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Wer profitiert von der Reform der Rentenbesteuerung?

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<strong>Wer</strong> <strong>profitiert</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> <strong>der</strong> <strong>Rentenbesteuerung</strong>?<br />

<strong>von</strong><br />

Hans Fehr<br />

Universität Würzburg †<br />

und<br />

Heinrich Jess ‡<br />

BfA Berlin<br />

Februar 2004<br />

Zusammenfassung<br />

Dieser Beitrag vergleicht die Aufkommens-, Verteilungs- und Effizienzwirkungen<br />

alternativer Übergangspfade zur nachgelagerten Besteuerung <strong>von</strong> Altereinkünften.<br />

Ausgangspunkt <strong>der</strong> Analyse ist die gegenwärtig <strong>von</strong> <strong>der</strong> Bundesregierung geplante<br />

<strong>Reform</strong>. Diese führt zwar zu geringen Aufkommensverlusten, während des Übergangs<br />

kann jedoch eine Zweifachbesteuerung <strong>von</strong> Beiträgen und späteren Renten nicht ausgeschlossen<br />

werden. Alternativ dazu propagiert <strong>der</strong> Verband Deutscher Rentenversicherungsträger<br />

eine Umstellung, die zwar eine Zweifachbesteuerung ausschließt, aber<br />

gleichzeitig zu beträchtlichen Steuerausfällen führt. Der Beitrag vergleicht die Konsequenzen<br />

bei<strong>der</strong> Varianten für Arbeitnehmer, Beamte und Selbständige im Rahmen<br />

eines numerischen Gleichgewichtsmodells mit überlappenden Generationen.<br />

JEL classification: D58, H22, J11<br />

† Lehrstuhl für Finanzwissenschaft, San<strong>der</strong>ring 2, D-97070 Würzburg<br />

Fax: ++49-931-888-7129, E-Mail: hans.fehr@mail.uni-wuerzburg.de<br />

‡ Dezernat 9001, Spichernstr. 6-9, D-10704 Berlin, Fax: ++49-30-86 52 73 00<br />

E-Mail: heinrich.jess@bfa-berlin.de


1. Einleitung<br />

Die Bundesregierung hat im Oktober 2003 einen Gesetzentwurf zur Neuordnung <strong>der</strong><br />

einkommensteuerrechtlichen Behandlung <strong>von</strong> Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen<br />

(Alterseinkünftegesetz- AltEinkG) vorgelegt. Mit diesem Gesetz soll die<br />

vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 6. März 2002 gefor<strong>der</strong>te steuerliche<br />

Gleichbehandlung <strong>von</strong> Beamtenpensionen und Renten aus <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Rentenversicherung umgesetzt werden. In ihrem Gesetzentwurf folgt die Bundesregierung<br />

weitgehend <strong>der</strong> <strong>von</strong> ihr eingesetzten Sachverständigenkommission (Rürup-<br />

Kommission), die sich für einen Übergang zur nachgelagerten Besteuerung <strong>von</strong> Alterseinkünften<br />

ausgesprochen hat. In ihrem Abschlussbericht vom 11. März 2003<br />

entwickelt sie in diesem Sinne einen detaillierten Vorschlag für die konkrete Ausgestaltung<br />

<strong>der</strong> Übergangsphase bis zur vollständigen Implementierung dieses Systems,<br />

vgl. Bundesministerium <strong>der</strong> Finanzen (2003).<br />

Sowohl <strong>der</strong> Kommissionsbericht, als auch <strong>der</strong> vorliegende Gesetzentwurf <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

werden gegenwärtig in <strong>der</strong> Wissenschaft und in <strong>der</strong> Politik kontrovers<br />

diskutiert, vgl. Brall u.a. (2003a, b). Zwar besteht weitgehend Einigkeit über das<br />

langfristige Ziel <strong>der</strong> nachgelagerten Besteuerung <strong>der</strong> Altersvorsorge. Umstritten ist<br />

jedoch, welche Sparformen konkret <strong>der</strong> Altersvorsorge zuzuordnen sind und über welchen<br />

Zeitraum die Umstellung erfolgen sollte. Die steuerliche Diskriminierung <strong>der</strong><br />

traditionellen Ersparnis gegenüber dem Altersvorsorgesparen erzeugt Verzerrungen<br />

bei <strong>der</strong> Ersparnisbildung (Wrede, 2004), die Ausgestaltung <strong>der</strong> Übergangsregelungen<br />

determiniert die Aufkommens- und Verteilungswirkungen <strong>der</strong> <strong>Reform</strong>.<br />

Dieser Beitrag beschäftigt sich vor allem mit dem zweiten Problemkreis. Die Bundesregierung<br />

plant einen stufenweisen Übergang, bei dem bis 2025 die Beiträge<br />

vollständig <strong>von</strong> <strong>der</strong> Steuer befreit werden und bis 2040 die Renten vollständig <strong>der</strong><br />

Besteuerung unterworfen werden. Dieser Übergang begrenzt zwar die Steuerausfälle,<br />

allerdings kann es sein, dass bei verschiedenen Kohorten Teile des Einkommens sowohl<br />

in <strong>der</strong> Beitragsphase als auch in <strong>der</strong> späteren Leistungsphase besteuert werden.<br />

Das Ausmaß dieser Zweifachbesteuerung variiert je nach Berechnungsmodus<br />

ganz beträchtlich. Es kann deshalb durchaus sein, dass <strong>der</strong> Gesetzentwurf gegen die<br />

Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts verstößt, welche eine Zweifachbesteuerung<br />

ausdrücklich untersagen. Als Alternative schlägt deshalb <strong>der</strong> Verband Deutscher<br />

Rentenversicherungsträger (VDR) eine individuelle Bestimmung des steuerpflichtigen<br />

Rentenanteils bei Rentenbeginn vor, vgl. Ruhland (2002). Der steuerpflichtige<br />

1


Rentenanteil ergibt sich danach aus <strong>der</strong> Summe des relativen steuerbefreiten Anteils<br />

<strong>der</strong> Beiträge und dem Ertragsanteil, welcher mit dem versteuerten Anteil <strong>der</strong><br />

Beiträge gewichtet wird. Dieses Verfahren vermeidet zwar eine Doppelbesteuerung<br />

<strong>von</strong> Beiträgen und Leistungen, aber es führt auch zu höheren Aufkommensverlusten<br />

für den Fiskus. Je nach unterstellter Gegenfinanzierung ergeben sich auch ganz<br />

unterschiedliche intra- und intergenerativen Verteilungswirkungen.<br />

Ziel dieses Beitrags ist es, die mit den unterschiedlichen <strong>Reform</strong>alternativen einhergehenden<br />

Belastungswirkungen für gegenwärtige und künftige Rentner und Pensionäre<br />

zu quantifizieren. Dazu verwenden wir ein Simulationsmodell, welches auf<br />

Fehr und Jess (2001a, b) basiert, aber die bisherige Modellversion in verschiedene<br />

Richtungen erweitert. So unterscheiden wir nun innerhalb je<strong>der</strong> Generation nicht nur<br />

verschiedene Einkommensklassen, son<strong>der</strong>n auch innerhalb je<strong>der</strong> Einkommensklasse<br />

zwischen Arbeitnehmern, Beamten und Selbständigen. Die drei Beschäftigungstypen<br />

sind ganz unterschiedlich gegen Alter und Krankheit versichert. Neben dem gesetzlichen<br />

Renten- und Pensionssystem (GRV) existiert ein kapitalgedecktes privates Leibrentensystem<br />

für Selbständige. Das Krankenversicherungssystem unterscheidet zwischen<br />

<strong>der</strong> gesetzlichen Versicherung (GKV) mit einkommensabhängigen Beiträgen<br />

und dem privaten System (PKV) mit (Kopf-)Pauschalen. Schließlich rechnet unser<br />

Modell nicht mehr mit fiktiven, son<strong>der</strong>n mit tatsächlichen Preisen. Dies erlaubt eine<br />

genaue Abbildung <strong>der</strong> aktuellen und geplanten Regelungen für die Berechnung <strong>der</strong><br />

steuerlich relevanten Vorsorgeaufwendungen und <strong>Rentenbesteuerung</strong>santeile.<br />

Der folgende Abschnitt beschreibt zunächst die gegenwärtige <strong>Rentenbesteuerung</strong> in<br />

Deutschland sowie die <strong>von</strong> uns untersuchten <strong>Reform</strong>varianten. Daran anschließend<br />

wird das Simulationsmodell und dessen Kalibrierung erläutert. Der fünfte Abschnitt<br />

präsentiert schließlich die Simulationsergebnisse.<br />

Beide <strong>Reform</strong>alternativen werden in <strong>der</strong> geschlossenen und offenen Volkswirtschaft,<br />

sowie mit unterschiedlichen Budgetausgleichsmechanismen simuliert. Es zeigt sich,<br />

dass die Umverteilungswirkung vor allem zu Lasten <strong>der</strong> Beamten und Selbständigen<br />

geht. Die Effizienzwirkungen hängen entscheidend <strong>von</strong> <strong>der</strong> Gegenfinanzierung <strong>der</strong><br />

Steuerausfälle ab. Eine höhere Konsumsteuer generiert Effizienzgewinne, eine Verbreiterung<br />

<strong>der</strong> Bemessungsgrundlage führt dagegen beim Gesetzentwurf zu Effizienzverlusten.<br />

2. Alternative Übergänge beim Umbau <strong>der</strong> aktuellen <strong>Rentenbesteuerung</strong><br />

Die Diskussion um die Besteuerung <strong>der</strong> Alterseinkünfte wird nicht zuletzt deshalb<br />

2


so heftig geführt, weil damit die grundlegenden Prinzipien <strong>der</strong> Einkommensbesteuerung<br />

in Frage gestellt werden 1 . Das deutsche Einkommensteuersystem folgt im Wesentlichem<br />

dem Prinzip <strong>der</strong> umfassenden Einkommensbesteuerung, nach dem alle<br />

Einkünfte einer Periode gleichermaßen besteuert werden sollten. Die Verwendung<br />

des Einkommens für Konsum o<strong>der</strong> Ersparnisse spielt keine Rolle, die Beiträge zur Altersvorsorge<br />

sind daher zu besteuern ebenso wie die Kapitalerträge bei den späteren<br />

Alterseinkünften. Dies entspricht dem sog. vorgelagerten Verfahren bei dem lediglich<br />

die Kapitalrückflüsse nicht besteuert werden. Im Gegensatz dazu orientiert sich<br />

die Bemessungsgrundlage einer konsumbasierten Einkommensteuer nicht an <strong>der</strong> Einkommensentstehung,<br />

son<strong>der</strong>n dessen Verwendung. Einkommen soll erst dann besteuert<br />

werden, wenn es konsumiert wird. In Hinblick auf die Besteuerung <strong>der</strong> Altersvorsorge<br />

und Alterseinkünfte bedeutet dies, dass die Rentenbeiträge <strong>von</strong> <strong>der</strong> Steuer<br />

befreit, die Erträge und Rückflüsse des Kapitals jedoch voll versteuert werden. Dies<br />

entspricht dem sog. nachgelagerten Verfahren, vgl. Wiegard (2000). In <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

wird gegenwärtig we<strong>der</strong> das eine, noch das an<strong>der</strong>e Verfahren in <strong>der</strong> Reinform<br />

praktiziert. Die Beiträge sind im Rahmen <strong>von</strong> Höchstgrenzen teilweise steuerfrei, die<br />

späteren Leistungen sind dagegen in Höhe des sog. Ertragsanteils“ steuerpflichtig.<br />

”<br />

Im Folgenden verdeutlichen wir zunächst die geltende Praxis im Rahmen unseres<br />

Modells und dann die <strong>Reform</strong>vorschläge.<br />

Aktuelle Regelungen <strong>der</strong> <strong>Rentenbesteuerung</strong><br />

Um die zentralen Aspekte <strong>der</strong> <strong>Rentenbesteuerung</strong> zu modellieren, unterscheiden wir<br />

zwischen Arbeitnehmern, Beamten und Selbständigen. Während ihrer Erwerbsphase<br />

führen Arbeitnehmer einkommensabhängige Beiträge an die gesetzliche Rentenund<br />

Krankenversicherung ab, im Ruhestand müssen sie die hälftigen GKV-Beiträge<br />

auf ihre Rente p A zahlen. Beamte werden nicht mit Beiträgen zur Altersvorsorge belastet,<br />

sie zahlen lediglich die PKV-Pauschale z B für nicht durch Beihilfe abgedeckte<br />

Leistungen. Selbständigen sparen 5 v.H. ihres Erwerbseinkommens y S in einer kapitalgedeckten<br />

