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Prinz-Eugen-Ausstellung in Wien - Kulturraum Banat

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HANS DAMA<br />

Anmerkungen zur <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>-<strong>Eugen</strong>-<strong>Ausstellung</strong> im<br />

Unteren Belvedere <strong>in</strong> <strong>Wien</strong><br />

Historischer H<strong>in</strong>tergrund<br />

Drei Jahrzehnte nach der Schlacht am Kahlenberg (1683) und der Befreiung <strong>Wien</strong>s von der<br />

türkischen Belagerung wurde das <strong>Banat</strong>, dieses zwischen Donau, Theiß, Marosch und den<br />

Karpaten liegende 28.523 km² große Land, 1716 als letztes ungarisches Gebiet nach 164<br />

Jahren durch <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong> von der osmanischen Herrschaft befreit. Nach Auffassung <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong><br />

<strong>Eugen</strong>s sollte dieses beim Friedensvertrag von Passarowitz – 21. Juli 1718 (heute:<br />

Požarevac <strong>in</strong> Serbien) – Österreich zugesprochene Gebiet als wichtiges Grenzland e<strong>in</strong>es<br />

Keils zwischen den damals nicht ganz vertrauenswürdigen Magyaren und den ihnen<br />

freundlich ges<strong>in</strong>nten Türken ausgebaut werden. So wurde das neu erworbene <strong>Banat</strong> zu e<strong>in</strong>er<br />

reichsunmittelbaren Kron- und Kammerdomäne, die e<strong>in</strong>en demographischen Rückschlag<br />

anlässlich des Türkenkrieges von 1716-1718 zu verzeichnen hatte.<br />

Der <strong>Wien</strong>er Hof war jedoch <strong>in</strong> der Folgezeit bemüht, das <strong>Banat</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong> vorbildliches<br />

Gebiet der Monarchie zu verwandeln.<br />

Das Kolonisationswerk selbst wurde <strong>in</strong> der Planung und Durchführung von <strong>Wien</strong> aus<br />

vorgenommen und zählte trotz aller zeitbed<strong>in</strong>gten Mängel mit zu den großen Leistungen<br />

Österreichs <strong>in</strong> der Zeit des 18. Jahrhunderts.<br />

<strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong>, eigentlich <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong> Franz von Savoyen-Carignan-Soissons (1663-<br />

1736), der Befreier Ungarns wie des <strong>Banat</strong>s, setzte e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er fähigsten Befehlshaber, den<br />

General der Kavallerie und späteren Feldmarschall Claudius Florimund Mercy d’Argenteau<br />

als Gouverneur des <strong>Banat</strong>s (1718-1734) e<strong>in</strong>, der als <strong>Banat</strong>er Militär- und Zivilgouverneur<br />

bereits seit 1718 (<strong>in</strong>terimistisch schon Ende 1716) fungierte.<br />

Drei Habsburger Kaiser waren es, unter deren Regierung sich die dann e<strong>in</strong>setzenden<br />

Schwabenzüge <strong>in</strong>s <strong>Banat</strong> ergossen: der Erste Schwabenzug unter Kaiser Karl VI.: 1723-<br />

1726 (die frühe karol<strong>in</strong>ische und e<strong>in</strong>e späte karol<strong>in</strong>ische Kolonisation [nach 1733]); der<br />

Zweite Schwabenzug unter Maria Theresia 1763-1773 (e<strong>in</strong>e frühe theresianische<br />

Kolonisation – kurz nach 1740 –, und e<strong>in</strong>e späte theresianische Kolonisation) sowie der<br />

Dritte Schwabenzug unter Joseph II. 1782-1787.<br />

E<strong>in</strong>e der ersten Maßnahmen des Ratsgremiums war die verwaltungsmäßige<br />

Aufgliederung des Landes <strong>in</strong> zwölf Distrikte: 1. Temeschburg, 2. Lippa, 3. Faschet, 4.<br />

