13_Atombau und Chemische Bindung.pdf
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2 <strong>Atombau</strong> <strong>und</strong> <strong>Chemische</strong> <strong>Bindung</strong><br />
Elemente <strong>und</strong> Verbindungen<br />
Elemente<br />
Elemente bestehen aus Atomen. Jedes Element besteht aus einer eigenen Atomsorte.<br />
Da es über 105 Elemente gibt, existieren auch über 105 Atomsorten auf der Erde<br />
(Isotope sind dabei noch nicht mitgerechnet).<br />
Atome sind nach der Vorstellung von DALTON extrem klein, kugelförmig <strong>und</strong> vor allem<br />
unteilbar. Daher haben die Atome auch ihren Namen (griechisch atomos = unteilbar).<br />
Hier sehen wir einen winzig kleinen Ausschnitt aus einem Metall, zum Beispiel Magnesium:<br />
Magnesium = Mg<br />
Die Atome des Magnesiums sind sehr regelmäßig angeordnet, man spricht auch von<br />
einer Gitterstruktur oder einer Kugelpackung. Vergleichen wir die Atome des Magnesiums<br />
mit denen eines Nichtmetalls, beispielsweise Schwefel:<br />
Schwefel = S<br />
Hier fallen gleich zwei Unterschiede auf: Erstens sind die Schwefel-Atome größer als<br />
die Magnesium-Atome <strong>und</strong> haben daher auch eine größere Masse, <strong>und</strong> zweitens<br />
sind die Schwefel-Atome nicht so wohlgeordnet wie die des Magnesiums. Das liegt<br />
daran, dass hier ein winziger Ausschnitt aus einer Schwefel-Schmelze abgebildet ist<br />
<strong>und</strong> nicht aus einem Schwefel-Kristall. Die Anordnung der Atome eines Elementes<br />
hängt also auch vom Aggregatzustand ab.
Da die Atome eines Elements unteilbar sind, kann ein Element mit chemischen Mitteln<br />
auch nicht weiter zerlegt werden. Zur so genannten Kernspaltung ist sehr viel<br />
mehr Energie notwendig, als in einem Schullabor jemals zur Verfügung steht. In<br />
Atomkraftwerken <strong>und</strong> vergleichbaren Anlagen können einige Elemente in der Tat<br />
durch Kernspaltung weiter zerlegt werden, dort werden aber keine chemischen Mittel<br />
<strong>und</strong> Methoden, wie etwa Erhitzen, Behandlung mit Schwefelsäure <strong>und</strong> dergleichen<br />
eingesetzt.<br />
Verbindungen<br />
Die kleinsten Teilchen der Verbindungen sind entweder Ionen oder Moleküle, je<br />
nachdem, ob es sich um eine Ionenverbindung oder eine Molekülverbindung handelt.<br />
Magnesiumsulfid = MgS<br />
Hier sehen wir einen Ausschnitt aus einem festen Salz-Kristall, zum Beispiel Magnesiumsulfid,<br />
einer Ionenverbindung aus Magnesium <strong>und</strong> Schwefel. Auffällig ist, dass<br />
die Atome hier elektrisch geladen sind. Die Schwefel-Atome sind zu zweiwertig negativen<br />
Schwefel-Ionen geworden, <strong>und</strong> die Magnesium-Atome zu zweiwertig positiven<br />
Magnesium-Ionen. Die negativen <strong>und</strong> positiven Ionen ziehen sich gegenseitig stark<br />
an, daher bilden die unterschiedlich geladenen Teilchen einen sehr stabilen (d.h.<br />
schwer zu trennenden) Ionen-Kristall.<br />
Schwefelwasserstoff = H 2 S<br />
Hier sehen wir einen Ausschnitt aus einem festen Schwefelwasserstoff-Kristall.<br />
