Bezeugungen von<br />
Wertschätzung, Interesse <strong>und</strong> Anteilnahme an Leistungsfortschritten <strong>und</strong> Misserfolgserlebnissen<br />
durch die Familie, Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Trainier/Lehrer spielen eine wichtige Rolle. Trägt ein Teil der sozialen<br />
Umwelt die Beschäftigung mit der Talentdomäne nicht mit, entstehen Komplikationen im System<br />
(Störung einer ko-evolutiven Entwicklung). Mit ökonomischem Bildungskapital werden die<br />
materiellen Ressourcen bezeichnet, die für die Kompetenzentwicklung aufgewendet werden können.<br />
Dies umfasst die Beschaffung von Arbeitsmaterialien wie Büchern, sportlicher Ausstattung, Kauf<br />
eines Musikinstruments aber auch die Finanzierung anderer Ressourcen wie professionelles Coaching<br />
(Überführung in didaktisches Kapital). Kulturelles Kapital stellt schließlich die gesellschaftliche<br />
Akzeptanz <strong>und</strong> Ermöglichung der Beschäftigung mit der Talentdomäne dar. Gesellschaftliche Normen<br />
ändern sich im Laufe der Zeit, was die Entwicklungsmöglichkeiten bestimmter Personen in speziellen<br />
Domänen eröffnen oder begrenzen kann. Im Mittelalter war eine medizinische Ausbildung<br />
beispielsweise Männern vorbehalten, während Ärztinnen heutzutage als selbstverständlich gelten<br />
(im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich zeichnet sich hingegen auch heute noch ein<br />
Geschlechtsrollen-stereotypes Bild, vgl. Stöger, Ziegler, & Heilemann, 2012).<br />
3 Praktische Umsetzung am Beispiel der Beratung an der<br />
Landesweiten Beratungs- <strong>und</strong> Forschungsstelle für Hochbegabung<br />
(Universität Erlangen-Nürnberg)<br />
Die Landesweite Beratungs- <strong>und</strong> Forschungsstelle für Hochbegabung (LBFH) an der Universität<br />
Erlangen-Nürnberg (ehemals Universität Ulm) gründet ihr Vorgehen auf ein systemisches<br />
Begabungsverständnis. Beratung fokussiert den Kompetenzerwerb nach dem Lernpfadprinzip <strong>und</strong><br />
wird nach dem ENTER-Triple-L Modell umgesetzt.<br />
3.1 Umsetzung des Lernpfadprinzips in fünf Schritten: Das ENTER-Triple-<br />
L-Modell auf Basis des Aktiotop-Ansatzes<br />
Die Konstruktion eines Lernpfades wird in jeder Beratung der LBFH realisiert (für einen ausführlichen<br />
Überblick s. Ziegler, Stöger, Grassinger, & Harder, 2012). Die Beratung unterscheidet sich je nach<br />
angestrebtem Leistungsniveau, wie Abbildung 2 verdeutlicht. Das Kompetenzniveau bzw. die<br />
Handlungen des Aktiotops können zu talentierten Handlungen hin entwickelt werden (Lernberatung),<br />
zu hochbegabten Handlungen (Lernplan) oder zu exzellenten Handlungen, was als ENTER-Triple-L-<br />
Modell bezeichnet wird (Grassinger, 2009).<br />
Das Ziel einer Lernberatung ist die Beratung von Eltern zu Fördermöglichkeiten Ihrer Kinder. Dies<br />
kann beispielsweise indiziert sein bei der Interessens- oder Berufsfindung oder bei aktuell<br />
ungünstigen Förderbedingungen im schulischen oder häuslichen Umfeld. Nach einer umfassenden<br />
Diagnostik wird ein Förderplan entwickelt gefolgt von einer ca. 2-monatigen Unterstützung bei der<br />
Umsetzung der gezielten Förderung.<br />
Der Fokus eines Lernplanes liegt auf der gezielten Förderung von Begabungen eines Kindes oder<br />
Jugendlichen über einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten. Aufbauend auf einer individuell<br />
zugeschnittenen, umfassenden Diagnostik werden mit klaren Zielabsprachen Kinder <strong>und</strong> Jugendliche