Leibrentenversicherung an, ihre Krankenversicherung wird durch die<br />

PKV-Pauschale z S abgedeckt. Für die drei Beschäftigungstypen k ∈ B = {A, B, S}<br />

ergeben sich damit die folgenden Sozialbeiträge b k t :<br />

b A = (τ P + τ KV ) × y A + 0.5 × τ KV p A , b B = z B , b S = z S + 0.05 × y S , (1)<br />

1 Eine ausführliche Diskussion unterschiedlichen Besteuerungsformen liefern Börsch-Supan und<br />

Lührmann (2000) sowie Brügelmann und Fuest (2003).<br />

3


wobei τ P bzw. τ KV die Beitragssätze <strong>der</strong> gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung<br />

bezeichnen.<br />

Nach §10 Abs. 3 EStG ermittelt man die steuerlich relevanten Vorsorgeaufwendungen<br />

(SV k ) aus <strong>der</strong> Summe <strong>von</strong> Vorwegabzug (V Z k ), Grundhöchstbetrag (GHB k )<br />

und hälftiger Höchstbetrag (HHB k ), d.h.<br />

SV k = V Z k + GHB k + HHB k mit k ∈ B. (2)<br />

Selbständige können einen Vorwegabzug in Höhe <strong>von</strong> 3.068 e geltend machen, weil<br />

sie alleine mit ihrem Einkommen ihre Zukunftssicherung betreiben. Arbeitnehmer<br />

und Beamte erwerben dagegen Anwartschaften aus den Arbeitgeberbeiträgen zur<br />

gesetzlichen Sozialversicherung o<strong>der</strong> nach den beamtenrechtlichen Vorschriften. Deshalb<br />

wird bei ihnen <strong>der</strong> Vorwegabzug um 16 v.H. ihrer Erwerbseinkommen gekürzt 2 :<br />

V Z S = 3.068 und V Z k = max[3.068 − 0.16y k ; 0] k ∈ {A, B}. (3)<br />

Die nach dem Vorwegabzug verbleibenden Vorsorgeaufwendungen können bis zum<br />

so genannten Grundhöchstbetrag in Höhe <strong>von</strong> 1.334 e abgezogen werden. Darüber<br />

hinausgehende Vorsorgeaufwendungen sind zu 50 v.H. als hälftiger Höchstbetrag bis<br />

maximal 667 e abzugsfähig, d.h.<br />

GHB k = min[b k −V Z k ; 1.334] HHB k = min[0.5×(b k −V Z k −GHB k ); 667]. (4)<br />

Neben den Vorsorgeaufwendungen berücksichtigen wir noch Freibeträge in Höhe <strong>der</strong><br />

<strong>Wer</strong>bungskostenpauschale und des Son<strong>der</strong>ausgaben-Pauschbetrags <strong>von</strong> zusammen<br />

1.080 e. Das zu versteuernde Einkommen (zvE k ) in <strong>der</strong> Erwerbsphase ergibt sich<br />

damit aus:<br />

zvE k = y k − SV k − 1.080 k ∈ B. (5)<br />

Mit dem Renteneintritt än<strong>der</strong>t sich auch die Berechnung des zu versteuernden<br />

Einkommens. Gegenwärtig werden Sozialversicherungsrenten ebenso wie Leibrenten<br />

gem. §22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a EStG im Umfang ihres Ertragsanteils besteuert, <strong>der</strong><br />

wie<strong>der</strong>um vom Renteneintrittsalter abhängt. Letzteres beträgt im Modell 60 Jahre,<br />

so dass <strong>der</strong> zu versteuernde Ertragsanteil Φ A = Φ S = 0.33 beträgt. Die Versorgungsbezüge<br />

<strong>der</strong> Beamten sind dagegen in voller Höhe steuerpflichtig (Φ B = 1.0),<br />

2 Aus technischen Gründen werden im Modell bei den Arbeitnehmern auch die (hälftigen) Arbeitgeberbeiträge<br />

zur GKV und GRV dem Vorwegabzug zugerechnet, d.h. V Z A = V Z A + 0.5b A .<br />

4


allerdings wird gem. §19 Abs. 2 EStG ein Versorgungsfreibetrag in Höhe <strong>von</strong> 40<br />

v.H. <strong>der</strong> Bezüge bis maximal 3.072 e gewährt. Da es sich um Einnahmen aus unselbständiger<br />

Arbeit i.S.d. §19 Abs. 1 EStG handelt, ist darüber hinaus gem. §9a Satz<br />

1 Nr. 1 EStG <strong>der</strong> <strong>Wer</strong>bungskosten-Pauschbetrag in Höhe <strong>von</strong> 1.044 e abzugsfähig.<br />

Ganz entsprechend wird bei den Leibrenten <strong>der</strong> Selbständigen gem. §24a EStG ab<br />

dem Alter 65 ein Altersentlastungsbetrag in Höhe <strong>von</strong> 40 v.H. <strong>der</strong> Einkünfte bis<br />

maximal 1.908 e gewährt. Das zu versteuernde Einkommen im Ruhestand (also ab<br />

Alter 60) bestimmt sich deshalb aus<br />

⎧<br />

⎪⎨<br />

F k =<br />

⎪⎩<br />

zvE k = Φ k p k − SV k − F k mit (6)<br />

138 falls k = A o<strong>der</strong> k = S, a < 65,<br />

min[0.4 × p S ; 1.908] + 138 falls k = S, a ≥ 65<br />

min[0.4 × p B ; 3.072] + 1.080 sonst.<br />

Nach dem Renteneintritt entfällt die Kürzung des Vorwegabzugs für Arbeitnehmer<br />

und Beamte, d.h. V Z k = 3.068 k ∈ B, gleichzeitig sinkt die <strong>Wer</strong>bungskostenpauschale<br />

<strong>von</strong> 1.044 auf 102 e.<br />

Der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung im Alterseinkünftegesetz<br />

Der Gesetzentwurf zum Alterseinkünftegesetz orientiert sich weitgehend an den Vorschlägen<br />

<strong>der</strong> Rürup-Kommission. Entsprechend werden im Jahre 2005 60 v.H. <strong>der</strong><br />

Altersvorsorgebeiträge <strong>von</strong> <strong>der</strong> Besteuerung befreit. Bei den Arbeitnehmern werden<br />

allerdings lediglich 20 Prozent ihres eigenen Beitrags <strong>von</strong> <strong>der</strong> Steuer befreit, weil<br />

bereits gegenwärtig 50 v.H. des Gesamtbeitrags durch den steuerfreien Arbeitgeberanteil<br />

abgedeckt werden. In den folgenden Jahren t wird dieser Prozentsatz β t dann<br />

um jeweils 2 Prozentpunkte angehoben, bis im Jahre 2025 alle Altersvorsorgebeiträge<br />

freigestellt sind, d.h. β t = min[0.6 + (t − 2005) × 0.02; 1]. Die Abzugsfähigkeit<br />

aller sonstigen Vorsorgeaufwendungen (hier also <strong>der</strong> Krankenversicherungsbeiträge)<br />

wird dagegen ab dem Jahre 2005 bei Arbeitnehmern und Beamten auf 1.500 e, bei<br />

Selbständigen auf 2.500 e begrenzt 3 . Damit erhalten wir ab dem Jahre t ≥ 2005<br />

3 Eigentlich müsste auch <strong>der</strong> in §10 Abs. 3 Nr. 1 EStG-E festgelegte Höchstbetrag für die steuerfreien<br />

Altersvorsorgebeiträge geprüft werden. Danach werden Beiträge nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze<br />

berücksichtigt. In unserem Modell fallen jedoch keine höheren Beiträge an.<br />

5


den steuerlich relevanten Vorsorgeaufwand<br />

(SV A<br />

t ) 1 = β t × τ P × y A + min[τ KV × (y A + 0.5 × p A ); 1.500]<br />

(SV S<br />

t ) 1 = β t × 0.05 × y S + min[z S ; 2.500] (SV B ) 1 = min[z B ; 1.500].<br />

Die Vorsorgeaufwendungen <strong>der</strong> Beschäftigungstypen unterscheiden sich nun beträchtlich.<br />

Vor allem Beamte werden schlechter gestellt. Um dies zumindest mittelfristig<br />

zu vermeiden, wird bis zum Jahre 2015 eine Günstigerprüfung vorgenommen. Diese<br />

orientiert sich am alten Recht, allerdings wird <strong>der</strong> zulässige Vorwegabzug nach §10<br />

Abs. 3 Nr. 3 EStG-E bis zum Jahre 2015 um jährlich 300 e abgeschmolzen 4 . Die<br />

Berechnung <strong>der</strong> steuerlich abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen nach <strong>der</strong> <strong>Reform</strong><br />

unterscheidet damit die Jahre 2005-2014 und die Zeit ab 2015:<br />

⎧<br />

⎨<br />

SVt k =<br />

⎩<br />

max[(SV k<br />

t ) 0 ; (SV k<br />

t ) 1 ] falls t < 2015<br />

(SV k<br />

t ) 1 falls t ≥ 2015,<br />

wobei <strong>der</strong> Index ”<br />

0“ die gegenwärtige (nun leicht modifizierte) Berechnung <strong>der</strong> steuerlich<br />

relevanten Vorsorgeaufwendungen symbolisiert, <strong>der</strong> Index ”<br />

1“ dagegen die<br />

Berechnung nach dem Gesetzentwurf.<br />

Als nächstes betrachten wir die im Gesetzentwurf festgelegte Besteuerung <strong>der</strong> Altersbezüge.<br />

Im Jahre 2005 wird <strong>der</strong> Besteuerungsanteil für Renten auf 50 v.H. angehoben,<br />

in den nachfolgenden Jahren steigt er für die Zugangsrentner um jährlich<br />

2 v.H. bis zum Jahre 2020, danach wird dieser Satz auf 1 v.H. reduziert, so dass im<br />

Jahre 2040 die volle Besteuerung <strong>der</strong> Altersrenten erreicht ist. Der unbesteuerte Teil<br />

<strong>der</strong> Zugangsrente im Jahr t, α t ergibt sich damit aus α t = [0.5−(t−2005)×0.02] für<br />

2005 ≤ t ≤ 2020 sowie α t = max[0.2−(t−2020)×0.01; 0] für t > 2020. Zu beachten<br />

ist dabei, dass <strong>der</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> Steuer freigestellte Teil <strong>der</strong> Altersrente im Zugangsjahr<br />

t in einen Freibetrag umgewandelt werden soll, <strong>der</strong> sich in den folgenden Jahren<br />

des Rentenbezugs nicht mehr än<strong>der</strong>t. Im Modell steigt damit für Arbeitnehmer und<br />

Selbständige <strong>der</strong> Besteuerungsanteil Φ k auf 1.0 an, gleichzeitig verän<strong>der</strong>t sich bei<br />

4 Der Vorwegabzug ist im Wesentlichen für die Selbständigen relevant. Mit <strong>der</strong> Abschmelzung<br />

des Vorwegabzugs trifft man vor allem diejenigen Selbständigen, welche zwar hohe sonstige Vorsorgeaufwendungen<br />

nachweisen, aber eine geringe Altersvorsorge betreiben.<br />

(7)<br />

6


den Rentenzugängern in den künftigen Jahren t ≥ 2005 <strong>der</strong> Freibetrag zu<br />

⎧<br />

138 + α ⎪⎨<br />

t × p A t falls k = A o<strong>der</strong> k = S, a < 65<br />

F k = 138 + α t × p S t + min[γ t × p S ; Ht S ] falls k = S, a ≥ 65<br />

⎪⎩ 138 + min[γ t × p B ; Ht B ] + ∆ t falls k = B<br />

Mit <strong>der</strong> Anhebung des Besteuerungsanteils <strong>der</strong> GRV-Renten fällt auch die bisherige<br />

Begründung für den Altersentlastungsbetrag sowie den Versorgungs-Freibetrag und<br />

die Anerkennung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags bei Pensionären. Bis zum Ende<br />

<strong>der</strong> Übergangsphase im Jahre 2040 soll deshalb <strong>der</strong> Versorgungs-Freibetrag sowie <strong>der</strong><br />

Altersentlastungsbetrag abgeschafft werden und bei Pensionären <strong>der</strong> <strong>Wer</strong>bungskosten-<br />

Pauschbetrag auf 102 e gesenkt werden. Hinsichtlich <strong>der</strong> konkreten Ausgestaltung<br />

des Übergangs folgt <strong>der</strong> Gesetzentwurf weitgehend den Vorschlägen <strong>der</strong> Rürup-<br />