Schwefelwasserstoff ist eine Molekülverbindung mit der Summenformel H 2 S. Ein<br />
Schwefelwasserstoff-Molekül besteht also aus einem Schwefel-Atom <strong>und</strong> zwei Wasserstoff-Atomen.<br />
An sich ist Schwefelwasserstoff ein Gas. Bei sehr niedrigen Temperaturen<br />
kann man aber festen Schwefelwasserstoff erhalten, <strong>und</strong> dann bilden die Mo-
leküle ein regelmäßig aufgebautes Kristallgitter. Bei Zimmertemperatur ist Schwefelwasserstoff<br />
allerdings gasförmig, <strong>und</strong> ein Ausschnitt aus einer Wolke gasförmigen<br />
Schwefelwasserstoffs sähe - in gleichem Maßstab - vielleicht so aus:<br />
Die Abbildung ist leider noch nicht sehr realistisch, der Abstand zwischen den<br />
Schwefelwasserstoff-Molekülen müsste bei Zimmertemperatur ein Vielfaches von<br />
dem betragen, was hier gezeichnet wurde.<br />
Atommodelle<br />
Unter einem Atommodell versteht man eine endliche Menge von Aussagen über<br />
Atome.<br />
Das älteste <strong>und</strong> einfachste Atommodell ist das von DALTON (18. Jahrh<strong>und</strong>ert).<br />
• Atome bestehen aus kleinen, massiven, unteilbaren Kugeln.<br />
• Jedes Element besteht aus einer eigenen Atomsorte. Es gibt also genau so<br />
viele Atomsorten, wie es Elemente gibt.<br />
• Jede Atomsorte hat einen bestimmten Radius <strong>und</strong> eine bestimmte Masse.<br />
• <strong>Chemische</strong> Reaktionen sind Teilchengruppierungen: Bei einer Reaktion gruppieren<br />
sich die Atome der Ausgangsstoffe lediglich um. Weder werden Atome<br />
vernichtet, noch entstehen neue.<br />
Die oben dargestellten Zeichnungen der Elemente <strong>und</strong> Verbindungen sind also stark<br />
an das Atommodell von DALTON angelehnt. Allerdings wusste DALTON noch nichts<br />
von der Existenz von Ionen; elektrisch geladene Atome kamen in seinem Atommodell<br />
nicht vor. Dennoch kann man mithilfe des DALTONschen Atommodells eine ganze<br />
Reihe einfacher Phänomene erklären, so zum Beispiel das Gesetz von der Erhaltung<br />
der Masse: Bei chemischen Reaktionen bleibt die Masse der Stoffe erhalten, die an<br />
der Reaktion teilnehmen. Die Begründung dieses Massenerhaltungssatzes: Alle an<br />
der Reaktion teilnehmenden Stoffe bestehen aus Atomen (auch wenn es sich um<br />
Verbindungen handelt, deren Moleküle bestehen ja ebenfalls aus Atomen). Und da<br />
Atome unteilbar sind, kann bei der Reaktion keine Masse verloren gehen. Umgekehrt<br />
ist es nicht möglich, dass neue Atome aus dem Nichts entstehen. Daher kann die<br />
Masse der beteiligten Stoffe bei einer chemischen Reaktion auch nicht zu- oder abnehmen.
Die Aggregatzustände<br />
<strong>und</strong> ihre Änderungen (Schmelzen, Verdunsten, Kondensieren, Erstarren) kann man<br />
gut mithilfe des DALTON-Modells erklären. Beim Schmelzen zum Beispiel lösen sich<br />
die Atome oder Moleküle des Reinstoffs voneinander, so "kommen in Fahrt", könnte<br />
man sagen. Dazu ist allerdings Energie notwendig. Ein Physiker würde wahrscheinlich<br />
sagen: "Die kinetische Energie E Kin der kleinsten Teilchen nimmt mit steigender<br />
Temperatur zu." ⇒ Brownsche Molekularbewegung:<br />
Rosinenkuchenmodell von THOMPSON<br />
