Politische Kommunikation in der digitalen Gesellschaft - Govermedia
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Robert Grünewald<br />
öffentlich-rechtlichen diese Entwicklung<br />
für sich nutzen, <strong>in</strong>dem ihnen nichts an<strong>der</strong>es<br />
e<strong>in</strong>fällt als die Expansion <strong>in</strong>s Netz<br />
und das Vordr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> neue technische<br />
Empfangswelten wie iPhone und Mobilfunk,<br />
die für den Rundfunkempfang<br />
eigentlich nicht entwickelt wurden.<br />
Auch wenn dies mit dem EU-Recht und<br />
dem Rundfunkstaatsvertrag vere<strong>in</strong>bar<br />
se<strong>in</strong> mag, so zeigt sich hier doch e<strong>in</strong> gewisser<br />
medienpolitischer Überprüfungsbedarf,<br />
denn den Medienwandel machen<br />
sich mit ARD und ZDF gerade diejenigen<br />
zunutze, die ihn sich aufgrund ihrer Gebührenalimentierung<br />
leisten können. Der<br />
Medienwandel darf jedoch nicht dazu<br />
führen, dass er am Ende e<strong>in</strong>e Zweiklassengesellschaft<br />
unter den Anbietern begünstigt.<br />
Wie weit <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Rundfunkausbreitung<br />
<strong>in</strong>s Netz bereits fortgeschritten<br />
ist, darauf macht e<strong>in</strong>e Studie<br />
<strong>der</strong> Medienwissenschaftler<strong>in</strong> Joan Krist<strong>in</strong><br />
Bleicher aufmerksam. Sie spricht von<br />
e<strong>in</strong>er zunehmenden Hybridisierung <strong>der</strong><br />
Rundfunkangebote im Netz und belegt<br />
dies vor allem mit <strong>der</strong> Ablösung <strong>der</strong><br />
klassischen Programmmodelle durch Navigationsmodelle<br />
im Internetfernsehen.<br />
Dabei kommt es <strong>in</strong> steigendem Maße zu<br />
nutzergeneriertenProgramm<strong>in</strong>halten,sodass<br />
sich mit herkömmlichen Unterscheidungskriterien<br />
gar nicht mehr bestimmen<br />
lässt, ob es sich noch um Rundfunk<br />
(Broad-) o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelme<strong>in</strong>ung (Microcast<strong>in</strong>g)<br />
handelt. So gerät <strong>der</strong> Rundfunk <strong>in</strong>sgesamt<br />
<strong>in</strong> den Grenzbereich se<strong>in</strong>er demokratischen<br />
Legitimation, denn e<strong>in</strong> Je<strong>der</strong>mannrecht<br />
zur Programmveranstaltung<br />
ist <strong>in</strong> den geltenden Mediengesetzen ausdrücklich<br />
ausgeschlossen. Möglich ist<br />
dies bislang nur, weil es sich um e<strong>in</strong> Phänomen<br />
handelt, das <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em unregulierten,<br />
weil dem Rundfunk nicht zugerechneten<br />
Bereich auftritt.<br />
Verantwortung zur Regulierung<br />
Allerd<strong>in</strong>gs ist es vor allem die oben skizzierte<br />
Abwan<strong>der</strong>ung des Journalismus<br />
aus dem regulierten <strong>in</strong> den unregulierten<br />
Bereich, die deutlich macht: Die Medienpolitik<br />
darf sich nicht ihrer Verantwortung<br />
zur Regulierung entziehen. Der<br />
Bundes<strong>in</strong>nenm<strong>in</strong>ister hat versichert, <strong>der</strong><br />
Staat garantiere auch die Freiheit des<br />
Internets. Nicht nur, weil er dies auch<br />
als Verfassungsm<strong>in</strong>ister gesagt hat, son<strong>der</strong>n<br />
weil es sich um e<strong>in</strong>e Garantie handelt,<br />
die <strong>der</strong>jenigen des Artikel 5 des<br />
Grundgesetzes gleich kommt, ist es notwendig,<br />
den damit verbundenen Gesetzgebungsvorbehalt<br />
mit Leben zu erfüllen.<br />
Die Schutzgarantie <strong>der</strong> Verfassung für<br />
Presse, Hörfunk und Fernsehen sollte<br />
auf das Internet ausgeweitet werden –<br />
bei allen politischen und kompetenzrechtlichen<br />
Konsequenzen, die e<strong>in</strong> solches<br />
Unterfangen auslösen würde. Die<br />
CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat beschlossen,<br />
e<strong>in</strong>e Enquete-Kommission zu<br />
beantragen, die aufzeigen soll, wie Internet<br />
und Digitalisierung das gesellschaftliche<br />
Leben verän<strong>der</strong>n und welche politischen<br />
Konsequenzen daraus zu ziehen<br />
s<strong>in</strong>d. In <strong>der</strong> Begründung heißt es, dass<br />
es sich beim Internet nicht mehr nur um<br />
e<strong>in</strong>e technische Plattform handelt, son<strong>der</strong>n<br />
wie bei den klassischen Medien um<br />
e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tegralen Bestandteil des Lebens<br />
<strong>der</strong> Menschen. Der Untersuchungsauftrag<br />
zielt unter an<strong>der</strong>em auf Erkenntnisse<br />
zur Medienverantwortung, zur<br />
Medien- und Me<strong>in</strong>ungsvielfalt, zu Wettbewerb<br />
und Marktsituation, Jugendschutz<br />
sowie Persönlichkeitsschutz und<br />
weitere Regelungsbereiche, wie sie aus<br />
<strong>der</strong> bisheri-gen Mediengesetzgebung bekannt<br />
s<strong>in</strong>d. Bis zur Umsetzung <strong>der</strong> Erkenntnisse<br />
von Enquete-Kommissionen<br />
ist es erfahrungsgemäß zwar meist e<strong>in</strong><br />
weiter Weg, aber dennoch handelt es<br />
sich um e<strong>in</strong>en wichtigen Schritt <strong>in</strong> die<br />
richtige Richtung, um für den Medienwandel<br />
den notwendigen medienpolitischen<br />
Ordnungsrahmen zu schaffen und<br />
e<strong>in</strong>e neue Phase <strong>der</strong> Medienpolitik e<strong>in</strong>zuläuten.<br />
Seite 32 Nr. 484 · März 2010