Kommission. Im ersten Jahr <strong>der</strong> Übergangsphase wird <strong>der</strong> maximale Altersentlastungsbetrag<br />

auf 1900 e gesenkt. Danach sinkt <strong>der</strong> relative Anteil γ t <strong>der</strong> absetzbaren<br />

Altersentlastung (bisher 40 v.H.) um jährlich 1,6 v.H. (also γ t = 0.4 −<br />

(t − 2005) × 0.016), die Höchstgrenze Ht S wird um jährlich 76 e vermin<strong>der</strong>t (also<br />

H S t<br />

= 1.900−(t−2005)×76). Nach 2020 werden diese jährlichen Beträge auf 0,8 v.H.<br />

bzw. 38 e halbiert, d.h. γ t = 0.16−(t−2020)×0.008 und Ht<br />

S = 760−(t−2020)×38<br />

für t > 2020. Ab dem Rentenzugang 2040 werden dann nur noch Freibeträge in Höhe<br />

<strong>von</strong> 138 e gewährt. Bei den Beamten wird <strong>der</strong> einkommensabhängige Versorgungs-<br />

Freibetrag sowie die <strong>Wer</strong>bungskosten-Pauschale in ganz ähnlicher Weise in den zwei<br />

Zeitintervallen abgesenkt. Der Höchstbetrag sinkt <strong>von</strong> 3000 e zunächst um 120 bzw.<br />

60 e (also Ht B = 3.000 − (t − 2005) × 120 bzw. Ht B = 1.200 − (t − 2020) × 60)<br />

<strong>der</strong> Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sinkt <strong>von</strong> 1000 e um 40 bzw. 20 e, also<br />

∆ t = 1.000 − (t − 2005) × 40 bzw. ∆ t = 400 − (t − 2020) × 20.<br />

Damit ist die Modellierung des Gesetzentwurfs ausreichend beschrieben.<br />

Modellierung des VDR-Vorschlags zur künftigen <strong>Rentenbesteuerung</strong><br />

Die VDR-Kritik an <strong>der</strong> oben dargestellten Ausgestaltung des Übergangs zur nachgelagerten<br />

Besteuerung setzt an <strong>der</strong> möglichen Doppelbesteuerung <strong>von</strong> Einkommen<br />

in <strong>der</strong> Beitrags- und in <strong>der</strong> Leistungsphase an. Weil das Bundesverfassungsgericht<br />

in seinem Urteil vom 6. März 2002 auf eine exakte ökonomische Identifizierung <strong>der</strong><br />

Doppelbelastung verzichtet hatte, ist <strong>der</strong>en Quantifizierung völlig umstritten. Der<br />

Abschlussbericht <strong>der</strong> Rürup-Kommission enthält zwar umfangreiche Berechnungen,<br />

7


welche die geringe Doppelbesteuerung beim vorgeschlagenen Übergang belegen sollten.<br />

Aber die dort verwendeten Berechnungsgrundlagen wurden sofort heftig kritisiert,<br />

vgl. Brall u.a. (2003a). Um eine Zweifachbesteuerung zu vermeiden, muss <strong>der</strong><br />

Besteuerungsanteil am Alterseinkommen direkt aus dem unversteuerten Anteil <strong>der</strong><br />

Vorsorgeaufwendungen ermittelt werden. Der VDR geht da<strong>von</strong> aus, dass unter dem<br />

gegenwärtigen Besteuerungssystem bereits die sonstigen Vorsorgeaufwendungen die<br />

zulässigen Höchstgrenzen ausschöpfen. Dann werden <strong>der</strong>zeit bei den Arbeitnehmern<br />

lediglich 50 v.H., bei den Selbständigen dagegen überhaupt keine Vorsorgeaufwendungen<br />

<strong>von</strong> <strong>der</strong> Besteuerung freigestellt. Ein Arbeitnehmer, <strong>der</strong> 2005 in den Ruhestand<br />

geht, müsste daher die Hälfte seiner Rente voll versteuern und bei <strong>der</strong><br />

verbleibenden Hälfte den Ertragsanteil <strong>von</strong> 33 v.H. versteuern. Insgesamt werden<br />

damit 66.5 v.H. seiner gesamten Rente versteuert. Ein Selbständiger, <strong>der</strong> im selben<br />

Jahr in den Ruhestand geht, müsste dagegen <strong>von</strong> seiner gesamten Rente nur<br />

den Ertragsanteil versteuern. Wie sich in den Folgejahren <strong>der</strong> Besteuerungsanteil<br />

entwickelt hängt <strong>von</strong> <strong>der</strong> Freistellung <strong>der</strong> Rentenbeiträge ab. Wir unterstellen in unseren<br />

Berechnungen den radikalsten Fall, dass nämlich im Jahr 2005 die gesamten<br />

Beiträge <strong>von</strong> <strong>der</strong> Steuer befreit werden, d.h. β t = 1, t ≥ 2005. In diesem Falle sinkt<br />

<strong>der</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> Besteuerung befreite Rentenanteil für den Zugangsrentner im Jahre t<br />

innerhalb <strong>von</strong> 40 Jahren auf Null:<br />

F A<br />

t = 138 + (1 − φ t ) × 0.335 × p A (8)<br />

F S<br />

t = 138 + (1 − φ t ) × 0.67 × p S (9)<br />

wobei φ t = min[(t − 2005)/40; 1] den Anteil <strong>der</strong> Erwerbsjahre nach <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> an<br />

den gesamten im Modell unterstellten 40 Erwerbsjahren angibt. Wegen <strong>der</strong> sofortigen<br />

Freistellung <strong>der</strong> Beiträge fallen natürlich bei diesem Vorschlag die Aufkommensverluste<br />

<strong>der</strong> Regierung wesentlich dramatischer aus.<br />

3. Das Simulationsmodell<br />

Unser Simulationsansatz basiert auf dem Modell mit überlappenden Generationen,<br />

welches in <strong>der</strong> grundlegenden Arbeit <strong>von</strong> Auerbach und Kotlikoff (1987) entwickelt<br />

wurde. In den zurückliegenden Jahren wurde dieser Modelltyp in verschiedenster<br />

Richtung erweitert. Die vorliegende Modellversion unterscheidet neben den<br />

drei Beschäftigungstypen auch drei Einkommensklassen innerhalb je<strong>der</strong> Generation.<br />

Nachfolgend wird die Struktur des Modells und dabei vor allem die Verbesserungen<br />

gegenüber früheren Versionen beschrieben.<br />

8


Demographische Struktur<br />

Die Verteilung <strong>der</strong> Haushalte innerhalb einer Generation wurde aus <strong>der</strong> Einkommensschichtung<br />

des Statistischen Bundesamtes abgeleitet und kann Tabelle 1 entnommen<br />

werden. Knapp ein Viertel <strong>der</strong> Beschäftigten befindet sich also in <strong>der</strong> untersten<br />

bzw. obersten Einkommensklasse. Arbeitnehmer sind im unteren Bereich<br />

überrepräsentiert, Beamte und Selbständige dagegen im oberen Einkommensbereich.<br />

Tabelle 1: Einkommensschichtung im Modell (in %)<br />

Arbeitnehmer Beamte Selbständige<br />

∑<br />

untere EK 21 0 1 22<br />

mittlere EK 46 4 5 55<br />

obere EK 15 4 4 23<br />

∑<br />

82 8 10 100<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt (2001).<br />

Wie empirische Studien (z.B. Reil-Held, 2000) zeigen, leben in Deutschland reiche<br />

Haushalte länger als arme. Deshalb steigt die Lebenserwartung â j<br />

innerhalb<br />

eines Geburtsjahrgangs mit <strong>der</strong> (Lebens-)Einkommensklasse j. Innerhalb einer Einkommensklasse<br />

sterben jedoch alle Haushalte im gleichen Alter, Beamte haben also<br />

grundsätzlich dieselbe Lebenserwartung wie Arbeitnehmer o<strong>der</strong> Selbständige.<br />

Jüngere Jahrgänge haben eine höhere durchschnittliche Lebenserwartung als ältere<br />

Jahrgänge. Zwischen dem Basisjahr 2002 und 2100 steigt die Lebenserwartung <strong>von</strong><br />

78 auf 84 Jahre und bleibt danach konstant. Damit unterscheiden wir in je<strong>der</strong> Periode<br />

zwischen (9×58) 522 und (9×64) 576 Haushalte nach Alter, Beschäftigungstyp und<br />

Einkommensklasse. In je<strong>der</strong> Periode erreicht eine neue Generation das Volljährigkeitsalter<br />

21. Die Kohorten entwickeln sich dann entsprechend<br />

N jk<br />

t+1 = (1 + n t )N jk<br />

t (10)<br />

wobei N jk<br />

t+1 die Anzahl <strong>der</strong> 21-jährigen Haushalte in Einkommensklasse j und Beschäftigungstyp<br />

k im Jahre t + 1 bezeichnet und n t die (exogene) Wachstumsrate <strong>der</strong><br />

Bevölkerung im Jahr t. Da wir dieselben Wachstumsraten für alle Einkommensklassen<br />

unterstellen, bleibt die Einkommensschichtung aus Tabelle 1 über den gesamten<br />

Betrachtungszeitraum konstant. Durch Aggregation <strong>der</strong> im Jahr t lebenden Kohor-<br />

9


ten erhält man die Gesamtbevölkerung in diesem Jahr:<br />

⎛<br />

â 3∑ ∑ ∑<br />

j t<br />

∑20<br />

P OP t = ⎝ N jk<br />

t+1−a +<br />

j=1 k∈B<br />

a=1<br />

N jk<br />

t+a<br />

a=1<br />

⎞<br />

⎠ . (11)<br />

Der erste Klammerterm summiert die ökonomisch aktiven Generationen im Jahr t<br />

während <strong>der</strong> zweite die jüngeren Kohorten (bis zum Alter 20) bezeichnet, welche in<br />

den künftigen Jahren die Volljährigkeit erreichen werden.<br />

Präferenzstruktur und Budgetbeschränkungen<br />

Je<strong>der</strong> Haushalt entscheidet in je<strong>der</strong> Periode über seinen Güterkonsum und sein Arbeitsangebot.<br />

Wie im ursprünglichen Modell <strong>von</strong> Auerbach und Kotlikoff (1987)<br />

wird die Präferenzstruktur durch eine CES-Nutzenfunktion dargestellt. Der Lebenszeitnutzen<br />

eines Haushalts <strong>der</strong> Einkommensklasse j und des Beschäftigungstyps k<br />

ergibt sich dann aus 5<br />

U jk =<br />

1<br />

1 − 1/γ<br />

∑â j<br />

a=1<br />

( ) a−1 [<br />

] 1−1/γ<br />

1<br />

(c jk<br />

a ) 1−1/ρ + ξ(l jk<br />

a ) 1−1/ρ 1−1/ρ<br />

, (12)<br />

1 + θ<br />

wobei c und l den Güter- und Freizeitkonsum im Alter a bezeichnen. Die Parameter<br />

θ, ρ, γ und ξ definieren die Zeitpräferenzrate, die intra- und intertemporale Substitutionselastizität<br />

sowie die Freizeitpräferenzrate. Die Präferenzen sind damit identisch<br />

für alle Einkommensklassen und Beschäftigungstypen. Wenn also arme Haushalte<br />

dasselbe Einkommen wie reiche Haushalte hätten und Arbeitnehmer, Beamte und<br />

Selbständige denselben Sozialversicherungsregelungen unterworfen würden, würden<br />

sich alle Haushalte gleich verhalten.<br />

Die Haushalte maximieren ihre Nutzenfunktion (12) unter Berücksichtigung ihrer<br />

Budgetbeschränkung<br />

∑â j<br />

a=1<br />

[<br />

(4000 − l<br />

jk<br />

a )wa<br />

j } {{ }<br />

y jk<br />

a<br />

−c jk<br />

a<br />

− Γ jk<br />

a<br />

]<br />

(1 + r) 1−a = 0, (13)<br />

wobei die Zeitausstattung auf 4000 Stunden normiert wurde um realistische <strong>Wer</strong>te<br />

für das (Brutto-) Jahreseinkommen y jk<br />

a<br />

zu erhalten. Die Variable Γ jk<br />

a<br />

bezeichnet die<br />

5 Zur Vereinfachung <strong>der</strong> Notation wird im Folgenden soweit möglich <strong>der</strong> Jahresindex weggelassen<br />

und somit ein langfristiges Gleichgewicht unterstellt.<br />

10


Nettozahlungen (also Steuern und Beiträge abzgl. Transfers) des Haushalts an den<br />

Staat und das private Sozialversicherungssystem. Im Modell werden Steuern nur auf<br />