Versuche wie z. B. die Elektrolyse von Kochsalz konnten mit dem DALTONschen<br />
Atommodell nicht mehr erklärt werden. Das folgende Bild zeigt ein Atom, wie man es<br />
sich nach dem Rosinenkuchenmodell von THOMPSON vorstellen muss:
In eine neutrale Gr<strong>und</strong>substanz sind sowohl positive (rot) wie auch negative Ladungen<br />
(blau) eingebettet, <strong>und</strong> zwar unregelmäßig, wie Rosinen in einem Kuchenteig.<br />
Jedes Atom enthält eine bestimmte Zahl positiver <strong>und</strong> negativer Ladungen. Da Atome<br />
elektrisch neutral sind, muss die Zahl der positiven <strong>und</strong> negativen Ladungen in<br />
einem Atom gleich sein.<br />
Die positiven Ladungen eines Atoms werden als Protonen bezeichnet, die negativen<br />
dagegen als Elektronen. Die Elektronen sind viel kleiner als die Protonen <strong>und</strong> können<br />
aus einem Atom entfernt werden. Das obige Bild zeigt zum Beispiel ein Bor-<br />
Atom mit 5 Protonen, dem zwei Elektronen entfernt wurden. Zurück bleibt ein zweifach<br />
positiv geladenes Bor-Kation (Kation = elektrisch positiv geladenes Ion). Im Gegensatz<br />
zu DALTON konnte THOMPSON also die Existenz elektrisch geladener<br />
Atome, so genannter Ionen, mithilfe einer Modellvorstellung erklären. Auch die Existenz<br />
negativer Ionen kann man mithilfe des THOMPSON-Modells gut erklären.<br />
Hier sehen wir ein Bor-Atom (5 Protonen, daher also das Element Bor) mit sechs<br />
Elektronen. Offensichtlich hat das Bor-Atom ein zusätzliches Elektron aufgenommen<br />
<strong>und</strong> ist dadurch zu einem einwertig negativen Bor-Anion geworden (Anionen = elektrisch<br />
negativ geladene Ionen). Die folgende Abbildung zeigt die Vorgänge bei der<br />
Elektrolyse einer Zinkbromid-Lösung. Die 30 Protonen des Zink-Atoms sind hier natürlich<br />
nicht mit eingezeichnet, <strong>und</strong> die 35 Protonen des Brom-Atoms ebenso wenig.<br />
Stattdessen ist ein vereinfachtes Modell - sozusagen das Modell eines Modells - gewählt,<br />
das nur 5 Protonen zeigt.
Hier sieht man, wie ein Zink-Kation (in Wirklichkeit mit 30 Protonen <strong>und</strong> 28 Elektronen)<br />
vom Minuspol der Elektrolyse-Einrichtung angezogen wird. An der Kathode,<br />
dem Minus-Pol, nimmt das Kation zwei Elektronen auf, so dass ein elektrisch neutrales<br />
Zink-Atom mit 30 Protonen <strong>und</strong> 30 Elektronen entsteht (von denen hier nur je fünf<br />
eingezeichnet sind).<br />
Das ist die chemische Reaktion, die am Minuspol während der Elektrolyse abläuft.<br />
Aufgabe<br />
Zeichnen <strong>und</strong> erläutern Sie die Vorgänge am Pluspol (Bromid-Anionen werden angezogen)<br />
auf analoge Weise.
Musterlösung (zum Vergleich mit Ihrer Lösung)<br />
Kern-Hülle-Modell nach RUTHERFORD<br />
RUTHERFORD wollte überprüfen, ob Atome wirklich so aufgebaut sind, wie sein Kollege<br />
THOMPSON angenommen hatte. Dazu beschoss er eine dünne Folie aus Gold-<br />
Atomen mit Alpha-Strahlen. Diese Strahlen entstehen beim radioaktiven Zerfall bestimmter<br />
Elemente wie Uran <strong>und</strong> bestehen aus zweifach positiv geladenen Helium-<br />
Atomen.