(zum Teil in Zusammenarbeit mit einem Fachmentor / einer Fachmentorin) dabei unterstützt, die<br />
vereinbarten Ziele zu erreichen. Eltern werden dahingehend beraten, wie sie eine günstige<br />
Lernumwelt für die angestrebte Entwicklung ihres Kindes gestalten können.<br />
Das Ziel eines Lernpfades ist die Förderung von Begabungen eines Kindes oder Jugendlichen hin zu<br />
Höchstleistungen in einem bestimmten Bereich. Ein Lernpfad ist auf mehrere Jahre hin angelegt <strong>und</strong><br />
besteht unter anderem aus klaren Zielabsprachen zum Erwerb von Kompetenzen <strong>und</strong> Wissen,<br />
gezielten <strong>und</strong> regelmäßigen Trainings sowie Feedback- <strong>und</strong> Feedforwardloops für das Kind, den<br />
Jugendlichen sowie die Eltern. Ferner wird obligatorisch ein Fachmentor zur Seite gestellt.<br />
Abbildung 2. Das ENTER-Triple-L Modell der Hochbegabtenberatung (Grassinger, 2009).<br />
Das Akronym ENTER steht für das fünf-schrittige Vorgehen in der Beratung: Explore, Narrow,<br />
Transform, Evaluate, Review (Grassinger, 2009; Ziegler & Stöger, 2004). In der ersten Phase „Explore“<br />
werden erste Informationen über das Aktiotop des Klienten beim telefonischen Erstkontakt <strong>und</strong> per<br />
Fragebogen gesammelt, d.h. Daten zum Kind/Jugendlichen, zur Familie, zur schulischen Situation <strong>und</strong><br />
zu weiteren relevanten Umwelten. In der „Narrow“ Phase, der zweiten diagnostischen Phase, dienen<br />
die vorab erfassten Explore-Daten als Gr<strong>und</strong>lage für die Planung der ausführlichen Diagnostik vor Ort.<br />
In der Narrow-Phase finden Gespräche mit Eltern <strong>und</strong> dem Kind/ Jugendlichen statt, es werden Tests<br />
durchgeführt, Fragebögen <strong>und</strong> Checklisten eingesetzt, ggf. Kontakt zu Lehrkräften oder anderen<br />
involvierten Personen aufgenommen. Aus den so gewonnen Informationen wird in der „Transform“-<br />
Phase ein Lernpfad konstruiert. Beim Beratungsgespräch werden der Familie einerseits die<br />
Diagnostikergebnisse rückgemeldet <strong>und</strong> andererseits Vorschläge für die weitere Förderung<br />
unterbreitet, woraus gemeinsam der Lernpfad entwickelt wird. Die Umsetzung dieses Lernpfades<br />
wird in der „Evaluate“-Phase begleitet, d.h. die Familie berichtet bei mehreren Treffen (mit ca. 4-8<br />
Wochen Abstand) über die Fortschritte bei der Erreichung ihrer gefassten Ziele <strong>und</strong> passt den<br />
Lernpfad mit den Beratern weiter an ihre Situation <strong>und</strong> Bedürfnisse an. Bei Bedarf werden auch<br />
andere Personen im System der Klienten mit in die Beratung einbezogen. Die „Review“-Phase am<br />
Schluss dient der rückblickenden Bewertung des Beratungs- <strong>und</strong> Entwicklungsverlaufs sowie dem<br />
Ausblick auf weitere Etappen des Lernpfads.<br />
3.2 Berücksichtigung der systemischen Förderprinzipien in der Beratung<br />
Das beschrieben Beratungsvorgehen wird den systemischen Förderprinzipien wie folgt gerecht.<br />
Dynamisch-interaktiv ist die Beratung dadurch, dass der Berater für mehrere Monate Teil des zu<br />
verändernden Systems wird <strong>und</strong> darin selbst eingreift, sowie die anderen Personen im System schult,
ihr System in Richtung des angestrebten Ziels zu steuern <strong>und</strong> immer wieder die notwendigen<br />
Anpassungen im Lenrpfad vorzunehmen. Diese Steuerung soll nach Abschluss der Begleitung von der<br />
Familie <strong>und</strong> den anderen involvierten Personen selbst weitergeführt werden.<br />
Der Handlungsfokus wird in der gesamten Beratung durch das Aktiotop-Modell als Basis umgesetzt.<br />