<strong>der</strong> Haushaltsebene fällig 6 , wobei wir zwischen progressiven Steuern auf Lohn- und<br />

Kapitaleinkommen sowie Konsumsteuern unterscheiden. Der Bruttozins wird mit r<br />

bezeichnet. Die Produktivität eines Haushalts hängt ab <strong>von</strong> seinem Alter und seiner<br />

Einkommensklasse, vgl. Fehr (1999, 60). Zu beachten ist schließlich, dass nach dem<br />

Renteneintritt im Alter 60 nicht mehr gearbeitet werden kann.<br />

Das Steuer- und Sozialversicherungssystem<br />

Wir vernachlässigen in unserem Modell staatliche Verschuldung. Deshalb muss in je<strong>der</strong><br />

Periode die Summe <strong>der</strong> Nettozahlungen an den Staat auch mit den Ausgaben des<br />

Staates für das Öffentliche Gut G t und den Gesundheitsausgaben übereinstimmen:<br />

∑<br />

3∑ ∑â j<br />

k∈B j=1 a=1<br />

Γ jk<br />

atN jk<br />

t+1−a = gP OP } {{ } t + ∑<br />

G k∈B<br />

t<br />

3∑ ∑â j<br />

h k at. (14)<br />

j=1 a=1<br />

Für das Öffentliche Gut wird unterstellt, dass die pro-Kopf Ausgaben g für alle Haushalte<br />

identisch und über die Zeit konstant sind. Die Gesundheitsausgaben pro-Kopf<br />

h j at sind jedoch altersabhängig 7 . Wir nehmen an, dass die pro-Kopf Ausgaben bei<br />

den Selbständigen 20 v.H. niedriger als bei Beamten und Arbeitnehmern sind 8 und<br />

unterstellen zusätzlich ein jährliches Wachstum <strong>der</strong> pro-Kopf Gesundheitsausgaben<br />

in Höhe <strong>von</strong> 0.7 v.H. bis 2050. Dieses Wachstum soll den medizinisch-technischen<br />

Fortschritt abbilden, welcher auch in an<strong>der</strong>en Studien als entscheidendes Problem<br />

hervorgehoben wird, vgl. Fetzer et al. (2003) o<strong>der</strong> Cassel und Postler (2003).<br />

Auf <strong>der</strong> linken Seite des staatlichen Budgets (14) ergibt sich in jedem Jahr t die<br />

individuelle Nettozahlung eines Haushalts aus <strong>der</strong> Differenz seiner Zahlungen für<br />

Steuern und Sozialbeiträge b jk<br />

at abzüglich seiner Altersbezüge p jk<br />

at (welche nach dem<br />

Überschreiten des Renteneintrittsalters positiv sind):<br />

Γ jk<br />

at = τ c t c jk<br />

at + 1.055 × T 05(zvE jk<br />

at ) + (¯τ r ) jk<br />

atr t a jk<br />

at + b jk<br />

at − p jk<br />

at. (15)<br />

Neben <strong>der</strong> Konsumsteuer mit dem Steuersatz τt<br />

c enthält das Modell also eine progressive<br />

Lohnsteuer auf das zu versteuernde Einkommen zvE, <strong>der</strong>en Tarif dem<br />

6 Wir vernachlässigen also völlig alle Steuern im Unternehmensbereich.<br />

7 Für das Profil <strong>der</strong> Gesundheitsausgaben bedanken wir uns bei Bernd Raffelhüschen.<br />

8 Ursache könnten etwa Anreizeffekte durch Beitragsrückerstattung o<strong>der</strong> Selektionseffekte sein.<br />

11


künftigen Tarif T05 entspricht. Auf die Einkommensteuerzahlung muss noch ein Solidaritätszuschlag<br />

in Höhe <strong>von</strong> 5,5 v.H. entrichtet werden. Das Kapitaleinkommen,<br />

welches im Modell als Vermögensverzinsung anfällt, wird mit einem einheitlichen<br />

Grenzsteuersatz τ r belegt. Da jedoch Freibeträge berücksichtigt werden, unterscheiden<br />

wir spezifische durchschnittliche Kapitaleinkommensteuersätze (¯τ r ) jk<br />

at für jeden<br />

Haushalt. Motivieren könnte man diese Modellierung etwa damit, dass zwar ein<br />

Vorwegabzug (Zinsabschlag!) auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Banken vorgenommen wird, aber<br />

unsere Haushalte bei <strong>der</strong> individuellen Veranlagung ihre Vermögenseinkünfte nicht<br />

deklarieren.<br />

Für das Sozialversicherungssystem benötigen wir die Gesamtzahl des Beschäftigungstyps<br />

k in <strong>der</strong> Periode t:<br />

¯N k t =<br />

3∑ ∑â j<br />

j=1 a=1<br />

N jk<br />

t+1−a wobei k ∈ B. (16)<br />

Auf Seiten <strong>der</strong> PKV vernachlässigen wir die Bildung <strong>von</strong> Rückstellungen und die<br />

Gesundheitsausgaben für Kin<strong>der</strong>. Bei den Beamten unterstellen wir zur Vereinfachung,<br />

dass die Beihilfe aus Steuermitteln 70 v.H. <strong>der</strong> Gesundheitskosten finanziert.<br />

Die pauschalen Beiträge <strong>von</strong> Selbständigen und Beamten erhalten wir damit aus<br />

den Budgetgleichungen<br />

z S t<br />

¯N S t =<br />

3∑ ∑â j<br />

j=1 a=1<br />

h S atN jS<br />

t+1−a bzw. z B t<br />

¯N B t = 0.3 ×<br />

3∑ ∑â j<br />

j=1 a=1<br />

h B atN jB<br />

t+1−a. (17)<br />

In <strong>der</strong> GKV sind die Beiträge einkommensabhängig, wobei allerdings die Beitragsbemessungsgrenze<br />

berücksichtigt wird, welche 40 v.H. über dem durchschnittlichen<br />

Arbeitnehmereinkommen liegt. Das Budget <strong>der</strong> GKV lautet damit<br />

ˆτ t<br />

KV P Yt KV =<br />

3∑ ∑â j<br />

j=1 a=1<br />

h A atN jA<br />

t+1−a (18)<br />

wobei P Yt<br />

KV die Beitragsbemessungsgrundlage für die GKV-Beiträge bezeichnet.<br />

Beiträge werden auf Lohneinkommen und GRV-Renten erhoben. Ausgehend <strong>von</strong><br />

dem aggregierten GKV-Beitragssatz ˆτ t<br />

KV bestimmt man die individuellen marginalen<br />

und durchschnittlichen GKV-Beitragssätze. Unterhalb <strong>der</strong> Beitragsbemessungsgrenze<br />

sind individueller marginaler und durchschnittlicher GKV-Beitragssatz identisch<br />

mit ˆτ t<br />

KV . Oberhalb <strong>der</strong> Beitragsbemessungsgrenze verzerren die GKV-Beiträge<br />

12


das Arbeitsangebot nicht mehr und <strong>der</strong> durchschnittliche Beitragssatz sinkt mit steigendem<br />

Einkommen.<br />

Als nächstes betrachten wir die Rentensysteme <strong>der</strong> Berufstypen. Bei den Selbstständigen<br />

werden die während ihrer Beschäftigungszeit aufgezinsten Beiträge bei Rentenantritt<br />

im Alter 60 in eine Annuität umgewandelt. Damit erhält man (bei zeitinvariatem<br />

Zins) als Alterseinkommen eines Selbständigen<br />

( 59<br />

) /(<br />

)<br />

∑<br />

p jS = (1 + r) 59−a × 0.05 × ya<br />

jS 1 − (1 + r) −(âj −58)<br />

. (19)<br />

1 − (1 + r) −1 a=1<br />

Die erste Klammer enthält den Kapitalstock zum Zeitpunkt des Rentenzutritts, <strong>der</strong><br />

Klammerausdruck im Nenner ist <strong>der</strong> Annuitätenfaktor.<br />

Bei Beamten unterstellen wir mindestens 40 Dienstjahre bei Eintritt in den Ruhestand.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> gegenwärtigen Abschmelzung des Versorgungsniveaus wird in<br />

diesem Falle ein künftiger Pensionszugänger 71,75 v.H. seiner ruhegehaltsfähigen<br />

Dienstbezüge im letzten Beschäftigungsjahr erhalten, vgl. Bayerisches Ministerium<br />

<strong>der</strong> Finanzen (2003), d.h.<br />

p jB = 0.71 × y jB<br />

59,t−1. (20)<br />

Arbeitnehmer sind in <strong>der</strong> GRV abgesichert. Unser Modell versucht die dortigen<br />

Regelungen möglichst genau abzubilden, vgl. etwa Fehr und Jess (2001a). So werden<br />

während des Erwerbslebens persönliche Entgeltpunkte gesammelt, die vom<br />

Verhältnis des eigenen Einkommens zum Durchschnittseinkommen abhängen. Der<br />

Staat kontrolliert den aktuellen Rentenwert, <strong>der</strong> die Rentenzahlung pro Entgeltpunkt<br />

regelt. Der aktuelle Rentenwert wird dabei so festgelegt, dass ein Standardrentner,<br />

<strong>der</strong> immer genau das Durchschnittseinkommen verdient hat, genau 67 v.H.<br />

des sog. modifizierten durchschnittlichen Nettoeinkommens erhält 9 . Die Budgetbeschränkung<br />

<strong>der</strong> GRV-Systems lautet damit<br />

ˆτ P t P Y P<br />

t =<br />

3∑ ∑â j<br />

(1 + 0.5 × (¯τ KV ) j at)p jA<br />

j=1 a=60<br />

at Nt+1−a, jA<br />

(21)<br />

wobei P Yt<br />

P die Bemessungsgrundlage für die Rentenbeiträge bildet. Im Vergleich zur<br />

GKV sind GRV-Renten nicht in <strong>der</strong> Bemessungsgrundlage enthalten. Außerdem ist<br />

9 Dabei werden vom Bruttoeinkommen die GRV-Beiträge und fiktive Beiträge zur Riester-Rente<br />

abgezogen.<br />

13


die Beitragsbemessungsgrenze wesentlich höher, sie liegt beim doppelten des Durchschnittseinkommens.<br />

Schließlich ist noch zu beachten, dass die Rentenversicherung<br />

auch 50 v.H. <strong>der</strong> GKV-Beiträge ihrer Rentner überweist. Ähnlich wie bei <strong>der</strong> GKV<br />

werden auch bei <strong>der</strong> GRV die individuellen marginalen und durchschnittlichen Beiträge<br />

bestimmt. Allerdings verzerrt im Unterschied zu den GKV-Beiträgen unterhalb<br />

<strong>der</strong> Beitragsbemessungsgrenze nicht <strong>der</strong> gesamte Beitragssatz das Arbeitsangebot,<br />

weil mit den Beiträgen auch Ansprüche auf künftige Rentenleistungen erworben<br />

werden. Wir modellieren diesen sog. tax-benefit-linkage“, so dass in jungen Jahren<br />

”<br />

die Verzerrung <strong>der</strong> Beiträge hoch ist und mit steigendem Alter die Verzerrung sinkt.<br />

Damit sind die zentralen Bestandteile des Steuer und Transfersystems im Modell<br />

erläutert. Die Ausgabenseite wird über die verschiedenen Parameter des Rentenund<br />

Krankenversicherungssystems festgelegt. Um das Budget in je<strong>der</strong> Periode auszugleichen<br />

wird die Konsumsteuer angepasst. Der Produktionssektor <strong>der</strong> Ökonomie<br />

wird durch eine Cobb-Douglas Produktionsfunktion mit den Faktoren Arbeit und<br />

Kapital abgebildet. Bei Neuinvestitionen entstehen Anpassungskosten, die sich als<br />

Outputverluste nie<strong>der</strong>schlagen. Eine Lösung des Modells besteht aus einem Preisvektor<br />

<strong>der</strong> die Güter- und Faktormärkte in je<strong>der</strong> Periode räumt und das Staatsbudget<br />

sowie (im Falle <strong>der</strong> kleinen offenen Volkswirtschaft) die Leistungsbilanz ausgleicht.<br />

4. Kalibrierung und Basispfad<br />

Um eine solche Lösung zu berechnen, müssen zunächst die verschiedenen Parameter<br />

des Modells bestimmt werden. Bei <strong>der</strong> Kalibrierung <strong>der</strong> Präferenz- und Technologieparameter<br />

stützt man sich soweit als möglich auf die einschlägige Literatur, vgl.<br />

etwa Fehr (1999, 57f.). Im Folgenden beschreiben wir die Bevölkerungsentwicklung,<br />

das Ausgangsgleichgewicht sowie den Basispfad <strong>der</strong> Ökonomie.<br />