Karansebesch, 5. Lugosch, 6. Orschowa, 7. Neu-Planka, 8. Pantschowa, 9. Groß-<br />

Betschkerek, 10. Tschanad, 11. Werschetz, 12. Tschakowa und als 13. Bezirk der<br />

nordserbische Teil jenseits der Donau mit Belgrad.<br />

Das kaiserliche <strong>Banat</strong> umfasste nach 1716 (bis 1739) folgende Teile des ehemals<br />

osmanischen Serbiens: 1. das Verwaltungsamt Golubac (Taubenste<strong>in</strong>: 51 Dörfer mit 4<br />

untergestellten Distrikte: Golubac, Kucej<strong>in</strong>, Omolj und Poreca Reka und 9 sogenannte<br />

Hajdukendörfer, 2. das Verwaltungsamt Negot<strong>in</strong> (67 Dörfer) mit 3 untergestellten Distrikte:<br />

Kljuc, Kraj<strong>in</strong>a und Kriv<strong>in</strong>a und 4 sogenannte Hajdukendörfer. Der restliche Teil Serbiens<br />

unterstand e<strong>in</strong>em der <strong>Wien</strong>er Hofkammer und dem <strong>Wien</strong>er Hofkriegsrat unmittelbar<br />

unterstellten kaiserlichen Verwaltung. Bis 1739 (Belgrader Friedensschluss) waren die<br />

Verwaltungsämter Golubac und Negot<strong>in</strong> der <strong>Banat</strong>er Landesadm<strong>in</strong>istration direkt unterstellt.<br />

In manchen Fällen zählt das kaiserliche <strong>Banat</strong> ohne die zwei Verwaltungsämter <strong>in</strong><br />

Nordserbien nicht 12, sondern 11 Distrikte, weil zeitweilig der Fatscheter Distrikt dem<br />

Lugoscher e<strong>in</strong>verleibt wurde.<br />

▪ ▪ ▪<br />

1


Dem legendären Staatsmann und Feldherrn <strong>in</strong> habsburgischen Diensten, der<br />

sich auch als Philosoph und Kunstfreund große Verdienste erworben hat, ist im<br />

<strong>Wien</strong>er Unteren Belvedere unter dem Titel „<strong>Pr<strong>in</strong>z</strong><br />

<strong>Eugen</strong> – Feldherr, Philosoph und Kunstfreund“<br />

e<strong>in</strong>e umfangreiche <strong>Ausstellung</strong> gewidmet.<br />

<strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong> ist geme<strong>in</strong>sam mit se<strong>in</strong>em<br />

Cous<strong>in</strong> Ludwig von Baden, dem Türkenlouis, <strong>in</strong><br />

Paris aufgewachsen, sprach französisch und<br />

italienisch, doch die kle<strong>in</strong>e zierliche Gestalt des<br />

<strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en schien <strong>in</strong> Frankreich e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>dernis für<br />

e<strong>in</strong>e Militärlaufbahn zu se<strong>in</strong>, und man dachte,<br />

dass er eher e<strong>in</strong> Abbé werden sollte. Der<br />

französische Hof hatte, nachdem der König dem<br />

„kle<strong>in</strong>en Abbé“ die Aufnahme <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Armee<br />

verweigert hatte, dessen Tugenden wohl gewaltig<br />

unterschätzt, und selbst der Sonnenkönig Ludwig<br />

XIV. bedauerte später diesen Schritt. Er, der e<strong>in</strong>e<br />

Karriere des <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en <strong>in</strong> Frankreich nicht<br />

ermöglicht hatte, fand später anerkennende<br />

Worte für den Verschmähten: „Dieser <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> ist e<strong>in</strong><br />

unnachahmliches Muster für alle Regenten und<br />

Staatsmänner; ich kann se<strong>in</strong>e eiserne Treue und<br />

<strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong><br />

Anhänglichkeit an se<strong>in</strong>en Souverän, se<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es<br />