Im Zentrum der Diagnostik <strong>und</strong> Beratung stehen die Handlungskompetenz des Lernenden <strong>und</strong> die<br />
Schaffung unterstützender Umwelten für diese Handlungen.<br />
Die Beratung findet dabei immer in Abstimmung mit dem Kontext des Klienten statt. Es werden<br />
individuelle Lernpfade entwickelt, je nach Zielsetzung <strong>und</strong> Bedingungen/Möglichkeiten der Akteure.<br />
Dabei werden situationsspezifische Lösungen für die gebotenen Aufgaben oder auch Probleme mit<br />
möglichst allen Beteiligten entwickelt <strong>und</strong> abgestimmt.<br />
Koevolution wird berücksichtigt, indem eine breit angelegte Diagnostik als Ausgangspunkt der<br />
Beratung dient. Dabei werden verschiedene soziale Umwelten (Interessen der Fre<strong>und</strong>e,<br />
Einstellungen <strong>und</strong> Wünsche der Eltern <strong>und</strong> ggf. Geschwister, etc.), Särken <strong>und</strong> Schwächen in<br />
alltagsrelevanten Domänen (z.B. Sozialverhalten, Emotionsregulation) <strong>und</strong> natürlich in der<br />
Talentdomäne betrachtet <strong>und</strong> auch bei der Entwicklung des Lernpfades berücksichtigt.<br />
Dem Prinzip der Allostase versucht die Beratung an der LBFH durch einen relativ starken Input in<br />
Form von Vermittlung von Wissen <strong>und</strong> Förderkompetenzen an die Eltern <strong>und</strong> teils Lehrkräfte sowie<br />
die professionelle Begleitung über mehrere Wochen hinweg bei der konkreten Umsetzung des<br />
Lernpfads im Alltag der Familie umzusetzen. Die Möglichkeiten sind hier durch die entstehenden<br />
Kosten begrenzt, es wird jedoch angestrebt, der Familie im Rahmen einer Lernberatung das Wissen<br />
<strong>und</strong> die praktische Erfahrung zu vermitteln, um selbst die notwendige „Energiezufuhr“ in ihrem<br />
System sichersellen zu können.<br />
Das bedeutet, dass Eltern <strong>und</strong> Kind/ Jugendlicher Ressourcen oder Kapital schaffen <strong>und</strong> vermehren<br />
sollen. Der Berater fungiert während der Beratung als didaktisches Bildungskapital auf der<br />
Metaebene, indem er/ sie nicht direkt bei Ausweitung der Kompetenzen in der Talentdomäne<br />
mitwirkt <strong>–</strong> das wäre Aufgabe eines Fachmentorings, wie es bei der dritten Beratungsform mit dem<br />
Ziel exzellenter Leistungen umgesetzt wird <strong>–</strong> sondern das Funktionieren des lernenden Systems<br />
verbessert. Die meisten Kapitalarten müssen durch Umschichtung von Ressourcen zur Erhöhung<br />
einzelner Kapitalposten oder durch Schaffung von neuem Kapital im Systetm realisiert werden. Die<br />
Beratung unterstützt in dieser Hinsicht mit Vorschlägen zur Fokussierung <strong>und</strong> gezielten Bündelung<br />
der verfügbaren Mittel für eine optimale Kaptialausschöpfung.<br />
4 Literatur<br />
Comford Boyes, L., Reid, I., Brain, K., & Wilson, J. (2004). Accelerated learning: A literature survey.<br />
Unpublished report, Department for Education and Skills, UK.<br />
Freeman, J. (1998). Educating the very able: Current international research. London: The Stationery<br />
Office.<br />
Grassinger, R. (2009). Beratung hochbegabter Kinder <strong>und</strong> Jugendlicher. Münster: LIT.<br />
Harder, B. (in press). The current need for a system-theoretical backgro<strong>und</strong> in counselling the gifted.<br />
High Ability Studies.<br />
Heller, K. A., Perleth, C., & Lim, T. K. (2005). The Munich model of giftedness designed to identify and<br />
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