Die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bevölkerungsstruktur hat natürlich einen wichtigen Einfluss<br />

auf die langfristigen fiskalischen Effekte einer nachgelagerten Besteuerung <strong>von</strong> Alterseinkünften.<br />

Der im Modell abgebildete demographische Übergang orientiert sich<br />

an <strong>der</strong> 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes<br />

(2003).<br />

Tabelle 2 vergleicht die Entwicklung <strong>der</strong> absoluten Bevölkerung sowie <strong>der</strong> Altersstruktur<br />

des Modells mit den entsprechenden Berechnungen des Statistischen Bundesamtes.<br />

Die Projektion <strong>der</strong> demographischen Entwicklung weist für die nächsten<br />

hun<strong>der</strong>t Jahre einen Bevölkerungsrückgang um rd. 30 Mio. Personen aus. Die Ver-<br />

14


Tabelle 2: Offizielle und simulierte Bevölkerungsentwicklung<br />

Jahr 2002 2010 2020 2030 2040 2050 2070 2100<br />

Bevölkerung (in Mio.)<br />

Modell 82.4 82.9 79.6 75.9 71.0 64.5 55.5 51.3<br />

StaBu a 82.4 82.0 80.0 76.6 72.2 67.0 n.v. n.v.<br />

Anteile <strong>der</strong> Altersgruppen Modell<br />

1-20 21.9 20.1 19.0 18.1 17.2 16.9 19.6 27.9<br />

21-60 55.8 54.9 54.8 50.3 47.5 47.1 45.9 42.8<br />

61-84 22.3 25.0 26.2 31.6 35.3 36.0 34.5 29.3<br />

Anteile <strong>der</strong> Altersgruppen StaBu a<br />

1-20 20.9 18.7 17.4 16.9 16.2 15.9 n.v. n.v.<br />

21-60 55.0 55.6 53.0 47.9 47.6 46.5 n.v. n.v.<br />

61-84 24.1 25.8 29.5 35.2 36.2 37.6 n.v. n.v.<br />

a Statistisches Bundesamt (2003), Variante 1.<br />

n.v. nicht verfügbar<br />

gleichswerte <strong>der</strong> 10. koordinierten Vorausberechnung reichen nur bis zum Jahre 2050.<br />

Zumindest im Zeitraum 2002-2040 stimmt die absolute Bevölkerungsentwicklung des<br />

Modells relativ gut mit den Prognosen des Statistischen Bundesamtes überein. Entscheidend<br />

ist aber die Entwicklung <strong>der</strong> Bevölkerungsstruktur. Tabelle 2 vergleicht<br />

dazu die Anteile verschiedener Altersklassen an <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung im Modell<br />

mit den Projektionen des Statistischen Bundesamtes. Obwohl unsere Bevölkerungsprognose<br />

eine ganze Reihe <strong>von</strong> vereinfachenden Annahmen berücksichtigen muss<br />

(keine Immigration, identisches Sterbealter etc.), wird die mittelfristige Altersstruktur<br />

des Statistischen Bundesamtes doch überraschend gut abgebildet.<br />

Wir berechnen zunächst das Gleichgewicht und den Basispfad <strong>der</strong> Ökonomie in<br />

<strong>der</strong> geschlossenen Volkswirtschaft. Um das Ausgangsjahr in <strong>der</strong> offenen Volkswirtschaft<br />

zu bestimmen, wird <strong>der</strong> Kapitalstock und <strong>der</strong> Zinssatz aus <strong>der</strong> geschlossenen<br />

Volkswirtschaft vorgegeben. Aufgrund des künftig konstanten Zinsniveaus verän<strong>der</strong>t<br />

sich jedoch bereits im Ausgangsjahr 2002 das Arbeitsangebot, <strong>der</strong> Lohnsatz etc. im<br />

Vergleich zur geschlossenen Volkswirtschaft. Tabelle 3 zeigt die beiden Gleichgewichtslösungen<br />

des Modells für unser Basisjahr 2002 und vergleicht diese mit den<br />

jeweiligen tatsächlichen Referenzwerten.<br />

15


Tabelle 3: Das Gleichgewicht im Jahr 2002<br />

Model<br />

Deutschland<br />

OVW GVW 2002*<br />

Verwendung des BIP (in v.H.)<br />

Privater Verbrauch 53.1 58.3 58.9<br />

Staatsverbrauch 27.4 28.0 19.1<br />

Bruttoinvestitionen 9.6 13.7 18.1<br />

Export-import 9.8 0.0 3.9<br />

Staatliche Kennziffern (in v.H. des BIP)<br />

Steuereinnahmen 21.5 21.6 22.9<br />

Lohnsteuer (inkl. veranl.ESt u. Soli) 7.9 7.7 7.2<br />

Durchschn. Steuersatz (in v.H.) 11.3 10.7 n.v.<br />

Marginaler Steuersatz (in v.H.) 29.7 29.6 n.v.<br />

Kapitaleinkommensteuer 2.1 2.5 1.1<br />

Durchschn. Steuersatz (in v.H.) 14.3 15.1 n.v.<br />

Marginaler Steuersatz (in v.H.) 30.0 30.0 n.v.<br />

Steuer auf Alterseinkommen 0.2 0.2 n.v.<br />

Konsumsteuer 11.3 11.3 8.5<br />

Konsumsteuersatz (in v.H.) 21.9 20.2 n.v.<br />

Ausgaben <strong>der</strong> GRV 11.3 11.3 10.8<br />

Durchschn. GRV-Beitrag (in v.H.) 19.8 19.9 19.1<br />

Marginaler GRV-Beitrag (in v.H.) 10.9 10.7 n.v.<br />

Beamtenpensionen 1.9 2.0 1.7 a<br />

Ausgaben <strong>der</strong> GKV 8.4 9.0 6.7 a<br />

Durchschn. GKV-Beitrag (in v.H.) 12.7 13.7 14.0<br />

Marginaler GKV-Beitrag (in v.H.) 10.1 10.8 n.v.<br />

Ausgaben <strong>der</strong> PKV 1.1 1.1 1.3 a<br />

monatl. Pauschale (in e) 177 177 253 a,b<br />

Brutto-Jahresdurchschnittseinkommen (in e) 25.229 23.914 28.518<br />

Zinssatz (in %) 5.1 5.1 n.v.<br />

Kapitalkoeffizient 2.9 3.0 3.5<br />

*Quelle: Institut <strong>der</strong> deutschen Wirtschaft (2003), VDR (2003), GDV(2002).<br />

a Referenzjahr 2001<br />

b Ausgaben <strong>der</strong> PKV pro Vesicherten.<br />

16


Auf <strong>der</strong> Verwendungsseite des BIP ist zu beachten, dass <strong>der</strong> staatliche Konsum inklusive<br />

<strong>der</strong> GKV-Leistungen ausgewiesen wird. In <strong>der</strong> VGR werden nur die Sachleistungen<br />

<strong>der</strong> GKV dem staatlichen Konsum zugeordnet, im Modell können wir diese<br />

nicht <strong>von</strong> den Geldleistungen unterscheiden. Darüber hinaus bildet unser Modell<br />

verschiedene Transferzahlungen des Staates zur Vereinfachung als staatlichen Konsum<br />

ab um eine realistische Steuerquote zu erreichen. Des weiteren sind in Tabelle<br />

3 aufgrund <strong>der</strong> Abschreibungsrate <strong>von</strong> 5 v.H. die Bruttoinvestitionen zu niedrig im<br />

Vergleich zu den tatsächlichen <strong>Wer</strong>ten. Wie wir (in Tabelle 4) noch sehen werden,<br />

sinkt <strong>der</strong> Zinssatz in <strong>der</strong> geschlossenen Volkswirtschaft im Vergleich zum Basisjahr.<br />

Bei konstantem Zins vermin<strong>der</strong>t sich daher <strong>der</strong> Barwert des Humankapitals<br />

im Vergleich zur geschlossenen Volkswirtschaft. In <strong>der</strong> offenen Volkswirtschaft werden<br />

die Haushalte deshalb (im Vergleich zur geschlossenen Volkswirtschaft) weniger<br />

konsumieren und mehr Arbeit anbieten. Der private Verbrauch sinkt deshalb und<br />

gleichzeitig ergeben sich hohe Nettoexporte ins Ausland.<br />

Bei den staatlichen Kennziffern liefert unsere Basislösung ein realistisches Gesamtsteueraufkommen.<br />

Tabelle 3 zeigt die Steuerstruktur und die dazugehörigen Steuersätze<br />

im Ausgangsgleichgewicht. Das Lohnsteueraufkommen fällt relativ hoch aus,<br />

weil wir keine unfreiwillige Arbeitslosigkeit und kein Ehegattensplitting modellieren.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit gültigen Ertragsanteilsbesteuerung ist das Steueraufkommen<br />

bei den Alterseinkommen sehr niedrig. Der Konsumsteuersatz wird endogen bestimmt<br />

um das Budget auszugleichen. In <strong>der</strong> offenen Volkswirtschaft ist das Lohneinkommen<br />

höher und damit auch das Lohnsteueraufkommen. Umgekehrt ist <strong>der</strong><br />

private Konsum niedriger, deshalb steigt <strong>der</strong> Konsumsteuersatz im Vergleich zur<br />

geschlossenen Volkswirtschaft.<br />

Bei <strong>der</strong> GRV und GKV haben wir uns bemüht, die durchschnittlichen Beitragssätze<br />

möglichst gut abzubilden. Während bei <strong>der</strong> GRV auch die Gesamtausgaben durchaus<br />

realistisch sind, generiert das Modell zu hohe Ausgaben bei <strong>der</strong> GKV. Die PKV-<br />

Ausgaben werden im Ausgangsgleichgewicht durchaus realistisch abgebildet, allerdings<br />

fallen unsere Pauschalen zu niedrig aus, weil keine Rückstellungen gebildet<br />

werden und die Altersstruktur <strong>der</strong> Versicherten nicht bekannt ist.<br />

In Tabelle 3 weisen wir auch das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen <strong>der</strong> sozialversicherten<br />

Arbeitnehmer aus. Es ist um etwa 10 bis 13 v.H. geringer als das<br />

tatsächliche durchschnittliche Bruttojahresarbeitsentgelt im Jahre 2002. Dabei ist<br />

jedoch zu beachten, dass sowohl die Verteilung als auch die absolute Höhe <strong>der</strong> Jahres-<br />

17


einkommen im Modell endogen bestimmt wird. Unter diesen Umständen erscheinen<br />

die in Tabelle 3 ausgewiesenen <strong>Wer</strong>te durchaus als eine gute Approximation <strong>der</strong><br />

Realität. Das durchschnittliche Bruttoeinkommen <strong>der</strong> Selbständigen liegt um etwa<br />

3.000 e höher. Dies liegt zum Teil an <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten Einkommensschichtung (vgl.<br />

Tabelle 1), aber auch am höheren Arbeitsangebot, welches nicht durch Sozialbeiträge<br />

verzerrt wird. Beamte arbeiten dagegen aufgrund <strong>der</strong> steuerfinanzierten Pensionen<br />

weniger, wegen <strong>der</strong> unterschiedlichen Einkommensschichtung weisen jedoch Beamte<br />

und Arbeitnehmer nahezu identische durchschnittliche Bruttoeinkommen auf.<br />

Aufgrund des demographischen Übergangs verän<strong>der</strong>t sich die Ökonomie in den Jahren<br />

nach 2002. Die eigentliche Referenzlösung des Modells ist daher ein Entwicklungspfad<br />

<strong>der</strong> Volkswirtschaft zwischen 2002 und dem künftigen langfristigen Gleichgewicht,<br />

<strong>der</strong> das aktuelle <strong>Rentenbesteuerung</strong>system abbildet. Tabelle 4 präsentiert<br />

diesen Basispfad in <strong>der</strong> geschlossenen Ökonomie anhand <strong>der</strong> Entwicklung einiger<br />

zentraler Kenngrößen im Vergleich zum Basisjahr.<br />

Tabelle 4: Basispfad <strong>der</strong> geschlossenen Ökonomie<br />

Jahr 2005 2010 2020 2030 2040 2050 2100<br />

Beschäftigung a 2.5 5.6 6.3 -6.2 -13.8 -21.6 -44.8<br />

Kapitalstock a -1.2 -1.2 5.4 7.9 -1.1 -14.4 -41.1<br />

Konsum a 0.3 1.2 -0.6 -7.4 -15.0 -23.7 -49.2<br />

Zinssatz 3.6 3.0 5.1 2.6 3.6 5.8 5.4<br />

Lohnsatz -1.1 -2.0 -0.2 4.3 4.2 2.6 1.9<br />

Lohnsteuersatz 10.8 11.1 11.9 11.9 11.9 11.6 11.2<br />

Konsumsteuersatz 22.8 24.0 19.1 25.3 26.6 25.7 26.9<br />

GRV-Beitrag 20.2 20.7 20.9 25.2 27.7 27.7 24.0<br />

GKV-Beitrag 14.1 14.8 15.3 17.2 19.1 21.2 20.7<br />

PKV-Pauschale (in e) 184 196 213 235 258 280 270<br />

a Alle Verän<strong>der</strong>ungen in v.H. zum Basisjahr.<br />

Obwohl die Bevölkerung altert, steigt bis zum Jahr 2030 die Beschäftigung in unserem<br />