Feldherr, Philosoph und Kunstfreund<br />

Gefühl von Vaterlandsliebe und den hohen<br />

Begriff von strenger Erfüllung se<strong>in</strong>er verschiedenen Pflichten nicht genügend<br />

bewundern; aber ich kann auch den Verlust, den Frankreich selbst an ihm erlitten<br />

hat, nicht genug bedauern.“ (Überliefert von Madame de Ma<strong>in</strong>tenon an den Herzog<br />

von Richelieu Sartori 1808.)<br />

Das <strong>Wien</strong>er Belvedere mit zwei Schlössern und e<strong>in</strong>er prachtvollen barocken<br />

Gartenanlage wurde Anfang des 18. Jahrhunderts von Johann Lucas von Hildebrand<br />

als Sommerresidenz für <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong> errichtet – das richtige Ambiente für die<br />

Präsentation des bewegten Lebens<br />

dieser bedeutenden Persönlichkeit,<br />

die sich auch als Mäzen<br />

der Kunst und Wissenschaft präsentiert.<br />

E<strong>in</strong> Rundgang durch das<br />

ehemalige Wohnschloss, die<br />

Orangerie, die Gärten zeigt den<br />

Mythos wie den Menschen <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong><br />

<strong>Eugen</strong> und lässt gleichzeitig die<br />

barocke Farben- als auch Formenlust<br />

se<strong>in</strong>er Zeit wieder aufleben.<br />

Die Facette se<strong>in</strong>es Lebens<br />

Unteres Belvedere<br />

und Wirkens lassen sich auch auf<br />

Schloss Hof im östlichen<br />

Niederösterreich während e<strong>in</strong>er Tour durch den prachtvollen Barockgarten rund um<br />

das Schloss entdecken.<br />

Der französische Philosoph Voltaire über <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong>: „Er hat die Größe<br />

Ludwigs XIV. und die Macht der Osmanen erschüttert; er hat das Reich regiert, und<br />

2


im Verlauf se<strong>in</strong>er Siege wie se<strong>in</strong>er Staatsverwaltung achtete er Gepräge wie<br />

Reichtümer gleichermaßen ger<strong>in</strong>g“.*<br />

Liselotte von der Pfalz schrieb 1705 an die Raugräf<strong>in</strong> Louise von Baden: „<strong>Pr<strong>in</strong>z</strong><br />

<strong>Eugen</strong> hat ziemlich Incl<strong>in</strong>ation vor den geistlichen Stand, hätte ihm unser König e<strong>in</strong>e<br />

Abtei gegeben oder nur e<strong>in</strong>e Pension von 2000 Taler, so wäre er geistlich geworden<br />

und hier geblieben“. Und weitere ihrer Aussagen prägten nachhaltig das Bild des<br />

<strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en für se<strong>in</strong>e Nachwelt: „Er <strong>in</strong>commodiert sich nicht mit Damen, e<strong>in</strong> paar schöne<br />

Pagen wären besser se<strong>in</strong> Sach […]“ In Frankreich darob verspottet, kehrte <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong><br />

<strong>Eugen</strong> se<strong>in</strong>em Vaterland den Rücken und erlebte im damaligen Kont<strong>in</strong>entalrivalen<br />

Frankreichs – <strong>in</strong> Österreich – e<strong>in</strong>en kometenhaften Aufstieg zum Feldherrn und zu<br />

e<strong>in</strong>em der e<strong>in</strong>flussreichsten Staatsmännern se<strong>in</strong>er Zeit, der das Geschick des<br />

Landes und auch dessen Kunst- und Kulturgeschichte nachhaltig geprägt hat. Als<br />

Diplomat und Ratgeber dreier Kaiser: Leopold I., Josef I. und Karl VI. (dem Vater<br />

Maria Theresias) reiste er quer durch Europa von e<strong>in</strong>em Kriegsschauplatz zum<br />

anderen und spielte e<strong>in</strong>e maßgebliche Rolle für die Zukunft des Hauses Habsburg.<br />