Wären die Gold-Atome rosinenkuchenartig aufgebaut, so müssten die meisten Alpha-Teilchen<br />
reflektiert werden, <strong>und</strong> nur extrem wenige Alpha-Teilchen dürften durch<br />
die dünne Goldfolie hindurch gehen.<br />
RUTHERFORD machte aber die folgende Entdeckung: Die meisten, über 99,9999%,<br />
der Alpha-Teilchen gingen geradlinig durch die 4000 Schichten von Gold-Atomen<br />
durch, aus denen die dünne Folie bestand. Nur ganz wenige wurden abgelenkt, <strong>und</strong><br />
noch weniger Alpha-Teilchen wurden reflektiert.<br />
RUTHERFORDs Schlussfolgerung aus diesem berühmten Streuversuch: Atome bestehen<br />
keineswegs aus einer <strong>und</strong>efinierbaren Masse, in die Protonen <strong>und</strong> Elektronen<br />
eingebettet sind, sondern die positiven Ladungen sind in einem extrem winzigen<br />
Atomkern konzentriert, während sich die Elektronen in der Atomhülle frei bewegen<br />
können.<br />
Hier sieht man ein Beryllium-Atom (4 Protonen, 4 Elektronen) nach dem Kern-Hülle-<br />
Modell von RUTHERFORD gezeichnet.<br />
Die "Gr<strong>und</strong>bausteine" des Atoms<br />
Atome enthalten drei Elementarteilchen: Protonen, Neutronen <strong>und</strong> Elektronen.<br />
Von außen betrachtet sind Atome zwar elektrisch neutral, aber im Inneren bestehen<br />
sie aus einem Atomkern mit positiv geladenen Protonen <strong>und</strong> elektrisch neutralen<br />
Neutronen <strong>und</strong> einer Atomhülle aus negativ geladenen Elektronen:<br />
Teilchen Symbol Masse [kg] Masse [u] Elementarladung Aufenthaltsbereich<br />
Proton: p+ 1,6726•10 -27 1,0073 +1 (positiv) Atomkern<br />
Neutron: n 1,6749•10 -27 1,0087 0 (ungeladen) Atomkern<br />
Elektron: e- 9,1096•10 -31 0,0005<br />
-1 (negativ)<br />
−1,602 10 −19 Elektronenhülle
Definitionen:<br />
Die atomare Masseeinheit: 1u = 1/12 der Masse eines 12 C Kohlenstoffatoms aus 6<br />
Protonen, 6 Neutronen <strong>und</strong> 6 Elektronen.<br />
1u = 0,000 000 000 000 000 000 000 001 660 565 5g = 1,660565 x 10 -24 g<br />
1u = 1/12 der Masse von einem 12 C Atom<br />
Die Avogadro-Konstante N A = 6,022 x 10 23 /mol ist eine nach Amedeo Avogadro<br />
benannte physikalische Konstante, die als Teilchenzahl N pro Stoffmenge n definiert<br />
ist. Sie gibt die Zahl der Teilchen in einem Mol an.<br />
Die Stoffmenge 1 Mol enthält ebenso viele Teilchen wie 12 C -Atome in 12<br />
Gramm isotopenreinem 12 C -Kohlenstoff enthalten sind.<br />
In einem Mol einer Stoffportion befinden sich N A = 6,022 x 10 23 Teilchen (Atome<br />
oder Moleküle).<br />
Es gilt: N (Teilchenzahl) = N A • n (Anzahl Mole).<br />
Molvolumen V m von idealen Gasen:<br />
Es beschreibt das Volumen, welches von insgesamt 6,022 10 23 Gasteilchen<br />
(Avogadro-Konstante) einer Substanz ausgefüllt wird.<br />
V m = 22,4 l/mol bei Normbedingungen (T: 273,15 K = 0 °C, p: 10<strong>13</strong> hPa = 1,0<strong>13</strong> bar<br />
Schalen-Modell von BOHR<br />
Die Elektrolyse von Zinkbromid kann man mit dem Kern-Hülle-Modell genau so gut<br />
erklären wie mit dem Rosinenkuchen-Modell:
Hier sind nur die Vorgänge am Minuspol dargestellt, <strong>und</strong> die Zink-Atome <strong>und</strong> Zn-<br />
Kationen sind vereinfacht dargestellt.<br />
Aber warum ist das Zink-Kation zweifach positiv, das Natrium-Kation aber nur einfach?<br />
Wieso sind Aluminium-Kationen sogar dreifach positiv, während Schwefel<br />
überhaupt keine Kationen bildet, sondern zweifach negative Anionen, im Gegensatz<br />
zu Chlor, das nur einfach geladene Anionen bildet. Edelgase wiederum bilden weder<br />
Anionen noch Kationen. Wie kann man all diese Phänomene erklären? Mit dem RU-<br />