Modell, weil wir Beschäftigung in Effizienzeinheiten messen und letztere mit zunehmendem<br />

Alter ansteigen. Das Altern <strong>der</strong> geburtenstarken Jahrgänge aus den 50er<br />

und 60er Jahren erhöht deshalb die Beschäftigung (in Effizienzeinheiten) bis etwa<br />

2015. Danach sinkt die Beschäftigung, weil diese Kohorten in den Ruhestand wechseln.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> alternden Bevölkerung sinken die Ersparnisse, wodurch wie<strong>der</strong>um<br />

die Kapitalakkumulation gedämpft wird. Bis 2020 entwickelt sich <strong>der</strong> Kapitalstock<br />

deshalb schwächer als die Beschäftigung so dass <strong>der</strong> Bruttolohn im Vergleich zum<br />

18


Referenzjahr 2002 sinkt. Das (direkte) Grenzprodukt des Kapitals erhöht sich damit<br />

zwar, aber die Zinsen sinken anfänglich aufgrund <strong>der</strong> hohen Anpassungskosten. Erst<br />

nach 2010 steigen die Zinsen deutlich an. Nach 2020 wächst <strong>der</strong> Kapitalstock stärker<br />

als die Beschäftigung. Damit steigt <strong>der</strong> Lohnsatz wie<strong>der</strong> an und die Zinsen fallen.<br />

Die Entwicklung des durchschnittlichen Lohnsteuersatzes ergibt sich direkt aus <strong>der</strong><br />

Entwicklung des Bruttolohns und <strong>der</strong> Beschäftigung. Entsprechendes gilt für die<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kapitaleinkommensteuer. Der Konsumsteuersatz gleicht dagegen<br />

die Schwankungen bei <strong>der</strong> Einkommensteuer aus. Außerdem muss berücksichtigt<br />

werden, dass die Ausgaben für Öffentliche Güter sich verän<strong>der</strong>n. Mit sinken<strong>der</strong><br />

Bevölkerung vermin<strong>der</strong>n sich zwar die Gesamtausgaben für Öffentliche Güter, aber<br />

die Steuerbemessungsgrundlage geht noch stärker zurück. Deshalb muss <strong>der</strong> Konsumsteuersatz<br />

während <strong>der</strong> Transition ansteigen.<br />

Bei <strong>der</strong> gesetzlichen Rentenversicherung unterstellen wir ein konstantes Rentenzugangsalter.<br />

Die sich daraus ergebenden Abschläge aufgrund <strong>der</strong> Rentenreform<br />

<strong>von</strong> 1992 sind im Basispfad berücksichtigt 10 . Tabelle 4 zeigt, dass sich <strong>der</strong> GRV-<br />

Beitragssatz unter diesen Annahmen in den nächsten 20 Jahren nur geringfügig<br />

verän<strong>der</strong>t. Erst ab etwa 2025 steigt er aufgrund <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten Altersstruktur drastisch<br />

an. Der Spitzenwert <strong>von</strong> etwa 27 v.H. wird um 2040 erreicht, danach sinkt <strong>der</strong><br />

Beitragssatz wie<strong>der</strong> deutlich ab. Auch <strong>der</strong> GKV-Beitrag steigt in unserem Modell bis<br />

zum Jahre 2050 deutlich auf über 20 v.H. an. Schließlich sei noch darauf hingewiesen,<br />

dass auch die Beiträge zur PKV drastisch steigen, weil im Modell Rückstellungen <strong>der</strong><br />

PKV vernachlässigt wurden. Realistisch ist vermutlich ein wesentlich schwächerer<br />

Anstieg <strong>der</strong> PKV-Pauschalen.<br />

In <strong>der</strong> offenen Volkswirtschaft ist die inländische Kapitalakkumulation schwächer<br />

und <strong>der</strong> Lohnsatz niedriger als in <strong>der</strong> geschlossenen Volkswirtschaft. Weil jedoch <strong>der</strong><br />

inländische Konsum aufgrund <strong>von</strong> Zinszuflüssen aus dem Ausland stärker wächst<br />

(bzw. weniger fällt), ist <strong>der</strong> Konsumsteuersatz in <strong>der</strong> offenen Volkswirtschaft in <strong>der</strong><br />

Regel niedriger als in <strong>der</strong> geschlossenen. Trotz <strong>der</strong> unterschiedlichen Lohndynamik<br />

unterscheiden sich wegen <strong>der</strong> Lohnanpassung bei den Renten die GRV-Beiträge in<br />

geschlossener und offener Volkswirtschaft kaum. Die GKV-Beiträge sind dagegen in<br />

<strong>der</strong> offenen Volkswirtschaft langfristig systematisch höher, weil das Lohneinkommen<br />

schwächer wächst.<br />

10 Alternativ hätte man auch einen künftigen Anstieg des Rentenzugangsalters modellieren<br />

können.<br />

19


Damit sind die beiden alternativen Basispfade <strong>der</strong> Modellökonomie in <strong>der</strong> geschlossenen<br />

und offenen Volkswirtschaft ausreichend erklärt. Der nächste Abschnitt beschreibt<br />

die Konsequenzen <strong>der</strong> verschiedenen <strong>Reform</strong>maßnahmen.<br />

5. Simulationsergebnisse<br />

In diesem Abschnitt werden die Berechnungen für die <strong>Reform</strong> <strong>der</strong> <strong>Rentenbesteuerung</strong><br />

präsentiert. Wir erläutern zunächst die makroökonomischen Konsequenzen und<br />

zeigen schließlich <strong>der</strong>en Effizienz- und Verteilungswirkungen. Wir unterstellen dazu,<br />

dass die bisher beschriebenen <strong>Reform</strong>maßnahmen zwar ab dem Jahre 2005 implementiert,<br />

jedoch bereits zu Beginn des Jahres 2003 verkündet werden. In den Jahren<br />

2003 und 2004 ergeben sich damit gewisse Ankündigungseffekte, welche jedoch<br />

quantitativ nicht allzu bedeutend sind. Wir beschränken uns auf die ausführliche<br />

Darstellung <strong>der</strong> geschlossenen Volkswirtschaft und simulieren sowohl den Gesetzentwurf<br />

als auch den VDR-Vorschlag einmal ohne und einmal mit einer Absenkung<br />

<strong>der</strong> Freibeträge bei den Erwerbstätigen um 1000 e. Der Budgetausgleich wird immer<br />

über eine Anpassung <strong>der</strong> Konsumsteuer vorgenommen.<br />

Makroökonomische Konsequenzen <strong>der</strong> <strong>Reform</strong><br />

Tabelle 5 zeigt die Wirkung <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> auf einige ausgewählte VGR-Aggregate<br />

und Steuersätze. Durch den Übergang zur nachgelagerten Besteuerung <strong>der</strong> Alterseinkünfte<br />

sinkt (wie erwartet) <strong>der</strong> Lohnsteuersatz im Zeitablauf ab. Weil die zusätzlichen<br />

Einnahmen aus <strong>der</strong> höheren <strong>Rentenbesteuerung</strong> nicht ausreichen um die Verluste<br />

auszugleichen, muss <strong>der</strong> Konsumsteuersatz stetig angehoben werden 11 . Etwas<br />

überraschend ist zunächst, dass selbst mittelfristig mit <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> keine höheren<br />

Einnahmen erzielt werden können, obwohl die Anzahl <strong>der</strong> Rentner ständig zunimmt<br />

während die Erwerbstätigenzahl abnimmt. Mit den höheren Rentenausgaben steigen<br />

jedoch auch die künftigen GRV-Beiträge drastisch an (vgl. Tabelle 4). Die gestiegenen<br />

GRV-Beiträge können künftig zum Abzug gebracht werden, so dass die Steuerausfälle<br />

im Zeitablauf ständig steigen. Auf den ersten Blick überrascht auch die kurzfristig<br />

negative Reaktion des Arbeitsangebotes. Schließlich werden mit <strong>der</strong> <strong>Reform</strong><br />

die Arbeitsanreize doch erheblich verbessert. Die aggregierte Beschäftigungswirkung<br />

verdeckt jedoch, dass die Arbeitsangebotsreaktion <strong>der</strong> einzelnen Kohorten und Beschäftigungstypen<br />

höchst unterschiedlich ist. Bei den Arbeitnehmern kommt es zu<br />

11 Unsere kurzfristigen Aufkommensverluste stimmen grob mit den <strong>von</strong> <strong>der</strong> Bundesregierung bis<br />

2010 prognostizierten Aufkommenswirkungen überein, vgl. Vorblatt des Gesetzentwurfs, S. 4.<br />

20


einer intertemporalen Umschichtung des Arbeitsangebotes. Da die künftigen Lohnsteuersätze<br />

sinken, wird man in <strong>der</strong> Jugend weniger als bisher arbeiten und dafür in<br />

späteren Jahren das Arbeitsangebot erhöhen. Die Selbständigen weiten aufgrund <strong>der</strong><br />

<strong>Reform</strong> ihr Arbeitsangebot aus, letzteres hat jedoch keinen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage<br />

für die GRV-Beiträge. Langfristig hat die <strong>Reform</strong> positive Wirkungen<br />

auf Beschäftigung und Kapitalstock, wodurch <strong>der</strong> Lohnsatz leicht steigt und <strong>der</strong><br />

Zinssatz sinkt. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass aufgrund <strong>der</strong> Riester-<br />

Formel die <strong>Reform</strong> keinen signifikanten Einfluss auf die künftigen Rentenansprüche<br />

und damit den GRV-Beitragssatz hat.<br />

Wird <strong>der</strong> Aufkommensverlust durch eine Absenkung <strong>der</strong> Freibeträge finanziert, so<br />

erhöht sich sogar kurzfristig das Lohnsteueraufkommen, so dass <strong>der</strong> Konsumsteuersatz<br />

vorübergehend gesenkt werden kann. Mittel- und langfristig sinkt <strong>der</strong> Lohnsteuersatz<br />

um etwa einen Prozentpunkt weniger als in <strong>der</strong> vorangegangenen Simulation.<br />

Die Konsumsteuer steigt deshalb um etwa einen Prozentpunkt weniger an.<br />

Die Beschäftigungs- und Kapitalstockentwicklung weist bei dieser Finanzierungsvariante<br />

eine schwächere Dynamik auf. Die drastische Reaktion des Zinssatzes im<br />

Jahre 2005 erklärt sich aufgrund <strong>der</strong> Ankündigungseffekte <strong>der</strong> <strong>Reform</strong>. In den beiden<br />

Ankündigungsjahren 2003 und 2004 wird das Arbeitsangebot erhöht, ab dem<br />

Jahr 2005 dagegen enorm vermin<strong>der</strong>t. Letzteres senkt die Kapitalproduktivität und<br />

damit den Zinssatz.<br />

Der VDR-Vorschlag führt dagegen im Vergleich zum Gesetzentwurf kurzfristig zu<br />

deutlich höheren Lohnsteuerausfällen und erzwingt damit eine stärkere Anhebung<br />

<strong>der</strong> Konsumsteuer. Die Beschäftigung und <strong>der</strong> Kapitalstock steigen damit zumindest<br />

kurz- und mittelfristig im Vergleich zur entsprechenden Finanzierungsvariante<br />

des Gesetzentwurfs. Auch hier zeigt die Zinssatzreaktion im Jahr 2005 signifikante<br />

Ankündigungseffekte des <strong>Reform</strong>vorschlags.<br />

Die Unterschiede zwischen <strong>der</strong> offenen und <strong>der</strong> geschlossenen Volkswirtschaft sind<br />

nicht allzu groß. In <strong>der</strong> offenen Volkswirtschaft werden die zusätzlichen Ersparnisse<br />

im Ausland angelegt, deshalb steigt mittelfristig <strong>der</strong> Kapitalstock in <strong>der</strong> offenen<br />