Der <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>, der se<strong>in</strong> Leben lang e<strong>in</strong> schlechtes Deutsch sprach – was Wunder,<br />

wenn Französisch doch die Sprache bei Hof und <strong>in</strong> den Kreisen des Hohen Adels<br />

war – widmete sich mit Sorgfalt und Geschmack der Ausstattung se<strong>in</strong>er <strong>Wien</strong>er<br />

Residenzen – das W<strong>in</strong>terpalais <strong>in</strong> der Himmelpfortgasse beherbergt heute das<br />

F<strong>in</strong>anzm<strong>in</strong>isterium – und se<strong>in</strong>es Jagdschlosses Schloss Hof sowie dem Aufbau e<strong>in</strong>er<br />

umfangreichen Sammlung von Gemälden und Kupferstichen, Inkunabeln, illum<strong>in</strong>ierten<br />

Handschriften und Büchern.<br />

Von wechselnden Kriegsschauplätzen<br />

aus korrespondierte er mit<br />

Künstlern und Kunsthandwerkern,<br />

Gartenarchitekten, Baumeistern und<br />

den führenden Persönlichkeiten se<strong>in</strong>er<br />

Zeit. Se<strong>in</strong>e Erwerbungen schrieben<br />

europäische Kunstgeschichte<br />

und förderten den Kunsttransfer vom<br />

Hof des französischen Königs Ludwig<br />

XIV. nach <strong>Wien</strong>. Das naturwissenschaftliche<br />

Interesse des <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en bezeugt<br />

se<strong>in</strong>e große Sammlung exotischer<br />

Tiere und Pflanzen.<br />

Unteres Belvedere Marmorgalerie<br />

In der <strong>Ausstellung</strong> werden<br />

Exponate se<strong>in</strong>er Kunstsammlungen, vornehmlich Gemälde der Tur<strong>in</strong>er Galeria<br />

Sabauda und Zimelien der Bibliotheca <strong>Eugen</strong>iana aus der Österreichischen<br />

Nationalbibliothek, <strong>in</strong> Anlehnung an die orig<strong>in</strong>alen Raumdekorationen präsentiert. Die<br />

Themenräume der <strong>Ausstellung</strong> s<strong>in</strong>d chronologisch geordnet und präsentieren die<br />

kulturellen Erwerbungen des <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en im Zusammenhang mit se<strong>in</strong>en Kriegs- und<br />

Siegeslagern:<br />

1. Der „kle<strong>in</strong>e Abbé“ (Herkunft und Familie)<br />

2. Bauherr im Felde (Kriegs- und Siegeslager – Fürsorge für se<strong>in</strong>e Soldaten;<br />

Pfälzischer Erbfolgekrieg 1688-1696; Spanischer Erbfolgekrieg 1701-1714;<br />

Ungarische Rebellion; Italienfeldzug; <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong> und der Herzog von<br />

Marlborough; Schlacht von Höchstädt 1704; Friede von Rastatt 1714;<br />

Schlacht von Peterwarde<strong>in</strong> 1716; <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong>, der „edle Ritter“)<br />

3. Sammler und Mäzen (Gemäldesammlung; Schlachtenbilder; Stadtpalais;<br />

Gartenpalais Belvedere; der Belvederegarten)<br />

3


4. Bücherfreund (Freundeskreis; Bibliotheca <strong>Eugen</strong>iana)<br />

5. Naturfreund (Schloss Hof; <strong>Eugen</strong>s letztes Kommando – der Polnische<br />

Erbfolgekrieg)<br />

6. Tod (Tod, Erbschaft und Verklärung; Erbschaft und Verkauf; Kunsttransport<br />

von <strong>Wien</strong> nach Tur<strong>in</strong> 1741; Verklärung)<br />

Von der <strong>Wien</strong>er Albert<strong>in</strong>a s<strong>in</strong>d zahlreiche Kupferstiche aus der Sammlung des<br />

<strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en <strong>Eugen</strong> ausgestellt, die sowohl auf die österreichische wie auf die<br />

europäische Geschichte Bezug<br />

nehmen, wobei jedoch die Darstellungen<br />

aus dem Besitz des<br />

<strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en – Schlösser, Gärten, Menagerie<br />

u. a. m. überwiegen, dem<br />

Betrachter e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>drucksvolles Bild<br />

über die Lebens- und Wirkungsweise<br />

des <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en und der<br />

damaligen Welt des Hochadels<br />

vermitteln.<br />

Aus der Bibliotheca <strong>Eugen</strong>iana<br />

stammend, s<strong>in</strong>d Porträts bedeutender<br />

Persönlichkeiten se<strong>in</strong>er Zeit<br />

ausgestellt: Philosophen, wie z. B.<br />

Oberes Belvedere Südfassade 1731<br />

Gottfried Wilhelm Leibnitz, Jean<br />

Jacques Rousseau; Eleonore Gräf<strong>in</strong> Stratmann, die Gemahl<strong>in</strong> des kaiserlichen<br />

Reichshofrats He<strong>in</strong>rich Graf Stratmann (1662-1707), die zum engeren bzw. <strong>in</strong>timen<br />

Kreis des <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en gehörte sowie Eleonore Magdalena Ursula Gräf<strong>in</strong> von Batthyány<br />

(1672-1741), die „schöne Lori“ genannt, die die politischen Entscheidungen des<br />

<strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en während se<strong>in</strong>er letzten Lebensjahre wesentlich bee<strong>in</strong>flusst hatte. Adam<br />

Müller-Guttenbrunn hat beide Frauengestalten <strong>in</strong> die Nebenhandlung – um den Kreis<br />

von <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong> – se<strong>in</strong>es Romans „Der große Schwabenzug“ e<strong>in</strong>gebaut.<br />

Unter den Exponaten (Nr. 52) bef<strong>in</strong>det sich nebst anderen wertvollen<br />

<strong>Ausstellung</strong>sstücken auch der 1696 <strong>in</strong> Augsburg gefertigte Silberschre<strong>in</strong>, <strong>in</strong> dem bis<br />

2007 der Schädel des auf Geheiß des Sultans nach der verlorenen Schlacht um<br />

<strong>Wien</strong> (1683) am 25.12.1683 bei Belgrad mit der Seidenschnur gerichteten<br />

Großvesirs Kara Mustafa, aufbewahrt wurde. 1688 wurde der Schädel nach <strong>Wien</strong><br />

gebracht und bis 1976 im Museum der Stadt <strong>Wien</strong> ausgestellt, anschließend im<br />

Depot aufbewahrt und schließlich 2007 im <strong>Wien</strong>er Zentralfriedhof anonym beigesetzt.<br />

Desgleichen werden Schlachtpläne (Peterwarde<strong>in</strong>, Zenta u. a.) sowie e<strong>in</strong>e<br />

Darstellung der Friedensverhandlungen von Karlowitz samt Verhandlungszelt,<br />

Sitzordnung usw. gezeigt.<br />

Die <strong>Ausstellung</strong> widmet sich neben der chronologischen Aufarbeitung der<br />

wichtigsten historischen Ereignisse – vor allem der Person des <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en –, se<strong>in</strong>en<br />

philosophischen Qualitäten und se<strong>in</strong>er Sammelleidenschaft, versucht Bezüge<br />

herzustellen, um auf diese Weise e<strong>in</strong> erweitertes Bild von e<strong>in</strong>em der bedeutendsten<br />

Europäer zu vermitteln. Selbstbewusst unterstrich er mit se<strong>in</strong>er <strong>in</strong> drei Sprachen<br />

verfassten Signatur „<strong>Eugen</strong>io von Savoy“ se<strong>in</strong>e Multikulturalität.<br />

4


E<strong>in</strong> weiterer Aspekt der <strong>Ausstellung</strong> ist se<strong>in</strong> Wirken als umtriebiger und genialer<br />