THERFORDschen Kern-Hülle-Modell geht das nicht.<br />
In den meisten Schulen wird heute mit dem Schalen-Modell gearbeitet, das auf den<br />
schwedischen Chemiker Nils BOHR zurückgeht. Danach besteht ein Atom - genau<br />
wie im Kern-Hülle-Modell - aus einer Atomhülle mit den Elektronen <strong>und</strong> einem Atomkern<br />
mit den Protonen (<strong>und</strong> Neutronen). Allerdings untergliedert sich die Hülle in<br />
mehrere Kugelschalen, die eine bestimmte Anzahl von Elektronen aufnehmen können.<br />
Die innerste Kugelschale, die K-Schale, kann genau zwei Elektronen aufnehmen,<br />
die zweitinnerste Schale, die L-Schale, fasst schon acht Elektronen, die dritte<br />
Schale, die M-Schale, bietet 18 Elektronen Platz <strong>und</strong> so weiter.<br />
Hier sehen wir das Magnesium-Atom, vereinfacht gezeichnet nach dem Schalen-<br />
Modell. Vereinfacht insofern als die Schalen in "Wirklichkeit" nicht kreisförmig sind,<br />
sondern kugelförmig, also dreidimensional. Man sieht den Atomkern (die Neutronen<br />
wurden nicht eingezeichnet) <strong>und</strong> drei Schalen. Die K-Schale (innen) enthält zwei<br />
Elektronen, die L-Schale acht <strong>und</strong> die äußere M-Schale zwei Elektronen.<br />
Betrachten wir nun ein Neon-Atom:
Die K-Schale besitzt zwei Elektronen, die L-Schale acht. Eine M-Schale ist nicht vorhanden.<br />
Nun wollen wir noch das Chlor-Atom betrachten:<br />
Die Elektronenkonfiguration (ein neues, wichtiges Wort, bitte gut merken) ist beim<br />
Chlor-Atom K 2 L 8 M 7 .
Die Oktett-Regel<br />
Edelgase<br />
Man sollte es nicht glauben, aber es gibt Elemente, die noch edler sind als Silber <strong>und</strong><br />
Gold - <strong>und</strong> man sieht sie nicht, riecht sie nicht <strong>und</strong> kann sie nicht schmecken. Es<br />
handelt sich um die Edelgase der VIII. Hauptgruppe des Periodensystems: Helium,<br />
Neon, Argon, Krypton <strong>und</strong> Xenon.<br />
Während es von Silber <strong>und</strong> Gold noch zahlreiche Verbindungen gibt - man denke nur<br />
an Silbernitrat (Nachweismittel für Chlorid) oder das Silberbromid (Photographie),<br />
existieren nur sehr wenige Edelgasverbindungen. Und immer, wenn man es als<br />
Chemiker geschafft hat, eine neue herzustellen, kommt man gleich in die Zeitung, so<br />
selten sind Edelgasverbindungen.<br />
Edelgase heißen deswegen so, weil sie keine chemischen Reaktionen eingehen.<br />
Warum sind die Edelgase nun so edel? Die Ursache muss in ihrem atomaren Aufbau<br />
zu finden sein. Was haben alle Edelgasatome gemein? Nach kurzem Überlegen finden<br />
wir eine solche Gemeinsamkeit: alle Edelgasatome haben eine voll besetzte äußere<br />
Schale (Valenzschale).<br />
Offensichtlich stellt dies einen Zustand äußerster „Zufriedenheit“ dar, weder "wollen"<br />
die Edelgasatome ein Elektron abgeben, noch wollen sie ein weiteres aufnehmen.<br />
Dieser vollbesetzte Zustand ist derart günstig <strong>und</strong> erstrebenswert, dass Atome anderer<br />
Elemente einiges tun würden, um auch in diesen vollbesetzten Edelgaszustand<br />
zu kommen.<br />
Und genau das ist die Triebkraft für jede chemische Reaktion zwischen Elementen:<br />
jedes Element versucht, Atome mit einer vollbesetzten äußere Elektronenhülle zu<br />
haben, damit diese in den Edelgaszustand kommen.<br />
Ionenbindung<br />
Schauen wir uns noch einmal das Chlor-Atom - gezeichnet nach dem Schalen-<br />
Modell - an. Das Chlor-Atom hat sieben Elektronen auf der Außenschale (man<br />
spricht auch von sieben Valenzelektronen oder sieben Außenelektronen). Es "möchte"<br />
aber gern acht Elektronen auf seiner Außenschale haben, dann hätte es nämlich<br />