Volkswirtschaft schwächer als in <strong>der</strong> geschlossenen. In <strong>der</strong> offenen Volkswirtschaft<br />

sind die marginalen Lohnsteuersätze niedriger als in <strong>der</strong> geschlossenen Volkswirtschaft,<br />

deshalb fallen die Steuerausfälle bei Freistellung <strong>der</strong> Rentenbeiträge ebenfalls<br />

etwas schwächer aus. In <strong>der</strong> offenen Volkswirtschaft wird deshalb im Vergleich zur<br />

geschlossenen Volkswirtschaft die Steuerstruktur weniger in Richtung Konsumsteuer<br />

21


Tabelle 5: Makroökonomische Wirkungen <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> a<br />

Gesetzentwurf<br />

VDR-Vorschlag<br />

ohne mit ohne mit<br />

Freibetragsanpassung<br />

Beschäftigung<br />

2005 -0.1 -0.9 0.5 -0.4<br />

2010 -0.1 -0.8 0.4 -0.4<br />

2020 0.2 -0.3 0.1 -0.3<br />

2035 0.7 0.4 0.6 0.4<br />

2050 0.6 0.5 0.5 0.4<br />

2100 0.4 0.0 0.4 0.0<br />

Kapitalstock<br />

2005 0.0 0.1 0.0 0.0<br />

2010 0.0 -0.3 0.3 0.0<br />

2020 0.2 -0.8 1.1 -0.1<br />

2035 1.2 -0.4 1.7 0.0<br />

2050 2.4 0.4 2.6 0.6<br />

2100 2.7 0.6 2.7 0.7<br />

Lohnsatz<br />

2005 0.0 0.3 -0.1 0.1<br />

2010 0.0 0.1 0.0 0.1<br />

2020 0.0 -0.1 0.2 0.0<br />

2035 0.1 -0.2 0.3 -0.1<br />

2050 0.5 0.0 0.6 0.0<br />

2100 0.6 0.2 0.6 0.2<br />

Zinssatz<br />

2005 -0.1 -1.0 0.8 -1.1<br />

2010 -0.1 -0.1 0.1 -0.1<br />

2020 0.0 0.1 -0.2 -0.1<br />

2035 -0.1 0.0 -0.1 0.0<br />

2050 -0.2 -0.1 -0.2 -0.1<br />

2100 -0.2 0.0 -0.2 0.0<br />

Konsumsteuer<br />

2005 0.2 0.0 0.6 0.8<br />

2010 0.3 -0.9 1.8 0.8<br />

2020 0.7 0.3 2.1 0.9<br />

2035 2.2 1.5 2.3 1.4<br />

2050 2.0 1.1 2.0 1.1<br />

2100 1.4 0.5 1.4 0.5<br />

Lohnsteuer<br />

2005 0.0 1.1 -1.5 -0.4<br />

2010 -0.3 0.8 -1.7 -0.6<br />

2020 -1.3 -0.3 -1.8 -0.8<br />

2035 -2.5 -1.6 -2.5 -1.6<br />

2050 -2.4 -1.5 -2.3 -1.5<br />

2100 -1.9 -1.0 -1.9 -1.0<br />

a Alle Verän<strong>der</strong>ungen in v.H. <strong>der</strong> Basissimulation.<br />

Zinssatz und Steuersätze in Prozentpunkten.<br />

22


verschoben.<br />

Wohlfahrts- und Effizienzwirkungen <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> 12<br />

Tabelle 6 zeigt, dass <strong>der</strong> Übergang zur nachgelagerten Besteuerung <strong>von</strong> Alterseinkünften<br />

bei reiner Konsumsteuerfinanzierung mit Effizienzgewinnen, bei einer Absenkung<br />

<strong>der</strong> Freibeträge dagegen möglicherweise mit Effizienzverlusten verbunden<br />

ist. In <strong>der</strong> geschlossenen Volkswirtschaft belaufen sich die aggregierten Effizienzgewinne<br />

des Gesetzentwurf ohne Freibetragsanpassung auf etwa 3,3 Mrd. e jährlich.<br />

Der VDR-Vorschlag liefert höhere Effizienzgewinne, weil <strong>der</strong> Übergang zur Konsumsteuer<br />

damit beschleunigt wird. In <strong>der</strong> offenen Volkswirtschaft sind die Effizienzgewinne<br />

dagegen beträchtlich niedriger aufgrund des schwächeren Übergangs zur<br />

Konsumsteuer.<br />

Tabelle 6: Aggregierte Effizienzwirkung <strong>der</strong> <strong>Reform</strong>en<br />

Gesetzentwurf<br />

VDR-Vorschlag<br />

mit ohne mit ohne<br />

Freibetragsanpassung<br />

Geschlossene Volkswirtschaft<br />

in v.H. des Steueraufkommens<br />

in <strong>der</strong> Basissimulation 0.74 -0.15 1.12 0.23<br />

in Mio. e jährlich a 3.350 -680 5.070 1.040<br />

Offene Volkswirtschaft<br />

in v.H. des Steueraufkommens<br />

in <strong>der</strong> Basissimulation 0.45 -0.38 0.94 0.13<br />

in Mio. e jährlich a 2.040 -1.720 4.260 590<br />

a Berechnet auf Basis <strong>der</strong> Steuereinnahmen in <strong>der</strong> Basissimulation.<br />

Fehr und Jess (2001b) quantifizierten die Effizienzgewinne bereits in einer früheren<br />

Modellversion unter wesentlich vereinfachten Annahmen in einer offenen Volkswirtschaft.<br />

Im Vergleich dazu fallen in unseren neuen Berechnungen die Effizienzgewinne<br />

etwas geringer aus 13 . Man muss allerdings dabei berücksichtigen, dass in <strong>der</strong> früheren<br />

12 Zur Berechnung <strong>der</strong> Wohlfahrts- und Effizienzwirkungen vgl. Fehr (1999).<br />

13 Für den Falle <strong>der</strong> verzögerten Umstellung wurde dort ein jährlicher Effizienzgewinn in Höhe<br />

<strong>von</strong> 0.78 v.H. <strong>der</strong> Steueraufkommens ermittelt.<br />

23


Modellversion sowohl <strong>der</strong> Vorsorgeabzug als auch <strong>der</strong> Übergang zur nachgelagerten<br />

Besteuerung wesentlich schematischer modelliert wurde.<br />

Die nachfolgenden Tabellen 7 und 8 zeigen, bei welchen Haushalten diese Effizienzgewinne<br />

anfallen und wie die Verteilungswirkungen <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> zu beurteilen sind.<br />

Betrachten wir zunächst die intergenerativen Effizienz- und Wohlfahrtswirkungen<br />

im unteren Teil <strong>von</strong> Tabelle 7. Mit <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> verschiebt sich die Steuerstruktur<br />

zugunsten <strong>der</strong> Konsumsteuer. Für Generationen, welche im Jahr 2002 kurz vor<br />

dem Ruhestand stehen o<strong>der</strong> bereits dorthin gewechselt sind, än<strong>der</strong>t sich aufgrund<br />

<strong>der</strong> Günstigerprüfung bis 2015 nichts Substantielles. Bei den jüngeren Kohorten<br />

dagegen zeigen sich die Anreizwirkungen aufgrund <strong>der</strong> vermin<strong>der</strong>ten Grenzsteuersätze.<br />

Sie realisieren deshalb (mit dem Geburtsjahr ansteigende) Effizienzgewinne<br />

durch die <strong>Reform</strong>. Letztere führt jedoch auch zu einer intergenerativen Umverteilung<br />

zu Lasten <strong>der</strong> älteren Kohorten. Diese profitieren nicht <strong>von</strong> <strong>der</strong> Lohnsteuerentlastung,<br />

werden aber gleichzeitig durch die Konsumsteueranhebung belastet. Bei den<br />

jüngeren Kohorten dagegen dominiert im Barwert die Entlastung bei <strong>der</strong> Lohnsteuer<br />

die zusätzliche Belastung bei <strong>der</strong> Konsumsteuer aufgrund <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />

Einkommens- und Konsumprofile über den Lebenszyklus. Die jüngeren Generationen<br />

erzielen deshalb Wohlfahrtsgewinne, welche höher ausfallen als die Effizienzgewinne;<br />

die älteren Generationen weisen dagegen in Tabelle 7 Wohlfahrtsverluste<br />

aus.<br />

Der obere Teil <strong>von</strong> Tabelle 7 zeigt die Verteilung <strong>der</strong> Wohlfahrts- und Effizienzeffekte<br />

innerhalb <strong>der</strong> Kohorten und Berufstypen 14 . Schon bei den Effizienzwirkungen<br />

fällt auf, dass diese höchst unterschiedlich verteilt sind. Beamte realisieren danach<br />

insignifikante Effizienzeffekte. Das sollte eigentlich nicht überraschen, denn für diese<br />

Berufsgruppe entfaltet die <strong>Reform</strong> auch kaum Anreizwirkungen. Während <strong>der</strong> Erwerbsphase<br />

än<strong>der</strong>n sich die Grenzsteuersätze für die Beamten nicht, weil sie selbst<br />

nach dem Jahr 2015 ihre PKV-Beiträge wie bisher absetzen können 15 . Die Verzerrung<br />

aufgrund des höheren Konsumsteuersatzes wirkt sich nicht signifikant auf das<br />

Arbeitsangebot aus. Selbständige können unter dem geltenden Recht ihre Vorsorgebeiträge<br />

bis zum Höchstbetrag <strong>von</strong> 5.068 e absetzen. Dieser Höchstbetrag wur-<br />

14 In <strong>der</strong> untersten Einkommensklasse können wir zwar die individuellen Wohlfahrtseffekte für<br />

Beamte bestimmen, aber im Modell spielen diese bei <strong>der</strong> Aggregation keine Rolle. Zur Information<br />

weisen wir diese dennoch in allen Tabellen aus.<br />

15 Die PKV-Pauschalen <strong>der</strong> Beamte liegen wegen <strong>der</strong> Beihilfe weit unter 1500 e.<br />

24


Tabelle 7: Wohlfahrts- und Effizienzwirkungen <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> a<br />

Gesetzentwurf ohne Freibetragsanpassung<br />

Arbeitnehmer Beamte Selbständige<br />

Geburtsjahr Wohlfahrt Effizienz Wohlfahrt Effizienz Wohlfahrt Effizienz<br />

Unterste EK<br />

1930 -0.02 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00<br />

1950 -0.21 -0.01 -0.20 0.00 -0.16 0.01<br />

1970 -0.09 0.02 -0.50 0.01 -0.38 0.02<br />

1990 0.22 0.07 -0.55 -0.01 -0.59 -0.01<br />

2010 0.42 0.45 -0.58 -0.02 -0.91 -0.03<br />

2030 0.63 0.43 -0.47 0.00 -0.78 -0.04<br />

Mittlere EK<br />

1930 -0.02 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00<br />

1950 -0.20 -0.01 -0.20 0.01 -0.16 0.01<br />

1970 0.15 0.07 -0.46 0.01 -0.40 0.01<br />

1990 0.52 0.18 -0.50 -0.01 -0.54 -0.02<br />

2010 0.86 0.49 -0.53 -0.02 -0.81 -0.03<br />

2030 1.07 0.47 -0.43 0.00 -0.67 -0.03<br />

Oberste EK<br />

1930 -0.03 0.00 -0.01 0.00 0.00 0.00<br />

1950 -0.15 0.00 -0.18 0.01 -0.20 0.01<br />

1970 0.25 0.10 -0.40 0.01 -0.42 0.01<br />

1990 0.82 0.18 -0.44 -0.01 -0.46 -0.01<br />

2010 1.16 0.46 -0.46 -0.01 -0.62 -0.03<br />

2030 1.43 0.44 -0.36 0.00 -0.52 -0.01<br />

Aggregiert<br />

1930 -0.02 0.00<br />

1950 -0.18 0.00<br />

1970 -0.02 0.05<br />

1990 0.24 0.11<br />

2010 0.39 0.32<br />

2030 0.57 0.30<br />

a Alle Verän<strong>der</strong>ungen in v.H. des verbleibenden Humankapitals.<br />

25


de bei unserer Modellkalibrierung selbst bei einem Jahreseinkommen <strong>von</strong> 40.000 e<br />

erst mittelfristig ausgeschöpft 16 . Aufgrund <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> können die Selbständigen ihre<br />

PKV-Beiträge nur noch beschränkt absetzen. Selbst wenn sie bis 2015 nach dem<br />

alten System ihre freizustellenden Vorsorgebeiträge wählen, stellen sie sich infolge<br />