Bauherr, der es verstand, den Architekten se<strong>in</strong>e bed<strong>in</strong>gungslosen Anliegen und<br />

se<strong>in</strong>e Entschlossenheit <strong>in</strong> kürzester Zeit so zu vermitteln, dass diese imstande<br />

waren, Großartiges zu leisten.<br />

So ließ der gerade zum<br />

Feldmarschall ernannte <strong>Eugen</strong><br />

von Savoyen zwischen 1695<br />

und 1697 se<strong>in</strong> Stadtpalais <strong>in</strong><br />

der Himmelpfortgasse errichten.<br />

Das als gelungene Synthese<br />

von italienischen Hochbarock<br />

und französischer Klassik<br />

angesehene Umbauwerk<br />

entstammt im Wesentlichen<br />

der planenden Hand des<br />

Johann Bernhard Fischer von<br />

Erlach.<br />

Als Bauherr konnte <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong><br />

Oberes Belvedere gartenseitig<br />

<strong>Eugen</strong> wegen se<strong>in</strong>er Italienfeldzüge<br />

allerd<strong>in</strong>gs nur <strong>in</strong><br />

wenigen W<strong>in</strong>termonaten am Baugeschehen teilhaben und E<strong>in</strong>fluss darauf nehmen.<br />

Als <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong> von Savoyen nach der Schlacht von Zenta, dem glänzendsten<br />

Sieg, den kaiserliche Heere jemals gegen die Osmanen errungen hatten, 1697 nach<br />

<strong>Wien</strong> zurückkehrte, befand sich die kaiserliche Hauptstadt <strong>Wien</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Phase des<br />

großen Aufschwungs: Kaiserhof, Adel und Kirche wetteiferten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schier<br />

unbezw<strong>in</strong>glichen Baulust. Es entstanden Kirchen, Klöster, private Paläste und<br />

zahlreiche Gartenanlagen. Der Anteil des <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en am künstlerischen Gesamtbestand<br />

des österreichischen Barock, entsprossen aus der Sehnsucht nach fürstlicher<br />

Machtentfaltung und aus dem nach geziemenden Ausdruck r<strong>in</strong>genden Willen zur<br />

Repräsentation, ist aus der Kunst des mittleren Europa nicht wegzudenken.<br />

Für die Vollendung der Innenausstattung se<strong>in</strong>es Stadtpalais beauftragte <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong><br />

<strong>Eugen</strong> 1699 den bereits seit 1695/96 für ihn auf dem Felde tätigen Zivil- und<br />

Militärarchitekten Johann Lukas von<br />

Hildebrandt. In ihm fand er den Planer,<br />

der se<strong>in</strong>e durch die zahlreichen<br />

Feldzüge geschärften räumlichen Vorstellungen<br />

am ehesten umzusetzen<br />

wusste. Die kultivierte Landschaft spielte<br />

dabei e<strong>in</strong>e ganz besondere Rolle.<br />

Noch während des Spanischen<br />

Erbfolgekrieges ließ <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong> analog<br />

zum Selbstverständnis der wichtigsten<br />

Adelsfamilien nach Stadtpalais, Vorstadtgarten<br />

und Landsitz ab 1712 auf<br />

Unteres Belvedere Groteskensaal<br />

e<strong>in</strong>em bereits 1697 erworbenen Grundstück<br />

e<strong>in</strong>e prächtige Sommerresidenz am Rennweg vor den Toren <strong>Wien</strong>s errichten.<br />

Mit se<strong>in</strong>er Fertigstellung 1717 wurde der Garten nach Plänen des französischen<br />

Gartenarchitekten und Brunnen<strong>in</strong>genieurs Dom<strong>in</strong>ique Girard neu terrassiert, 1717<br />

südlich davon mit der Errichtung e<strong>in</strong>es weiteren Schlosses begonnen. Die<br />