die stabile Elektronenkonfiguration des Edelgases Argon. Um diese Konfiguration zu<br />
erlangen, muss ein Chlor-Atom genau ein Elektron aufnehmen <strong>und</strong> in seine Außenschale<br />
integrieren. Dass das Chlor-Atom dabei in ein einfach negativ geladenes<br />
Chlorid-Anion umgewandelt wird, sollte klar sein, denn es hat ja jetzt in der Hülle ein<br />
Elektron mehr als es Protonen im Kern hat.<br />
Betrachten wir noch einmal das Magnesium-Atom:
Muss das Mg-Atom sechs Elektronen aufnehmen, um in den erwünschten Edelgaszustand<br />
zu kommen? Das wäre aber sehr umständlich; es geht einfacher. Wenn das<br />
Mg-Atom nämlich seine beiden Außenelektronen abgibt, so entfällt die M-Schale, <strong>und</strong><br />
die L-Schale, die ja acht Elektronen enthält, wird zur Außenschale. Und genau so<br />
geht es. Das Mg-Atom gibt seine beiden Außenelektronen ab <strong>und</strong> erhält dadurch die<br />
gewünschte Konfiguration des Edelgases Neon. Da das Mg-Atom nun zwei Elektronen<br />
weniger hat, ist ein zweifach positiv geladenes Mg-Kation Mg 2+ entstanden.<br />
Reaktionen von Metallen mit Nichtmetallen<br />
Gibt man erhitztes Magnesium in einen Standzylinder mit Chlorgas, so setzt eine heftige<br />
chemische Reaktion ein. Das Magnesium verbindet sich mit dem Chlor zu Magnesiumchlorid.<br />
Magnesiumchlorid MgCl 2 ist eine Ionenverbindung, die aus zweiwertig<br />
positiven Magnesium-Ionen <strong>und</strong> einfach negativen Chlorid-Ionen besteht. Ursache<br />
für diese chemische Reaktion ist das Streben der Atome nach einer vollbesetzten<br />
Außenschale. Die Mg-Atome geben je zwei Elektronen ab, während die Cl-Atome je<br />
ein Elektron aufnehmen. Daher werden auch doppelt so viele Chlor-Atome benötigt<br />
wie Magnesium-Atome, eine Tatsache, die weder DALTON, THOMPSON noch RU-<br />
THERFORD mit ihren Modellen erklären konnten.<br />
Die positiven Mg-Kationen <strong>und</strong> die negativen Cl-Anionen ziehen sich nun gegenseitig<br />
stark an. Die Anziehungskräfte sind so stark, dass sich ein regelmäßig zusammengesetzter<br />
MgCl 2 -Kristall ergibt.<br />
Das Kugelwolkenmodell<br />
Als erstes betrachten wir uns eine Darstellung mit dem Kugelwolkenmodell. Die wichtigsten<br />
Begriffe werden hier eingeführt.
Die vier Kugelwolken werden zuerst einfach mit Elektronen besetzt, erst anschließend<br />
wird doppelt mit zwei Elektronenbesetzt.<br />
Beim Kugelwolkenmodell entsteht leicht der Eindruck, als würden die Elektronen der<br />
inneren Schalen nicht mehr existieren. Die nächste Darstellung soll hier Klarheit<br />
schaffen.
In der Tat ist das Kugelwolkenmodell nicht nur eine Erweiterung des Schalenmodells,<br />
sondern gleichzeitig auch eine ziemliche Vereinfachung, da man die inneren Schalen<br />
nicht mehr berücksichtigen muss.
Die Ionenbindung nach dem Kugelwolkenmodell<br />
Hier müssen Sie sich an den Unterricht über die Ionenbindung erinnern. Nach der<br />
Oktettregel will jedes Atom eine voll besetzte Außenschale haben.
Nach der Elektronenabgabe hat das Kalium, welches nun als Ion vorliegt, vier leere<br />
Kugelwolken. Auf den ersten Blick ist das ganz einleuchtend: vorher drei leere <strong>und</strong><br />
eine einfach besetzte Kugelwolke, nun vier leere.<br />
Aber eine Elektronenschale ist quasi durch ihre Elektronen definiert. Enthält sie keine<br />
Elektronen, so ist sie eigentlich nicht vorhanden. Streng genommen, gibt es also keine<br />
leeren Kugelwolken bzw. keine leere Elektronenschale.<br />
Aus Anschauungsgründen ist es aber manchmal eben sinnvoll, von leeren Schalen<br />
bzw. Kugelwolken zu sprechen, so wie bei der Abbildung links unten auf der letzten<br />
Folie.
