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Hannelore Baier - Kulturraum Banat

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nach Westdeutschland umgesiedelt werden, was soviel heiÄt, als dass die<br />

Bundesrepublik sich fÉr die im Ausland lebenden Deutschen einsetze.<br />

Dieses GerÉcht werde nun von einigen ausgenÉtzt die sich anbieten, den<br />

Antragstellern die Formulare auszufÉllen - fÉr 30 - 40 Lei. Auch gebe es<br />

in Hatzfeld einen Anwalt der versichert habe, er kÖnne das<br />

Ausreisevisum gegen 20.000 Lei verschaffen.<br />

Machen wir einen Sprung von 10 Jahren: äber den Ausreisewillen und<br />

den Rauskauf von Deutschen aus RumÅnien wurde mit Ceausescu bei der<br />

Beratung mit den Kulturschaffenden und Wissenschaftlern aus der Reihe<br />

der deutschen NationalitÅt vom 3. Juli 1968 sehr offen gesprochen. 4 Das<br />

Problem der durch den Krieg getrennten Familien sprach Paul Schuster 5<br />

an und er kritisierte, dass es den Besuchern aus Westdeutschland nicht<br />

erlaubt war, bei den FamilienangehÖrigen zu wohnen. Er teilt Ceausescu<br />

mit, dass das Einreichen der Formulare erschwert wurde und die<br />

Ausfolgerung 1965 vÖllig eingestellt worden ist. Aufschlussreich die<br />

freimÉtige Schilderung der Wirkung, welche die „AufklÅrungs“-<br />

Konferenzen haben, derer er auch gehalten hat: In Moritzfeld haben alte<br />

Leute ihn nach der Veranstaltung mit TrÅnen in den Augen gebeten, er<br />

solle fÉr sie bei der Regierung intervenieren damit sie endlich die<br />

Ausreise erhalten, in Hermannstadt wurde er verflucht.<br />

Schuster nennt auch den vom rumÅnischen Staat praktizierten<br />

Menschenhandel beim Namen („negot cu oameni, practicat de statul<br />

nostru“) und erwÅhnt, dass PersÖnlichkeiten, wie Stadtpfarrer MÖckel 6<br />

oder Andreas Birkner 7 von reichen Verwandten freigekauft worden sind. 8<br />

Er wisse nicht, welches der Tarif fÉr das Ausstellen eines Passes sei,<br />

vermute aber, dass der von den Buchhaltern des Innenministers<br />

Alexandru Draghici festgelegt wurde.<br />

Ceausescus Anwort: Es gebe einige, die in die Bundesrepublik ausreisen<br />

mÖchten. Jedoch: „Die Zukunft der deutschen BevÖlkerung aus<br />

4 Staatsarchiv Bukarest, Fond ZK der RKP, Kanzlei, Dossier 113/1968: Stenograma consfatuirii cu<br />

oamenii de stiinta si cultura din randul nationalitatii germane. Von diesem GesprÅch wurde unter<br />

RumÅniendeutschen Intellektuellen sehr oft gesprochen als der Wendepunkt in der Haltung der<br />

rumÅnischen Regierung gegenÉber den RumÅniendeutschen – die volle Rehabilitierung. In jenen<br />

Jahren war Ceausescu tatsÅchlich bereit, viele Fragen sachlich anzugehen – selbstverstÅndlich in dem<br />

sehr begrenzten Rahmen der immer nationaler und stalinistischer werdenden Ideologischen Fundament.<br />

Das Treffen mit den rumÅniendeutschen Intellektuellen findet eineinhalb Jahre nach Aufnahme der<br />

diplomatischen Beziehungen zur Bundesrepublik und einen guten Monat vor dem Einmarsch der<br />

Warschauer-Pakt-Truppen in Prag statt.<br />

5 Paul Schuster, (1930 in Hermannstadt geb. - 2006 in Berlin gest.), deutschsprachiger Schriftsteller in<br />

RumÅnien, Autor u.a. des dreibÅndigen Romans „FÉnf Liter Zuika“. 1972 Ausreise in die BRD.<br />

6 Konrad MÖckel (1892-1965), Stadtpfarrer von Kronstadt. 1958 verhaftet und im sogenannten<br />

Schwarze-Kirche-Prozess vom MilitÅrgericht zu 25 Jahren Haft verurteilt. 1963 begnadigt und<br />

Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland.<br />

7 Andreas Birkner, Pfarrer und Schriftsteller, im Schriftstellerprozess 1959 zu 25 Jahren GefÅngnis<br />

verurteilt. 1964 bei der Generalamnestie entlassen, 1966 in die BRD ausgereist.<br />

8 Ebenda, S. 25.<br />

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