Fertigstellung der heute als Oberes Belvedere bekannten, 124 m breiten und auf<br />

e<strong>in</strong>er über Treppen und Kaskaden erschlossenen Landschaftsstufe über e<strong>in</strong>e<br />

5


thronende Palastanlage erfolgte 1723. Die ohne jegliche Hoheitssymbole<br />

auskommende Fassade entspricht dem Grundsatz des <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en: Er war Staatsmann,<br />

jedoch bereit, auf die Macht zu verzichten!<br />

Die durch Gärten verbundenen und gleichsam getrennten Schlösser verstehen<br />

sich als e<strong>in</strong>e der gelungensten<br />

Symbiosen von Gartenlandschaft<br />

und Architektur und<br />

stellen e<strong>in</strong> herausragendes barockes<br />

Gesamtkunstwerk dar.<br />

Um die beiden Schlösser<br />

bekannt zu machen, beauftragte<br />

<strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong> den<br />

bedeutendsten Architekturzeichner<br />

und Kupferstecher<br />

jener Zeit, Salomon Kle<strong>in</strong>er, mit<br />

der vollständigen Dokumentation<br />

der äußeren und <strong>in</strong>neren<br />

Ansicht der Gesamtanlage von Schloss Belvedere Ersche<strong>in</strong>ung der Schlösser<br />

sowie der Gartenanlage.<br />

Die zwischen 1731 und 1740 veröffentlichten 114 Tafeln veranschaulichen das<br />

Leistungsspektrum von Architekt und Bauherr. Besonders aufschlussreich s<strong>in</strong>d die<br />

Innenansichten der e<strong>in</strong>zelnen Räume. Sie liefern wichtige H<strong>in</strong>weise auf die<br />

ursprüngliche, für uns leider verlorene Ausstattung. Dabei bediente er sich,<br />

vollkommen konträr zu se<strong>in</strong>en Gepflogenheiten bei der Kriegsführung – des Rats der<br />

mit ihm befreundeten Diplomaten – und nutzte <strong>in</strong> <strong>Wien</strong> die Fähigkeiten des<br />

französischen Tapezierers Claude Le Fort du Plessy, der auch für das Kaiserhaus<br />

tätig war.<br />

Für se<strong>in</strong>e Paraderäume bestellte er zu unvorstellbaren Summen Tapisserien,<br />

Stoffe, Lüster, Spiegel, Supraporten und aufwendig bestickte, bemalte Seiden für<br />

Wände und Paradebetten und war ungehalten darauf zu erfahren, was die <strong>in</strong><br />

Ostende e<strong>in</strong>gelaufenen Schiffe aus aller Welt mit sich brachten. Se<strong>in</strong>e äußerst<br />

wichtige Funktion als Generalgouverneur der Österreichischen Niederlande und<br />

Miteigentümer sowie Präsident der Ostender Ost<strong>in</strong>dien-Kompanie kamen ihm dabei<br />

sehr entgegen.<br />

Salomon Kle<strong>in</strong>ers monochrome Kupferstiche lassen die Pracht der<br />

unterschiedlich ornamentierten Wandbespannungen<br />

erahnen. Von den<br />

durch Farben deutlich gegene<strong>in</strong>ander<br />

abgesetzten Räumen haben sich nur<br />

vage Überlieferungen erhalten. Die<br />

Möbel, Spiegel und kristallenen Lüster<br />

bestellte der <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> bei Kunsthandwerkern<br />

<strong>in</strong> Brüssel, mit denen er auch<br />

vom Kriegsschauplatz aus korrespondierte,<br />

importierte aber natürlich auch<br />

Exotisches wie Seide und Porzellan<br />

aus Indien, Ch<strong>in</strong>a und Japan. „Es ist<br />

Unteres Belvedere Goldenes Zimmer<br />

an diesen Pallast überhaupt weder<br />

Mühe noch Geld gespahret worden, um solchen zu e<strong>in</strong>en der vollkommensten<br />