Anmerkungen zu den bisher erarbeiteten Atommodellen<br />
"Welches Atommodell ist denn nun richtig?" Wie oft hat man diese Frage von Schülern<br />
gehört. Natürlich ist keines der hier vorgestellten Atommodelle "das absolut richtige",<br />
<strong>und</strong> auch kein zukünftiges. Man muss sich einmal klar machen, was ein Modell<br />
überhaupt ist. Welches Modell einer berühmten Dampflokomotive ist denn das richtige,<br />
das ganz kleine für Spur N, das große für Spur HO, oder das ganz große für den<br />
Garten? Oder das noch größere aus Weichkunststoff für das Kleinkind? Oder das<br />
kaum als Lok erkennbare des berühmten dänischen Bildhauers? Alle fünf sind Modelle<br />
der richtigen Lok, genauso sind alle Atommodelle nur Modelle eines richtigen<br />
Atoms.<br />
Die Frage müsste richtiger heißen: "Welches Atommodell ist aussagekräftiger?". Diese<br />
Frage lässt sich recht einfach beantworten. Das DALTONsche Kugelteilchenmodell<br />
ist am wenigsten aussagekräftig, <strong>und</strong> das moderne Kugelwolkenmodell, welches<br />
wir noch kennenlernen, ist am aussagekräftigsten. Und das quantenmechanische<br />
Atommodell, welches wir bestenfalls andeutungsweise kennenlernen werden, ist<br />
noch aussagekräftiger.
Der Gr<strong>und</strong>satz, den man den Schülern im Unterricht zu vermitteln versucht, ist der:<br />
Atommodelle braucht man, um Phänomene aus dem Alltag der Chemie zu erklären.<br />
Und dann nimmt man stets das einfachste Atommodell, welches das Phänomen widerspruchsfrei<br />
erklärt. Wenn man z. B. erklären möchte, wieso 100 ml Wasser <strong>und</strong><br />
100 ml Alkohol zusammen nicht 200 ml Gemisch ergeben, sondern nur 194 ml, so<br />
braucht man kein quantenmechanisches Atommodell, es reicht hier das DALTONsche<br />
Atommodell völlig aus, nach dem Atome oder "kleinste Teilchen" kugelförmig<br />
sind <strong>und</strong> unterschiedliche Durchmesser haben.<br />
Wenn man die Zinkbromid-Elektrolyse erklären will, reicht das DALTON-Modell dagegen<br />
nicht aus. Aber das THOMPSONsche Rosinenkuchenmodell liefert schon eine<br />
ausreichende Erklärung für die Existenz von Kationen <strong>und</strong> Anionen.<br />
Und wenn man erklären muss, wieso Alkalimetalle <strong>und</strong> Halogene leicht reagieren,<br />
Edelgase dagegen nicht, braucht man ein noch besseres Atommodell. Das Rosinenkuchenmodell<br />
reicht dafür nicht aus. Auch das Kern-Hülle-Modell von RUTHER-<br />
FORD nicht. Man braucht schon ein Atommodell, mit dem man die Oktettregel erklären<br />
kann. Das einfachste Atommodell hierfür ist sicherlich das Schalenmodell von<br />
BOHR.<br />
Die räumliche Struktur des Methanmoleküls kann man damit aber wiederum auch<br />
noch nicht erklären, also nehmen wir hier das Kugelwolkenmodell nach Kimball, welches<br />
hauptsächlich von Chemiedidaktikern entwickelt wurde, die wohl keine Lust hatten,<br />
ihren Schülern das quantenmechanische Modell zu erklären.<br />
Heutige Chemiedidaktiker haben neuerdings die tolle Idee, dass es dem Alltagsdenken<br />
von Schülern überhaupt nicht entspricht, wenn sie verschiedene Atommodelle<br />
kennenlernen. Am besten wäre es, den Schülern gleich das "richtige" Modell zu vermitteln.<br />
Diese Ansicht ist allerdings strikt abzulehnen, denn gerade das sukzessive<br />
Behandeln verschiedener Atommodelle öffnet doch den Blick für das Wesen einer<br />
Modellvorstellung. Nur so lernen die Schüler kritisch mit dem Modellbegriff umzugehen.<br />
Nur so lernen sie, wie man später im Beruf selbst Modellbildungen vornimmt,<br />
<strong>und</strong> worauf dabei im Wesentlichen zu achten ist.