Drehbuch "Schande"
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24. ROMA INNEN / TAG<br />
Hubertus, Ria, Scum, Petronella, Hoftaler, 5 Mitschülerinnen von Bénice, Guiseppe und<br />
Kellner, Bénice<br />
Bénice verfolgt die Szene vor dem Restaurant, erhebt sich vorsichtig vom Klavier, geht wie in<br />
Trance zum Hinterausgang des Restaurants, ohne ihre Mutter vor dem Restaurant aus den<br />
Augen zu lassen. Auf diese Weise verschwindet sie. In dem Tumult der Geburtstagsfeier<br />
bemerkt es niemand, außer Petronella, die sie immerzu beobachtet. Wir werden diese Szene<br />
des Sich-davon-Stehlens später noch einmal haben. Für Bénice ist es ein Zustand tiefer<br />
Gespaltenheit, sie ist gar nicht mehr in ihrem Körper, in ihren Gefühlen, so daß sie auch die<br />
GERÄUSCHE wie ÜBER einen FERNEN HALL aufnimmt. Sie hört zwar noch die MUSIK<br />
DER MÄDCHENGRUPPE, das KLAPPERN des GESCHIRRS, das LACHEN, das REDEN<br />
der Menschen, aber es dringt nicht mehr über ihre Gefühle zu ihr. Statt der realen<br />
Sinneseindrücke hört sie ein FERNES SINGEN DER ENGEL. Es ist eine „glückliche“ Musik;<br />
glücklich, weil sie nichts spiegelt von jener harten Widersprüchlichkeit, die Teil von Bénices<br />
Leben ist und an der sie zu zerbrechen droht.<br />
Bénice flüchtet, den kleinen Hund auf dem Arm, und dies ist der existentielle Grundzustand<br />
ihres Lebens, seit sie vor drei Jahren Opfer sexuellen Mißbrauchs geworden ist. Ihr Leben ist<br />
wesentlich die Organisation ihrer Flucht davor. Sie ist vorsichtig und mißtrauisch, denn sie hat<br />
erfahren, daß auf eine ihr unerklärliche Weise die soziale Umwelt wie eine Verschwörung auf<br />
sie wirkt.<br />
© Burkhard Driest ⋅ Fon 0032 87 78 88 71 17. Juni ‘98