Häuser zu machen“ resümierte der Chronist. Überdies legte <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong> <strong>Eugen</strong> auch an<br />

6


se<strong>in</strong>en Kriegsschauplätzen besonderen Wert auf e<strong>in</strong>e hohe und qualitätsvolle<br />

Ausstattung se<strong>in</strong>er Quartiere und e<strong>in</strong> kultiviertes Milieu. Graf Biron, e<strong>in</strong> Gefangener<br />

der Schlacht von Oudenaarde, beschrieb se<strong>in</strong> Lager geradezu als „von königlicher<br />

Pracht“.<br />

Nach dem Tod <strong>Eugen</strong>s veräußerte die Nichte und Alle<strong>in</strong>erb<strong>in</strong> des <strong>Pr<strong>in</strong>z</strong>en, Anna<br />

Viktoria von Savoyen, die meisten Gemälde an ihren Onkel König Emanuel III. von<br />

Sard<strong>in</strong>ien nach Tur<strong>in</strong>.<br />

Die Bibliotheca <strong>Eugen</strong>iana wurde 1737 durch den Ankauf von Kaiser Karl VI.<br />

von der eben errichteten <strong>Wien</strong>er Hofbibliothek übernommen.<br />

1752 wurden das Stadtpalais und die beiden zwischen Rennweg und dem<br />

heutigen Gürtel gegenüber dem nunmehr abgetragenen Südbahnhof, der dem neuen<br />

<strong>Wien</strong>er Zentralbahnhof weichen musste, liegenden Schlösser von Maria Theresia<br />

erworben. So wurde das Belvedere zum kaiserlichen Lustschloss und diente unter<br />

anderem 1770 als Austragungsort für e<strong>in</strong> schillerndes Maskenfest anlässlich der<br />

Verlobung der Erzherzog<strong>in</strong> Marie Anto<strong>in</strong>ette mit dem Dauph<strong>in</strong> Louis-Auguste. 1776<br />

beschlossen Maria Theresia und ihr Sohn, Kaiser Joseph II., die Übersiedlung der<br />

kaiserlichen Gemäldegalerie von der Stallburg <strong>in</strong> die Räume des Oberen Schlosses<br />

Belvedere. 1891 erfolgte die Überführung der kaiserlichen Gemäldesammlung <strong>in</strong> das<br />

für diesen Zweck am R<strong>in</strong>g errichtete k. u. k. kunsthistorische Hofmuseum und ab<br />

1896 wurde das Belvedere für den Thronfolger Erzherzog Franz Ferd<strong>in</strong>and d’Este als<br />

Residenz e<strong>in</strong>gerichtet.<br />

1903 war im Unteren Belvedere die Moderne Galerie eröffnet worden. Im Zuge<br />

der von Hans Tietze verfassten Museumsreform wurde das Obere Schloss 1920/21<br />

zum <strong>Ausstellung</strong>sort der Sammlungen<br />

des 19. Jahrhunderts.<br />

Das Obere Schloss Belvedere<br />

sollte am 15. Mai 1955<br />

<strong>in</strong>ternationale politische Bedeutung<br />

erlangen: Hier wurde der<br />

<strong>Wien</strong>er Staatsvertrag, demgemäß<br />

nach 10-jähriger Besatzung<br />

der Abzug der amerikanischen,<br />

englischen, französischen<br />

Oberes Belvedere<br />

und sowjetischen Besatzungstruppen erfolgte, von den Außenm<strong>in</strong>istern dieser<br />

Staaten unterzeichnet.<br />

* Die Zitate s<strong>in</strong>d dem <strong>Ausstellung</strong>skatalog entnommen.<br />

UNTERES Belvedere und Orangerie<br />

Rennweg 6, A - 1030 <strong>Wien</strong><br />

Täglich 10-18 Uhr, Mittwoch 10-21 Uhr<br />

Tel.: 0043-1-795 57-109<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@belvedere.at<br />

www.belvedere.at<br />

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