<strong>der</strong> Absenkung des Vorwegabzugs schlechter. Unter dem neuen System können alle<br />

Selbständigen geringere Vorsorgeaufwendungen steuerlich geltend machen. Damit<br />

steigt vor allem ab 2015 ihr zu versteuerndes Einkommen und <strong>der</strong> Grenzsteuersatz<br />

bei <strong>der</strong> Lohnsteuer 17 was die in <strong>der</strong> letzten Spalte ausgewiesenen leichten Effizienzverluste<br />

erklärt. Bei den unteren Einkommensklassen fällt die anteilige Beschränkung<br />

höher aus, deshalb verlieren sie überproportional. Arbeitnehmer können dagegen<br />

nach <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> ihr zu versteuerndes Einkommen deutlich verringern. Eigentlich<br />

würde man erwarten, dass im unteren Einkommensbereich die Effizienzgewinne niedriger<br />

ausfallen, weil dort bereits unter dem geltenden System die Sozialbeiträge voll<br />

abgesetzt werden können. Dabei ist jedoch zu beachten, dass unter den Annahmen<br />

im Basispfad <strong>der</strong> vollständige Abzug <strong>der</strong> Vorsorgeaufwendungen nur bei einem Einkommensniveau<br />

knapp unter 15.000 e möglich ist. In unserem Modell erzielt jedoch<br />

die unterste Einkommensklasse in <strong>der</strong> Regel ein höheres Jahreseinkommen, so dass<br />

auch im unteren Einkommensbereich durch die <strong>Reform</strong> das zu versteuernde Einkommen<br />

sinkt und Effizienzgewinne realisiert werden können. Die Effizienzgewinne<br />

sind etwas höher bei den mittleren Einkommensklassen, weil dort das zu versteuernde<br />

Einkommen stärker sinkt. Die etwas schwächeren Effizienzgewinne <strong>der</strong> obersten<br />

Einkommensklassse sind vermutlich auf die Beitragsbemessungsgrenze bei GRV und<br />

GKV zurückzuführen. Die marginale Gesamtbelastung (also marginale Lohnsteuer<br />

plus marginaler Sozialbeitrag) kann dadurch niedriger sein als im mittleren Einkommensbereich,<br />

so dass auch <strong>der</strong> Effizienzgewinn geringer ausfällt.<br />

Die Verteilungswirkungen <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> gehen klar zu Lasten <strong>der</strong> Beamten und Selbständigen.<br />

Beamte zahlen nun wesentlich höhere Steuern während des Ruhestandes.<br />

Selbständige zahlen sowohl während des Ruhestandes als auch während <strong>der</strong> Erwerbsphase<br />

höhere Steuern, deshalb sind ihre Wohlfahrtseinbußen deutlich höher als bei<br />

den Beamten. Arbeitnehmer zahlen zwar auch höhere Steuern in <strong>der</strong> Rente, aber<br />

16 Die Beiträge zur privaten Rentenversicherung betragen in diesem Falle 2000 e. Der PKV-<br />

Jahresbeitrag für die Selbständigen steigt <strong>von</strong> rund 2200 e auf rund 3300 e an, vgl. Tabelle<br />

5.<br />

17 Dies erklärt auch, warum Selbständige in den Jahren bis 2015 ihr Arbeitsangebot erhöhen.<br />

26


ei ihnen wiegen die Entlastungen während <strong>der</strong> Erwerbsphase stärker. Durch die<br />

<strong>Reform</strong> verschlechtern sich damit lediglich einige ältere Arbeitnehmer, was wohl<br />

vor allem auf den Anstieg <strong>der</strong> Konsumsteuer zurückzuführen sein dürfte. Deutlich<br />

wird auch, dass die Wohlfahrtsgewinne mit <strong>der</strong> Einkommensklasse ansteigen. Im<br />

oberen Einkommensbereich fallen die Entlastungen natürlich höher aus, weil unter<br />

dem geltenden System nur ein geringer Anteil <strong>der</strong> GRV-Beiträge abgesetzt werden<br />

konnte.<br />

Diese grundlegenden Zusammenhänge bleiben auch in <strong>der</strong> offenen Volkswirtschaft<br />

bestehen, allerdings ist die Amplitude <strong>der</strong> Verteilungs- und Effizienzwirkungen abgedämpft.<br />

Zu beachten ist ferner, dass im Modell keine zusammen veranlagten Ehepartner<br />

abgebildet werden. Gegenwärtig verdoppeln sich bei diesen die Höchstbeträge<br />

<strong>der</strong> absetzbaren Vorsorgeaufwendungen. Sofern man unterstellt, dass im Haushalt<br />

nur ein Ehepartner erwerbstätig ist, stellen sich unter plausiblen Annahmen die verheirateten<br />

Haushalte zumindest im Jahr 2005 unter dem geltenden System besser<br />

als unter den neuen Regelungen, vgl. Fehr (2003). Infolge <strong>der</strong> Günstigerprüfung hat<br />

in den Jahren bis 2015 die <strong>Reform</strong> für verheiratete Alleinverdienerhaushalte damit<br />

kaum Auswirkungen. Für die Jahre danach sind Aussagen schwierig, aber tendentiell<br />

überschätzt unser Modell die Steuerausfälle bei den Erwerbstätigen und die<br />

Steuereinnahmen bei den Rentnern.<br />

Tabelle 8 zeigt schließlich die Effizienz- und Verteilungswirkungen bei verän<strong>der</strong>ter<br />

Finanzierung und beim VDR-Vorschlag. Die Freibetragsabsenkung führt insgesamt<br />

zu Effizienzverlusten. Darüber hinaus fällt im Vergleich zur vorangegangenen Simulation<br />

vor allem die intergenerative Umverteilung etwas schwächer aus. Beim<br />

VDR-Vorschlag steigen die Effizienzgewinne aller Haushalte durch den beschleunigten<br />

Wechsel zur Konsumsteuer beträchtlich an. Die älteren Haushalte verschlechtern<br />

sich durchgehend, Gewinner (gegenüber dem Gesetzesvorschlag) sind vor allem die<br />

Arbeitnehmerhaushalte mittleren Alters. Sie können nun höhere Abzüge als bisher<br />

geltend machen, während Beamte und Selbständige durch die höhere Konsumsteuer<br />

zusätzlich belastet werden.<br />

Damit ist die Analyse <strong>der</strong> nachgelagerten Besteuerung abgeschlossen.<br />

6. Zusammenfassung <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

Der <strong>von</strong> <strong>der</strong> Bundesregierung im Oktober 2003 vorgelegte Gesetzentwurf zum Alterseinkünftegesetz<br />

hat relativ eindeutige Verteilungswirkungen. Gewinner dieser <strong>Reform</strong><br />

wären vor allem die Arbeitnehmer, sie profitieren dabei umso mehr, je höher<br />

27


Tabelle 8: Wohlfahrts- und Effizienzwirkungen <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> a<br />

Arbeitnehmer Beamte Selbständige<br />

Geburtsjahr Wohlfahrt Effizienz Wohlfahrt Effizienz Wohlfahrt Effizienz<br />

Gesetzentwurf mit Freibetragsanpassung<br />

Unterste EK 1950 -0.13 -0.11 -0.08 -0.01 -0.02 0.00<br />

1990 -0.20 -0.39 -0.70 -0.03 -0.67 -0.03<br />

2030 0.11 -0.26 -0.72 -0.02 -0.95 -0.06<br />

Mittlere EK 1950 -0.13 -0.07 -0.08 -0.01 -0.03 0.00<br />

1990 0.19 -0.10 -0.65 -0.02 -0.58 -0.02<br />

2030 0.61 0.04 -0.64 -0.03 -0.80 -0.04<br />

Oberste EK 1950 -0.09 -0.02 -0.09 0.00 -0.08 0.00<br />

1990 0.59 0.02 -0.56 -0.03 -0.48 -0.03<br />

2030 1.08 0.13 -0.54 -0.02 -0.62 -0.03<br />

Aggregiert 1950 -0.11 -0.05<br />

1990 -0.01 -0.10<br />

2030 0.22 -0.01<br />

VDR-Vorschlag ohne Freibetragsanpassung<br />

Unterste EK 1950 -0.32 0.02 -0.28 0.00 -0.45 0.00<br />

1990 0.28 0.21 -0.58 -0.01 -0.64 -0.01<br />

2030 0.63 0.43 -0.46 0.00 -0.77 -0.04<br />

Mittlere EK 1950 -0.24 -0.02 -0.27 0.00 -0.52 0.00<br />

1990 0.59 0.28 -0.53 -0.01 -0.57 -0.02<br />

2030 1.07 0.47 -0.42 0.00 -0.66 -0.03<br />

Oberste EK 1950 -0.21 0.05 -0.25 0.00 -0.65 0.00<br />

1990 0.90 0.25 -0.45 -0.01 -0.47 -0.01<br />

2030 1.43 0.44 -0.37 0.00 -0.51 -0.01<br />

Aggregiert 1950 -0.29 0.01<br />

1990 0.28 0.18<br />

2030 0.57 0.30<br />

VDR-Vorschlag mit Freibetragsanpassung<br />

Unterste EK 1950 -0.25 -0.08 -0.17 -0.01 -0.31 -0.01<br />

1990 -0.15 -0.27 -0.74 -0.03 -0.71 -0.03<br />

2030 0.11 -0.26 -0.71 -0.02 -1.94 -0.06<br />

Mittlere EK 1950 -0.19 -0.02 -0.16 -0.01 -0.40 -0.01<br />

1990 0.26 -0.03 -0.68 -0.02 -0.62 -0.02<br />

2030 0.61 0.04 -0.64 -0.03 -0.79 -0.04<br />

Oberste EK 1950 -0.15 0.03 -0.17 0.00 -0.54 0.00<br />

1990 0.67 0.08 -0.58 -0.02 -0.51 -0.02<br />

2030 1.08 0.13 -0.54 -0.02 -0.62 -0.03<br />

Aggregiert 1950 -0.23 -0.01<br />

1990 0.03 -0.04<br />

2030 0.22 -0.01<br />

a Alle Verän<strong>der</strong>ungen in v.H. des verbleibenden Humankapitals.<br />

28


ihr Einkommen ist und je jünger sie sind. Beamte und Selbständige sind die klaren<br />

Verlierer bei dieser <strong>Reform</strong>, wobei die Selbständigen (bei den <strong>von</strong> uns unterstellten<br />

Annahmen hinsichtlich ihrer Altersabsicherung) noch etwas stärker belastet werden.<br />

Da eine Selbstfinanzierung <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> unwahrscheinlich erscheint, ist in Hinblick auf<br />

die Effizienzwirkungen <strong>der</strong> <strong>Reform</strong> <strong>der</strong>en Gegenfinanzierung <strong>von</strong> entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung.<br />

Sofern die Aufkommensverluste durch eine Anhebung <strong>der</strong> Konsumsteuern<br />

finanziert werden führt die <strong>Reform</strong> durchaus zu beachtlichen Effizienzgewinnen in<br />

Höhe <strong>von</strong> 2-3 Mrd. e jährlich. <strong>Wer</strong>den jedoch die Aufkommensverluste durch eine<br />

Verbreiterung <strong>der</strong> Bemessungsgrundlage bei <strong>der</strong> Einkommensteuer kompensiert,<br />

sind auch signifikante Effizienzverluste möglich.<br />

Der <strong>Reform</strong>vorschlag des VDR vermeidet eine Doppelbesteuerung <strong>von</strong> Beiträgen<br />

und Renten. Seine konkrete Implementierung hängt jedoch <strong>von</strong> <strong>der</strong> Übergangsphase<br />

für die Freistellung <strong>der</strong> Beiträge ab. In unseren Simulationen wurde eine sofortige<br />

Freistellung <strong>der</strong> Beiträge im Jahr 2005 unterstellt. In diesem Falle kommt es<br />

zu einer schnelleren Verschiebung <strong>der</strong> Steuerstruktur in Richtung Konsumsteuer.<br />

Dadurch steigen die Effizienzgewinne sowie die Belastungen <strong>der</strong> älteren Generationen<br />

und <strong>der</strong> Beamten und Selbständigen mittleren Alters. Gewinner sind vor allem<br />

die Arbeitnehmer im mittleren Alter. Bei einer Freistellung <strong>der</strong> Beiträge entsprechend<br />

dem Gesetzentwurf würde <strong>der</strong> VDR-Vorschlag zu einer wesentlich längeren<br />

Streckung <strong>der</strong> Umstellung bei den zu versteuernden Rentenanteilen führen. In unserem<br />

Modell ergäben sich dann nur geringfügige Unterschiede zum Gesetzentwurf.<br />

29


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30


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31

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